Elektrolyse: Wasserbedarf kein beschränkender Faktor, Wasserstoffnetz entscheidend

DIW Wochenbericht 32/33 / 2025, S. 495-505

Dana Kirchem, Leonard Bösch, Astrid Cullmann, Franziska Holz

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  • Wasserbedarf der geplanten Elektrolyse in Deutschland macht 2030 nur 0,15 Prozent der heutigen Gesamtwasserentnahme aus
  • Aktuelle Entnahmeentgelte für Wasser beeinflussen Standorte für Elektrolyse kaum
  • Standorte für Elektrolyse hängen auch von regionaler Frischwasserverfügbarkeit ab
  • Hohes Potenzial für erneuerbare Energien und Meerwasserzugang machen Norddeutschland für Elektrolyse besonders attraktiv
  • Modellgestützte Analyse zeigt, dass gut ausgebautes Wasserstoffnetz Grundlage für effiziente Standortwahl ist

„Generell eignen sich für die Produktion von grünem Wasserstoff mittels Elektrolyse Regionen mit einem hohen Potenzial für erneuerbare Energien und ausreichend Wasser für die Elektrolyse. Voraussetzung für eine effiziente Standortwahl ist, dass das Wasserstoffnetz wie geplant ausgebaut wird.“ Dana Kirchem

Zur Herstellung von strombasiertem Wasserstoff mittels Elektrolyse wird neben Strom auch Wasser benötigt. Während sich die öffentliche Diskussion derzeit vor allem auf die Stromseite konzentriert – insbesondere auf die Herkunft des erneuerbaren Stroms – wird der Wasserbedarf häufig vernachlässigt. Deutschland gilt grundsätzlich als wasserreiches Land. Dennoch kann es, insbesondere infolge des Klimawandels, regional und saisonal zu „Wasserstress“ kommen. Einige Regionen in Deutschland, die ein hohes Potenzial für die Erzeugung erneuerbaren Stroms und Wasserstoffs durch Elektrolyse haben, können möglicherweise von Wasserstress betroffen sein. Dieser Bericht zeigt anhand von Modellergebnissen für den Stromsektor in den deutschen Bundesländern im Jahr 2030, dass potenzieller Wasserstress kein Hindernis für die heimische Elektrolyse darstellen wird, die optimale Standortwahl für Elektrolyseanlagen aber beeinflussen kann. Wesentliche weitere Faktoren bei der Standortwahl sind die regionale Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien und überregionalen Wasserstoffnetzen. Daher sollte der Aufbau des von der Politik beschlossenen Wasserstoffkernnetzes zügig vorangetrieben werden. Außerdem bedarf es mehr Transparenz im Wassersektor bezüglich Wasserentnahmen und -entgelten.

Die neue deutsche Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag bestätigt, dass sie – wie die Vorgängerregierung – klimafreundlichem Wasserstoff bei der Emissionsreduzierung in der deutschen Industrie eine wichtige Rolle zuschreibt. Auch wenn in den nächsten Jahren Anpassungen der Nationalen Wasserstoffstrategie, die zuletzt 2023 aktualisiert wurde, wahrscheinlich sind, bleibt der Trend zu klimafreundlichem Wasserstoff bestehen.infoBundesregierung (2023): Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie (online verfügbar; abgerufen am 17.07.2025. Dies gilt für alle Quellen, sofern nicht anders vermerkt). Dazu ist ein starker Ausbau der Wasserelektrolyse zur Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland vorgesehen. Da der benötigte Strom vor allem aus erneuerbaren Energien stammen soll, fokussiert sich die Diskussion derzeit auf einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren. Die Verfügbarkeit von Wasser als anderer wichtiger Beitrag für die Elektrolyse wird hingegen wenig diskutiert. Dabei können schon heute manche Regionen von Wasserstress betroffen sein, auch solche, in denen Elektrolyseprojekte geplant sind.infoWasserstress bezieht sich in diesem Bericht ausschließlich auf strukturellen Grundwasserstress, vgl. Robert Lütkemeier und David Kuhn (2025): Grundwasserstress in Deutschland. Überblicksstudie: Struktureller und akuter Grundwasserstress durch öffentliche und nichtöffentliche Entnahmen auf Ebene der Landkreise. Institut für sozial-ökologische Forschung, im Auftrag des BUND (online verfügbar). Struktureller Grundwasserstress bezeichnet eine Situation, in der die langfristige Entnahme von Grundwasser die Menge übersteigt, die als nachhaltig angesehen wird. Die Wasserforschung verwendet den Schwellenwert von 20 Prozent des jährlich nachgebildeten Grundwassers. In diesem Bericht wird untersucht, ob die Verfügbarkeit von Wasser eine Einschränkung für die Elektrolysepläne sein könnte. Dafür wird eine modellgestützte Analyse auf Bundesländerebene durchgeführt, die die regionalen Wasserkosten und -bedarfe einbezieht. Dabei wird auch untersucht, inwieweit der Ausbau des Wasserstoffnetzes sowie die Höhe und regionale Differenzierung der Wasserentnahmeentgelte in Deutschland die Investitionsentscheidungen für Elektrolysekapazitäten beeinflussen.

