Preise am Wohnungsmarkt stabilisieren sich – Nachfrage hoch, Angebot weiter zu knapp

DIW Wochenbericht 51/52 / 2024, S. 847-856

Konstantin A. Kholodilin, Malte Rieth

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  • Aus der spekulativen Preisblase am deutschen Immobilienmarkt ist noch etwas Luft entwichen
  • Verschlechterung der Finanzierungskosten hat zu Preiskorrekturen bei Immobilien geführt: Kaufpreise sind nominal um fünf Prozent gefallen
  • Mieten stiegen allerdings weiter – um nominal vier Prozent – und Miet- und Immobilienmärkte entwickelten sich auseinander
  • Bevölkerungswachstum lässt Nachfrage nach Wohnraum steigen, Angebot bleibt bei verlangsamter Bauaktivität weiter zurück
  • Die Politik ist dringend gefordert, das Angebot an Wohnraum – ob über eigene Investitionen oder eine Entschlackung der Verfahren – zu erhöhen

„Die Immobilienpreise sind nach 2022 kräftig gefallen, während die Mieten weiter zulegten. Damit hat die spekulative Preisblase ordentlich Luft verloren. Erste Anzeichen deuten allerdings bereits wieder auf steigende Preise, Entwarnung ist also nicht in Sicht. In Anbetracht des angespannten Wohnungsmarktes muss die Politik dringend handeln.“ Malte Rieth

Der Immobilienmarkt in Deutschland hat sich wieder stabilisiert. Es entweicht noch Luft aus der nun seit einem Jahrzehnt währenden spekulativen Preisblase. Die Immobilienpreise sind im Laufe des Jahres 2024 in allen Segmenten und den meisten Regionen weiter gefallen: In über 150 Städten waren Baugrundstücke, Eigenheime und Eigentumswohnungen im laufenden Jahr im Durchschnitt um nominal fünf Prozent günstiger als vor einem Jahr. Besonders waren dies Baugrundstücke und Eigenheime in großen Städten, wo die Preise um bis zu sieben Prozent zurückgegangen sind. Die Mieten stiegen hingegen weiter, um nominal vier Prozent. Eine zögerliche Wende am Wohnungsmarkt deutet sich aber bereits an. Die durch Bevölkerungswachstum und die sich wieder verbessernden Finanzierungsbedingungen getriebene Nachfrage steht einer nach wie vor geringen Bautätigkeit gegenüber. Die Kaufpreise beginnen zu steigen. Die Politik ist daher dringend gefordert, mit öffentlicher Bautätigkeit und einer Vereinfachung der Verfahren und Vorschriften dem entgegenzusteuern.

Im Jahr 2024 setzte sich die 2022 begonnene Korrektur am deutschen Immobilienmarkt noch fort. Die Europäische Zentralbank hatte die Leitzinsen von Juli 2002 bis September 2023 von 0 auf 4,5 Prozent angehoben. Mittlerweile liegt der Hauptrefinanzierungssatz wieder bei 3,8 Prozent, aber die Finanzierung von Bau- und Kaufvorhaben ist nach wie vor deutlich teurer als vor dem Preishöchststand im Jahr 2022. Gestiegene Energie- und Verbraucherpreise haben die Kaufkraft vieler Haushalte in den letzten zwei Jahren zudem belastet. Die reduzierte Kreditnachfrage wurde begleitet von einer restriktiveren Kreditvergabe der Banken. Das Volumen der neu vergebenen Wohnungsbaukredite ging ausgehend von seinem Maximum im März 2021 bis zu seinem Minimum im Dezember 2023 um fast 60 Prozent zurück.infoVgl. Daten der Deutsche Bundesbank (online verfügbar, abgerufen am 02.12.2024. Dies gilt auch für allen anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt). Seitdem steigt das Kreditvolumen zwar wieder. Allerdings liegt es immer noch mehr als 40 Prozent unter seinem Maximum. Dies hatte Auswirkungen auf die Immobilienpreise und die Mieten.

