Statement vom 11. Januar 2022
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat heute seine „Eröffnungsbilanz“ für den Klimaschutz vorgestellt. Es folgt eine Einordnung von Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):
Endlich herrscht mehr Realismus im Wirtschaftsministerium in Punkto Klimaschutz und Energiewende. Die vorgeschlagenen Maßnahmen gehen allesamt in die richtige Richtung. Die Annahmen zum künftigen Stromverbrauch sind realistischer. Zudem ist begrüßenswert, dass die Ausschreibungsmengen für erneuerbare Energien erhöht werden sollen. Das ist überfällig. Gut ist ebenso, dass mehr Flächenpotenziale für Windenergie genutzt werden sollen. Da sehr viel Versäumtes aufgeholt werden muss, ist es ein sehr ambitioniertes Programm.
So löblich die vorgeschlagenen Maßnahmen und Ziele auch sind, zur Einhaltung des mit dem Pariser Klimavertrags kompatiblen 1,5-Grad-Ziel reichen sie leider immer noch nicht aus. Wir benötigen im Jahr 2030 150 bis 350 Gigawatt (GW) Photovoltaik und 105 bis 150 GW Windkraft. Dies entspricht mindestens einer Verdoppelung der aktuell geplanten Ausbaumengen. Zum einen sollten der angestrebte Anteil erneuerbarer Energien nach oben korrigiert und Ausbauziele klar formuliert werden. Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, muss der Anteil der erneuerbaren Energien bei 95 Prozent bis zum Jahr 2030 liegen. Das bedeutet, dass auch mehr Mengen ausgeschrieben werden müssen. Zum anderen müssen Barrieren abgebaut werden: Zwei Prozent der Flächen müssen in jedem Bundesland fest für die Windkraft festgelegt und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.
Mindestabstände für Windanlagen hemmen den Ausbau der Windenergie und fördern nicht die Akzeptanz. Abstandsregeln sollten abgeschafft werden, indem die sogenannte Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch ersatzlos gestrichen wird. Die Akzeptanz kann über finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten der Kommunen und Bürger gesteigert werden.
Neben einem vorgezogenen Kohleausstieg sollte auch die Nutzung und Abhängigkeit von Erdgas kontinuierlich reduziert werden. Auch wenn die Energiegewinnung aus Erdgas im Vergleich zu Kohle weniger CO2 freisetzt, trägt die Nutzung von Gas durch den Austritt von Methan zur Steigerung von Treibhausgasen in der Atmosphäre bei. Daher sollte der Einsatz von Erdgas kontinuierlich gesenkt werden.
Themen: Klimapolitik