Schneller Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland bis 2030 geplant

Der jährliche Wasserstoffbedarf in Deutschland beläuft sich derzeit auf 46 Terrawattstunden (TWh) und fällt vor allem in der Petrochemie an, insbesondere in Raffinerien und zur Erzeugung von Ammoniak als Vorprodukt von Düngemittel.infoEuropean Hydrogen Observatory (2023): Hydrogen demand 2023 (online verfügbar). Der Wasserstoffbedarf soll bis zum Jahr 2030 auf 95 bis 130 TWh steigen.infoBundesregierung (2023), a.a.O. Dann soll Wasserstoff auch in anderen Industriesektoren, zum Beispiel dem Stahlsektor, verwendet werden und dort klimaschädliche Kohle oder Erdgas ersetzen.

Heute wird der in Deutschland genutzte Wasserstoff fast vollständig im Inland und meist verbrauchsnah erzeugt, allerdings nur zu 0,7 Prozent aus Wasserelektrolyse.infoEuropean Hydrogen Observatory (2023), a.a.O. Der größte Anteil wird per Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen. Dabei werden klimaschädliche CO2-Emissionen freigesetzt. Für den beabsichtigten Umstieg auf Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen soll die installierte Elektrolyseleistung in Deutschland deutlich von heute ungefähr 170 Megawatt (MW) auf zehn Gigawatt (GW) im Jahr 2030 steigen.infoBundesregierung (2023), a.a.O. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten allerdings alle derzeit geplanten Elektrolyseprojekte realisiert werden, auch die, die sich noch in der Konzeptphase befinden (Abbildung 1).

Eine stark gesteigerte heimische Wasserstoffproduktion sollte zur wirtschaftlichen und ökologischen Optimierung des Energiesystems beitragen, unter anderem durch die effiziente Nutzung erneuerbarer Energien und der Energieinfrastruktur. Zusätzlich wird aber auch ein Großteil des Wasserstoffbedarfs importiert werden müssen; die Nationale Wasserstoffstrategie schätzt den Anteil auf 50 bis 70 Prozent. Die Abkehr von einer rein verbrauchsnahen Wasserstoffproduktion wie auch der Importbedarf bedürfen einer funktionierenden Transportinfrastruktur. Dafür wurde im Jahr 2024 ein Wasserstoffkernnetz in Deutschland von insgesamt 9040 Kilometer Länge genehmigt, das im Jahr 2032 vollständig in Betrieb genommen sein soll.infoNach aktuellen Planungen sollen 56 Prozent aus umgestellten Erdgasleitungen und 44 Prozent aus neu gebauten Leitungen bestehen. Vgl. Bundesnetzagentur (2024): Wasserstoff-Kernnetz (online verfügbar).

