Elterngeld abschaffen? Nein, Elterngeld und Ehegattensplitting reformieren! Kommentar

DIW Wochenbericht 13 / 2025, S. 204

Katharina Wrohlich

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Trotz Reform der Schuldenbremse muss die künftige Regierung sparen. Doch wo? Ins Spiel gebracht wurden unter anderem Kürzungen im Bereich der Familienleistungen. So kam jüngst die Forderung auf, das Elterngeld abzuschaffen. Ist das Elterngeld wirklich nur „nice to have“? Sollte die nächste Bundesregierung es abschaffen?

Fakt ist: Aus gleichstellungspolitischer Sicht hat das Elterngeld einige Erfolge gebracht. Zum einen haben Mütter während der Elternzeit ein höheres Einkommen und sind dadurch finanziell weniger von ihrem Partner abhängig – die Förderung der ökonomischen Eigenständigkeit beider Elternteile war ein explizites Ziel des Elterngeldes. Zum zweiten hat sich die Beteiligung von Vätern an der Elternzeit seit Einführung des Elterngeldes deutlich erhöht – auch das war eines der im Elterngeldgesetz formulierten Ziele. Außerdem ist die Erwerbsbeteiligung von Müttern mit Kindern im zweiten und dritten Lebensjahr nachweislich gestiegen. Gerade in Kombination mit dem Kita-Ausbau hat die Einführung des Elterngeldes wichtige familien- und gleichstellungspolitische Impulse gesetzt. Die höhere Geburtenrate bei gleichzeitig höherer Erwerbsbeteiligung von Müttern ist (zumindest teilweise) auf die Kombination dieser beiden Maßnahmen zurückzuführen.

Eine Abschaffung des Elterngeldes wäre vor diesem Hintergrund das falsche Signal. Das heißt allerdings nicht, dass es beim Elterngeld keinen Reformbedarf gäbe. An manchen Stellen sollte das Elterngeld sogar großzügiger als bisher gestaltet werden: Die Mindest- und Höchstsätze sind seit der Einführung im Jahr 2007 nicht verändert worden und haben angesichts der in einigen Jahren hohen Inflation real deutlich an Wert verloren – dies sollte durch eine Anpassung der Werte ausgeglichen werden. Zudem sollten die Anreize für eine gleichmäßige Aufteilung der Kinderbetreuung erhöht werden. Derzeit gibt es zwei „Partnermonate“: Jeder Elternteil muss mindestens zwei Monate Elternzeit nehmen, um den vollen Umfang von 14 Monaten beanspruchen zu können. Die allermeisten Väter, die Elternzeit nehmen, nehmen exakt diese zwei Monate. Immerhin, könnte man einwenden – die meisten Paare sind damit von einer gleichmäßigen Aufteilung der Elternzeit aber nach wie vor weit entfernt. Das bringt für Frauen an vielen weiteren Punkten ihres Erwerbslebens Nachteile mit sich, Stichwort Gender Care Gap, Gender Pay Gap oder Gender Pension Gap.

Wenn es also Einsparungsbedarf gibt, dann könnte die Bezugsdauer von Elterngeld insgesamt auf zwölf Monate verkürzt und die Zahl der Partnermonate erhöht werden. Beispielsweise könnte die Bezugsdauer von Elterngeld für ein Elternteil auf maximal acht Monate gekürzt werden, wobei der andere Elternteil dann noch vier Monate Anspruch auf Elterngeld hätte. Dies würde die Anreize zu einer gleichmäßigen Aufteilung der Kinderbetreuung erhöhen und den großen geschlechtsspezifischen Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt, die sehr häufig in der Phase der Familiengründung beginnen, entgegenwirken.

Besonders wichtig wäre es aber, weitere familienpolitische Reformen anzugehen. Das Ehegattensplitting steht seit geraumer Zeit aufgrund seiner verteilungspolitischen Auswirkungen (es profitieren davon besonders einkommensstarke Ehepaare mit sehr ungleicher Aufteilung des Einkommens) sowie aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung verheirateter Frauen in der Kritik. Es konterkariert das Ziel ökonomischer Eigenständigkeit beider Ehepartner. Konkrete Reformvorschläge, zum Beispiel der Übergang zu einem Realsplitting mit übertragbarem Grundfreibetrag, liegen seit langer Zeit auf dem Tisch.

Übrigens: Es stimmt, dass ein großer Teil der Ausgaben für das Elterngeld an Haushalte mit durchschnittlichem bis hohem Einkommen fließt. Dies lässt sich genauso für das Ehegattensplitting feststellen. Einen wesentlichen Unterschied zwischen diesen beiden Instrumenten gibt es jedoch, wenn man statt der Haushalts- die Individualebene betrachtet: Das Elterngeld wird größtenteils direkt Müttern aufs Konto überwiesen, während aufgrund des Ehegattensplittings überwiegend Männer weniger Lohnsteuer zahlen. Die Diskussion ums Elterngeld und das Ehegattensplitting hat also eine wichtige gleichstellungspolitische Komponente, die klar ausgesprochen und mit bedacht werden sollte.

Katharina Wrohlich

Leiterin in der Forschungsgruppe Gender Economics

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