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Immobilienpreisblasen: Gefahr steigt regional – Korrekturen in nächsten Jahren möglich

DIW Wochenbericht 51/52 / 2021, S. 823-833

Konstantin A. Kholodilin, Claus Michelsen

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  • Immobilienpreise in Deutschland steigen weiter: Eigenheime und Eigentumswohnungen in 114 größten Städten Deutschlands im Vergleich zu 2020 neun Prozent teurer
  • Auch Mieten höher als im Vorjahr, Anstieg aber deutlich geringer als bei Kaufpreisen – Zunehmende Diskrepanz zwischen Preis- und Mietentwicklung lässt Blasengefahr steigen
  • Statistische Tests zeigen für immer mehr Regionen und Marktsegmente spekulative Übertreibungen an, vor allem bei Wohneigentum und Grundstücken in Metropolen
  • Preiskorrekturen in Berlin, München, Hamburg und anderen großen Städten in kommenden Jahren möglich
  • Aussicht auf eigene vier Wände schwindet für immer mehr Menschen – Politik sollte Corona-Hilfen nicht zu früh reduzieren, um Verwerfungen auf Immobilienmarkt zu verhindern

„Die Zeichen mehren sich, dass die Wohnungspreise in einigen Städten und Marktsegmenten nicht mehr allein durch die Entwicklung der Mieten und die niedrigen Zinsen zu erklären sind. In den nächsten Jahren kann es dort zu Preiskorrekturen kommen, also zum Platzen von Immobilienpreisblasen.“ Konstantin Kholodilin

Die Immobilienpreise in Deutschland steigen weiter – ungeachtet der wirtschaftlichen Verwerfungen infolge der Corona-Pandemie. Eigenheime und Eigentumswohnungen kosteten in den 114 größten Städten Deutschlands in diesem Jahr im Durchschnitt neun Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Auch die Mieten stiegen weiter, allerdings deutlich weniger stark. Nicht nur die zunehmende Diskrepanz in der Entwicklung von Mieten und Kaufpreisen – eine Immobilie kostet in Großstädten mittlerweile so viel wie 24 Jahresmieten, ein Höchstwert seit Mitte der 1990er Jahre – lässt die Gefahr für Preisblasen steigen. Statistische Tests zeigen für eine größer werdende Zahl an Regionen und Marktsegmenten spekulative Übertreibungen an. Besonders betroffen sind Eigentumswohnungen und Baugrundstücke in Metropolen wie Berlin, Hamburg und München. Dort und in anderen großen Städten kann es in den kommenden Jahren zu Preiskorrekturen kommen. Angesichts der Hausse schwindet unterdessen für immer mehr Menschen die Aussicht auf die eigenen vier Wände, insbesondere wenn sie im krisengebeutelten Dienstleistungssektor arbeiten und in der Corona-Zeit Einkommenseinbußen hinnehmen mussten. Immerhin haben staatliche Transfers wie das Kurzarbeitergeld aber dafür gesorgt, dass die meisten Haushalte ihre Miete pünktlich zahlen konnten. Auch, um Verwerfungen auf dem Immobilienmarkt zu verhindern, sollten die staatlichen Corona-Hilfen daher nicht zu früh zurückgefahren werden.

Seit knapp zwei Jahren bestimmt die Corona-Pandemie das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben. Immer wieder schwappen Infektionswellen über die Kontinente, neue Virusvarianten erzeugen Unsicherheit. Trotz der schnellen Entwicklung wirksamer Impfstoffe ist die Krise nicht gebannt – zu gering ist die Impfbereitschaft in vielen Ländern. Eine Situation, in der langfristige Investitionen für private Haushalte aufgrund der Unwägbarkeiten schwerer fallen dürften.

Zu erwarten wäre insoweit eine Investitionszurückhaltung und ein Durchschlagen der Krise auf die Immobilienpreise. Allerdings zeigen sich die Immobilienmärkte weltweit unbeeindruckt vom Pandemiegeschehen, so auch in Deutschland. Die Nachfrage nach Immobilien ist weiterhin hoch – das Angebot hierzulande ist vor allem in den guten Lagen knapp und die sprunghaft gestiegene Sparquote hat die Eigenkapitalbasis vieler Haushalte gestärkt. Gleichzeitig sorgen umfangreiche staatliche Transfers dafür, dass die Ausfälle bei Mietzahlungen zumindest bei Wohnimmobilien die Ausnahme darstellen. Auch auf den Märkten für Gewerbeimmobilien haben die staatlichen Hilfen größere Verwerfungen verhindert, wenngleich hier durchaus Mietausfälle berichtet wurden. Immobilien bleiben damit in der Wahrnehmung der meisten InvestorInnen attraktiv – als Kapitalanlage und angesichts weiterhin steigender Mieten auch als selbst genutzte Objekte. Gestützt wird die Nachfrage zudem vom anhaltend niedrigen Zinsniveau und der hohen Nachfrage auch ausländischer InvestorInnen, bei denen der deutsche Immobilienmarkt als krisenresilient und nach wie vor günstig bewertet gilt.