Wasserstofferzeugung benötigt Strom und Wasser

Für die Herstellung von „grünem“ Wasserstoff benötigt man bei der Elektrolyse Wasser und erneuerbaren („grünen“) Strom (Abbildung 2). Das Wasser für den Elektrolyseprozess, entnommen beispielsweise aus Grund- oder Oberflächengewässern,infoGrund- und Oberflächenwasser wird als Frischwasser bezeichnet. Neue alternative Verfahren erproben auch die Verwendung von aufbereitetem Abwasser. muss aufbereitet werden, da für die Aufspaltung in Wasserstoff und Sauerstoff deionisiertes Wasser mit einer sehr geringen Leitfähigkeit benötigt wird (sogenanntes Reinstwasser).infoDeionisiertes Wasser ist Wasser, aus dem nahezu alle gelösten Salze (Ionen) entfernt wurden. Falls Meerwasser für die Elektrolyse verwendet werden soll, muss dieses in einem ersten Schritt aufwendig entsalzt werden. Sowohl bei der Entsalzung als auch bei der weiteren Aufbereitung erreicht nur ein bestimmter Anteil des Wassers die nächste Reinheitsstufe. Das Restwasser enthält die bei der Reinigung abgeschiedenen Rückstände. Diese sind in der Regel unbedenklich und das Restwasser kann kontrolliert in den lokalen Wasserkreislauf zurückgeführt werden. Für die Erzeugung von einem Kilogramm Wasserstoff benötigt die Elektrolyse neun Liter Reinstwasser. Zusätzlich wird auch Wasser für die Kühlung benötigt. Je nach eingesetzter Kühltechnik der jeweiligen Anlage kann der Wasserbedarf stark variieren.infoDeutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (2024): Gesamtwasserbedarf für die Wasserelektrolyse (online verfügbar).

Für den Betrieb einer 100-MW-Elektrolyseanlage mit Verdunstungskühlung werden bei Volllast rund 66 Kubikmeter (m³) Frischwasser pro Stunde benötigt.infoBasierend auf Zahlen der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien (IRENA) und Bluerisk (2023): Water for hydrogen production (online verfügbar). Daraus entstehen pro Stunde rund 1,9 Tonnen Wasserstoff. Geht man von 4000 Volllaststunden pro Jahr aus, benötigt eine 100-MW-Elektrolyseanlage etwa 264000 m³ Frischwasser jährlich. Hochgerechnet auf die für das Jahr 2030 geplante Zehn-GW-Elektrolyseleistung ergibt sich ein jährlicher Gesamtbedarf von rund 26,4 Millionen m³ Wasser. Zum Vergleich: Die Gesamtentnahme von Wasser lag in Deutschland im Jahr 2022 bei 17,9 Milliarden m³.infoUmweltbundesamt (2025): Wasserressourcen und ihre Nutzung (online verfügbar). Somit würde die Elektrolyse 2030 nur etwa 0,15 Prozent der deutschen Wasserentnahmen ausmachen.

Schon heute können Regionen zeitweise von Wasserstress bedroht sein

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und häufiger auftretender Trockenperioden rückt auch in Deutschland die Verfügbarkeit von Wasserressourcen verstärkt in den Fokus.infoEin Beispiel ist das strukturelle Wasserproblem im Einzugsgebiet der Spree, das zu den größten regionalen Problemen der Wasserknappheit in Deutschland zählt. Vgl. Gero Frank Scheck et al. (2025): Wasserkonflikte im Spreegebiet durch Anpassung der Wasserentnahmeentgelte und Renaturierung lösbar. DIW Wochenbericht Nr. 21, 303–311 (online verfügbar). In Bezug auf die Wasserverfügbarkeit gibt es in Deutschland erhebliche regionale Unterschiede. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) deuten darauf hin, dass in vielen Regionen Deutschlands Wasserstress bestehen könnte.infoLütkemeier und Kuhn (2025) a.a.O. Es wurden, öffentlich und bundesweit verfügbaren Daten zufolge, insgesamt 141 (von 401) Landkreise und kreisfreie Städte identifiziert, die potenziell von Wasserstress betroffen sein könnten. Wie stark der mögliche Wasserstress ausgeprägt ist, lässt sich allerdings erst unter Einbezug lokaler hydrologischer Daten feststellen. Die identifizierten Hotspots befinden sich überwiegend in Ost-, Nord- und Westdeutschland.

