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30 Jahre nach dem Mauerfall: Finanzschwäche der neuen Länder hält auch die nächsten drei Dekaden an

DIW Wochenbericht 43 / 2019, S. 781-790

Kristina van Deuverden

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  • Trotz umfangreicher Zahlungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs sind Wirtschafts- und Finanzkraft der Länder noch immer sehr heterogen
  • Demografische Entwicklung trifft ostdeutsche Flächenländer besonders stark, Bevölkerungsverluste in Nachwendejahren führten zu besonders ungünstiger Altersstruktur
  • Drei Szenarien zur Entwicklung der Steuereinnahmen zeigen: Viel spricht dafür, dass sich die Unterschiede in den kommenden 30 Jahren sogar wieder verstärken werden
  • Verfassungsauftrag, für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen, dürfte immer schwieriger zu erfüllen sein
  • Einwohnerveredelung im Finanzkräfteausgleich trägt zu Schieflage bei und gehört daher auf den Prüfstand

„Das grundsätzliche Problem ist die absehbare Bevölkerungsentwicklung, die bestehende Ungleichgewichte in der Wirtschafts- und Finanzkraft noch verstärken wird. Die Länder müssen alle ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, dem entgegenzuwirken. Letztlich können demografische Trends aber nur sehr langfristig geändert werden.“ Kristina van Deuverden, Studienautorin

Eine Annäherung der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet ist ein wichtiges Ziel. Ein wesentliches Instrument hierfür ist der Länderfinanzausgleich, der zum einen die Umverteilung von Steuermitteln zwischen den Ländern, zum anderen Zuweisungen vom Bund an die Länder regelt. Obwohl im Zuge dieses Ausgleichs umfangreiche Zahlungen geflossen sind, sind die Unterschiede in der Wirtschafts- und Steuerkraft der einzelnen Länder auch 30 Jahre nach dem Fall der Mauer hoch – und vieles spricht dafür, dass sie sich in den kommenden 30 Jahren sogar wieder auseinanderentwickeln werden. Das liegt vor allem an den hohen Bevölkerungsverlusten der neuen Länder in den Nachwendejahren. Die damit verbundene ungünstige Altersstruktur sorgt dafür, dass sowohl die Zahl der EinwohnerInnen insgesamt als auch die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter schnell weiter sinkt. Die Steuereinnahmen werden damit auch längerfristig hinter dem Niveau der alten Länder zurückbleiben; Zuweisungen vom Bund gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Demografisch begünstigt sind hingegen die Stadtstaaten, die im Finanzkräfteausgleich außerdem auch künftig von der Einwohnerveredelung profitieren. Obgleich soeben reformiert: Eine neue Reform des Finanzkräfteausgleichs kündig sich bereits an. Dabei gehört insbesondere die Einwohnerveredelung auf den Prüfstand.

Mit dem Mauerfall vor 30 Jahren begann der Weg zur deutschen Einheit. Nur ein Jahr später traten die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR neu gegründeten Länder der Bundesrepublik bei und übernahmen deren institutionellen Rahmen. Damit trat der Bund ihnen gegenüber in die gleichen Pflichten wie gegenüber den alten Ländern. Dazu gehört auch, gleichwertige Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet anzustreben.infoBis zur Einbeziehung der neuen Länder in den Länderfinanzausgleich im Jahr 1994 zielte die Verfassung auf die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse ab. Eine Legaldefinition der Begriffe Einheitlichkeit oder Gleichwertigkeit existiert dabei nicht und es ist nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch umstritten, wie stark und in welchen Bereichen die gewünschte Annäherung erfolgen soll.

Ein Instrument hierzu ist der Länderfinanzausgleich: Über eine Umverteilung der Steuereinnahmen soll die Finanzkraft der Länder angenähert werden – und damit auch deren Möglichkeiten, mittels Ausgaben politisch zu handeln.

Der Finanzausgleich ist ein komplexes und mehrstufiges Verfahren, in dem sowohl die Steuereinnahmen zwischen den Ländern umverteilt werden als auch zusätzliche Zuweisungen vom Bund fließen. Letztere werden allgemein den Ländern gewährt, die nach dem Ausgleich zwischen den Ländern eine bestimmte Finanzkraft noch nicht erreicht haben (allgemeine Bundesergänzungszuweisungen) oder die bestimmte besondere Belastungen schultern müssen (Sonderbundesergänzungszuweisungen).

