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Die Kommunen benötigen mehr Unterstützung: Kommentar

DIW Wochenbericht 14/15 / 2023, S. 176

Marcel Fratzscher

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Die Kommunen sind vielleicht der wichtigste Grund, wieso Deutschland immer wieder Krisen besser bewältigt als viele vergleichbare Länder – sei es bei der Integration von Geflüchteten, in der Energiekrise oder in der Pandemie. Die Diskrepanz zwischen der Bedeutung dieser Aufgaben und der finanziellen Ausstattung der Kommunen wird jedoch immer größer. Dies muss sich dringend ändern, damit Deutschland nicht nur Krisen gut bewältigt, sondern auch den Wohlstand bewahrt.

Der Föderalismus ist eine der großen Stärken unserer Demokratie. Das Konzept der Subsidiarität bedeutet, dass möglichst viele Entscheidungen vor Ort von denjenigen getroffen werden, die direkt betroffen sind und die Kompetenzen haben. Dies hat viele Jahrzehnte in Deutschland gut funktioniert. Auch aktuell zeigt sich: Die Kommunen kümmern sich hervorragend um mehr als eine Million Geflüchtete aus der Ukraine. Allerdings geraten sie dabei an ihre Kapazitätsgrenzen.

Die Kommunen sind auch die Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand. Knapp die Hälfte aller öffentlichen Investitionen in Deutschland wird von den Kommunen getätigt. Sie stellen einen großen Teil der Infrastruktur für Schulen, Verkehr, Energie- und Wassernetze, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen bereit. Ohne diese Grundversorgung könnte kein Unternehmen seine Produktion aufbauen und Arbeitsplätze schaffen. Gerade deswegen ist es wichtig, dass die Kommunen nicht gezwungen sind, Mittel an falscher Stelle zu sparen.

Aber die Diskrepanz zwischen Verantwortung und finanzieller Ausstattung war nie größer als heute. Knapp 30 Prozent aller Kommunen sind derzeit überschuldet und können nicht mehr selbstständig entscheiden. Der Grund dafür liegt nicht in Fehlern der Kommunen – so ein häufig geäußerter Vorwurf. Sondern er liegt in fehlenden Geldern und einer zu geringen Autonomie. Probleme verursachen fast ausschließlich hohe Sozialausgaben, zu denen die Kommunen verpflichtet sind.

Diese Probleme sind auch deshalb größer geworden, weil Krisen die finanzschwachen Kommunen dauerhaft geschwächt haben. Und auch wegen eines Unterbietungswettbewerbs bei der Gewerbesteuer – eine der wenigen Stellschrauben, mit denen Kommunen ihre Steuereinnahmen verändern können. So schaffen es finanzstärkere Kommunen häufig, Unternehmen mit dem Versprechen einer geringeren Gewerbesteuer anzuziehen. Bessere Schulen, Krankenhäuser und Infrastruktur zusammen mit erfolgreichen Unternehmen und guten Arbeitsplätzen ziehen zudem auch junge und gut ausgebildete Menschen an. Schwächere Kommunen haben diesen Spielraum nicht und geraten damit häufig in einen Teufelskreis.

Schon vor acht Jahren hat die unabhängige Expertenkommission zur Stärkung von Investitionen in Deutschland eine bessere Ausstattung der Kommunen vorgeschlagen. Seitdem ist wenig passiert. Wenn die Politik den wirtschaftlichen Wohlstand sichern will, muss sie diesen Fehler korrigieren. Erstens müssen Kommunen mehr gleichwertige Voraussetzungen bei der Finanzierung erhalten, was eine Reform des Bund-Länder-Finanzausgleichs und eine Begrenzung des Steuerwettbewerbs erfordert. Dies werden reiche Bundesländer nicht gerne hören. Aber es muss auch in ihrem Interesse sein, dass Deutschland als Ganzes wirtschaftlich erfolgreich ist. Zweitens benötigen Kommunen mehr Autonomie bei ihren Finanzentscheidungen. Dazu müssen überschuldete Kommunen komplett entschuldet werden. Bundesländer wie Hessen haben vorgemacht, dass dies möglich ist.

Die dritte Reform betrifft eine höhere Effizienz bei den Kommunen. Viele Kommunen sind zu klein oder haben nicht die notwendige Expertise, um große Bauprojekte umzusetzen. Daher benötigt es mehr und stärkere gemeinsame Institutionen auf regionaler Ebene, um Kompetenzen zu schaffen. Der Föderalismus ist Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands. So wie er jedoch zurzeit funktioniert, wird er zur Schwäche, die die Kommunen hindert, Krisen zu bewältigen und ihre Aufgaben der Daseinsfürsorge zu erfüllen. Die Lösungen liegen auf der Hand. Aber wird die Politik den Willen dafür aufbringen?

Dieser Beitrag ist am 25. März in der Augsburger Allgemeinen erschienen.

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