Folgerichtig hielt der Preisauftrieb für Wohnimmobilien auch im Jahr 2021 an. Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Preise von Eigentumswohnungen und Eigenheimen in den hier untersuchten 114 größten Städten Deutschlands mit mindestens 50000 EinwohnerInnen um mehr als neun Prozent (Abbildung 1). Die Preise für Bauland entwickelten sich mit plus acht Prozent ähnlich stark. Die Steigerungen bei den Mieten fielen in etwa halb so hoch aus. Innerhalb der letzten zehn Jahre stiegen diese um insgesamt gut 50 Prozent – der Preis von Eigentumswohnungen verdoppelte sich innerhalb des abgelaufenen Jahrzehnts in etwa. Für Eigenheime und Baugrundstücke werden etwa 75 Prozent höhere Preise erzielt als noch im Jahr 2010. Immer wieder werden Zweifel daran geäußert, dass diese Preisentwicklungen durch die fundamentalen Marktfaktoren gedeckt wären. Zuletzt warnten die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bundesbank vor spekulativen Übertreibungen bei der Preisbildung, die sich nicht allein auf die urbanen Räume beschränkten.infoVgl. Europäische Zentralbank (2021): Financial Stability Review. November; sowie Deutsche Bundesbank (2021): Finanzstabilitätsbericht 2021.

Diese Sorgen werden auch durch die Entwicklung der Preise in Relation zu den Mieten gestützt. Die Preise entsprechen im Durchschnitt aller deutschen Großstädte dem 24-fachen Jahresmietertrag und haben damit in etwa eine Bewertung erreicht wie Mitte der 1990er Jahre auf dem Höhepunkt des letzten Wohnungsmarktzyklus. Damals war es vor allem der Wiedervereinigungsboom, gepaart mit steuerlichen Anreizen und staatlichen Zuschüssen, der zu Überbewertungen und einem anschließenden Jahrzehnt sinkender beziehungsweise stagnierender Immobilienpreise führte.infoVgl. Claus Michelsen und Dominik Weiß (2010): What happened to the East German housing market? A historical perspective on the role of public funding. Post-Communist Economies, 22(3), 387–409. Erfahrungen aus Ländern wie Irland, Spanien oder den USA zeigen, dass Immobilienpreisblasen erhebliche Risiken für die Stabilität des Wirtschafts- und Finanzsystems bergen.

Preisübertreibungen sind im Vorhinein nur schwer eindeutig zu identifizieren. Deskriptive Analysen allein können zu einem falschen Bild führen. Auch die Betrachtung allein nationaler Preisindizes lässt keine frühzeitige Identifikation regionaler Fehlentwicklungen zu.infoNach wie vor ist die Zahl wissenschaftlicher Beiträge zu der Frage einer möglichen Blasenbildung auf dem Immobilienmarkt überschaubar. Die Ergebnisse bisheriger Studien sind kontrovers und bieten kein einheitliches Bild. Aggregierte Reihen untersuchen Xi Chen und Michael Funke (2013): Renewed Momentum in the German Housing Market: Boom or Bubble? CESifo Working Paper Nr. 4287 und schließen, dass es keine Preisblase in Deutschland gibt. Mit gleicher Methodik führen Philipp an de Meulen und Martin Micheli (2013): Droht eine Immobilienpreisblase in Deutschland? Wirtschaftsdienst 93 (8), 539–544 entsprechende Untersuchungen für die sieben größten Städte in Deutschland durch. Ihre Analysen legen den Schluss nahe, dass spekulative Motive nur in sehr begrenztem Umfang Eingang in die Immobilienpreisbildung finden. Florian Kajuth, Thomas A. Knetsch und Nicolas Pinkwart (2013): Assessing house prices in Germany: Evidence from an estimated stock-flow model using regional data. Discussion Paper der Deutschen Bundesbank 46/2013 folgern dagegen aus ihrer Untersuchung, dass Preise teilweise erheblich, um bis zu 25 Prozent, über dem fundamental gerechtfertigten Niveau lägen. Seit dem Jahr 2014 wird am DIW Berlin daher regelmäßig die Preisentwicklung in mehr als 100 großen Städten Deutschlands analysiert und auf Grundlage elaborierter statistischer Verfahren untersucht, ob es zu Preisübertreibungen kommt.infoVgl. Konstantin A. Kholodilin und Claus Michelsen (2017): Keine Immobilienpreisblase in Deutschland — aber regional begrenzte Übertreibungen in Teilmärkten. DIW Wochenbericht Nr. 25, 503–513 (online verfügbar; abgerufen am 14. Dezember 2021. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt).