Die Preis- und Mietentwicklung auf dem deutschen Wohnungsmarkt spielt für die Unternehmen und Haushalte eine wichtige Rolle. Deshalb widmet sich eine umfangreiche Forschung der Immobilienpreisdynamik.infoNach wie vor ist die Zahl wissenschaftlicher Beiträge zu der Frage einer möglichen Blasenbildung im Immobilienmarkt überschaubar. Die Ergebnisse bisheriger Studien sind kontrovers und bieten kein einheitliches Bild. Für aggregierte Reihen lässt sich eine Preisblase für Deutschland nicht finden. Vgl. Xi Chen und Michael Funke (2013): Renewed Momentum in the German Housing Market: Boom or Bubble? CESifo Working Paper No. 4287 (online verfügbar); Philipp an de Meulen und Martin Micheli (2013): Droht eine Immobilienpreisblase in Deutschland? Wirtschaftsdienst 93(8), 539–544 (online verfügbar). In dieser Studie werden aggregierte Reihen für die sieben größten Städte in Deutschland analysiert. Die Analyse legt den Schluss nahe, dass spekulative Motive nur in sehr begrenztem Umfang Eingang in die Immobilienpreisbildung finden. Eine andere Untersuchung kommt hingegen zu dem Schluss, dass die Preise teilweise erheblich, um bis zu 25 Prozent, über dem fundamental gerechtfertigten Niveau lägen. Vgl. Florian Kajuth, Thomas A. Knetsch und Nicolas Pinkwart (2013): Assessing house prices in Germany: Evidence from an estimated stock-flow model using regional data. Discussion Paper der Deutschen Bundesbank 46/2013 (online verfügbar). Seit dem Jahr 2014 wird am DIW Berlin regelmäßig die Preisentwicklung in Kreisen Deutschlands analysiert und auf Grundlage statistischer Verfahren untersucht, ob es zu Preisübertreibungen kommt.infoKonstantin A. Kholodilin, Claus Michelsen und Dirk Ulbricht (2014): Stark steigende Immobilienpreise in Deutschland: aber keine gesamtwirtschaftlich riskante Spekulationsblase. DIW Wochenbericht Nr. 47, 1231-1240 (online verfügbar).

Die vorliegenden Studie aktualisiert die Auswertungen. Grundlage ist ein Datensatz des Immobilienverbandes IVD über Miet- und Kaufpreise für Wohnimmobilien (Kasten). Der Datensatz ist in Deutschland fast einmalig, da er nahezu die Hälfte aller Kreise und alle relevanten Wohnungsmarktsegmente abdeckt. Dies erlaubt eine detaillierte regionale Analyse differenziert nach Mieten, Haus- und Grundstückspreisen.

Daten über die Preisentwicklung von Immobilien sind in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern nur in spärlichem Umfang verfügbar. Insbesondere auf lokaler Ebene gibt es kaum Quellen, die Analysen über einen längeren Zeitraum erlauben. Typischerweise sind die Zeitreihen sehr kurz, decken nur einige wenige Orte ab oder beinhalten lediglich Angebotspreise.

Für die vorliegende Studie werden Miet- und Kaufpreisdaten des Immobilienverbandes Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e. V. genutzt. Das Unternehmen bietet seit 1975 Immobiliendaten und Indizes zu einzelnen Immobilienmarktsegmenten an. Die Datensammlung enthält durchschnittliche Kaufpreise und Mieten für Wohnungen und Grundstücke in 685 deutschen Gemeinden von 1975 bis 2024. Das macht sie zu einer einzigartigen Informationsquelle hinsichtlich der geografischen und zeitlichen Abdeckung des Marktes. Für diesen Wochenbericht werden die Daten für über 384 Städte in den Jahren 1996 bis 2024 verwendet. Die Daten werden im Laufe des Jahres gesammelt. Für manche Städte werden sie in der ersten Jahreshälfte erhoben.

