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Weiterhin deutliche Unterschiede im Spendenverhalten zwischen Ost- und Westdeutschland: Interview

DIW Wochenbericht 8 / 2020, S. 113

Jürgen Schupp, Erich Wittenberg

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Herr Schupp, Sie haben das Spendenverhalten in Deutschland untersucht. Wie hat sich das Spendenvolumen in den letzten Jahren entwickelt? Das Spendenvolumen ist in unserem Untersuchungszeitraum von 2009 bis 2017 nominal um nahezu 70 Prozent angestiegen. Wir liegen im Jahr 2017 bei einem Spendenvolumen von rund zehn Milliarden Euro pro Jahr. Das ist im Vergleich zur Ausgangsbasis 2009 real, unter Berücksichtigung der Kaufkraft, eine Steigerung von 50 Prozent.

Haben Sie eine Erklärung für den Anstieg? Das geht sicherlich einher mit der guten ökonomischen Lage und den gewachsenen Durchschnittseinkommen in Deutschland. Wir sehen sehr klar einen Zusammenhang zwischen der ökonomischen Lage der Haushalte und dem Grad des Spendenverhaltens, sprich dem jeweiligen Betrag, der gespendet wird. Diejenigen, die über höhere Einkommen verfügen, sind deutlich häufiger spendend und spenden auch höhere Beträge.

Wie viel Geld wird durchschnittlich von jedem einzelnen pro Jahr gespendet? Im Durchschnitt liegen wir im Jahr 2017 bei etwa dreihundert Euro, die pro Jahr gespendet werden.

Wie unterscheidet sich das Spendenverhalten, wenn man nach Faktoren wie Alter und Geschlecht differenziert? Unterscheidet man nach Alter, ist klar, dass die Jüngeren weniger Geld haben. Das korreliert auch stark mit der jeweiligen Einkommenslage. Aber auch unabhängig von der Einkommenssituation sprechen die Ergebnisse dafür, dass die Jüngeren weniger und geringere Beträge spenden und die Älteren bis ins hohe Verrentungsalter hinein mit einem wachsenden Spendenverhalten und einer wachsenden Spendenhöhe auftreten. Unterscheidet man nach Geschlecht, stellt man fest, dass Frauen grundsätzlich stärker engagiert spenden. Der Unterschied beträgt knapp fünf Prozentpunkte. Wenn Männer spenden, ist jedoch der durchschnittliche Betrag höher, so dass das Spendenvolumen zwischen den Geschlechtern gar nicht so unterschiedlich ist.

Inwieweit gibt es beim Spendenverhalten Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland? In Ostdeutschland ist nach wie vor die Spendenquote deutlich niedriger, aber sie hat von 2009 bis 2017 auch dort von 33 Prozent auf 37 Prozent deutlich zugenommen. Sie ist aber signifikant verschieden von der Spendenquote in Westdeutschland.

Handelt es sich insgesamt eher um regelmäßige oder nur gelegentliche Spender? Auf Grundlage unserer Längsschnittstudie haben wir auch diese Frage untersucht, um zu schauen, in wieweit dauerhaft gespendet wird zwischen drei Zeitpunkten, den Jahren 2009, 2014 und 2017. Und in der Tat stellen wir fest, dass 30 Prozent der Erwachsenen in jedem dieser drei Jahre einen Obolus entrichtet haben und somit zu den kontinuierlich Spendenden gezählt werden können.

Welche gesellschaftliche und wirtschaftliche Rolle spielen Spenden? Spenden sind generell für unser Gemeinwesen und auch unseren Sozialstaat eine Ergänzung. Neben den Hilfen, die als Nothilfe ins Ausland gehen, zum Beispiel wenn irgendwo ein Erdbeben oder eine Flutkatastrophe stattgefunden hat, kommen viele Leistungen Bedürftigen in Deutschland zugute. Die Spenden durch wohltätige und private Vereinigungen sind eine wichtige Ergänzung der sozialen Leistungen, die vom Staat erbracht werden. Von daher braucht man dieses niederschwellige Element einer ergänzenden Versorgung von Menschen, denen es nicht so gut geht.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

O-Ton von Jürgen Schupp
Weiterhin deutliche Unterschiede im Spendenverhalten zwischen Ost und Westdeutschland - Interview mit Jürgen Schupp

Jürgen Schupp

Wissenschaftler in der Infrastruktureinrichtung Sozio-oekonomisches Panel

Themen: Verteilung

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