Statement vom 5. Juni 2025
Die heutige Entscheidung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB), die Leitzinsen erneut zu senken, kommentiert Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:
Die Zinssenkung der EZB wurde so erwartet und ist das Resultat einer sich weiter abschwächenden Wirtschaft im Euroraum. Die zentrale Frage ist, ob und um wie viel die EZB die Zinsen weiter senken muss, um ihr Ziel der Preisstabilität weiterhin zu erfüllen und die schwache Wirtschaft besser zu unterstützen.
EZB-Präsidentin Lagarde hat sich zu dieser Frage bedeckt gehalten, obwohl ein klares Signal für weitere Zinssenkungen die Finanzierungbedingungen verbessert hätte, was viele willkommen geheißen hätten. Die Entwicklung der Preise und der Wirtschaft lassen weitere Zinssenkungen um 50 Basispunkte bis zum vierten Quartal dieses Jahres notwendig erscheinen, zumal die EZB ihre Inflationsprognose für 2026 auf 1,6 Prozent gesenkt hat, was deutlich unter dem Preisstabilitätsziel liegt.
Die Inflation und ihre Komponenten haben sich in den vergangenen Monaten weiter reduziert oder stabilisiert. Gleichzeitig steigt die Arbeitslosigkeit und die Wirtschaft des Euroraums schwächt sich weiter ab. Das geringere Wachstum ist nicht primär das Resultat externer Faktoren, wie des Handelskonflikts, sondern beruht auf fehlendem Vertrauen und unzureichenden Reformen innerhalb des Euroraums. Die zusätzlichen Ausgaben für Verteidigung und Investitionen werden dagegen erst in der mittleren Frist ihre volle Wirkung entfalten können.
Themen: Geldpolitik