Statement vom 31. Januar 2020
Mit Ablauf des heutigen Tages ist das Vereinigte Königreich nicht länger Mitglied der Europäischen Union. Zum Brexit und der sich anschließenden elfmonatigen Übergangsphase sowie den Auswirkungen auf die Konjunktur in Deutschland ein Statement von DIW-Präsident Marcel Fratzscher:
Das Brexit-Drama ist auch nach dem heutigen Tag keinesfalls beendet. Die Übergangsphase, an deren Ende ein Abkommen über die künftigen Handelsbeziehungen zwischen den Briten und der EU stehen soll, beginnt. Doch die Verhandlungen werden mehr als nur knifflig sein. Abgesehen von der extrem knapp bemessenen Zeit, in der kaum ein ausgereiftes Handelsabkommen entstehen kann, sind die inhaltlichen Differenzen massiv. Die EU steht vor einem schwierigen Balanceakt: Einerseits braucht sie das Vereinigte Königreich als verlässlichen Partner, andererseits darf sie nicht zu sehr nachgeben, wenn sich Populisten und EU-Spalter kein Vorbild am Brexit nehmen sollen. Gibt es keine Einigung, könnte es nach der Übergangszeit doch noch zu einem harten Brexit kommen. Darunter würde auch die deutsche Wirtschaft leiden. Aktuelle Berechnungen des DIW Berlin zeigen zudem, dass die anhaltende Unsicherheit ebenfalls Gift für die deutsche Konjunktur ist. Seit dem Brexit-Votum im Jahr 2016 ist das Bruttoinlandsprodukt hierzulande in jedem Jahr um 0,2 Prozentpunkte weniger gewachsen, als es ohne EU-Ausstieg der Briten der Fall gewesen wäre. Während der nun beginnenden Verhandlungen eines Abkommens werden einzelne Unternehmen angesichts der Ungewissheit über die künftigen wirtschaftlichen Beziehungen auch weiterhin nur zögerlich investieren – das kostet voraussichtlich erneut 0,2 Prozentpunkte Wachstum in diesem Jahr. Eine Rezession infolge des Brexit droht in Deutschland allerdings nicht.
Themen: Konjunktur