Als eine solche besondere Anforderung wurden auch die mit der Vollendung der deutschen Einheit einhergehenden Belastungen in den neuen Ländern eingestuft. Dafür wurden der sogenannte Solidarpakt I und II geschaffen, mit dessen Hilfe die Steuereinnahmen je EinwohnerIn in den neuen Ländern weit über Bundesdurchschnitt angehoben wurden.infoVgl. Kristina van Deuverden (2015): Solidarpakt und kein Ende?. Bundeszentrale für politische Bildung (online verfügbar; abgerufen am 15. Oktober. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt). Dies sollte ihnen höhere Investitionsausgaben als in den alten Ländern ermöglichen, um auf diese Weise in ihrer Wirtschaftskraft zu dem Niveau in den alten Ländern aufzuschließen und damit einen Beitrag zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse zu leisten.infoAußerdem wurden in den Nachwendejahren steuerliche Fördermöglichkeiten geschaffen und Regionalfördermittel bereitgestellt. Bevor die ostdeutschen Länder im Jahr 1994 in den Länderfinanzausgleich einbezogen worden sind, wurden ihre Steuereinnahmen durch den Fonds Deutsche Länder angehoben. Weitere Mittel flossen über den Kreditabwicklungsfonds und die Schuldenübernahme bei der Treuhand – beides später im Erblastentilgungsfonds zusammengefasst. Schließlich war auch die Öffnung der Sozialversicherungen mit erheblichen Transferleistungen zugunsten der neuen Länder verbunden.

Ende des Jahres 2019 werden Solidarpakt und Länderfinanzausgleich auslaufen. 30 Jahre nach dem Mauerfall zeigt sich, dass die wirtschaftliche Konvergenz rasch an Tempo verlor und seit Mitte der 1990er Jahre nur noch langsam, wenngleich stetig, vorankommt.infoDie Konvergenz hatte dabei in den Jahren nach der Finanzkrise ein höheres Tempo. In diesen Jahren bremsten die außenwirtschaftlichen Impulse die wirtschaftliche Entwicklung in den deutlich stärker von der Außenwirtschaft abhängigen alten Ländern. Heute ist sowohl die wirtschaftliche Lage als auch die Finanzkraft der 16 Länder äußerst heterogen.

Ab dem Jahr 2020 gilt der neue Finanzkräfteausgleich. Die neuen Regeln zur Verteilung des Steueraufkommens werden nachfolgend zu einem Ausblick auf die kommenden 30 Jahre genutzt. Hierzu werden drei Szenarien vorgestellt, in denen auf der Basis plausibler Annahmen mögliche Entwicklungen aufgezeigt werden.

Viel spricht dafür, dass sich die Unterschiede wieder verstärken und die Steuereinnahmen in den finanzschwachen Ländern langsamer zunehmen werden. Gleichzeitig geht der Anteil der Ausgaben, den die neuen Länder durch Ausgleichszahlungen decken können, zurück. Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse erfordert damit im bestehenden System einen immer größeren Mitteleinsatz.

30 Jahre nach dem Mauerfall: Unterschiede bauen sich kaum noch ab

Noch immer ist die Wirtschaftsleistung in den neuen Ländern deutlich niedriger als im westdeutschen Durchschnitt.infoIn diesem Beitrag wird eine andere regionale Gliederung als in vielen anderen neueren Studien zur wirtschaftlichen Entwicklung in Ostdeutschland zugrunde gelegt. Wegen der strukturellen Unterschiede in den Haushalten von Flächenländern und Stadtstaaten werden unter den „neuen“ Ländern lediglich Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zusammengefasst und der Entwicklung in den Flächenländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfahlen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein als „alte“ Länder gegenübergestellt. Berlin wird mit Bremen und Hamburg zu den „Stadtstaaten“ zusammengefasst. Im Jahr 2018 lag das Bruttoinlandsprodukt pro EinwohnerIn in den neuen Ländern bei 70 Prozent des Niveaus in den alten Ländern (Tabelle 1); die Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen erreicht mittlerweile 80 Prozent.

Tabelle 1: Bruttoinlandsprodukt je EinwohnerIn

In Prozent (Bundesdurchschnitt = 100)