Wasserkosten in Deutschland uneinheitlich

Auf Ebene der Bundesländer variieren die Entgelte für die Entnahme von Wasser je nach genutzter Wasserquelle und Art der Nutzung stark: von 0,5 Cent pro m3 Oberflächenwasser in Bremen bis 31 Cent pro m3 Grundwasser in Berlin.infoJohanna Römer (2019): Die Wasserentnahmeentgelte der Länder. Kurzgutachten im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND). In 13 von 16 Bundesländern wird ein Wasserentnahmeentgelt erhoben; Bayern, Hessen und Thüringen haben keine Entgeltregelungen für die Wasserentnahme. Auch Produzenten von grünem Wasserstoff unterliegen, je nach Standort, diesen Abgaben, sofern sie Wasser aus öffentlichen Ressourcen entnehmen. Zwar ist die zukünftige Behandlung von Elektrolyseuren in den Entgeltverordnungen noch unklar, aber voraussichtlich wird der Standardbetrag erhoben, da bislang nicht geplant ist, sie in Ausnahmekategorien wie Bergbau oder öffentliche Versorgung aufzunehmen.infoIn einigen Bundesländern gibt es ein gesondertes Wasserentnahmeentgelt für Kühlwasser. Es ist aber unklar, ob Elektrolyseure in diese Kategorie fallen würden.

Für Wasserstofferzeuger stellen Wasserentnahmeentgelte einen zusätzlichen Kostenfaktor dar. Regionale Unterschiede in der Wasserbepreisung können zu einer räumlich ungleichen Verteilung von Investitionen in die Elektrolyse führen. Eine bundesweit einheitliche Regelung zur Erhebung von Wasserentnahmeentgelten existiert bislang nicht. Im Rahmen der Nationalen Wasserstrategie ist eine Regelung geplant, die sowohl regionale Knappheiten, die Kosten der Wasserverschmutzung als auch hydrologische Rahmenbedingungen berücksichtigt.infoBundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV): Nationale Wasserstrategie. Berlin 2023 (online verfügbar).

Modellbasierte Analyse verschiedener Szenarien im Jahr 2030

Für die Analyse der heimischen Elektrolyse wird das Stromsektormodell DIETER verwendet (Kasten). Zusätzlich zu den Basisannahmen werden in Szenarien jeweils zwei verschiedene Annahmen zur Wasserverfügbarkeit für die Elektrolyse, zu den Wasserentnahmeentgelten für Frischwasser und zum Ausbau des Wasserstoffkernnetzes getroffen. Insgesamt ergeben sich damit acht verschiedene Szenarien (Tabelle).

Tabelle: Untersuchte Szenarien

Szenario Frischwasserverfügbarkeit Wasserentnahmeentgelte Wasserstofftransport
Basis Unbeschränkt Heterogen Unbeschränkt
Basis (harmonisiert) Unbeschränkt Harmonisiert Unbeschränkt
Basis (Wasserstofftransportlimit) Unbeschränkt Heterogen Beschränkt
Basis (harmonisiert + Wasserstofftransportlimit) Unbeschränkt Harmonisiert Beschränkt
Wasserstress Regional beschränkt Heterogen Unbeschränkt
Wasserstress (harmonisiert) Regional beschränkt Harmonisiert Unbeschränkt
Wasserstress (Wasserstofftransportlimit) Regional beschränkt Heterogen Beschränkt
Wasserstress (harmonisiert + Wasserstofftransportlimit) Regional beschränkt Harmonisiert Beschränkt

Anmerkung: Heterogene Wasserentnahmeentgelte: aktuelle Entgelte in den jeweiligen Bundesländern; harmonisierte Wasserentnahmeentgelte: bundesweit einheitliche Entgelte auf dem aktuellen Berliner Niveau.

Quelle: Eigene Darstellung.

Das Stromsektormodell DIETER (Dispatch and Investment Evaluation Tool with Endogenous Renewables) ermittelt für gegebene Nachfragedaten die kostenminimale Kombination von Stromerzeugungskapazitäten sowie deren stündlichen Einsatz. Modelliert werden alle 8760 Stunden eines Jahres unter der Annahme perfekter Voraussicht. Dies erlaubt eine gute Abbildung der zeitlichen Variabilität von Windkraft- und Solarenergie, der Stromnachfrage sowie dem Elektrolysebetrieb.

