DIW Wochenbericht 1/2 / 2025, S. 15
Martin Gornig, Erich Wittenberg
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Herr Gornig, die Bedingungen für die Bauwirtschaft waren schon im Jahr 2023 nicht gut, aber auch das Jahr 2024 war von Krisen geprägt. Wie wirkt sich das auf die Bauwirtschaft aus? Wir erwarten das vierte Jahr in Folge eine Rezession in der Bauwirtschaft. Es ist also für die Bauunternehmen eine wirklich schwierige Zeit, nachdem wir bis zur Coronakrise relativ gute Jahre hatten. Aber seit der Zinswende, geht es auch am Bau deutlich bergab.
Wie hat sich das nominale Bauvolumen entwickelt? Das Bauvolumen ist seit langer Zeit mal wieder sogar auch nominal gesunken. Das ist natürlich schwierig für die Unternehmen, weil ihnen die Einnahmen fehlen und sie dementsprechend häufiger in Insolvenz geraten.
In welchen Bereichen des Bauvolumens gab es die deutlichsten Rückgänge? Den ganz starken Einbruch hatten wir im Wohnungsneubau. Die steigenden Zinsen haben vor allem bei den großen Volumina an Fremdkapital, die man beim Neubau braucht, dazu geführt, dass dieser sehr stark zurückgegangen ist. Nach Jahren des billigen Geldes waren jetzt plötzlich vier Prozent Zinsen zu zahlen. Wir gehen davon aus, dass fast ein Viertel des Wohnungsneubauvolumens verloren gegangen ist.
Was hat das Bauvolumen überhaupt noch gestützt? Das sind zum einen der Tiefbau, der sich recht stabil zeigte, aber auch Sanierungsmaßnahmen im Wohnungsbau. Viele Sanierungsmaßnahmen werden aus der Ersparnis finanziert, deshalb spielen hier die Finanzierungskosten nicht so eine große Rolle. Und wenn etwas repariert werden muss, dann muss es repariert werden; das kann man nicht aufschieben. Das ist ein sehr großer Block, der stabilisierend wirkt. Deswegen erwarten wir nicht insgesamt 25 Prozent Rückgang wie im Neubau, sondern nur vier Prozent Rückgang im Bauvolumen für 2024.
Wann werden wir den Wohnungsmangel in den Griff bekommen? Die Bauwirtschaft läuft zwar zurzeit schlecht, aber es ist schon wieder zu sehen, dass es auch aufwärts geht. Die Zinsen haben sich wieder stabilisiert. Wir haben zwar jetzt ein positives Zinsniveau, aber das scheint relativ stabil zu sein. Das motiviert die Leute, doch wieder in den Bau zu investieren. Wir haben ja weiterhin angespannte Wohnungsmärkte und hohe Mieten, die sogar noch steigen. Und die Tendenz, wieder zurück in den Wohnungsneubau zu gehen, haben wir aktuell auch am Markt. Allerdings werden wir diesen Aufschwung wahrscheinlich erst 2026 auch in den Zahlen sehen.
Ist Bauen in Deutschland zu teuer? Gibt es tatsächlich zu viele Auflagen? Ja, wenn man ins Ausland schaut, sieht man, dass man auch billiger bauen kann. Auf der anderen Seite ist die Diskussion, wie man Baukosten senkt genauso alt wie das Bauvolumen. Wir haben bereits mehrere Baukostenkommissionen gehabt, und ich glaube, dass es schwierig ist, die Baukosten über geringere Auflagen zu senken. Was in den letzten Jahren zugenommen hat, ist die Dauer der Verfahren. Hier könnte man sicherlich sehr viel erreichen, auch über Digitalisierung, über Vereinfachung und über mehr Experimentierlaune. Denn die Beschleunigung von Bauverfahren senkt letztlich auch die Kosten. Wenn das Ganze weniger lange dauert, dann brauche ich weniger Zwischenfinanzierung und kann entsprechend auch günstiger bauen.
Wie lautet Ihre Prognose für 2025 und 2026? Wir werden 2025 in der Bauwirtschaft die Trendwende schaffen. Ich glaube, dass es hier zunächst nur ganz kleine Zuwächse in dem einen oder anderen Bereich geben wird. Aber 2026 werden wir wirklich nach vier schweren Jahren wieder positive Zahlen im Bauvolumen sehen. Wir rechnen mit etwa zwei Prozent Wachstum im realen Bauvolumen.
Das Gespräch führte Erich Wittenberg.
Themen: Konjunktur, Immobilien und Wohnen