1991 1995 2000 2005 2010 2015 2018
Baden-Württemberg 123,6 114,1 115,0 113,0 114,3 115,1 113,3
Bayern 115,2 110,6 114,0 113,7 113,2 116,2 117,4
Hessen 131,1 122,5 124,5 124,6 118,4 114,3 114,4
Niedersachsen 97,7 91,4 90,2 87,7 89,1 88,2 90,9
Nordrhein-Westfalen 110,3 103,9 101,1 100,7 100,3 98,0 96,3
Rheinland-Pfalz 101,2 93,1 89,9 87,9 89,0 91,0 89,5
Saarland 100,2 94,5 92,1 97,5 93,8 92,7 88,7
Schleswig-Holstein 97,2 93,3 89,3 85,8 82,1 81,2 82,1
Brandenburg 38,7 64,0 66,6 68,0 70,7 71,7 72,0
Mecklenburg-Vorpommern 37,3 62,1 63,3 64,4 67,2 67,6 68,3
Sachsen 39,1 65,9 66,0 70,9 72,5 75,1 75,9
Sachsen-Anhalt 36,2 59,8 62,5 66,1 69,2 69,5 70,2
Thüringen 33,1 58,7 63,1 65,9 68,1 72,4 72,8
Berlin 99,9 106,9 99,6 94,6 98,2 96,0 99,3
Bremen 139,0 128,9 130,9 135,2 127,5 125,0 123,3
Hamburg 186,6 176,8 179,8 184,9 172,9 166,5 160,6
Flächenländer West 112,6 105,8 105,4 104,5 103,9 103,6 103,4
Flächenländer Ost 37,2 62,6 64,6 67,7 70,1 72,0 72,6
Stadtstaaten 129,4 129,8 127,1 126,5 124,2 120,4 120,3
Niveau Flächenländer Ost zu Flächenländer West 33,0 59,2 61,3 64,8 67,5 69,5 70,2

Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder; eigene Berechnungen.

Bei den Steuereinnahmen liegt das Niveau in den neuen Ländern gemessen am Aufkommen in den alten Ländern noch darunter. Dieser Rückstand war und ist aber nur zum Teil eine direkte Folge der geringeren Wirtschaftskraft.infoBis Mitte der 2010er Jahre spiegelt der große Rückstand auch steuerliche Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung im Beitrittsgebiet wider. Zum einen spiegeln sich darin immer noch vier Jahrzehnte Sozialismus wider. Diese Zeit hat den Menschen in der ehemaligen DDR gefehlt, um Vermögen aufzubauen, so dass Steuern, die daran anknüpfen, relativ niedrig sind. So lagen die Erbschaftsteuereinnahmen im Jahr 2018 bei lediglich zwölf Prozent des in den alten Ländern vereinnahmten Aufkommens. Aber auch Steuern, für die Vermögenspreise eine Rolle spielen, liegen noch immer niedrig. Dass das Aufkommen der Grunderwerbsteuer mittlerweile ein Niveau von zwei Dritteln der entsprechenden Einnahmen in den alten Ländern erreicht hat, liegt auch daran, dass in drei der fünf Ostländer ein relativ hoher Steuersatz in Kraft ist.

Zum anderen ist der Rückstand der neuen Länder bei den Steuereinnahmen auch eine Folge des Steuersystems, denn gut ein Drittel des Aufkommens wird mit progressiven Steuern erzielt. Ein progressiver Tarif belastet leistungsfähigere SteuerzahlerInnen relativ stärker als weniger einkommensstarke Personen. Dies hat zwangsläufig zur Folge, dass in Regionen, in denen die versteuerten Einkommen höher sind, auch relativ mehr Steueraufkommen vereinnahmt wird.infoVgl. Kristina van Deuverden (2010): Auch nach 20 Jahren: Steuereinnahmen in den Neuen Ländern schwach. Wirtschaft im Wandel 2/2010, Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle, 91–104.

Dass die Einkommen in den neuen Ländern immer noch so weit zurückliegen, ist ein Reflex des immer noch großen Wirtschaftsabstands. So sind die Stundenlöhne in den neuen Ländern auch bei vergleichbaren Tätigkeiten nach wie vor niedriger. Zudem ist der Anteil hochqualifizierter Tätigkeiten insgesamt geringer. Auch haben viele größere Unternehmen ihren Hauptsitz in den alten Ländern und versteuern einen großen Teil ihrer Gewinne dort.

Im Jahr 2019 liegt das Steueraufkommen vor Ort – also vor allen Verteilungsvorgängen – bei voraussichtlich 57 Prozent des Aufkommens in den alten Ländern; gemessen am gesamtdeutschen Durchschnitt sind es 60,6 Prozent.infoDabei handelt es sich um die Länderanteile an Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie Landessteuern. Ohne Brandenburg, dessen Entwicklung immer mehr vom Speckgürtel um Berlin determiniert wird, erreichen die Einnahmen knapp 48 Prozent des Aufkommens in Deutschland oder 57,6 Prozent der Einnahmen in den alten Ländern. Selbst im finanzschwächsten alten Land, im Saarland, sind die Steuereinnahmen gemessen am gesamtdeutschen Niveau um gut 15 Prozentpunkte höher. Die kassenmäßigen Steuereinnahmen eines Landes haben wegen des sich anschließenden Ausgleichs letzten Endes zwar nur eine eingeschränkte Bedeutung für seinen Haushalt. Niedrige Einnahmen in einem Land erhöhen aber nicht nur dessen Transferabhängigkeit, sie verringern auch die Verteilungsmasse insgesamt.