Das Modell enthält eine Vielzahl von Gleichungen, von denen drei im Folgenden kurz dargestellt werden. In der Zielfunktion werden die Systemkosten minimiert, die alle variablen und fixen Kosten sowie die Investitionskosten der Stromerzeugung und -speicherung enthalten. Eine Strombilanz stellt sicher, dass Stromangebot und -nachfrage für jedes Bundesland in jeder Stunde im Gleichgewicht sind. Sie fordert, dass die Stromnachfrage, die Stromspeicherzuflüsse und der Strombedarf für die Wasserstoffproduktion durch die Summe aller fossilen und erneuerbaren Stromerzeugung, die Stromspeicherentnahmen und Stromflüsse aus anderen Bundesländern gedeckt werden müssen. Analog dazu sichert eine Wasserstoffbilanz, dass die Erzeugung von Wasserstoff in Deutschland die Nachfrage in jeder Stunde abdeckt. Dabei werden auch Wasserstofftransporte zwischen den Bundesländern berücksichtigt.

Wichtige Input-Parameter für das Modell sind die Kapitalkosten und Betriebskosten von Stromerzeugungstechnologien und Elektrolyse, deren Wirkungsgrade sowie Zeitreihendaten der Verfügbarkeit für erneuerbare Energien und der Stromnachfrage. Der Modellcode und die hier verwendeten Daten stehen quelloffen zur Verfügung und können mithilfe der Software GAMS genutzt werden.infoCode und Daten: water4electrolysis (online verfügbar). Modelldokumentation: DIETERpy: A GAMS-Python framework for DIETER (online verfügbar).

Die hier genutzte Variante des DIETER-Modells bildet den Stromsektor in jedem der 16 deutschen Bundesländer ab. Die Stromnachfrage orientiert sich am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), in dem implizit eine Gesamtstromnachfrage von 750 TWh im Jahr 2030 angenommen wird.infoEEG (2023): Allgemeine Bestimmungen, § 4a Strommengenpfad. Die regionale Verteilung der Nachfrage auf die Bundesländer basiert auf Karlo Hainsch (2023): Identifying policy areas for the transition of the transportation sector. Energy Policy, 178, 113591 (online verfügbar). Auch die Untergrenzen für Erzeugungskapazitäten im Stromsektor orientieren sich an den derzeit geltenden Ausbauzielen für erneuerbare Energien.info215 GW für Photovoltaik, 115 GW für Onshore-Windenergie und 30 GW für Offshore-Windenergie. Vgl. EEG (2023): Allgemeine Bestimmungen, § 4 Ausbaupfad. Die Wasserstoffnachfrage orientiert sich an der Nationalen Wasserstoffstrategie: das Ziel von zehn GW heimischer Elektrolysekapazität impliziert bei 4000 Volllaststunden und bei einer Elektrolyseeffizienz von circa 70 Prozent eine Wasserstoffnachfrage von 28 TWh, die mit heimischer Elektrolyse bedient werden kann.infoKittel et al. (2023), a.a.O. In der Modellierung wird lediglich dieser Anteil der Nachfrage betrachtet; Wasserstoffimporte werden nicht berücksichtigt. Die regionale Verteilung der Wasserstoffnachfrage basiert auf dem Szenariorahmen des Netzentwicklungsplans 2025.infoBundesnetzagentur: Genehmigung Szenariorahmen Gas/Wasserstoff 2025–2037/2045, Anlage 2 (online verfügbar). Technische Annahmen für Elektrolyseure basieren auf Daten der Danish Energy Agency,infoDanish Energy Agency: Technology Data for Renewable Fuels (online verfügbar); Frank Sensfuß und Christoph Maurer (2024): Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland – Treibhausgasneutrale Orientierungsszenarien – Modul Rahmendaten (online verfügbar). die Entsalzungskosten für Meerwasser sind an die Annahmen der BMWK-Langfristszenarien angelehnt.

Wasserverfügbarkeit für Elektrolyse regional unterschiedlich

Wie viel Frischwasser in den einzelnen Bundesländern für Elektrolyse zur Verfügung steht, hängt vor allem von den lokalen Gegebenheiten ab. Unterschiedliche Indikatoren, Datenlücken und regionale Unterschiede in der Bemessung erschweren eine einheitliche und belastbare Bewertung des regionalen Wasserstresses. Zudem ist Wasserstress ein Phänomen, das besonders im Sommer auftreten kann. Für die Analyse unterjähriger Effekte, die hier vernachlässigt werden, müssten Zeitreihen der saisonalen Wasserverfügbarkeit in die Modellierung miteinbezogen werden. Diese Daten stehen derzeit noch nicht in ausreichender zeitlicher Auflösung öffentlich zur Verfügung. Die Analyse auf Landesebene soll eine Orientierung zur Wasserverfügbarkeit für Elektrolyse liefern. Wie viel Wasser auf lokaler Ebene tatsächlich für Elektrolyse zur Verfügung steht, lässt sich abschließend nur in detaillierten Einzelfallbewertungen der jeweiligen hydrologischen Becken, auf die die Elektrolyseure zugreifen möchten, bewerten.