Das am DIW Berlin verwendete Untersuchungsdesign, das auf der alleinigen Untersuchung regionaler Preisindizes beruht, hat einen entscheidenden Vorteil: Potenzielle Fehlentwicklungen können nahezu in Echtzeit aufgedeckt werden – immer dann, wenn aktuelle Zahlen zur Preisentwicklung veröffentlicht werden. Andere Verfahren, die die Preisentwicklung durch fundamentale Faktoren zu erklären versuchen, können auf regionaler Ebene datenbedingt meist nur mit einer erheblichen Verzögerung angewendet werden. Die Ergebnisse bisheriger Untersuchungen werden mit der vorliegenden Studie aktualisiert und um die Betrachtung weiterer Marktsegmente ergänzt. Grundlage dafür ist ein Datensatz des Immobilienverbandes IVD über Miet- und Kaufpreise auf dem Markt für Wohnimmobilien (Kasten 1). Aufbauend auf statistischen Tests zur Identifikation explosiver Entwicklungen in Zeitreihen können Preisblasen auf regionalen Immobilienmärkten ermittelt werden (Kasten 2).infoFür ausführliche Erläuterungen vgl. Konstantin Kholodilin, Claus Michelsen und Dirk Ulbricht (2018): Speculative Price Bubbles in Urban Housing Markets in Germany. Empirical Economics 55 (4), 1957–1983; sowie Ulrich Homm und Jörg Breitung (2012): Testing for speculative bubbles in stock markets: a comparison 605 of alternative methods. Journal of Financial Econometrics 10 (1), 198–231.

Daten über die Preisentwicklung von Immobilien sind in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern nur in spärlichem Umfang verfügbar. Insbesondere auf lokaler Ebene gibt es kaum Quellen, die Analysen über einen längeren Zeitraum erlauben. Typischerweise sind die Zeitreihen sehr kurz, decken nur einige wenige Orte ab oder beinhalten lediglich Angebotspreise.

Für die vorliegende Studie werden Miet- und Kaufpreisdaten des „Immobilienverbandes Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.“ genutzt. Das Unternehmen bietet seit 1975 Immobiliendaten und Indizes zu einzelnen Immobilienmarktsegmenten an. Die Datensammlung enthält durchschnittliche Kaufpreise und Mieten für Wohnungen und Grundstücke in 620 deutschen Gemeinden von 1975 bis 2021. Für diesen Wochenbericht werden die Daten für die 114 größten Städte in Deutschland mit mindestens 50000 EinwohnerInnen für die Jahre 1996 bis 2021 verwendet. Das macht sie zu einer einzigartigen Informationsquelle hinsichtlich der geografischen und zeitlichen Abdeckung des Marktes.

In die vorliegende Analyse werden die folgenden acht Variablen einbezogen:

  • Kaufpreise für Baugrundstücke für Einfamilienhäuser (EFH) in mittlerer, guter und sehr guter Lage
  • Kaufpreise für Eigenheime mit einfacher, mittlerer, guter und sehr guter Qualität
  • Kaufpreise für Reihenhäuser mit mittlerer Qualität
  • Kaufpreise für bestehende Eigentumswohnungen (ETW) mit mittlerer und guter Qualität
  • Mieten für Wohnungen mit mittlerer und guter Qualität

Zudem werden die genannten Variablen verwendet, um das Verhältnis von Kaufpreisen zu Jahresmieten für Bestandswohnungen (mit mittlerer und guter Qualität) zu berechnen.

Die Städte werden zudem anhand der Klassifikation des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) nach fünf Wachstumstypen kategorisiert: überdurchschnittlich schrumpfend, schrumpfend, keine eindeutige Entwicklungsrichtung, wachsend und überdurchschnittlich wachsend. Diese Klassifikation basiert auf den folgenden Indikatoren: durchschnittliche jährliche Bevölkerungsentwicklung in den Jahren 2011 bis 2016 in Prozent; durchschnittlicher jährlicher Gesamtwanderungssaldo in den Jahren 2012 bis 2016 je 1000 EinwohnerInnen; durchschnittliche jährliche Entwicklung der Erwerbsfähigen nach Alter (20 bis 64 Jahre) in den Jahren 2011 bis 2016 in Prozent; durchschnittliche jährliche Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort in den Jahren 2011 bis 2016 in Prozent; durchschnittliche jährliche Veränderung der Arbeitslosenquote von 2010/11 bis 2015/16 in Prozentpunkten und durchschnittliche jährliche Entwicklung des Gewerbesteuergrundaufkommens je EinwohnerIn von 2010/11 bis 2015/16 in Prozent.

Der Analyse von Vermögenspreisen liegt die Vorstellung zu Grunde, dass diese – unter der Annahme vollständig informierter und rationaler MarktteilnehmerInnen – ausschließlich durch den Gegenwartswert der zukünftigen Einnahmen bestimmt sind. Da sich alle bereits bekannten Informationen sofort in den Preisen wiederfinden, folgen die Preise einem sogenannten Random Walk. Übertragen auf den Immobilienmarkt bedeutet dies, dass die Hauspreise – langfristig gesehen – an die Mietentwicklung gekoppelt sind. Sind die Preise kein perfektes Abbild der Erträge, spielen offenbar weitere Faktoren, möglicherweise Spekulation, eine Rolle. Spekulation führt dazu, dass die Preisentwicklung – zusätzlich zur erwarteten Entwicklung der realen Nachfrage – durch die reine Erwartung zukünftig steigender Immobilienpreise mitbestimmt ist. Wird diese Einschätzung zum Konsens der MarktteilnehmerInnen, ist der Kauf einer überbewerteten Immobilie individuell rational und führt dazu, dass sich eine Spekulationsblase entwickelt und sich die Preise immer stärker von der Nachfrage entkoppeln – bis die Blase platzt.