Im bis Ende des Jahres geltenden Finanzausgleichssystem schließt sich nun ein dreistufiges Verfahren an. Die ersten beiden Stufen, der Umsatzsteuervorwegausgleich und der Länderfinanzausgleich im engeren Sinne, regeln die Umverteilung von Steuereinnahmen zwischen den Ländern. Um den Ausgleichsanspruch zu bestimmen, werden fiktive Kennziffern berechnet, die dem aus länderspezifischen Besonderheiten resultierenden Ausgabenbedarf Rechnung tragen sollen. Beispielsweise werden die EinwohnerInnen der Stadtstaaten höher gewichtet als jene der Flächenländer – die sogenannte Einwohnerveredelung. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Städte in größerem Umfang auch Leistungen für die EinwohnerInnen der sie umgebenden Länder bereitstellen.infoFür dünn besiedelte Flächenländer werden bei der Berücksichtigung der Gemeindesteuern die EinwohnerInnen ebenfalls höher gewichtet; damit soll Kostenremanenzen bei der Bereitstellung öffentlicher Güter Rechnung getragen werden.

Danach haben sich die Steuereinnahmen je EinwohnerIn nach der Umverteilung deutlich angenähert.infoDie in den einzelnen Stufen des Finanzausgleichs bewirkte Angleichung wird in der Regel anhand einer Gegenüberstellung von Finanzkraft und Ausgleichsmesszahl dargestellt; die Angleichung ist in diesem Falle wesentlich stärker. Diese Darstellung suggeriert allerdings, dass die im politischen Prozess festgelegten Kriterien zur Berücksichtigung der länderspezifischen Besonderheiten den damit verbundenen Bedarf richtig abbilden – dies ist aber keineswegs sicher. Aus diesem Grund werden die Steuereinnahmen in diesem Beitrag auch nach der Umverteilung am durchschnittlichen Aufkommen in Deutschland gemessen. In den Flächenländern streuen sie zwischen 95,5 und 101,9 Prozent (Abbildung 1). In den Stadtstaaten ist das Einnahmeniveau wegen der Einwohnerveredelung demgegenüber nun wesentlich höher.

Für diese Annäherung werden etwa zehn Prozent des Steueraufkommens der Länder umverteilt. Den größten Beitrag dabei leistet Bayern. Daneben gehörten im Jahr 2018 Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg zu den Geberländern. Alle anderen Länder sind Empfänger.infoWerden die offiziellen Ausgleichszahlungen mit den Transfers im Umsatzsteuervorwegausgleich zusammengerechnet, muss auch Nordrhein-Westfalen zu den Geberländern gezählt werden. Das hohe Volumen wie auch das Ungleichgewicht zwischen Geber- und Nehmerländern hat im politischen Prozess immer wieder zu Auseinandersetzungen geführt, insbesondere von Seiten der Geberländer.

Im letzten Schritt schließen sich die ergänzenden Transfers des Bundes an. Danach stehen den finanzschwachen Ländern nochmals höhere Steuereinnahmen je EinwohnerIn zur Verfügung. Vor allem in den neuen Ländern werden die Steuereinnahmen durch den Solidarpakt kräftig angehoben. Bis zum Jahr 2019, wenn diese Sonderbundesergänzungszuweisungen letztmalig fließen, liegen ihre Einnahmen je EinwohnerIn letztlich merklich über dem Niveau in den alten Ländern.infoDabei wird das Volumen der Sonderbundesergänzungszuweisungen deutsche Einheit im Solidarpakt II seit dem Jahr 2005 degressiv zurückgeführt.

Die Bestandsaufnahme zeigt, dass die Unterschiede noch immer groß sind. Dahinter stehen trendmäßige Entwicklungen, die in den vergangenen drei Jahrzehnten alles in allem eine stetige, wenngleich langsame Annäherung bewirkten. Eines lässt die Bestandsaufnahme nicht erkennen: Setzen sich die Trends der vergangenen Jahre fort, werden Wirtschafts- und Finanzkraft bald wieder auseinanderdriften.

Demografische Entwicklung belastet Wachstum und Finanzkraft

Das Statistische Bundesamt legt in regelmäßigen Abständen eine Bevölkerungsvorausberechnung vor. Diese Vorausschau basiert auf der vorhandenen Bevölkerungsstruktur (wie Alter und Geschlecht) sowie auf beobachtbaren längerfristigen Trends. Die Vorausberechnung darf dabei nicht als Prognose verstanden werden, sondern lediglich als Fortschreibung bestehender Entwicklungen unter verschiedenen Annahmen. Dabei werden mehrere Varianten vorgelegt. Die Hauptvarianten unterscheiden hinsichtlich Lebenserwartung, Geburtenrate oder Wanderungssaldo, für weitere Varianten werden abermalig Parameter variiert. Neben einer Vorhersage für Deutschland wird auch eine differenzierte Vorausschau auf Länderebene vorgelegt.

