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„Schein der Klimabilanz trügt – Deutlich mehr Klimaschutz-Anstrengungen nötig“

Statement vom 16. März 2021

DIW-Ökonomin Claudia Kemfert kommentiert die heute von Bundesumweltministerin Svenja Schulze vorgestellte Klimabilanz für 2020 wie folgt:

 

BlockquoteDeutschland erfüllt die selbst gesteckten Klimaziele, dies ist grundsätzlich eine erfreuliche Nachricht. Doch der Schein trügt. Denn die Erfolge gehen leider nicht ausschließlich auf aktive Klimaschutzpolitik zurück, sondern sind in erheblichem Umfang der Wirtschaftskrise durch die Pandemie geschuldet. Etwa die Hälfte der Emissionsrückgänge sind coronabedingt. Dies ist vor allem im Verkehrs- und Industriesektor der Fall. Es wurden deutlich weniger Langstrecken mit dem Fahrzeug zurückgelegt, ebenso ging der der Lieferverkehr deutlich zurück. Im Industriebereich gab es wirtschaftliche Einbrüche, die zur Emissionsminderung beigetragen haben. Auch in der Energiewirtschaft sind die coronabedingten Effekte ablesbar.

Insgesamt gesehen sind die jetzigen Emissionsminderungen kein Erfolg aktiver Klimaschutzpolitik. Es muss befürchtet werden, dass die Emissionen wieder steigen werden, wenn insbesondere die Verkehrsleistungen von Fahrzeugen wieder zunehmen, weniger Homeoffice und Videokonferenzen genutzt werden und die Industrie wieder wächst. Echte Klimaschutzpolitk droht so eher behindert zu werden. Es ist gut und richtig, dass das Klimagesetz Sektorziele vereinbart hat und jede Ministerin und jeder Minister künftig für die Erfüllung verantwortlich ist. Aber es müssen auch übergeordnet wichtige Weichenstellungen erfolgen.

Wir befinden uns erst am Anfang einer Energiesystemwende, fossile Energien wie Kohle, Öl und Gas werden in den kommenden Jahrzehnten vollständig durch erneuerbare Energien ersetzt. Um das zu erreichen, muss das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren mindestens verdoppelt und alles getan werden, um Energie einzusparen. Wir brauchen eine Sektorenkopplung, der Ökostrom muss überall zum Einsatz kommen, wo es möglich ist. Beispielsweise mehr Elektromobilität auf Straße und Schiene vor allem durch eine Stärkung der Infrastruktur. Auch ist die Einführung einer Elektroautoquote für Neuwagen sinnvoll. Gebäude müssen mehr saniert werden und Ökostrom nutzen. Die Industrie muss dekarbonisiert werden. Jegliche Vorteile für konventionelle Energien müssen abgeschafft und die Rahmenbedingungen angepasst werden. Umweltschädliche Subventionen gehören so schnell wie möglich komplett abgeschafft. Erneuerbare Energien, allen voran Wind und Sonne, müssen überall im Land ausgebaut werden. Wenn wir das nicht ändern, laufen wir sehenden Auges in eine Ökostromlücke und werden auch die Klimaziele nicht erreichen können. Die Verkehrswende muss so schnell wie möglich angegangen werden und der Industrie bei der Transformation hin zu Klimaschutz geholfen werden. Die heutigen Zahlen verleiten zur Stagnation beim Klimaschutz. Dies wäre fatal. Um die Klimaziele zu erreichen, muss deutlich mehr getan werden. Wir stehen erst am Anfang.

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