Statement vom 17. Dezember 2020
Die EU-Kommission hat die Übernahme des Fitnesstracker-Herstellers Fitbit durch Google genehmigt. Dazu ein Statement von Wettbewerbsökonom Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):
Dass die EU-Wettbewerbshüter die Übernahme von Fitbit durch Google genehmigt haben, ist bedauernswert und ein äußerst schlechtes Signal für den Wettbewerb auf digitalen Märkten in Europa. Die Warnungen vieler ÖkonomInnen, DatenschützerInnen, RechtswissenschaftlerInnen und Verbraucherorganisationen wurden damit in den Wind geschlagen. Sie haben zurecht davor gewarnt, dass die Übernahme den VerbraucherInnen bei Krankenversicherungen und medizinischen Dienstleistungen schaden und Googles marktbeherrschende Stellung bei Daten vergrößern könnte.
Die EU sieht diese Gefahr nicht, doch die vorläufigen Argumente sind wenig überzeugend: Die Warnung vor einem Wettbewerbsvorteil für Google im Bereich der digitalen Gesundheitsversorgung wird zurückgewiesen, da „der Bereich der digitalen Gesundheitsversorgung in Europa noch im Entstehen begriffen ist und viele Akteure in diesem Bereich tätig sind“. Aber genau das ist das Problem: Dieser Sektor entsteht gerade und kann riesig werden. Auch nur eine kleine Chance für Google, ihn zu monopolisieren oder zumindest eine marktbeherrschende Stellung in diesem Bereich zu erreichen, hätte eine Absage der Übernahme gerechtfertigt. Und das ist nicht der einzige problematische Punkt. Zwar gibt es einige Auflagen und Bedingungen, unter anderem was die Nutzung von Daten betrifft – und diese werden von einigen Kommentatoren sogar als besonders mutig erachtetet. Doch erstens sind sie sehr schwer zu überwachen und zweitens in einem solch dynamischen Markt vielleicht schon bald von der Realität überholt.
Mit ihrer nicht sehr mutigen Entscheidung hat die EU-Kommission eine große Chance vertan, Spitzenreiter bei der Durchsetzung der Wettbewerbspolitik in digitalen Märkten zu bleiben. Und wir werden weiter darauf warten müssen, dass ein erstes Mal eine Fusion von Big-Tech-Unternehmen, fast 1 000 in der letzten Dekade, durch eine Kartellbehörde blockiert wird.
Themen: Wettbewerb und Regulierung