DIW Wochenbericht 25/26 / 2022, S. 366
Alexander Schiersch, Erich Wittenberg
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Herr Schiersch, wie wichtig ist die Verfügbarkeit von Internet-Breitbandanschlüssen für Unternehmen? Leistungsfähige Breitbandanschlüsse sind das A und O, wenn wir die Digitalisierung erfolgreich meistern wollen. Sie sind notwendig, wenn das Internet of Things und die Industrie 4.0 bei den Unternehmen in der Breite erfolgreich sein sollen.
Von welchen Übertragungsraten ist hier die Rede? Für moderne Anwendungen, wie zum Beispiel dem Internet of Things, sollten Übertragungsraten von mindestens 100, eigentlich eher 1000 Mbit/s und mehr betrachtet werden. Wir haben uns einen älteren Technologiesprung angeschaut und zwar die Einführung von ADSL2+ im Zeitraum von 2010 bis 2015, um zu untersuchen, wie Unternehmen von neuen Breitbandanschlüssen profitieren. Die Einführung von ADSL2+ versprach eine Übertragungsrate von bis zu 24 Mbit/s pro Sekunde, häufig wurden aber nur 16 Mbit/s angeboten. Das bedeutete damals aber zum Teil eine Versechzehnfachung der vorher möglichen Übertragungsraten.
Wie groß waren dabei die regionalen Unterschiede? Zu Beginn unseres Untersuchungszeitraums gab es sehr viele Gemeinden, die noch kein ADSL2+ hatten. Auch zwischen den Bundesländern gab es Unterschiede, sowohl bei der Zahl der Anschlüsse, als auch in der Ausbaugeschwindigkeit und noch am Ende des Untersuchungszeitraums gab es eine hohe Heterogenität über die Bundesländer hinweg. Am Ende der Beobachtungsperiode war die Breitbandverfügbarkeit im Mittel um 38 Prozentpunkte höher als zu Beginn.
In welchem Umfang profitieren die Unternehmen von einer Breitbandversorgung? Die Unternehmen profitieren auf verschiedene Art und Weise vom Breitband. Wir haben uns angeschaut, inwieweit sie ihre Produktivität steigern konnten und haben festgestellt, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit der neuen Technologie und dem Produktivitätswachstum der Unternehmen gibt. Mit einem durchschnittlichen Zuwachs der Breitbandverfügbarkeit von 38 Prozentpunkten im Untersuchungszeitraum bedeutete das für die Unternehmen ein Produktivitätswachstum von 0,8 bis etwa 6,8 Prozent, je nach Wirtschaftszweig.
Welche Branchen profitieren besonders vom Breitbandausbau? Vor allem die Dienstleistungen, vom Rechtsanwalt bis zu Ingenieursdienstleistungen, haben von der Einführung von ADSL2+ profitiert. Wir finden ab und an auch signifikante Effekte für Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe, aber in der Masse waren es die Dienstleistungsunternehmen, die Produktivitätsgewinne erzielen konnten. Im verarbeitenden Gewerbe, ob nun Metallverarbeitung oder auch Automobilbau, hat die Einführung von ADSL2+ nicht viel gebracht.
Welche Rolle spielen dabei die Übertragungstechnologien, die angewendet werden? Wir konnten zeigen, dass die Entfernung vom Endpunkt des Glasfasernetzes eine wichtige Rolle gespielt hat. Das hat damit zu tun, dass Breitband ein Oberbegriff ist, der die Übertragung mittels Glasfaser oder über Funk, aber auch die sogenannte die letzte Meile mittels Kupferkabel umfasst. Das eigentliche Problem sind die Kupferkabel, denn sie reduzieren den Datendurchsatz. Wenn nun die Entfernung vom Endpunkt des Glasfasernetzes zu groß ist, dann geht der Vorteil, den wir über Glasfasernetze eigentlich haben, wieder verloren.
Die Bundesregierung will die Anzahl der Glasfaseranschlüsse bis 2025 verdreifachen. Ist das der richtige Ansatz? Unbedingt. Die Glasfasertechnologie sollte gefördert und ausgebaut werden. Vectoring und Supervectoring können noch eine Weile weiterhelfen. Am Ende sollte aber, wo immer das möglich ist, Glasfaser bis ins Gebäude gehen.
Themen: Unternehmen, Produktivität, Digitalisierung
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2022-25-2
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/261411