In die vorliegende Analyse werden die folgenden sechs Variablen einbezogen:

  • Kaufpreise für Baugrundstücke für Einfamilienhäuser in mittlerer Lage und mit mittlerem Wohnwert,
  • Kaufpreise für Eigenheime in mittlerer Lage und mit mittlerem Wohnwert,
  • Kaufpreise für Reihenhäuser in mittlerer Lage und mit mittlerem Wohnwert,
  • Kaufpreise für bestehende Eigentumswohnungen in guter Lage und mit mittlerem Wohnwert,
  • Nettokaltmieten für Bestandswohnungen in mittlerer Lage und mit mittlerem Wohnwert,
  • Nettokaltmieten für Neubauwohnungen in mittlerer Lage und mit mittlerem Wohnwert.

Zudem werden die genannten Variablen verwendet, um das Verhältnis von Kaufpreisen zu Jahresmieten für Bestandswohnungen (mittlere und gute Lage mit mittlerem und gutem Wohnwert) zu berechnen.

Kaufpreise sind gefallen, Mieten beschleunigt gestiegen

Die Kauf- und Mietmärkte entwickelten sich seit nahezu zwei Jahren auseinander. Während die Kaufpreise im Jahr 2024 in vielen Regionen noch fielen, stiegen die Mieten weiter. So sind die Preise für Baugrundstücke, Eigenheime und Eigentumswohnungen in den letzten beiden Jahren im Durchschnitt in über 150 Städten Deutschlands um vier bis sieben Prozent gefallen. Trotz der Preisrückgänge liegen die Immobilienpreise aber nach wie vor deutlich höher als unmittelbar vor dem Anfang des Marktaufschwungs 2010. Bauland, Einfamilien- und Reihenhäuser sind im Vergleich zu damals immer noch etwa doppelt so teuer (Abbildung 1). Die Preise für Eigentumswohnungen übersteigen ihr Niveau im Jahr 2010 um 117 Prozent. Auch die Nettokaltmieten sowohl für den Bestand als auch für neu gebaute Wohnungen entwickelten sich seit 2010 dynamisch; sie nahmen um insgesamt 64 Prozent zu. Im Jahr 2024 beschleunigte sich der Anstieg der Mieten auf rund vier Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Der Rückgang der Kaufpreise deutet auf eine Korrektur auch spekulativer Preisübertreibungen hin.infoZum Vorliegen von spekulativer Preisblasen vgl. beispielsweise Konstantin Kholodilin und Malte Rieth (2022): Immobilienmarkt bisher stabil – aber Risiko für Preiskorrekturen hat zugenommen. DIW Wochenbericht Nr. 47, 611–620 (online verfügbar). Bereits vor der geldpolitischen Wende wurden Zweifel laut, ob die Preisentwicklungen durch die fundamentalen Marktfaktoren gedeckt sind.infoEuropäische Zentralbank (2022): Financial Stability Review, May 2022 (online verfügbar); Deutsche Bundesbank (2021): Finanzstabilitätsbericht 2021 (online verfügbar).

Ein Indikator für Überbewertungen ist die Relation der Preise zu den Mieten. Im Jahr 2022 lag dieses Verhältnis bei 27.infoDas Kaufpreis-Mietverhältnis wird als Quotient zwischen dem Kaufpreis und der jährlichen Miete berechnet. Es gibt in etwa an, wie viele Jahre notwendig sind, um den Kaufpreis der Immobilie mit den Mieteinnahmen zu decken. Ein vergleichbares Niveau gab es zuletzt Mitte der 1990er Jahre. Als diese Blase platzte, kam es zu einem langen Rückgang der Preise im Verhältnis zu den Mieten.infoVgl. Claus Michelsen und Dominik Weiß (2010): What happened to the East German housing market? A historical perspective on the role of public funding. Post-Communist Economies, 22 (3), 387–409 (online verfügbar). Mit einer so langen Konsolidierung ist diesmal wohl nicht zu rechnen. Im Jahr 2024 ist das Preis-Mietverhältnis aufgrund der gefallenen Preise bei anziehenden Mieten leicht auf 23 gesunken.

