Statement vom 12. Juli 2019
In einem Sondergutachten hat sich der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung möglichen Reformen in der Klimapolitik gewidmet. Dazu ein Statement der DIW-Energieökonomin Claudia Kemfert:
Auch die Wirtschaftsweisen kommen zu dem Schluss, dass ein wichtiger Baustein wirksamen Klimaschutzes eine CO2-Bepreisung ist. Da die Erweiterung des EU-Emissionsrechtehandels auf die Sektoren Wärme und Verkehr kompliziert und langwierig wäre, schlägt die Studie als Übergangslösung die Einführung der nationalen CO2-Bepreisung entweder über die Entwicklung eines Emissionsrechtehandels für die Sektoren Wärme und Verkehr in Deutschland oder die Einführung einer allgemeinen CO2-Steuer vor. Letzteres wäre aus meiner Sicht die bessere Variante: Die Einführung einer CO2-Steuer ist leichter umsetzbar, sorgt für Transparenz und kann über eine Erhöhung des Steuersatzes zu einer adäquaten Lenkungswirkung führen. Sie bringt Planungssicherheit, da Investoren heutige Investitionsentscheidungen vor dem Hintergrund fällen, dass der CO2-Preis stark steigen wird und sich die Emissionsminderung auszahlt. Zudem kann das Steueraufkommen leicht rückerstattet werden – zum einen, um soziale Ungleichheiten zu vermeiden und zum anderen, um finanzielle Anreize für mehr Klimaschutz zu geben, etwa über eine Förderung der Elektromobilität und der energetischen Gebäudesanierung. Die Ausweitung des EU-Emissionsrechtehandel auf die sogenannten Non-ETS-Sektoren, also Verkehr und Wärme, hätte hingegen entscheidende Nachteile. Die Preise würden insbesondere im Verkehrssektor sehr stark steigen. Das Vorhaben wäre zudem in juristischer Sicht ein schwieriges Unterfangen und die Abstimmung innerhalb der EU könnte bis zu zehn Jahre dauern – Zeit, die wir in Sachen Klimaschutz nicht mehr haben. Und selbst dann wäre fraglich, wie effektiv eine solche Reform wäre. Ein einheitlicher CO2-Preis wäre sehr hoch, die CO2-Vermeidungskosten sind in den einzelnen Sektoren jedoch sehr unterschiedlich. Vor allem die Industrie würde dann tatsächlich Gefahr laufen, nicht mehr im Wettbewerb bestehen zu können. Man sollte also durchaus unterschiedliche CO2-Bepreisungen zulassen. Die daraus abgeleitete Alternative der Einführung eines Emissionsrechtehandels für die Sektoren Wärme und Verkehr nur in Deutschland wäre aber auch keine gute Lösung: Sie wäre administrativ enorm aufwendig, was zu ungeheuer hohen Transaktionskosten führen würde. Der einzige Vorteil läge in der möglichen Anschlussfähigkeit an das Europäische Emissionsrechtehandelssystem. Eine Reform der Energiesteuern sollte daher Mittel erster Wahl sein. Sie ist ohnehin längst überfällig, denn fossile Energien werden seit langem zu gering, Strom hingegen zu hoch besteuert. Es bietet sich somit an, eine Steuerreform im Energiebereich auf den CO2-Gehalt auszurichten – mit einer CO2-Abgabe würde man mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Gleichzeitig muss natürlich klar sein, dass sie kein Allheilmittel sein kann, sondern eine Maßnahme von vielen nötigen.
Themen: Klimapolitik , Steuern