Daher werden hier für die Bundesländer stark vereinfachte Annahmen getroffen. In den „Basis“-Szenarien wird die jährliche Frischwasserentnahme für die Elektrolyse nicht beschränkt. In den „Wasserstress“-Szenarien wird berücksichtigt, dass es in den Bundesländern Landkreise mit potenziellem Wasserstress geben kann.infoInsgesamt 141 von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten. Vgl. Lütkemeier und Kuhn (2025), a.a.O. Ein Modelllauf ohne Wasserstofftransport zwischen den Bundesländern gibt an, wieviel Frischwasser die Elektrolyse in jedem Bundesland im Jahr 2030 benötigen würde, wenn sie sich verbrauchsnah im selben Bundesland ansiedelt. Diese Frischwassermenge wird mit dem Anteil der Landkreise multipliziert, die nicht von potenziellem Wasserstress bedroht sind.infoEs wird angenommen, dass in allen potenziell wassergestressten Landkreisen kein Frischwasser für die Elektrolyse zur Verfügung steht. Daraus ergibt sich in den „Wasserstress“-Szenarien die jährliche Obergrenze der Frischwasserentnahme für die Elektrolyse.

In den „Wasserstress“-Szenarien steht in Berlin und Hamburg kein Frischwasser für Elektrolyse zur Verfügung. In Brandenburg, Bremen, Hessen und Sachsen-Anhalt sind es weniger als 50 Prozent des Frischwassers, das die Elektrolyse benötigen würde, wenn sie sich wasserstoffverbrauchsnah ansiedelt. In allen anderen Bundesländern beträgt der Anteil der Landkreise, die potenziell von Wasserstress betroffen sein könnten, weniger als 50 Prozent.

In allen Szenarien steht der Elektrolyse in Bundesländern, die an der Küste liegen, unbegrenzt Meerwasser zur Verfügung, das mit zusätzlichen Kosten entsalzt werden kann.

Annahmen zu den Wasserentnahmeentgelten in den Bundesländern

Da die zukünftigen Wasserpreise für Elektrolyseure unsicher sind, werden die Wasserentnahmeentgelte der Bundesländer für Grundwasser als Mindestpreis für Frischwasser angenommen. Dadurch entsteht in den Szenarien mit heterogenen Wasserentnahmeentgelten eine Spanne von 26 Cent pro m3 zwischen dem Bundesland mit dem höchsten (Berlin) und niedrigsten (Nordrhein-Westfalen) Wasserentnahmeentgelt. In den Szenarien „harmonisiert“ werden die Wasserentnahmeentgelte in allen Bundesländern auf das heutige Höchstniveau von 31 Cent pro m3 (Entgelt in Berlin) angehoben.

Annahmen zum Ausbau des Wasserstoffkernnetzes

Das Wasserstoffkernnetz wird in seinem geplanten Umfang im Jahr 2030 als gegeben angenommen. In die Modellierung geht lediglich ein, ob eine Wasserstofftransportverbindung zwischen den Bundesländern besteht, nicht jedoch, wo genau diese verläuft (Abbildung 3).

Die Annahme der maximalen Durchleitungskapazität in den Szenarien mit unbeschränktem Wasserstofftransport orientiert sich an dem Szenario „O45-H2“ im Rahmen der Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems.infoMaximilian Evers, Berkan Kuzyaka und Joachim Müller-Kirchenbauer (2024): Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland. Orientierungsszenarien der neuen Langfristszenarien im Auftrag des BMWK (online verfügbar). Dort werden Leistungsflüsse von maximal 25 GWh/h auf einzelnen Leitungen angenommen, die für eine maximale Wasserstoffnachfrage von 130 TWh ausgelegt sind. Bei einer heimisch bedienten Wasserstoffnachfrage von 28 TWh beträgt die maximale Durchleitung bei einem äquivalenten Netz ungefähr 5 GWh/h. Die Auswirkungen eines stark beschränkten Wasserstofftransports aufgrund eines verzögerten Ausbaus des Wasserstoffkernnetzes werden in den Szenarien „H2-Tranportlimit“ untersucht.