Langfristig sollten sich die Preise von Immobilien im Einklang mit den Mietpreisen entwickeln, wenn keine Preisblasen entstehen sollen. Vierteljährige Daten der OECD zeigen, dass das Preis-Mietverhältnis in Deutschland seit Anfang der 1980er bis zum Jahr 2009 nahezu kontinuierlich zurückging (Abbildung 2). Nach der Finanzkrise folgte der längste und stärkste Anstieg des Preis-Mietverhältnisses seit den 1970er Jahren. Mit dem Auslaufen der großangelegten Ankaufprogramme der Europäischen Zentralbank und starken Zinsanhebungen kam es zwischen dem dritten Quartal 2022 und dem ersten Quartal 2024 zu einem zwölfprozentigen Rückgang der Immobilienpreise. Der Rückgang der Immobilienpreise scheint aber bereits zu einem Ende gekommen zu sein. Darauf deuten die vierteiljährlichen OECD- ebenso wie die Preisindizes des Verbandes Deutscher Pfandbriefbanken (vdp) hin. Sie signalisieren, dass die Immobilienpreise seit Mitte des Jahres 2024 zu steigen begonnen haben.infoDie vorliegende Analyse stützt sich auf drei Datenquellen: 1) die jährlichen IVD-Preise, die für mehrere Regionen vorhanden sind; 2) die vierteljährlichen OECD-Preisindizes, die nur für Gesamtdeutschland vorhanden sind; 3) die vierteljährlichen vdp-Preisindizes, die sowohl für Deutschland insgesamt als auch für sieben Größtstädte vorliegen (vdp-Immobilienpreisindex – online verfügbar). Die Qualität dieser Daten ist vergleichbar. Der Vorteil der IVD-Preise ist, dass sie die Entwicklung auf der regionalen Ebene detailliert widerspiegeln. Dagegen sind OECD- und vdp-Indizes aktueller und reagieren damit schneller auf Marktentwicklungen. Auch in vielen weiteren Ländern ziehen die Immobilienpreise mittlerweile wieder an. In 35 OECD-Ländern nahmen sie im zweiten Quartal 2024 im Vergleich zum vierten Quartal 2023 zu. Nur in fünf Ländern sinken die Preise aktuell noch. Der Immobilienpreisanstieg in Deutschland (0,7 Prozent) liegt dabei unter dem durchschnittlichen Anstieg in der OECD (2,1 Prozent).

Finanzierungsbedingungen verbessern sich leicht

Die beobachtete Preisentwicklung geht auch auf die Veränderung der Finanzierungsbedingungen zurück. Seit Ende 2023 sinken die Zinsen für Wohnungsbaukredite in Deutschland, allerdings nur leicht (von 4,1 Prozent im Dezember 2023 auf 3,8 Prozent im September 2024, Abbildung 3). Der geringe Zinsrückgang und die Aussicht auf weiter fallende Leitzinsen im Euroraum haben zu einer leichten Belebung der Neukreditvergabe geführt. Allerdings ist das Volumen der Wohnungsbaukredite immer noch deutlich niedriger als auf seinem Höhepunkt im März 2021.

Neben der Neukreditvergabe steigt der Anteil der Kredite mit einer Zinsbindung von mehr als fünf Jahren (Abbildung 4). Gekoppelt mit fallenden Zinsen reduziert dies die Zahlungsrisiken für die privaten Haushalte in der Zukunft. Der aktuelle Anstieg der zinsgebundenen Kredite lässt zudem darauf schließen, dass die Banken mit weiter zurückgehenden Zinsen und einer gesunkenen Unsicherheit über die Zinsentwicklung rechnen.

Eine steigende Fremdfinanzierung der Immobilien stellt in der Regel einen Risikofaktor für den Markt dar. In Relation zur Wirtschaftsleistung stieg das Volumen im Neugeschäft bei Wohnungsbaukrediten von sechs Prozent im Jahr 2018 auf etwa neun Prozent Anfang 2022. Seither wurden merklich weniger Wohnungsbaukredite vergeben und der Verschuldungsgrad ging zurück. Mitte des Jahres 2024 lag der Verschuldungsgrad bei 4,5 Prozent und damit deutlich unter seinem langjährigen Durchschnitt von 7,3 Prozent.