Unabhängig von den Annahmen zeigt die neueste Bevölkerungsvorausberechnung, dass sich die Bevölkerung regional sehr unterschiedlich entwickeln wird.infoStatistisches Bundesamt (2019): 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (online verfügbar). Für die nachfolgenden Berechnungen wird die mittlere Variante der Bevölkerungsvorausberechnung zugrunde gelegt.infoDie Variante 2 G2-L2-W2 geht von einer stabilen Geburtenziffer in Höhe von 1,55 Kindern je Frau, einem moderaten Anstieg der Lebenserwartung bei Männern auf 84,4 Jahre und bei Frauen auf 88,1 Jahre und einem durchschnittlichen Wanderungssaldo von 221 000 Personen aus. Demzufolge wird die Bevölkerung in den meisten Ländern wie auch in Deutschland insgesamt bis zum Jahr 2050 zurückgehen (Tabelle 2).

Tabelle 2: Bevölkerungsentwicklung in den Ländern

In Prozent, jeweils im Vergleich zum Jahr 2019

2020 2025 2030 2040 2045 2049 2050
Baden-Württemberg 0,4 1,8 2,3 2,5 2,2 1,7 1,6
Bayern 0,4 1,8 2,3 2,0 1,3 0,5 0,3
Hessen 0,3 1,3 1,3 0,9 0,5 0,0 −0,2
Niedersachsen 0,1 0,3 −0,3 −2,0 −3,2 −4,2 −4,4
Nordrhein-Westfalen 0,1 −0,1 −0,9 −2,8 −4,0 −5,1 −5,3
Rheinland-Pfalz 0,2 0,4 0,0 −2,0 −3,6 −4,9 −5,3
Saarland −0,3 −2,3 −4,8 −9,4 −11,8 −13,8 −14,2
Schleswig-Holstein 0,2 0,8 0,6 −1,9 −3,8 −5,4 −5,9
Brandenburg 0,2 0,7 0,3 −3,9 −6,9 −9,3 −9,9
Mecklenburg-Vorpommern −0,1 −1,2 −3,0 −8,1 −11,1 −13,5 −14,2
Sachsen 0,0 −0,9 −2,5 −6,1 −8,0 −9,5 −9,9
Sachsen-Anhalt −0,6 −4,1 −7,8 −14,7 −17,8 −20,2 −20,8
Thüringen −0,5 −3,3 −6,7 −12,8 −15,5 −17,6 −18,1
Berlin 0,7 3,2 4,3 6,4 7,5 8,1 8,2
Bremen 0,7 3,1 4,4 7,2 8,6 9,4 9,6
Hamburg 0,1 −0,1 −1,3 −1,6 −1,2 −1,0 −0,9
Deutschland 0,2 0,6 0,2 −1,2 −2,3 −3,2 −3,5

Quellen: 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes, Variante G2-L2-W2; eigene Berechnungen.

Während die finanzstarken Flächenländer Bayern und Baden-Württemberg bis zum Jahr 2050, Hessen immerhin bis Mitte der 2040er Jahre, Bevölkerung hinzugewinnen, erleiden die anderen Flächenländer zum Teil drastische Bevölkerungseinbußen. Besonders hoch sind diese Verluste in den neuen Ländern, im Westen verliert prozentual lediglich das Saarland annähernd so viele EinwohnerInnen. Dies liegt zu großen Teilen an den hohen Bevölkerungsverlusten in den Nachwendejahren. Die dadurch hervorgerufene ungünstige Altersstruktur der Bevölkerung sorgt dafür, dass nicht nur die Zahl der EinwohnerInnen insgesamt, sondern auch die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter kräftig zurückgeht. Die größten Einbußen zeichnen sich für Sachsen-Anhalt und Thüringen ab, die auch in der Vergangenheit die höchste Abwanderung verkraften mussten.

Die größten Bevölkerungsgewinne verzeichnen die Stadtstaaten Hamburg und vor allem Berlin, dessen Bevölkerung in den kommenden drei Jahrzehnten um acht Prozent zunehmen dürfte. Mit diesen Zugewinnen dürften nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung der Steuereinnahmen zukünftig über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegen. Bei Anwendung des neuen Finanzkräfteausgleichs ergeben sich auch erhebliche Auswirkungen auf die Verteilung der Steuereinnahmen zwischen den Ländern.

