„EZB-Zinserhöhung bedeutet erhebliches Risiko für Wirtschaft der Eurozone“

Statement vom 14. September 2023

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat heute beschlossen, den Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte zu erhöhen. Dazu ein Statement von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):

BlockquoteDie EZB geht mit ihrer erneuten Zinserhöhung ein erhebliches Risiko ein. Damit könnte sie dazu beitragen, dass die Wirtschaft der Eurozone in die Rezession rutscht, ohne dass sie die Inflation noch schneller senkt. Die Wirtschaft der Eurozone hat sich in den vergangenen Monaten weiter abgeschwächt. Die Risiken einer Rezession sind gestiegen. Die Inflation dagegen ist zwar nach wie vor zu hoch, aber auf einem stabilen Pfad, so dass die EZB ihr Mandat der Preisstabilität in der mittleren Frist wieder erreichen sollte – auch ohne weitere Zinserhöhungen. Der Rat der EZB will mit dieser Entscheidung Härte zeigen und die eigene Glaubwürdigkeit stärken. Dies ist verständlich, aber auch riskant.  

Die erneute Abschwächung der Wirtschaft der Eurozone ist Grund zur Sorge. Wichtigste Gründe für den wirtschaftlichen Rückschlag sind nicht die schwächelnde Weltwirtschaft oder die hohen Rohstoffkosten, sondern die deutlichen Zinserhöhungen der EZB. Die Finanzierungsbedingungen haben sich stark für Unternehmen und Menschen verschlechtert. Dies ist gerade in der Baubranche schmerzlich zu spüren. Die EZB-Geldpolitik sollte nicht zu einer noch stärkeren Bremse der Wirtschaft der Eurozone werden und damit möglicherweise permanenten Schaden anrichten.   

Die Inflation, vor allem die Kerninflation, ist zwar noch immer deutlich zu hoch, bewegt sich jedoch kontinuierlich auf das Ziel der Preisstabilität zu. Da die Inflation nur mit einer erheblichen Zeitverzögerung auf Zinsänderungen reagiert, wäre es klüger für die EZB gewesen, eine Pause einzulegen und die bisherige geldpolitische Straffung ihre Wirkung entfalten zu lassen. Ich erwarte, dass die EZB den Höhepunkt ihres Zyklus erreicht hat und die Zinsen nicht weiter erhöhen wird. Ich rechne mit einer ersten Zinssenkung schon recht bald – und früher als von der EZB signalisiert – im Laufe des Jahres 2024, zumal das Zinsniveau heute auf einem restriktiven Niveau ist, die Wirtschaft sich aber auch 2024 nur schleppend erholen dürfte.

Themen: Geldpolitik

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