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„EZB erfüllt Erwartungen, gerät aber zunehmend in Zielkonflikt“

Statement vom 27. Oktober 2022

Zu den Ergebnissen der heutigen Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) äußert sich Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:

BlockquoteDie EZB erfüllt die an sie gerichteten Erwartungen und macht einen weiteren großen Zinsschritt. Zudem nimmt sie Veränderungen an ihren Kreditprogrammen vor, um die Geldpolitik weiter zu normalisieren. Trotzdem sollte niemand falsche Erwartungen an die EZB richten, denn kein noch so starker Zinsanstieg wird die größtenteils importierte Inflation in den kommenden zwölf Monaten merklich ändern können. 

Die größte Hilfe bei der Inflationsbekämpfung erhält die EZB von der Bundesregierung und anderen Regierungen, die mit Preisdeckeln für Gas und Strom die Inflation erheblich senken werden. Der Höhepunkt der Inflation dürfte bereits überschritten sein, auch wenn die Inflation im kommenden Jahr noch immer deutlich zu hoch bleiben dürfte. 

Die EZB befindet sich zunehmend im Zielkonflikt zwischen einer soliden Verankerung der Inflationserwartungen und der Verhinderung einer noch tieferen Rezession in vielen Teilen des Euroraums, allen voran in Deutschland. Zwar bleiben die Inflationserwartungen weiterhin gut verankert, der Anstieg der Kerninflation und die hohe Inflation bei den Produzentenpreisen sind jedoch besorgniserregend. Andererseits schwächt sich die Wirtschaft im Euroraum weiter ab und die Risiken einer länger anhaltenden Schwächephase nehmen zu. 

Ich erwarte daher, dass die EZB nun den größten Teil der Zinserhöhungen geleistet hat und das Leitzinsniveau ab Frühjahr 2023 erst einmal stabil bleibt.

Themen: Geldpolitik

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