Es gibt verschiedene Ansätze, spekulative Blasen auf dem Immobilienmarkt empirisch zu ermitteln.infoVgl. Man Cho (1996): House price dynamics: A survey of theoretical and empirical issues. Journal of Housing Research 7, 145–172. Ein Teil der Literatur greift dabei explizit auf die oben beschriebenen theoretischen Überlegungen zurück. Der sogenannte Homm-und-Breitung-Test ist entwickelt worden, um ungewöhnlich starke Preisanstiege zu identifizieren.infoVgl. Ulrich Homm und Jörg Breitung (2012): Testing for speculative bubbles in stock markets: A comparison of alternative methods. Journal of Financial Econometrics 10 (1), 198–231. Wenn Wohnungspreise diskontierte erwartete Mieteinnahmen darstellen, dann ist es äußerst unwahrscheinlich, dass diese mit einer exponentiellen Rate wachsen. Folgt man diesem Ansatz, kann eine Zeitreihe dahingehend getestet werden, ob sie einem Random Walk (Nullhypothese) oder einer explosiven Entwicklung folgt. Erstere spiegelt die Hypothese rationaler Erwartungen und damit die fundamentale, langfristige Komponente der Preise wider.

Der Test geht von einem autoregressiven Prozess AR(1) der zu untersuchenden Zeitreihe aus:

yt = ρtyt−1 + ut

wobei t ein über die Zeit variierender Koeffizient und ut ist ein typischer Störterm ist.

Unter der Nullhypothese folgt yt einem Random Walk in allen Perioden:

H0: t = 1 für ρt = 1 für t = 1, 2,…, T

Unter der alternativen Hypothese startet der Prozess als ein Random Walk, wandelt sich aber ab einem bestimmten Zeitpunkt t* zu einem explosiven Prozess:

ρt = {1 ,  wenn t = 1,2,…, t* ρ* ,  wenn t = t* + 1,…,  T 

Um die Hypothesen zu testen, wird ein Chow-Typ-Einheitswurzel-Strukturbruch-Test verwendet. Es wird nach dem Zeitpunkt t* gesucht, ab dem der Prozess explosiv wird. Mit diesem Ansatz kann auf Stadtebene und für Städtegruppen getestet werden, ob spekulative Preisentwicklungen vorliegen.

Dabei werden zwei weitere Teststrategien verfolgt. Erstens wird eine Panel-Version des Chow-Tests für explosive Wurzeln verwendet. Die Panel-Struktur nutzt die Querschnittsdimension. Dies ist insofern hilfreich, als dass die Zeitdimension des Datensatzes relativ kurz ist. Hier wird die Nullhypothese getestet, dass keine explosive Preisentwicklung in irgendeiner der untersuchten Städte vorliegt. Darauf aufbauend wird auf Ebene der einzelnen Städte analysiert, ob es explosive Entwicklungen von Mieten, Preisen und dem Verhältnis von Preisen zu Mieten gibt. Die zweite Strategie besteht darin, den wichtigsten gemeinsamen Trend der Preise zu extrahieren und diesen auf eine explosive Entwicklung hin zu testen, statt jede einzelne Stadt separat zu untersuchen. Der gemeinsame Trend stellt dabei ein gewichtetes Mittel der Preiszeitreihen in den einzelnen Städten dar, dessen Gewichte durch das sogenannte Hauptkomponentenverfahren ermittelt werden. Es gibt zwei Argumente für dieses Vorgehen: Zum einen sind die Preisentwicklungen der einzelnen Städte heterogen, wohingegen sich bei der Berechnung des Trends die Fluktuationen gegenseitig kompensieren. Zum anderen kann dieser Trend für beliebige Städtegruppen berechnet und auf diese Weise untersucht werden, inwieweit sich in einem Markt bereits eine Immobilienpreisblase gebildet hat. Die Hauptkomponenten werden für vier Städteklassen und Gesamtdeutschland berechnet. Die unterschiedlichen Tests können auch zu widersprüchlichen Ergebnissen kommen. Auch berücksichtigen die Tests keine Zinssprünge, die theoretisch auch zu entsprechenden Bewegungen auf den Immobilienmärkten führen können, ebenso wenig wie andere Fundamentalfaktoren, etwa die demografische Entwicklung.

Erschwinglichkeit von Immobilien in Deutschland und anderen Ländern zuletzt deutlich gesunken

Gesamtwirtschaftlich relevante Fehlentwicklungen zeigen sich nicht allein in Preisreihen. Ein weiterer Indikator ist beispielsweise die Erschwinglichkeit von Immobilien, gemessen am Verhältnis der Wohnimmobilienpreise zu den verfügbaren Einkommen. Langfristig sollten sich die Preise von Immobilien im Einklang mit dem verfügbaren Einkommen entwickeln. Lange Jahre waren Immobilien gemessen an diesem Indikator in Deutschland günstig – auch jetzt liegt das Verhältnis nach wie vor unterhalb des Niveaus zu Beginn der 1980er Jahre. Allerdings ist die Erschwinglichkeit von Immobilien – gemessen an diesem Indikator – in Deutschland zuletzt deutlich gesunken, ähnlich wie in anderen großen Volkswirtschaften wie Großbritannien, Spanien oder den USA (Abbildung 2).

