„Zinswende ist überfällig für den Euroraum“

Statement vom 6. Juni 2024

Zu den Ergebnissen der heutigen Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) äußert sich Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:

BlockquoteDie Zinswende der EZB ist gut, aber überfällig. Die EZB erfüllt ihr Mandat der Preisstabilität, auch wenn die Risiken nach wie vor hoch sind. Es ist wahrscheinlicher, dass die EZB über die mittlere Frist die Preisstabilität wegen einer zu geringen Inflation nicht erfüllt, als dass die Inflation zu hoch sein wird. Ein Handelskonflikt mit China und steigende Energiekosten durch geopolitische Konflikte sind die größten Risiken für die Inflation, starke Lohnsteigerungen sind es nicht.

Die Zinswende der EZB kommt zu spät, und die Zinsen sind zu restriktiv für die schwache Wirtschaft im Euroraum. Die Geldpolitik ist mit der restriktiven Finanzpolitik die wichtigste Bremse für die Konjunktur, vor allem in Deutschland. Deutlich geringere Zinsen sind notwendig, um die Investitionen und den privaten Konsum im Euroraum und in Deutschland zu stärken und die wirtschaftliche Transformation voranzubringen.

Es ist gut und richtig, dass die EZB die Zinswende vor den USA beginnt, denn die US-Wirtschaft befindet sich in einer völlig anderen Situation. Die EZB sollte in den kommenden Monaten bei jeder Sitzung die Zinsen weiter senken. Allerdings scheint die EZB sich mit den Zinssenkungen Zeit lassen zu wollen, so dass die Zinsen erst 2026 wieder ein neutrales Niveau erreichen dürften.

Themen: Geldpolitik

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