Drei Szenarien: Unterschiede werden in 30 Jahren wieder größer sein

Im Folgenden werden drei Szenarien vorgestellt, die mögliche Entwicklungen in den kommenden 30 Jahren skizzieren (Kasten). Es handelt sich hierbei nicht um eine Prognose der wahrscheinlichen Entwicklung. Es soll lediglich auf Grundlage der historischen Zusammenhänge zwischen Wirtschaftsentwicklung und Steueraufkommen, der dargelegten Annahmen zur demografischen Entwicklung sowie dem geltenden institutionellen Regelwerk eine Spannbreite möglicher Entwicklungen aufgezeigt werden.

Für die Fortschreibung der Steuereinnahmen werden unterschiedliche Vorgehensweisen gewählt.

Im ersten Szenario wird der unwahrscheinliche Fall gewählt, dass sich die Wirtschaft und die Steuereinnahmen in den Ländern gleichmäßig entwickeln. Die Fortschreibung der Steuereinnahmen wird an die Erwartungen des Arbeitskreises Steuerschätzungen vom Mai 2019 für die mittlere Frist angelehnt.infoVgl. Arbeitskreis Steuerschätzungen beim Bundesministerium der Finanzen (2019), a. a. O. Grundlage der Schätzung des Arbeitskreises war die Prognose der Bundesregierung vom April. Dieser zufolge ist die Produktionslücke für das Jahr 2019 mit 0,1 Prozent nahezu geschlossen und bleibt es bis zum Ende des Mittelfristzeitraums.infoVgl. Bundesministerium der Finanzen (2019): Monatsbericht August 2019: Statistiken und Dokumentationen. Gesamtwirtschaftliches Produktionspotenzial und Konjunkturkomponenten des Bundes (online verfügbar). Für die mittlere Frist geht die Entwicklung des Steueraufkommens daher allein auf strukturelle Zusammenhänge zurückinfoRechtsänderungen könnten ebenfalls einen Einfluss haben. Diese dürften mit der Länge des Projektionszeitraums aber zunehmend an Bedeutung verlieren. und kann für ein Szenario in der längeren Frist übernommen werden.

Im zweiten Szenario orientiert sich die Fortschreibung des Steueraufkommens an den historischen, länderspezifischen Entwicklungen der einzelnen Steuern. Diese Entwicklungen waren sehr unstetig. War die Entwicklung der Steuereinnahmen auf Länderebene Anfang der 90er Jahre noch wesentlich durch den wirtschaftlichen Aufholprozess in den neuen Ländern und den Vereinigungsboom in den alten Ländern geprägt, folgten in den Jahren nach der Jahrtausendwende Ereignisse wie der 11. September 2001, die Finanzkrise oder die Staatsschuldenkrise in Europa; hinzu kamen die großen Steuerreformen um die Jahrtausendwende. Je nach gewähltem Stützzeitraum unterscheiden sich die durchschnittlichen Wachstumsraten in der Vergangenheit daher deutlich.

Als Vergleichszeitraum gewählt werden schließlich die Jahre 2006 bis 2019. Nach der Potentialschätzung der Bundesregierung liegt die Produktionslücke in beiden Jahren bei 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und war somit in beiden Jahren nahezu geschlossen; dieser Zeitraum dürfte also einen Konjunkturzyklus abbilden.

Die historische Steuerentwicklung bildet allerdings nicht nur die durch das Wirtschaftswachstum getriebene Entwicklung ab, sondern wird auch durch Steuerrechtsänderungen bestimmt. Mit einer Anlehnung an die historischen Veränderungsraten werden daher auch immer die in der Vergangenheit erfolgten Steueranhebungen fortgeschrieben. Dies hat zur Folge, dass die Entwicklung der Steuereinnahmen insgesamt deutlich überschätzt wird. Für einen Vergleich der Steuerkraft der einzelnen Länder ist dies aber solange unerheblich, wie Steuerrechtsänderungen die Länder gleichermaßen treffen. Dies dürfte bei den meisten Rechtsänderungen der Fall sein.

Dabei gibt es allerdings Ausnahmen. Die Fortschreibung der veranlagten Einkommensteuer und der Körperschafsteuer orientiert sich jeweils an der Entwicklung ihres Bruttoaufkommens, da das kassenmäßige Steueraufkommen vor Ort in der Vergangenheit durch die Investitionszulage (und auch die Eigenheimzulage) gemindert wurde. Für die Abgeltungsteuer werden die Jahre 2009 (also ihr Einführungszeitpunkt) bis 2019 zugrunde gelegt. Außerdem wird bei der Mehrwertsteuer der kürzere Zeitraum von 2008 bis 2019 gewählt, da der Normalsteuersatz jeweils zu Beginn der Jahre 2006 und 2007 angehoben worden ist. Zudem werden mengenbasierte Steuern wie die Rennwett- und Lotteriesteuer oder die Feuerschutzsteuer als konstant angenommen.