Ein ebenfalls häufig genanntes Indiz für spekulative Preisentwicklungen ist eine sprunghafte Ausweitung des Neugeschäfts bei Wohnungsbaukrediten. In Relation zur Wirtschaftsleistung ist hier ein deutlicher Anstieg des Kreditvolumens von rund 6,5 Prozent Ende des Jahres 2017 auf nunmehr knapp 8,5 Prozent zu beobachten – allerdings konnten ähnliche Quoten bereits mehrfach seit der Jahrtausendwende beobachtet werden (Abbildung 3). Der Anteil der Kredite mit einer Zinsbindung von mehr als fünf Jahren ist ebenfalls weiter gestiegen. Dies reduziert das Zinsänderungsrisiko der Haushalte in der Immobilienfinanzierung, kann allerdings zu einem Problem bei den Geschäftsbanken werden, wenn dort steigende Anteile des Kreditportfolios zu niedrigen Zinsen vergeben wurden, künftig aber möglicherweise zu teureren Konditionen refinanziert werden müssen – zumindest weist die Bundesbank regelmäßig auf diese Gefahr hin.infoVgl. Bundesbank (2021), a.a.O.

Angesichts dieser Beobachtungen scheint das Risiko spekulativer Preisentwicklungen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen zu sein. Die von der Finanzierungsseite ausgehenden Risiken scheinen angesichts der weit überwiegend langen Zinsbindung allerdings weiterhin überschaubar, nicht zuletzt auch deshalb, weil keine um sich greifende Überschuldung der privaten Haushalte abzusehen ist. Auch gibt es keine Anzeichen, dass sich der Beleihungsauslauf – der Anteil des Fremdkapitals für die Finanzierung einer Immobilie – deutlich erhöht hätte.

Verringerte Kluft zwischen Angebot und Nachfrage

Die Corona-Krise hat die Determinanten des Wohnungsmarkts teilweise verschoben. So sank vergangenes Jahr die Einwohnerzahl in Deutschland im Vergleich zum Jahr zuvor. Das ist vor allem dem erheblichen Rückgang der Nettozuwanderung geschuldet. Besonders deutlich zeigt sich dies in der Bevölkerungsentwicklung der großen Städte (Abbildung 4), die traditionell erster Anlaufpunkt junger MigrantInnen sind, die vielfach für ein Studium nach Deutschland kommen. Dort war auch der Unterschied zwischen der Vorkrisen- und Krisenentwicklung am ausgeprägtesten: Stieg die Bevölkerung in den sieben größten Städten Deutschlands vor der Krise um durchschnittlich ein Prozent pro Jahr, verringerte sie sich im Jahr 2020 um rund 0,1 Prozent. Die kleineren Städte hatten mit einem Bevölkerungsrückgang von 0,2 Prozent in der Krise den stärksten relativen Schwund zu verkraften.

Aufgrund der Reisebeschränkungen und Lockdowns konnten weniger Menschen nach Deutschland ziehen. Hinzu kommen Veränderungen innerhalb Deutschlands. So gab es während der Pandemie Anzeichen für sich wandelnde Wohnpräferenzen: Die Möglichkeiten dezentralen Arbeitens wurden erheblich ausgeweitet – auch die Wertschätzung für ein naturnahes Wohnumfeld ist Umfragen zufolge gestiegen. Damit werden Außenbezirke und angrenzende Gemeinden großer Städte als Wohnorte attraktiver.infoVgl. Mathias Dolls und Jan-Carl Mehles (2021): Wie beeinflusst die Corona-Pandemie die Wohnortpräferenzen?. ifo Schnelldienst Nr. 74., 27–31. Folglich stieg in den umliegenden Kreisen die Bevölkerung im Corona-Jahr 2020 sogar.

Demgegenüber steigt das Angebot an Wohnraum. Zwischen 2011 und 2019 hat die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in ländlichen sowie städtischen Gebieten sichtbar zugelegt (Abbildung 5). Besonders stark war die Zunahme in den sieben Metropolen (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart), wo sich in diesem Zeitraum die Anzahl der Fertigstellungen mehr als verdoppelte. Im Jahr 2020 wurden im Vergleich zum Vorjahr deutschlandweit fünf Prozent mehr Wohnungen fertiggestellt. Die Entwicklung war aber regional sehr heterogen – so gingen die Fertigstellungen in Berlin um 14 Prozent zurück. Insgesamt verringerte sich die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage aber etwas – allerdings gilt nach wie vor, dass Wohnraum in den großen Städten knapp ist.

Auch der Leerstand gilt als ein wichtiger Indikator, der Spannungen auf den Wohnungsmärkten signalisiert. Seit Jahren liegt die Leerstandsquote in Großstädten unter drei Prozent, was als Schwellenwert einer natürlichen beziehungsweise fluktuationsbedingten Leerstandsquote gesehen wird.infoEmpirica AG (2021): Marktaktiver Leerstand steigt erstmals seit 14 Jahren (online verfügbar).

