Statement vom 6. März 2025
Die heutige Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), die Zinsen um 25 Basispunkte zu senken, kommentiert Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:
Die Europäische Zentralbank (EZB) hält an ihrem Kurs der vorsichtigen Zinssenkungen fest. Selbst die dramatischen neuen Entwicklungen bei Handelskonflikten und geopolitischen Risiken haben die EZB nicht dazu bewogen, ihren geldpolitischen Kurs anzupassen und sich entschiedener gegen eine weitere wirtschaftliche Abschwächung zu stemmen. Die EZB hat eine wichtige Chance zu einer Kurskorrektur verpasst.
Die EZB erfüllt ihr Mandat der Preisstabilität voll und ganz: Die Inflationsrate liegt stabil nahe der Definition von Preisstabilität. Auch die Kerninflation hat sich in vielen Bereichen weiter reduziert, sodass es zurzeit keine Anzeichen für ein Wiederaufflammen der Inflation gibt.
In den letzten Wochen gab es dramatische geopolitische Entwicklungen, die einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft und damit auch auf die Inflation im Euroraum haben werden. Selten war die Unsicherheit für die wirtschaftliche Entwicklung so hoch. Die kurz- und mittelfristigen Risiken einer noch schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung überwiegen deutlich. Eskalierende Handelskonflikte mit den USA und mit China werden zunehmend Realität, ebenso wie die Risiken einer Eskalation des Krieges in der Ukraine. Diese Risiken wirken sich negativ auf die Realwirtschaft und auf die Finanzierungsbedingungen aus, so dass die EZB stärker stabilisierend handeln sollte.
Die Ankündigung einer expansiven Finanzpolitik in Deutschland sowie die Erhöhung der Verteidigungsausgaben in der Europäischen Union dürften mittel- bis langfristig positive Impulse für die Wirtschaft liefern. Allerdings bestehen Zweifel, wie schnell und wie stark diese Maßnahmen umgesetzt werden können. Die EZB kann es sich nicht leisten abzuwarten – sie muss unmittelbar und stetig handlungsfähig bleiben und einen klaren Kurs verfolgen.
Themen: Geldpolitik