Nicht nur das Kreditgeschäft war rückläufig, auch das Volumen der Immobilientransaktionen ist merklich zurückgegangen: um real rund 40 Prozent zwischen dem ersten Quartal 2021 und dem zweiten Quartal 2023 (Abbildung 5).infoDas nominale Transaktionsvolumen wurde aus den Einnahmen der Grunderwerbsteuer der Länder und einem nach Bevölkerung gewichteten durchschnittlichen Grunderwerbsteuersatz berechnet, da dieser in Deutschland nach Land und Jahr variiert. Das reale Transaktionsvolumen resultiert aus dem Verhältnis zwischen dem nominalen Transaktionsvolumen und den Hauspreisindizes für Deutschland von der OECD und dem vdp. Zwischen dem zweiten Quartal 2023 und dritten Quartal 2024 ist es jedoch wieder um rund sieben Prozent gestiegen.

Bevölkerung wächst, Wohnungsangebot hält nicht mit

In den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren hat sich die Nachfrage nach Wohnraum besonders in Großstädten durch Zuzüge aus dem Ausland erhöht.infoDie Wohnungsnachfrage in Städten wird durch Zuwanderung aus dem Aus- und dem Inland beeinflusst. Die innerdeutsche Wanderung erfolgt seit einigen Jahren eher stadtauswärts Richtung Umland. Außerdem hängt die Wohnungsnachfrage von Veränderungen in der Anzahl der Haushalte, beispielsweise einer Zunahme von Einpersonenhaushalten ab. Seit etwa 2011 hat sich deren Anteil in den Metropolen auf 50–55 Prozent stabilisiert, in Berlin und Hamburg ist er sogar zurückgegangen. Damit spielt der Zuzug aus dem Ausland die wichtigste Rolle für das Bevölkerungswachstum in den Großstädten. So lag der deutschlandweite Wanderungssaldo zwischen 1991 und 2023 bei durchschnittlich 342000 Personen. Das vorläufige Rekordhoch von 1,14 Millionen Personen im Jahr 2015 wurde im Jahr 2022 mit einer Nettozuwanderung von 1,45 Personen übertroffen. Im laufenden Jahr ist mit einer etwas geringeren Nettozuwanderung zu rechnen. Sie wird aber höher sein als im langjährigen Durchschnitt: Allein in der ersten acht Monaten des laufenden Jahres lag der Wanderungssaldo bei über 271000 Personen.infoVgl. Daten des Statistisches Bundesamtes in der Datenbank GENESIS-Online.

Das Angebot an Wohnraum steigt hingegen nur langsam. Seit über zwei Jahren ist die Bautätigkeit sehr niedrig. So verharrt der Wohnungsneubau auf einem Niveau von rund 300000 Wohnungen pro Jahr, was deutlich unter dem Bedarf liegt.infoZum Bedarf vgl. beispielsweise Philipp Deschermeier, Ralph Henger und Julia Sprenger (2024): Zunehmende Marktanspannung in vielen Großstädten. Aktuelle Ergebnisse des IW-Wohnungsbedarfsmodells. IW-Report, Nr. 39, Köln (online verfügbar). Die Prognosen für die Bauproduktion für das Jahr 2024 machen kaum Hoffnung: Die realen Wohnungsbauinvestitionen dürften um vier Prozent zurückgehen.infoGeraldine Dany-Knedlick et al. (2024), DIW-Konjunkturprognose: Deutsche Wirtschaft dümpelt vor sich hin – Handelskonflikte bedrohen die Weltwirtschaft. DIW Wochenbericht 50, 797–832 (online verfügbar). Die schwache Dynamik ist unter anderem auf die immer noch hohen Zinsen und Baukosten zurückzuführen. Auch die Anzahl der eröffneten Insolvenzverfahren in der Baubranche sendet keine guten Signale: Nach einer fast 20-jährigen Phase des Rückgangs steigen die Insolvenzen seit über drei Jahren deutlich. Es ist noch keine Abflachung der Kurve zu erkennen (Abbildung 6). Teilweise dürften die Produktionskapazitäten durch Konsolidierungen innerhalb der Branche erhalten bleiben. Doch ein Teil der Kapazitäten wird wohl verloren gehen. Dies würde sich negativ auf die künftigen Fertigstellungen von Wohnungen auswirken.

