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„Schuldenbremse nicht nur 2024 aussetzen, sondern grundlegend reformieren“

Statement vom 30. Oktober 2023

Nach den Grünen kommen nun auch aus der SPD-Spitze Forderungen, die Schuldenbremse in Deutschland vorübergehend auszusetzen. Zur Debatte um die Schuldenbremse äußert sich Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:

BlockquoteDie Schuldenbremse ist nicht zeitgemäß und zu einer akuten Bedrohung für Deutschlands Zukunftschancen und Wohlstand geworden. Es ist wichtig, dass ein Staat sich kluge Regeln für eine solide Finanzpolitik gibt. Aber die Schuldenbremse ist weder klug, noch hat sie zu einer soliden Finanzpolitik geführt. 

Deutschland hat heute keine solide Finanzpolitik. Der deutsche Staat lebt seit 20 Jahren mit seinen negativen Nettoinvestitionen von seiner Substanz. Die Bundesregierung schafft Schattenhaushalte am Bundeshaushalt vorbei und tätigt bei weitem zu geringe Zukunftsinvestitionen. 

Deutschland steht heute vor multiplen Krisen und Herausforderungen, die den künftigen Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Der deutsche Staat muss dringend notwendige öffentliche Investitionen in Innovation, Sicherheit, Infrastruktur und Bildung tätigen, damit Deutschland im globalen Wettbewerb bestehen und langfristig gute Arbeitsplätze sichern kann. 

Das Argument, künftigen Generationen sei eine geringe Schuldenquote wichtig, greift zu kurz. Künftigen Generationen dürften gute Arbeitsplätze, eine intakte Umwelt, sozialer und politischer Friede und Freiheit deutlich wichtiger sein als die Frage, ob der Staat 0,5 oder 0,8 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung als Zinsen auf seine Schulden zahlt. 

Wenig Schulden sind nicht gleichbedeutend mit einer soliden Finanzpolitik. Das Problem heute sind nicht zu hohe Staatsausgaben, sondern zu geringe Ausgaben für Bildung, Innovation und eine leistungsfähige Infrastruktur. Jeder Euro, der in Bildung investiert wird, kommt langfristig doppelt und dreifach in Form höherer Steuereinnahmen zurück. 

Die Schuldenbremse sollte nicht nur für 2024 ausgesetzt werden, sondern sie muss grundlegend reformiert und zukunftsfähig gemacht werden. Eine neue Schuldenregel sollte die öffentlichen Investitionen und Vermögen in den Mittelpunkt stellen. Diese Reform ist nun dringender denn je.

Themen: Konjunktur

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