Regionale Märkte erfordern regionale Analysen

Die Betrachtung einzelner Indikatoren und des aggregierten nationalen Marktes kann indes nur ein erster Schritt bei der Analyse der Preisentwicklung auf dem Markt für Wohnimmobilien sein. Immobilienmärkte sind regionale Märkte – dementsprechend entstehen Fehlentwicklungen zuerst in einzelnen Städten, bevor sie sich im Gesamtmarkt ausbreiten.infoVgl. Allen C. Goodman und Thomas G. Thibodeau (2008): Where are the speculative bubbles in US housing markets? Journal of Housing Economics 17 (2), 117–137; Min Hwang und John M. Quigley (2006): Economic Fundamentals In Local Housing Markets: Evidence From U.S. Metropolitan Regions. Journal of Regional Science 46 (3), 425–453; sowie Jesse M. Abraham und Patric H. Hendershott (1996): Bubbles in metropolitan housing market. Journal of Housing Research 7 (2), 191–207. Deshalb wird in der vorliegenden Studie ein differenzierter Untersuchungsansatz verfolgt, der nach Neubau- und Bestandspreisen unterscheidet, Grundstückspreise separat betrachtet und einzelne Städte, Städtegruppen sowie den Gesamtmarkt in den Blick nimmt (Kasten 1).

In dem gewählten Untersuchungsdesign wird statistisch geprüft, ob Immobilienpreise explosiv steigen (für methodische Details siehe Kasten 2). Da Immobilienpreise langfristig an die Entwicklung von Mieterträgen und damit an die allgemeine Einkommensentwicklung gebunden sein sollten, deuten explosiv steigende Preise auf eine Entkopplung von der durch die reale Nachfrage nach Wohnungen gedeckten Wertentwicklung hin.

Allerdings kann es bei der Nachfrage zu sprunghaften Veränderungen kommen, etwa als Folge starker Zuwanderung. Da das Immobilienangebot kurzfristig wenig flexibel ist, steigen die Mieten dann kräftig, was eine Rechtfertigung auch für stark steigende Preise sein kann. Um solche Entwicklungen zu berücksichtigen, werden neben den Kaufpreisen von Wohnimmobilien auch die Mieten in die Analyse einbezogen. Ähneln sich die Muster der Miet- und Kaufpreisentwicklung, ist die Immobilienbewertung marktgerecht. Steigen nur die Preise explosiv, ist eine Preisblase wahrscheinlich. Gilt dies nur für Mieten, eröffnen sich potenziell Investitionschancen an dem jeweiligen Standort. Als gemeinsames Maß beider Reihen wird zudem das Verhältnis aus Preisen und Mieten auf Explosivität hin untersucht. Zeigt sich dort ein explosives Muster, ist dies als stärkster Hinweis auf spekulative Übertreibungen zu sehen.

Um der räumlichen Dimension des Immobilienmarkts Rechnung zu tragen, wird ein differenzierter Ansatz für die Beurteilung der Preisentwicklungen verfolgt: Betrachtet werden die Preisentwicklungen in sogenannten A-, B-, C- und D-Standorten. Dies folgt einer gängigen Standortklassifikation, die sich an der Einwohnerzahl und den Umsätzen aus Immobilienverkäufen in den jeweiligen Märkten orientiert. A-Städte sind dieser Klassifizierung zufolge international bedeutende Standorte, D-Städte sind Zentren mit lokaler Bedeutung. Schließlich werden die Preisentwicklungen in den einzelnen Städten betrachtet, um lokale Fehlentwicklungen zu identifizieren. Unterschieden werden dabei die Segmente der Bestands- und Neubauwohnungen sowie Eigenheime und die Werte für Baugrundstücke.

Preisauftrieb durch die Krise ungebrochen

In den Großstädten Deutschlands steigen die Preise für Wohnimmobilien und Bauland weiter kräftig. Stärkster Treiber ist die Entwicklung in den sogenannten A-Städten. Hier hat sich der Preis für Bauland in mittlerer Lage seit dem Jahr 2009 um mehr als 180 Prozent gesteigert – die Preise für Eigentumswohnungen sind um gut das 1,5-fache teurer, Eigenheime kosten etwa doppelt so viel wie direkt nach der Finanzkrise. Die geringsten – wenngleich ebenfalls dynamische – Preissteigerungen gab es an D-Standorten. Die Grundstückspreise zogen hier um gut 70 Prozent an, Preise für Eigentumswohnungen verdoppelten sich in etwa und die Preise für Einfamilien- und Reihenhäuser verteuerten sich um gut 70 Prozent. Die Entwicklungen in B- und C-Standorten lagen innerhalb der Spannweite der Preisentwicklung von A- und D-Städten (Abbildung 6 und Abbildung 7, Tabelle 1).

Tabelle 1: Preis- und Mietentwicklung in deutschen Großstädten1 in den Jahren 2009 bis 2021