Ein starker Anstieg der Nachfrage und das stagnierende Angebot führen dazu, dass der Wohnraum knapper wird. Darauf weisen auch die historisch tiefen Leerstandsquoten hin. Sie sind seit 2021 stark gefallen und liegen für Deutschland im Schnitt bei 2,5 Prozent. infoVgl. CBRE-empirica-Leerstandsindex 2023 (online verfügbar). In Großstädten sind sie noch niedriger: Für Berlin liegt die Leerstandsquote beispielsweise bei einem Prozent. Wenn der Anteil der leerstehenden Wohnungen unter drei Prozent liegt, gilt der Wohnungsmarkt als angespannt.

Regionale Märkte weisen unterschiedliche Entwicklungsmuster auf

Die Betrachtung einzelner Indikatoren und des aggregierten nationalen Marktes kann indes nur ein erster Schritt bei der Analyse der Preisentwicklung auf dem Markt für Wohnimmobilien sein. Immobilienmärkte sind regionale Märkte – kommt es zu spekulativen Preisentwicklungen, entstehen diese zuerst in einzelnen Städten, bevor sie sich im Gesamtmarkt ausbreiten.infoVgl. Allen C. Goodman und Thomas G. Thibodeau (2008): Where are the speculative bubbles in US housing markets? Journal of Housing Economics 17 (2), 117–137 (online verfügbar); Min Hwang und John M. Quigley (2006): Economic Fundamentals In Local Housing Markets: Evidence From U.S. Metropolitan Regions. Journal of Regional Science 46 (3), 425–453 (online verfügbar); Jesse M. Abraham und Patric H. Hendershott (1996): Bubbles in metropolitan housing market. Journal of Housing Research 7 (2), 191–207 (online verfügbar). Deshalb wird in der vorliegenden Studie ein differenzierter Untersuchungsansatz verfolgt, der nach Neubau- und Bestandspreisen sowie nach Marktsegmenten (Grundstücken, Eigenheimen und Wohnungen) unterscheidet und einzelne Städte und Gruppen von Städten aber auch den Gesamtmarkt in den Blick nimmt (Kasten).

Zwischen 2010 und 2022 stiegen die Immobilienpreise und Mieten in den meisten Regionen, wobei die Kaufpreise ein deutlich stärkeres Wachstum aufwiesen. Seither zeigte sich ein qualitativ anderes Bild: Die Kaufpreise fielen in vielen Kreisen, während die Mieten weiter stiegen. Das Risiko spekulativer Preisübertreibungen ging dadurch zurück und aus der spekulativen Preisblase ist Luft entwichen.infoVgl. beispielsweise Kholodilin und Rieth (2022), a.a.O.. Gleichwohl sind die Preise in vielen Städten und Kreisen nach wie vor sehr hoch. Die derzeitigen Preiskorrekturen sorgten aber für eine Wiederannäherung an die fundamentalen Werte. Einen Anhaltspunkt für diese fundamentalen Werte sind die Mieten, bei denen im Gegensatz zu Kaufpreisen spekulative Einflüsse nicht vorhanden sein sollten.

Um den regionalen Unterschieden des Immobilienmarktes Rechnung zu tragen, wird ein differenzierter Ansatz für die Beurteilung der Preisentwicklungen verfolgt: Betrachtet werden die Preisentwicklungen in sogenannten A-, B-, C- und D-Standorten. Dies folgt einer gängigen Standortklassifikation, die sich an der Einwohnerzahl und der Höhe der Umsätze aus Immobilienverkäufen in den jeweiligen Märkten orientiert.infoA-Städte: wichtigste deutsche Zentren mit nationaler und zum Teil internationaler Bedeutung. In allen Segmenten große, funktionsfähige Märkte. B-Städte: Großstädte mit nationaler und regionaler Bedeutung. C-Städte: wichtige deutsche Städte mit regionaler und eingeschränkt nationaler Bedeutung, mit wichtiger Ausstrahlung auf die umgebende Region. D-Städte: kleine, regional fokussierte Standorte mit zentraler Funktion für ihr direktes Umland; geringeres Marktvolumen und Umsatz. Vgl. Definitionen auf der Webseite von RIWIS Online. Unterschieden werden dabei die Segmente der Bestands- und Neubauwohnungen sowie Eigenheime und die Werte für Baugrundstücke.

