Statement vom 24. Oktober 2019
DIW-Präsident Marcel Fratzscher kommentiert die heutigen Beschlüsse des EZB-Rats:
Die heutige Entscheidung der EZB ist weder spektakulär, noch unerwartet. Sie unterstreicht die Hoffnung der EZB, sich mit ihrer mutigen Entscheidung vom September erst einmal Zeit gekauft zu haben, um die Wirkung der neuen Maßnahmen abwarten zu können. Mario Draghi hat sich nach acht Jahren als Präsident der EZB zu Recht mit Stolz verabschiedet. Er wird als großer Europäer in die Geschichte eingehen, der einen entscheidenden Beitrag für Wohlstand und Einheit in Europa geleistet hat. Die EZB unter Mario Draghi hat Europa vor einer wirtschaftlichen Depression bewahrt und ein Auseinanderbrechen des Euroraums verhindert. Deutschlands heutige sehr gute wirtschaftliche Lage ist nicht trotz, sondern auch wegen der EZB-Geldpolitik möglich geworden. Mario Draghis Versprechen zu tun, „whatever it takes“, um den Euro zu retten, war ein Wendepunkt und die ultimative Feuertaufe, die den Euro unumkehrbar gemacht hat. Er übergibt nun die Leitung einer intakten EZB an Christine Lagarde, die jedoch in den kommenden Jahren vor der großen Herausforderung stehen wird, die EZB zu stärken und zu reformieren. Einige der Kritikpunkte an Mario Draghi — insbesondere aus Deutschland — waren fehlgeleitet und despektierlich. Die EZB, der Euro und Mario Draghi wurden in den vergangenen Jahren zu häufig als Sündenbock für nationale politische Fehler missbraucht. Es ist höchste Zeit, dass wir in Deutschland Mario Draghi für seine Leistungen großen Respekt zollen. Nun braucht der Euroraum auf politischer Ebene Reformen — eine Vollendung von Banken- und Kapitalmarktunion, bessere Regeln bei der Staatsverschuldung und eine engere Koordinierung der Finanzpolitik —, um den Euro nachhaltig zu machen und sein riesiges Potential zu heben.
Themen: Geldpolitik