DIW Wochenbericht 18 / 2025, S. 262
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Die US-Regierung strebt mit hohen Zöllen den Ausgleich ihrer bilateralen Handelsbilanzdefizite an. Diese Politik ist an sich schon problematisch genug. Was aber oft vernachlässigt wird, ist die Tatsache, dass ein Handelsbilanzdefizit immer mit einem Kapitalimport einhergeht. Die USA kaufen nicht nur viele Waren im Ausland, die sie konsumieren, sie verschulden sich dafür auch entsprechend; anders ausgedrückt investiert das Ausland Kapital in den USA. Nettoimporte von Gütern und Kapital gehen zwingend Hand in Hand, sie sind zwei Seiten einer Medaille.
Die US-Regierung verfolgt primär die Idee, die Handelsbilanz mittels radikal erhöhter Zölle auszugleichen. Das Problem dieser Politik besteht bei den Kapitalströmen darin, dass die USA die Weltwährung, den US-Dollar, ausgeben. Weltwährung bedeutet, dass die „ganze“ Welt mit dieser Währung arbeitet. Bekanntlich dominiert der Dollar die ausländischen Devisenreserven, die internationalen Finanzmärkte und die Fakturierung von Handelsströmen. Die betreffenden Akteure müssen also über Dollar verfügen können. Simpel ausgedrückt kommt das Ausland in den Besitz von Dollar, indem es den USA Waren (und Dienstleistungen) gegen Dollar verkauft. In der Sprache der Zahlungsbilanz geht der Status einer Weltwährung mit einem Kapitalbilanzüberschuss einher, und dieses erzwingt ein Handelsbilanzdefizit (wenn man von Dienstleistungen absieht).
Weltwährung zu sein ist für große Volkswirtschaften erstrebenswert, denn es führt zu einem quasi natürlichen Kapitalzufluss, der das Zinsniveau niedrig und die Währung stark hält. Ferner sind die internationalen Finanzbeziehungen stark asymmetrisch, wobei der Vorteil bei der Weltwährung liegt. Die US-Zinspolitik gibt den Takt auf den internationalen Finanzmärkten vor. Der Dollar als Weltwährung funktioniert dabei wie der Transmissionsriemen, der die US-Politik zum Taktgeber der Weltwirtschaft macht.
Anders als bei den Handelsbeziehungen sind die USA bei den internationalen Finanzbeziehungen also in einer unerreichten und eigentlich auch ungefährdeten Position. Pointiert gesagt gibt die US-Wirtschaft aufgrund ihrer eigenen Dynamik die Schocks für die Weltwirtschaft vor und der Rest der Welt muss damit klarkommen. Nicht umsonst gilt es als „Privileg“, die Weltwährung zu beheimaten. Diese starke Stellung bringt wirtschaftliche und politische Macht mit sich. Will die US-Regierung diese Macht freiwillig oder gar ungewollt aus der Hand geben?
Der US-Präsident thematisiert diese Seite der Medaille nicht, sondern konzentriert seine Argumente für die radikale Zollpolitik auf die Industriejobs, die er in die USA holen möchte. Seine Berater sprechen jedoch durchaus von der Weltwährung Dollar. Die damit einhergehende Dominanz soll erhalten bleiben, ebenso wie niedrige Zinsen. Aber der Dollar soll abwerten, um den Ausgleich der Handelsbilanzdefizite zu erleichtern. Wie passt das zusammen?
Am konkretesten ist der sogenannte Mar-a-Lago-Plan, der vorschlägt, dass extreme Devisenmarktinterventionen den Dollar schwächen sollen. Länder mit großen Dollar-Reserven sollen hunderte Milliarden US-Dollar verkaufen. In der Kombination von schwächerem Dollar mit Zöllen soll die US-Handelsbilanz ausgeglichen werden.
Damit es bei diesen Verkäufen nicht zu einer Kapitalflucht aus den USA kommt, sind Kapitalverkehrsbeschränkungen vorgesehen. Diese grenzen einen Dollar-Raum vom Rest der Welt ab. Innerhalb des Dollar-Raums gibt es Zugang zum US-Markt verbunden mit militärischem Schutz. Außerhalb gibt es beides nicht. Die Länder im Dollar-Raum müssen für ihren militärischen Schutz bezahlen.
Sollte die US-Regierung diesen Weg anstreben, gibt sie den Dollar als Weltwährung auf. Er ist dann nur noch im Dollar-Raum die Leitwährung. Am Ende passt die Weltwährung Dollar weder zu einem durch Zölle erzwungenen Ausgleich der Handelsbilanz noch zu einem Dollar-Raum ohne freien Kapitalverkehr. Damit geben die USA einen großen Trumpf aus der Hand.
Der Beitrag ist am 22. April 2025 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen.
Themen: Steuern, Geldpolitik