Starke Kaufpreisrückgänge in Metropolen –Mieterhöhungen hingegen regionalübergreifend

Besonders stark sind die Preise im Vergleich zu ihrem Höhepunkt im Jahr 2022 für Einfamilienhäuser gefallen (um gut acht Prozent), gefolgt von Baugrundstücken und Eigentumswohnungen (zwischen minus fünf und minus sieben Prozent). In den Großstädten waren die Preisrückgänge für Wohnimmobilien und Bauland in Deutschland am kräftigsten (Tabelle). In den sogenannten A-Städten sind die Kaufpreise durchschnittlich um 13 Prozent, bei den Einfamilienhäusern in mittlerer Lage sogar um 16 Prozent gefallen. Die Preiskorrekturen in kleineren Städten sind geringer. In den D-Standorten gingen die Preise von Einfamilienhäusern weniger als sechs Prozent zurück, die Preise des Baulandes sind um lediglich zwei Prozent gefallen.

Tabelle: Preis- und Mietentwicklung nach Städtetypen in den Jahren 2022 bis 2024

Prozentuale Veränderung

Segment Deutschland Standorte
A B C D
Baugrundstück für Einfamilienhaus, mittlere Lage und Wohnwert −5,3 −13,1 −7,4 −6,8 −1,4
Baugrundstück für Einfamilienhaus, gute Lage und Wohnwert −6,0 −13,2 −8,6 −6,2 −1,8
Einfamilienhaus, mittlere Lage und Wohnwert −8,6 −15,5 −9,8 −11,0 −6,5
Einfamilienhaus, gute Lage und Wohnwert −7,7 −13,5 −11,2 −9,3 −5,5
Reihenhaus, mittlere Lage und Wohnwert −7,8 −12,7 −8,8 −10,1 −6,2
Eigentumswohnung im Bestand, mittlere Lage und Wohnwert −6,5 −13,5 −9,3 −10,0 −3,8
Eigentumswohnung im Bestand, gute Lage und Wohnwert −5,3 −11,3 −6,9 −9,0 −3,2
Miete für Bestandswohnung, mittlere Lage und Wohnwert 7,6 9,5 7,5 8,4 7,2
Miete für Neubauwohnung, mittlere Lage und Wohnwert 7,1 6,1 6,4 7,6 7,2
Preis-Miet-Verhältnis, Eigentumswohnung, mittlere Lage und Wohnwert −14,5 −21,4 −15,6 −18,2 −12,0
Preis-Miet-Verhältnis, Eigentumswohnung, gute Lage und Wohnwert −13,8 −20,0 −12,1 −17,6 −12,0

Anmerkungen: A-Städte: wichtigste deutsche Zentren mit nationaler und zum Teil internationaler Bedeutung. In allen Segmenten große, funktionsfähige Märkte. B-Städte: Großstädte mit nationaler und regionaler Bedeutung. C-Städte: wichtige deutsche Städte mit regionaler und eingeschränkt nationaler Bedeutung, mit wichtiger Ausstrahlung auf die umgebende Region. D-Städte: kleine, regional fokussierte Standorte mit zentraler Funktion für ihr direktes Umland; geringeres Marktvolumen und Umsatz.

Quellen: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Immobilienverbandes IVD.

Die Mieten nahmen an allen Standorttypen zu; die regionalen Unterschiede waren gering. Am stärksten sind die Mieten für Bestandswohnungen gestiegen, zwischen sieben und zehn Prozent. Die Mieten für Neubauwohnungen haben mit sechs bis acht Prozent ebenfalls ordentlich zugelegt. Zusammen mit der regionalen Preisanpassung sind die Preis-Miet-Verhältnisse besonders stark in A-Städten zurückgegangen, was daran liegen könnte, dass in Metropolen der spekulative Preisdruck am stärksten war. Trotz der Preisrückgänge im Jahr 2024 sind die Überbewertungen dort allerdings nach wie vor erheblich.infoFür eine Abschätzung der Überbewertung vgl. empirica (2024): empirica-Blasenindex 2024q3. Verbreitung der Blasengefahr stagniert, aber Brisanz sinkt verbreitet weiter (online verfügbar). Nicht nur dort sind die Preis-Mietverhältnisse immer noch auf einem deutlich höheren Niveau als in der Vergangenheit (Abbildung 7).