Wasserkosten und -verfügbarkeit kein Hindernis für Elektrolyse

Ausbau des Wasserstoffnetzes beeinflusst Standortwahl der Elektrolyseure am stärksten

Die installierte Elektrolyseleistung liegt in den gewählten Szenarien mit insgesamt bis zu 8,7 GW leicht unter der Zielstellung der Nationalen Wasserstoffstrategie. Wie die Elektrolyse in den Basisszenarien über Deutschland verteilt ist, hängt am stärksten von der Kapazität des Wasserstoffnetzes ab (Abbildung 4): Stellt das Wasserstoffnetz keine Beschränkung dar, siedelt sich die Elektrolyse systemoptimal fast ausschließlich in Schleswig-Holstein an.infoDieses Modellergebnis wird auch davon getrieben, dass mögliche Faktoren wie Flächenbeschränkungen oder einzelwirtschaftliche Entscheidungen nicht in der Modellierung abgebildet werden. Das liegt an dem einfachen Zugang zu günstiger Offshore-Windenergie. Ist das Netz stark beschränkt, die Frischwasserentnahme aber unbegrenzt, spielt die Nähe zu Nachfragezentren eine größere Rolle. Dann sind Standorte unter anderem in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg optimal.

Die Harmonisierung der Wasserentnahmeentgelte hat in den Basisszenarien einen geringen Effekt auf die Elektrolysekapazitäten in Ländern wie Berlin und Brandenburg, in denen die Wasserentnahmeentgelte im heterogenen Szenario am höchsten sind. Auch in den „Wasserstress“-Szenarien bleibt der Effekt gering.

Begrenzte Frischwasserverfügbarkeit führt zu Standortverlagerungen der Elektrolyse

Wird die Wasserverfügbarkeit für Elektrolyse begrenzt, ändert sich an den Elektrolysekapazitäten bei unbeschränktem Wasserstofftransport kaum etwas: Schleswig-Holstein bleibt der Hauptstandort der Elektrolyse in Deutschland (Abbildung 4). Ist der Wasserstofftransport über das Wasserstoffnetz allerdings beschränkt, führt eine Beschränkung der Wasserverfügbarkeit für Elektrolyse zu einer räumlichen Verlagerung aus Ländern wie Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Hamburg nach Bayern, Niedersachsen und Sachsen. Vor allem Niedersachsen, das im Basisszenario keine große Wasserstoffproduktion besitzt, wird durch die begrenzte Frischwasserverfügbarkeit in anderen Ländern aufgrund der günstigen Offshore-Windenergie ein attraktiverer Standort.

Wasserkosten machen nur einen geringen Teil der Gesamtkosten der Elektrolyse aus

Da die Wasserkosten gemessen an den Gesamtkosten der Elektrolyse gering sind, spielt die Harmonisierung der Wasserentnahmeentgelte für die Standortentscheidung der Elektrolyse kaum eine Rolle (Abbildung 5). Die Gesamtkosten setzen sich aus den Investitions- und Fixkosten für die Elektrolyse-Stacks, in denen die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff stattfindet, und Kompressoren sowie den variablen Kosten für Strom und Wasser zusammen. Die Wasserkosten machen selbst im Szenario mit den höchsten Wasserkosten (Szenario mit harmonisierten Wasserentnahmeentgelten, unbeschränktem Wasserstofftransport und Wasserstress) lediglich 0,6 Prozent an den Gesamtkosten der Elektrolyse aus (Abbildung 5).

Begrenzte Frischwasserverfügbarkeit führt zu verstärkter Meerwassernutzung

Für die Elektrolyse wird bevorzugt Frischwasser genutzt, wenn es unbegrenzt zur Verfügung steht. Wenn die Frischwasserverfügbarkeit begrenzt ist, verlagert sich die Wassernutzung unter bestimmten Umständen teilweise hin zur Nutzung von Meerwasser, das entsalzt werden muss (Abbildung 6). Im Fall mit unbeschränktem Wasserstofftransport verlagert sich bei beschränkter Frischwasserverfügbarkeit die Wassernutzung in Schleswig-Holstein von Frischwasser zu Meerwasser. Im Fall eingeschränkten Wasserstofftransports nimmt der Meerwasserbezug in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu, während der Frischwasserbezug in Bundesländern mit potenziell wassergestressten Landkreisen abnimmt.