Veränderung gegenüber dem Jahr 2009 in Prozent

Segment Deutschland Raumtypen2 Standorte3
schrumpfend stagnierend wachsend stark wachsend A B C D
Baugrundstück für Einfamilienhaus, mittlere Lage 101,6 36,7 42,1 87,9 140,5 182,8 108,9 103,9 76,0
Baugrundstück für Einfamilienhaus, gute Lage 104,2 37,2 68,2 82,6 146,4 223,3 92,5 104,9 76,9
Einfamilienhaus, mittlere Qualität 78,4 53,3 49,9 77,2 82,4 110,6 83,0 77,9 71,0
Einfamilienhaus, gute Qualität 79,5 57,9 35,8 78,3 70,9 120,7 84,9 78,6 73,2
Reihenhaus, mittlere Qualität 83,3 40,2 53,1 93,2 97,9 111,3 90,8 87,2 75,0
Eigentumswohnung im Bestand, mittlere Qualität 116,5 27,4 107,4 114,5 122,9 159,2 122,9 130,2 102,0
Eigentumswohnung im Bestand, gute Qualität 105,5 39,1 88,5 112,9 117,7 148,3 114,8 108,4 94,6
Miete für Bestandswohnung, mittlere Qualität 50,1 58,5 51,9 52,0 37,7 45,6 45,3 45,0 53,1
Miete für Neubauwohnung, mittlere Qualität 52,8 50,6 58,8 54,5 55,3 52,6 50,4 47,2 53,7
Preis-Miet-Verhältnis, Eigentumswohnung, mittlere Qualität 48,7 −1,5 49,8 47,1 55,4 79,9 41,5 61,0 40,7
Preis-Miet-Verhältnis, Eigentumswohnung, gute Qualität 41,4 14,3 24,4 42,2 42,6 68,9 44,1 47,3 34,9

1 Untersucht wurden die 114 größten Städte Deutschlands mit mindestens 50000 EinwohnerInnen.

2 Gemäß Definition des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).

3 Gemäß Definition der Bulwiengesa AG.

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Immobilienverbandes IVD.

Blasenbildung in einigen Regionen und Marktsegmenten wahrscheinlich

Die statistischen Tests zeigen, dass die Preise in nahezu allen Marktsegmenten und Regionen am aktuellen Rand einer explosiven Entwicklung folgen. Vor allem im Bestandssegment ist dies vielfach nicht durch entsprechende Mietpreissteigerungen begleitet. Das spricht für eine Entkopplung der Marktpreise von den Erträgen und ist damit ein Indiz für spekulatives Investitionsverhalten auf dem Immobilienmarkt. Recht eindeutig kommt dies in den Preis-Mietverhältnissen der A-Standorte zum Tragen: Dort scheint eine Blasenbildung bei Eigentumswohnungen – sowohl im Neubau- als auch im Bestandssegment – und bei Baugrundstücken sehr wahrscheinlich. Die Preise sind hier deutlich stärker gestiegen als die Mieten, sodass selbst das Verhältnis beider Größen in diesen Fällen ein außergewöhnliches Muster zeigt (Tabelle 2). In Städten der Kategorien B und C zeigen sich im Verhältnis der Preise und Mieten noch keine explosiven Entwicklungen. Ähnliches gilt für eine Untersuchung differenziert noch Wachstums- und Schrumpfungsregionen – darin zeigt sich für keine Städtegruppe, dass das Verhältnis aus Preisen und Mieten explosiv wächst (Tabelle 3).

Tabelle 2: Untersuchung der Preisentwicklung in deutschen Großstädten1 auf Explosivität nach Marktwachstum (Transaktionsvolumen)

Markt2 A-Standorte B-Standorte C-Standorte D-Standorte
Baugrundstück für Einfamilienhaus, mittlere Lage explosiv explosiv explosiv explosiv
Baugrundstück für Einfamilienhaus, gute Lage explosiv explosiv explosiv explosiv
Baugrundstück für Einfamilienhaus, sehr gute Lage explosiv explosiv explosiv explosiv
Einfamilienhaus, einfache Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Einfamilienhaus, mittlere Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Einfamilienhaus, gute Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Einfamilienhaus, sehr gute Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Reihenhaus, mittlere Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Eigentumswohnung im Bestand, mittlere Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Eigentumswohnung im Bestand, gute Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Miete für Bestandswohnung, mittlere Qualität nicht explosiv explosiv nicht explosiv explosiv
Miete für Bestandswohnung, gute Qualität nicht explosiv nicht explosiv nicht explosiv explosiv
Miete für Neubauwohnung, mittle Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Miete für Neubauwohnung, gute Qualität nicht explosiv nicht explosiv explosiv explosiv
Preis-Miet-Verhältnis, Eigentumswohnung, mittlere Qualität explosiv nicht explosiv nicht explosiv nicht explosiv
Preis-Miet-Verhältnis, Eigentumswohnung, gute Qualität explosiv nicht explosiv nicht explosiv nicht explosiv

1 Untersucht wurden die 114 größten Städte Deutschlands mit mindestens 50000 EinwohnerInnen.

2 Gemäß Definition der Bulwiengesa AG.

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Immobilienverbandes IVD.