Die aktuelle Preisentwicklung ist nicht nur mit Blick auf die Größe des Immobilienmarktes, die sich in dem Standorttyp widerspiegelt, sondern auch in Bezug auf die geografische Lage unterschiedlich. Im Westen und teilweise an der Ostseeküste steigen die Preise für Baugrundstücke und Eigenheime besonders in den kleineren Städten weiter (Abbildung 8). In Ostdeutschland ist eine gemischte Entwicklung zu beobachten: Teilweise steigen die Kaufpreise noch, teilweise stagnieren sie.infoDiese Heterogenität könnte zum Teil auf die unterschiedlichen Zeitpunkte der Datenerhebung zurückgeführt werden. Die Daten für Sachsen und Sachsen-Anhalt wurden zum Jahreswechsel, die Daten für Länder im Norden im Sommer erhoben. Im Fall von Mieten ist das Bild homogener: In den meisten Städten steigen sie. Es gibt nur eine Handvoll Orte mit stagnierenden Mietpreisen, die sich zumeist in Nordrhein-Westfalen und Ostdeutschland befinden.

Fazit: Moderate Preisrückgänge kommen zum Ende

Die Immobilienpreise sind in Deutschland in diesem Jahr noch auf breiter Front zurückgegangen. Sowohl in großen Städten als auch auf dem Land fielen die Preise für Bauland, Eigentumswohnungen und Häuser. Damit setzte sich die leichte Korrektur der zuvor teilweise stark überhitzten Märkte fort. Vor allem die gestiegenen Zinsen dürften zu dem Preisrückgang geführt haben. Das Angebot an Wohnraum bleibt dagegen knapp. Gleichzeitig ist die Nachfrage hoch. Dies zeigen auch die niedrigen Leerstandsquoten. Hinzu kommt eine nach wie vor hohe Anzahl von Zuzügen aus dem Ausland.

Die Aussichten sind nicht gut. Die Insolvenzwelle im Bausektor scheint ihren Höhepunkt noch nicht erreicht zu haben. Das Baukreditvolumen belebte sich zuletzt zwar wieder, bleibt aber auf niedrigem Niveau. Die Bauzinsen sind weiterhin bei knapp vier Prozent. In diesem Umfeld mussten private Haushalte auf den Erwerb eines Eigenheims verzichten und fragten Mietwohnungen nach. Auch deshalb dürfte der Mietanstieg in den letzten beiden Jahren im Bestand und im Neubau bei jeweils etwa vier Prozent gelegen haben. Die durchschnittliche relative Mietbelastung in Deutschland befindet sich seit 2005 zwar auf einem konstanten, aber hohen Niveau. Besonders hoch ist sie zudem in den niedrigeren Einkommensklassen.infoKonstantin A. Kholodilin und Pio Baake (2024): Mietbelastung in Deutschland: In den letzten Jahren nicht gestiegen, aber ungleich verteilt. DIW Wochenbericht Nr. 41, 627–633 (online verfügbar). Das führt zu sozialen Spannungen, was Risiken für den Zusammenhalt der Gesellschaft birgt und die Lage der einkommensschwachen Haushalte gefährdet. Die Politik sollte daher nach der Bundestagswahl dringend auf die angespannte Lage am Wohnungsmarkt reagieren. Sie könnte Bauvorschriften vereinfachen und Genehmigungsverfahren beschleunigen.

Malte Rieth

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Makroökonomie

Konstantin A. Kholodilin

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Makroökonomie



JEL-Classification: C32;E27;E32
Keywords: speculative house price bubbles; explosive roots tests; German cities and town
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2024-51-1

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