Statement vom 7. August 2023
Die aktuelle Debatte rund um die Frage, wie die deutsche Wirtschaft angesichts der Wachstumsflaute gestärkt werden kann, kommentiert Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:
Die Bundesregierung sollte den Rufen nach einem Konjunkturprogramm mit weiteren Subventionen und Steuersenkungen widerstehen. Ein Konjunkturprogramm, das der mächtigen Unternehmenslobby lediglich weitere Milliarden schenkt, wäre kontraproduktiv, würde zu Mitnahmeeffekten führen und nichts an den wirtschaftlichen Problemen in Deutschland ändern.
Deutschland hat kein konjunkturelles, sondern ein strukturelles Problem. Die Bundesregierung sollte daher kein Konjunkturprogramm auflegen, sondern ein langfristig angelegtes Transformationsprogramm, mit einer Investitionsoffensive, einer breit angelegten Entbürokratisierung und einer Stärkung der Sozialsysteme.
Eine Deindustrialisierung ist ein reales Risiko — sie liegt jedoch nicht in vermeintlich hohen Energiepreisen begründet und kommt auch nicht überraschend. Der Grund ist das Verschlafen der ökologischen, wirtschaftlichen und digitalen Transformation in den vergangenen 15 Jahren. Dass deutsche Unternehmen im globalen Wettbewerb um neue Technologien und Marktanteile ins Hintertreffen geraten sind, liegt nicht im Krieg begründet, sondern in den zu geringen öffentlichen und privaten Investitionen in neue Technologien, Produkte und Prozesse.
Die Bundesregierung sollte ihre engstirnige Obsession mit Blick auf die Schuldenbremse in diesen Krisenzeiten aufgeben und ein breit angelegtes Transformationsprogramm mit Fokus auf Investitionen, Entbürokratisierung und Stärkung der Sozialsystem auflegen. Dies ist Deutschlands einzige Chance, seinen Wohlstand und hohe Wettbewerbsfähigkeit auch langfristig zu sichern.
Themen: Konjunktur