Im ersten und zweiten Szenario ist die demografische Entwicklung lediglich für die Verteilung der Steuern unter den Ländern sowie für die Bemessung der Ergänzungszuweisungen des Bundes auf Grundlage des für den Finanzkräfteausgleich geltenden Rechenschemas relevant. Im dritten Szenario spielt die demografische Entwicklung hingegen bereits bei der Entstehung der Steuern eine Rolle.

Generell werden vor allem zwei Steuern, die Lohn- und die Mehrwertsteuer, die auch den größten Teil der Steuereinnahmen generieren, davon betroffen sein. Da die Mehrwertsteuer im Finanzkräfteausgleich vollständig nach EinwohnerInnen verteilt wird, können etwaige regionale Wachstumsunterschiede für ihr Aufkommen aber vernachlässigt werden.

Bei der Lohnsteuer wurde hingegen eine unterschiedliche Entwicklung unterstellt, da sich nicht nur für die Bevölkerung insgesamt, sondern auch für die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter regional unterschiedliche Entwicklungen abzeichnen. Für eine Einschätzung des örtlichen Lohnsteueraufkommens wurde zudem angenommen, dass die Partizipationsrate konstant bleibt und dass sich regionale Lohndifferenzen wegen des zunehmenden Fachkräftemangels zurückbilden. Außerdem wurde eine einheitliche Elastizität von 1,8 Prozent zugrunde gelegt. Für die veranlagte Einkommensteuer wurde eine ähnliche Wachstumsrate angenommen. Auch die anderen gewinnabhängigen Steuern entwickeln sich im dritten Szenario in den östlichen Ländern etwas weniger stark als in den westlichen Ländern. Die Erbschafsteuereinnahmen legen von ihrem sehr niedrigen Niveau aus leicht beschleunigt zu.

Im ersten Szenario wird von einer gleichmäßigen wirtschaftlichen Entwicklung in den Ländern ausgegangen. Auch werden nicht die unterschiedlichen historischen Trends bei den Steuereinnahmen herangezogen, sondern die für die mittlere Frist vom Arbeitskreis Steuerschätzungen zugrunde gelegten Veränderungsraten der einzelnen Steuern.infoVgl. Arbeitskreis Steuerschätzungen beim Bundesministerium der Finanzen (2019): Ergebnisse der 155. Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ vom 7. bis 9. Mai 2019 in Kiel. Pressemitteilung vom 9. Mai 2019 (online verfügbar). Die im Mai 2019 für die mittlere Frist zugrunde gelegten Veränderungsraten sind im Vergleich zu den vergangenen Jahren recht verhalten, dies gilt vor allem für die Gewinnsteuern. Bei gleicher Wirtschaftsentwicklung nähern sich die Steuereinnahmen vor Verteilung einander an (Abbildung 2). Das Steueraufkommen in den neuen Ländern dürfte gemessen am Aufkommen in den alten Ländern von 57 Prozent im Jahr 2019 auf gut 65 Prozent im Jahr 2050 steigen. Letztlich zeigt sich hier die Wirkung des progressiven Steuersystems. Bei einer gleichen wirtschaftlichen Entwicklung würden in den neuen Ländern mehr Personen in höhere Einkommensklassen hineinwachsen als in den alten.

Ausgehend von dieser Verteilung nähern sich die Steuereinnahmen je EinwohnerIn nach dem Finanzkräfteausgleich zwischen den Ländern weiter an. Auch nach der Reform werden die EinwohnerInnen der Stadtstaaten bei der Steuerverteilung höher gewichtet. Aufgrund des Zuzugs in die Stadtstaaten wird dies immer bedeutender. Bei den neuen Ländern wird der Anteil der Ausgaben, der durch Ausgleichszahlungen finanziert wird, zurückgehen – auch wenn deren eigene Steuereinnahmen noch immer relativ gering sind.

Im zweiten Szenario wird angenommen, dass sich das Steueraufkommen in den Ländern wie in der Vergangenheit entwickelt. Unter dieser Annahme nimmt die Streuung der Länder bei ihren originären Steuereinnahmen deutlich zu (Abbildung 3). Nach erfolgtem Finanzkräfteausgleich zwischen den Ländern ist der Angleichungsgrad geringer als bisher. Dabei hat die Fortschreibung der Steuereinnahmen aufgrund ihrer historischen Entwicklung zur Folge, dass Berlin nach 2040 ein Geberland würde, dies gelang in der Vergangenheit nur Bayern. Eine stärkere Angleichung ergibt sich in diesem Szenario erst auf der letzten Stufe, nachdem die Bundesergänzungszuweisungen gezahlt wurden.

