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Ausbau der Solarenergie boomt derzeit – weitere Schritte zur Markt- und Netzintegration aber notwendig: Interview

DIW Wochenbericht 33 / 2024, S. 518

Felix Schmidt, Erich Wittenberg

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Herr Schmidt, die Solarenergie erlebt aktuell weltweit einen Boom. Wie stark ist die Dynamik tatsächlich? Die Solarenergie wächst weltweit exponentiell. Letztes Jahr wurde die Marke von einem Terawatt an installierter Leistung überschritten. Wenn das Tempo so bleibt wie es jetzt ist, verzehnfacht sich die Leistung in den nächsten zehn Jahren.

Wie entwickelt sich die Photovoltaik in Deutschland? Auch in Deutschland boomt der Ausbau der Photovoltaik. Deutschland hatte eine Vorreiterrolle, ist Anfang der 2010er Jahren besonders stark gewachsen. Danach folgte eine Ausbauflaute, die vor allem regulatorische Gründe hatte. In den letzten Jahren hat der Ausbau der Photovoltaik wieder stark zugenommen, allerdings ist das Wachstum in anderen Ländern, wie zum Beispiel den Niederlanden oder Belgien noch schneller als in Deutschland.

Wo liegt der Grund für den Boom? Der Hauptgrund ist wohl der gefallene Preis für Solarmodule. Dabei kommen zum einen Skaleneffekte und Lerneffekte zum Tragen und zum anderen ein starkes Überangebot, was aus extrem stark gewachsenen Produktionskapazitäten in China resultiert.

Welche Arten von Anlagen treiben den aktuellen Ausbau der Photovoltaik in Deutschland voran? Für den Zubau in Deutschland sind in letzter Zeit vor allen Dingen die Aufdachanlagen verantwortlich. Diese sind relativ konstant mit 70 Prozent am Zubau beteiligt. Dahinter stehen unter anderem viele Eigenheimbesitzer*innen, die von Eigenverbrauchsvorteilen profitieren. Balkonkraftwerke werden zwar auch immer mehr, allerdings spielen sie im Sinne der installierten Leistung mit einem Anteil von ungefähr 0,5 Prozent kaum eine Rolle. Freiflächenanlagen machen einen Anteil von ungefähr 30 Prozent aus.

Kann Deutschland das Ausbauziel von 215 Gigawatt im Jahr 2030 bei der aktuellen Ausbaugeschwindigkeit erreichen? Momentan liegen wir mit dem aktuellen Zubau über dem Plan der Regierung, allerdings muss für das 2030er-Ziel von 215 Gigawatt der Zubau noch weiter zunehmen.

In welchen Bereichen soll der Ausbau der Photovoltaik vornehmlich erfolgen? Die Pläne der Ampel-Regierung sehen vor, dass der Ausbau hälftig zwischen Freiflächen- und Aufdachanlagen passiert. Der Bestand der Aufdachanlagen hat ein Übergewicht, daher muss vor allen Dingen im Bereich der Freifläche noch mehr passieren. Das lässt sich auch in den erhöhten Ausschreibungsvolumina für Freiflächenanlagen erkennen.

Welche Herausforderungen bringt die starke Zunahme der Photovoltaik für die Netzintegration und den Strommarkt mit sich? Die Hauptherausforderung ist, dass Sonnenstrom hauptsächlich zur Mittagszeit und an sonnigen Tagen erzeugt wird. Diese Gleichzeitigkeit kann die Verteilnetze zeitweise überfordern. Zum anderen haben wir das Problem, dass die Marktwerte, also der durchschnittlich erzielbare Preis für Solarstrom an der Strombörse, sinken, wenn sehr viel Solarstrom eingespeist wird. Die sinkenden Marktpreise an sich sind für Anlagenbetreiber meistens irrelevant, weil sie durch fixe Einspeisevergütung und/oder Marktprämien geschützt werden, allerdings wird dadurch die Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz teurer.

Wie ließe sich die Markt- und Netzintegration des Solarstroms erhöhen? An erster Stelle sollten wir bestehende Flexibilitäten mobilisieren. Zum Beispiel wurden in letzter Zeit viele PV-Anlagen im Verbund mit Heimspeichern gebaut, also kleinen Batterien, die privaten Betreibern helfen, ihren Eigenverbrauchsvorteil zu maximieren. Allerdings gibt es kaum Anreize, dies markt- oder netzorientiert zu tun. Hier könnte es helfen, sowohl die Stromtarife, als auch die Einspeisetarife mehr am Großhandelspreis auszurichten.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

O-Ton von Felix Schmidt
Ausbau der Solarenergie boomt derzeit – weitere Schritte zur Markt- und Netzintegration aber notwendig - Interview mit Felix Schmidt

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