Tabelle 3: Untersuchung der Preisentwicklung in deutschen Großstädten1 auf Explosivität nach Marktwachstum (Bevölkerung)

Markt2 schrumpfend stagnierend wachsend stark wachsend
Baugrundstück für Einfamilienhaus, mittlere Lage explosiv explosiv explosiv explosiv
Baugrundstück für Einfamilienhaus, gute Lage explosiv explosiv explosiv explosiv
Baugrundstück für Einfamilienhaus, sehr gute Lage nicht explosiv explosiv explosiv explosiv
Einfamilienhaus, einfache Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Einfamilienhaus, mittlere Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Einfamilienhaus, gute Qualität explosiv nicht explosiv explosiv explosiv
Einfamilienhaus, sehr gute Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Reihenhaus, mittlere Qualität nicht explosiv explosiv explosiv explosiv
Eigentumswohnung im Bestand, mittlere Qualität nicht explosiv nicht explosiv explosiv explosiv
Eigentumswohnung im Bestand, gute Qualität nicht explosiv explosiv explosiv explosiv
Miete für Bestandswohnung, mittlere Qualität explosiv explosiv explosiv nicht explosiv
Miete für Bestandswohnung, gute Qualität nicht explosiv explosiv explosiv nicht explosiv
Miete für Neubauwohnung, mittlere Qualität explosiv explosiv explosiv nicht explosiv
Miete für Neubauwohnung, gute Qualität explosiv explosiv explosiv explosiv
Preis-Miet-Verhältnis, Eigentumswohnung, mittlere Qualität nicht explosiv nicht explosiv nicht explosiv nicht explosiv
Preis-Miet-Verhältnis, Eigentumswohnung, gute Qualität nicht explosiv nicht explosiv nicht explosiv nicht explosiv

1 Untersucht wurden die 114 größten Städte Deutschlands mit mindestens 50000 EinwohnerInnen.

2 Gemäß Definition des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Immobilienverbandes IVD.

Fazit: Wohnungsmarkt boomt trotz Krise, Preiskorrekturen in den kommenden Jahren möglich

Der Preisauftrieb von Wohnimmobilien hat sich trotz Pandemie und Wirtschaftskrise fortgesetzt und teilweise sogar noch beschleunigt. Die Hausse am Immobilienmarkt in Deutschland geht damit in ihr elftes Jahr. Markant ist vor allem der Anstieg der Preise für Eigentumswohnungen und für Bauland, nicht nur in den Zentren, sondern zunehmend auch in peripheren Regionen. Die Zeichen mehren sich, dass die Wohnungspreise in einigen Städten und Marktsegmenten nicht mehr allein durch die Entwicklung der Mieten und die niedrigen Zinsen zu erklären sind. Allerdings zeigen die Auswertungen auch, dass die Verhältnisse von Preisen und Mieten vielfach stabil sind und zumindest nicht für eine flächendeckend spekulativ getriebene Preisblase sprechen. Durch Spekulation beeinflusste Marktentwicklungen sind zumindest in den großen Städten zu konstatieren. Angesichts dieser Entwicklung kann es in den nächsten Jahren dort auch zu Preiskorrekturen kommen. Entwarnung gibt es hingegen von Seiten der Kreditvergabe und den Finanzierungsstrukturen: Insgesamt erscheinen diese weiterhin solide und deuten eher nicht auf exzessive fremdfinanzierte Spekulationsblasen hin, deren Platzen die Finanzstabilität bedrohen würde.

Nach der Finanzkrise haben die Banken ihre Kreditvergabestandards verschärft und sind nun restriktiver bei der Finanzierung. Dies beschneidet insbesondere geringverdienende Haushalte immer mehr in ihrer Möglichkeit, eigene Immobilienvermögen aufzubauen. Die Marktentwicklung dürfte ohnehin die Schwierigkeiten geringverdienender Haushalte verschärft haben. Diese sind vielfach im besonders krisengebeutelten Dienstleistungssektor beschäftigt und mussten wohl trotz staatlicher Transfers häufig schmerzliche Einkommenseinbußen hinnehmen. Die Möglichkeiten für diese Haushalte, eine bezahlbare Wohnung innerhalb der Stadtgrenzen zu finden, dürften – sowohl zum Kauf als auch zur Miete – immer kleiner werden.

Die bisherigen Maßnahmen des finanziellen Ausgleichs und der Stabilisierung der Haushaltseinkommen zur Bewältigung der Krisenfolgen waren im Großen und Ganzen erfolgreich. Vor dem Hintergrund des aktuellen Infektionsgeschehens sollte die Politik diese Unterstützungen nicht vorzeitig zurückfahren, auch um Verwerfungen auf den Immobilienmärkten zu vermeiden. Gleichzeitig darf die akute Corona-Krise auch nicht den Blick davor verstellen, dass auch andere, längerfristige Probleme auf die Gesellschaft zukommen: Hierzu zählt zweifelsohne die Wohnungsfrage, sowohl mit Blick auf die Eigentums- und Vermögensbildung als auch mit Blick auf den Zugang zum Mietwohnungsmarkt. Gleichzeitig werden sich in den kommenden Jahren die Auswirkungen des demografischen Wandels deutlich bemerkbar machen. Dies könnte die Preise gerade in peripheren Regionen unter Druck setzen. In einigen Regionen in den neuen Ländern zeigt sich diese Entwicklung bereits seit einigen Jahren. Dies könnte verstärkt werden, wenn der Wunsch nach Urbanität die Migrationsströme ungebrochen in die Städte und ihr direktes Umfeld lenkt. Kommen dann noch deutlich steigende Finanzierungskosten hinzu, erscheinen auch in diesen Regionen substanzielle Wertverluste durchaus realistisch.

Konstantin A. Kholodilin

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Makroökonomie



JEL-Classification: C32;E27;E32
Keywords: speculative house price bubbles; explosive roots tests; German cities and towns
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2021-51-1

Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/251389

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