Statement vom 10. Juni 2021
DIW-Präsident Marcel Fratzscher kommentiert die heutige Sitzung des EZB-Rats wie folgt:
Die Europäische Zentralbank hält Kurs und wird ihren expansiven Kurs noch für mehrere Jahre fortsetzen. Die EZB bleibt damit weiterhin ein Anker der Stabilität, auch für die deutsche Wirtschaft. Die größte Sorge ist, dass die europäische Wirtschaft im globalen Wettbewerb weiter ins Hintertreffen gerät. Der wirtschaftliche Rückstand in wichtigen Zukunftsbereichen hat sich in der Pandemie vergrößert, da Europa in der Pandemie wirtschaftlich am stärksten von allen Regionen gelitten hat. Gerade die Unternehmen brauchen noch lange günstige Finanzierungsbedingungen, um notwendige Investitionen stemmen zu können. Nur so kann das Wirtschaftspotenzial verbessert und die Stabilität auf dem Arbeitsmarkt, an den Finanzmärkten und beim Klimaschutz gewährleistet werden.
Die Regierungen in Europa, auch in Deutschland, tun zu wenig, um Zukunftsinvestitionen anzustoßen und um Stabilität zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass die EZB mit ihrer Geldpolitik länger expansiv bleiben muss, als es sonst notwendig wäre.
Die Sorge vor einer zu hohen Inflation ist ein sehr deutsches Phänomen – und unbegründet. Der Anstieg der Inflation in den vergangenen Monaten ist eine willkommene Normalisierung der Preisentwicklung. Die Inflationserwartungen für die kommenden Jahre liegen deutlich unter dem Ziel der Preisstabilität der EZB von unter, aber nahe zwei Prozent. Die Löhne steigen auch in Deutschland nur schwach. Eine permanent zu hohe Inflation würde nur dann entstehen, wenn die Wirtschaft überhitzt. Davon sind Europa und Deutschland zur Zeit aber weit entfernt.
Themen: Europa , Geldpolitik