Statement vom 14. Dezember 2023
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat heute beschlossen, den Leitzins konstant zu halten. Dazu ein Statement von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):
Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die Zinsen konstant zu halten, ist nachvollziehbar. Allerdings hat die EZB die Gelegenheit verpasst, ein klares Signal für einen Richtungswechsel in der Geldpolitik zu senden. Die Geldpolitik ist viel zu restriktiv; sie ist die größte Bremse für die wirtschaftliche Erholung im Euroraum und insbesondere in Deutschland.
Die Inflation sinkt deutlich schneller als erwartet. Dies betrifft auch die Kerninflation, die Inflationserwartungen sind gut verankert. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung weltweit und insbesondere in Europa ist der wichtigste Grund dafür, dass die Inflation so schnell sinkt. Das größte Risiko für eine weiterhin zu hohe Inflation dürfte die Lohnentwicklung sein, da Beschäftigte eine starke Verhandlungsposition haben und versuchen werden, ihre erheblichen Reallohnverluste der vergangenen Jahre zumindest auszugleichen.
Die EZB sollte jetzt einen schnellen Kurswechsel vollziehen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen wäre eine erste Zinssenkung im ersten Quartal 2024 und weitere Zinssenkungen im Laufe des Jahres 2024 gerechtfertigt und notwendig. Der neutrale Zins, bei dem die Geldpolitik die Wirtschaft weder stützt noch bremst, liegt um die 2,5 Prozent. Damit sind die Zinsen im Euroraum noch um gut zwei Prozentpunkte zu hoch. Die EZB braucht jetzt Mut und Entschiedenheit, um den Kurswechsel zu vollziehen.
Themen: Geldpolitik