Im dritten Szenario werden die sich abzeichnenden demografischen Tendenzen bei der Fortschreibung der Steuereinnahmen berücksichtigt. Die Divergenzen zwischen den Ländern nehmen damit im Vergleich zum zweiten Szenario zu (Abbildung 4). Auch nach dem Finanzkräfteausgleich zwischen den Ländern ist die Streuung größer als in den ersten beiden Szenarien. Wieder führen erst die ergänzenden Zuweisungen des Bundes zu einer stärkeren Annäherung. Selbst danach unterscheiden sich die Steuereinnahmen je EinwohnerIn in den Flächenländern allerdings stärker als heute.

Da die Stadtstaaten in diesem Szenario nicht nur von ihren Bevölkerungsgewinnen und der Einwohnerveredelung profitieren, sondern auch eine dynamischere Wirtschaftsentwicklung unterstellt wurde, verbessert sich ihre Einnahmesituation. Letztlich dürfte es immer schwieriger werden, dem Verfassungsauftrag, für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen, zu genügen.

Fazit: Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse führt zu immer größerer Umverteilung

30 Jahre nach dem Mauerfall ist die Divergenz zwischen den Ländern insgesamt viel höher als zu Zeiten der Bonner Republik – und sie dürfte in den kommenden Jahren wieder zunehmen. Deutschland insgesamt hat ein demografisches Problem: Die Bevölkerung wird schrumpfen und die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter zurückgehen.

Diese Entwicklung trifft die Länder unterschiedlich stark. Während die wirtschafts- und finanzschwachen Flächenländer EinwohnerInnen einbüßen werden, dürften die wirtschafts- und finanzstarken Länder dazugewinnen oder zumindest weniger verlieren. Allein aufgrund der Bevölkerungsentwicklung dürften sich die Länder wieder auseinanderentwickeln, zumal auch die Altersstruktur in den finanzschwachen Flächenländern ungünstiger ist und das Erwerbspersonenpotential hier stärker schrumpft. Dies trifft in besonderem Maße die ostdeutschen Flächenländer.

Die größten Bevölkerungszuwächse zeichnen sich hingegen für die Stadtstaaten Hamburg und Berlin ab. Damit dürfte deren Wirtschaftskraft überdurchschnittlich steigen und schließlich auch deren originäre Steuereinnahmen. Die Streuung selbiger wird deutlich größer und damit auch das Umverteilungsvolumen.

Die Einwohnerveredelung führt nach wie vor dazu, dass die Einnahmen je EinwohnerIn in den Stadtstaaten weit höher liegen als in den anderen Ländern. An und für sich ist es plausibel, dass die Stadtstaaten gemessen an ihren eigenen EinwohnerInnen einen größeren Ausgabenbedarf haben, da sie in großem Umfang Leistungen für EinwohnerInnen der angrenzenden Flächenländer bereitstellen. Es ist allerdings keineswegs belegt, dass die Art und Weise, wie dieser Mehrbedarf berücksichtigt wird, richtig ist. Generell ist nicht gesichert, dass die zusätzlichen Leistungen mit der Zahl der eigenen EinwohnerInnen, noch dazu in einem festen Verhältnis von 1,35, korreliert sind. Zudem ist nicht sicher, dass das unterstellte Verhältnis über die Zeit konstant bleibt, insbesondere wenn die Zahl der EinwohnerInnen in den Stadtstaaten deutlich stärker zunimmt als in den an sie grenzenden Flächenländern.

Alles in allem zeichnet sich ab, dass das Ausgleichssystem bei solch hohen Wanderungsgewinnen, den damit verbundenen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung und schließlich durch die Einwohnerveredelung mehr und mehr in eine Schieflage geraten wird, wenn der Angleichungsgrad beibehalten wird. Zwar dürfte der politische Widerstand von Seiten der Länder gegen hohe Finanztransfers im neuen Finanzkräfteausgleich geringer sein, denn der Bund übernimmt einen immer größeren Anteil an den Ausgleichszahlungen. Damit steigt aber nicht nur die politische Abhängigkeit der finanzschwachen Länder vom Bund, die Ausgleichszahlungen werden den finanzpolitischen Spielraum des Bundes auch immer stärker einengen. Kurzum: Eine neue Reform kündigt sich bereits an.

Das grundsätzliche Problem ist dabei allerdings die absehbare Bevölkerungsentwicklung, die bestehende Ungleichgewichte verstärkt. Die Länder müssen alle ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, dem entgegenzuwirken. Letztlich können demografische Trends aber nur sehr langfristig geändert werden. Selbst eine verstärkte Zuwanderung könnte dem nicht entgegen wirken, sondern den Rückgang lediglich abmildern. Gerade in den neuen Ländern dürfte dies aber vielfach auf Widerstand stoßen.

Kristina van Deuverden

Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Vorstand

Themen: Finanzmärkte



JEL-Classification: H77
Keywords: Fiscal Federalism, Public Finance, East Germany
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2019-43-1

Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/206662

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