Anteil des Wasserbedarfs der Elektrolyse am Gesamtwasserbedarf überwiegend gering

Der Anteil des Wasserbedarfs der Elektrolyse am Gesamtwasserbedarf wird bei dem geplanten Ausbau im Jahr 2030 in allen Bundesländern gering sein. Lediglich in den (Extrem-)Szenarien ohne Wasserstress und mit unbeschränktem Wasserstofftransport steigt der Anteil des Frischwasserbedarfs der Elektrolyse am gesamten Wasserbedarf in Schleswig-Holstein auf circa 20 Prozent an (Abbildung 7). In allen anderen Szenarien bleibt der Anteil in den meisten Bundesländern unter 0,5 Prozent, mit Ausnahme von Schleswig-Holstein (4,5 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (2,6 Prozent) in den Szenarien ohne Wasserstress und mit beschränktem Wasserstoffnetz.

Fazit: Standorte für Elektrolyse richten sich nach Wasserverfügbarkeit und Wasserstoffnetz, nicht nach Wasserkosten

Wasserkosten spielen nur eine geringe Rolle für die Standorte von Elektrolyseanlagen. Bei einer deutschlandweiten Harmonisierung der Wasserentnahmeentgelte kommt es zwar zu leichten Verschiebungen hin zu Bundesländern mit heute höheren Wasserentnahmeentgelten, doch der Effekt ist gering. Das liegt daran, das Wasserkosten einen sehr geringen Anteil an den Gesamtkosten der Elektrolyse haben. Die in dieser Analyse genutzten Wasserentnahmeentgelte sind allerdings nur eine Annäherung daran, was Elektrolyseure für Wasser bezahlen werden. Die tatsächlichen Wasserpreise, die Elektrolyseure künftig zahlen müssen, lassen sich derzeit nicht eindeutig beziffern, da entsprechende Regelungen noch fehlen und voraussichtlich im Rahmen laufender Diskussionen zur Einordnung in bestehende Entgeltverordnungen geklärt werden müssen.

Deutschlandweit ist genügend Wasser für die Wasserstofferzeugung vorhanden. Frischwasserbeschränkungen stellen insgesamt kein Hindernis für die heimische Elektrolyse dar, können aber die optimalen Standorte und die Wahl der Wasserquelle beeinflussen. In der Modellierung verschieben sich optimale Investitionen von Bundesländern mit mehr potenziell wassergestressten Landkreisen in Länder mit weniger Wasserstress. In Norddeutschland kann die Meerwasserentsalzung als Alternative zur Frischwassernutzung eine Rolle spielen. Generell wird der Anteil des Wasserbedarfs der Elektrolyse mit rund 0,15 Prozent am Gesamtwasserbedarf in Deutschland aber gering sein.

Der Ausbau des Wasserstoffkernnetzes hat die größte Bedeutung für die optimalen Elektrolysestandorte: Je besser der Wasserstofftransport möglich ist, desto mehr Elektrolysekapazität kann sich an Standorten mit guten Strom- und Wasserbedingungen ansiedeln. Bei begrenztem Wasserstofftransport dagegen steigt die Bedeutung lokaler Frischwasserverfügbarkeit, da Elektrolyse verbrauchsnäher erfolgen muss und damit auch in Regionen, die potenziell Wasserstress erleiden könnten.

Der zügige Ausbau des Wasserstoffkernnetzes sollte daher vorangetrieben werden, damit sich Elektrolyse vermehrt in weniger wassergestressten Regionen ansiedeln kann. Zudem braucht es mehr Transparenz im Wassersektor, besonders hinsichtlich der Wasserpreise für Elektrolyseure. Damit Standortentscheidungen nachhaltig sind, sollte das Wasserstressrisiko systematisch in Genehmigungsprozesse und Förderkriterien für Elektrolyseprojekte integriert werden.

Dana Kirchem

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt

Franziska Holz

Stellvertretende Abteilungsleiterin in der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt

Astrid Cullmann

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt



JEL-Classification: L95;Q25;Q42
Keywords: hydrogen, water electrolysis, water stress
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2025-32-1

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