Direkt zum Inhalt

Iran, Russland, Hongkong: Geopolitische Risiken belasten deutsche Wirtschaft

DIW Wochenbericht 6 / 2020, S. 79-85

Max Hanisch

get_appDownload (PDF  269 KB)

get_appGesamtausgabe/ Whole Issue (PDF  2.47 MB)

  • Eng mit dem Ausland verflochtene deutsche Volkswirtschaft wird auf ihre Anfälligkeit für globale geopolitische Spannungen untersucht
  • Im Modell wird ein geopolitischer Risikoschock identifiziert, um dessen Auswirkungen auf zentrale Größen der deutschen Wirtschaft zu messen
  • Negativer Einfluss auf die deutsche Konjunktur ist statistisch signifikant, insgesamt aber klein
  • Im Vergleich fällt die deutsche Reaktion auf einen Schock bei der Industrieproduktion stärker und bei den Aktienmärkten schwächer als die amerikanische aus
  • Tiefere ökonomische und politische Integration Deutschlands auf europäischer Ebene könnte die Auswirkungen abfedern

„Geopolitische Risiken sind in jüngster Vergangenheit wieder stark angestiegen. Unsere Forschung zeigt, dass diese Spannungen auch die deutsche Konjunktur schwächen. Zwar sind die gemessenen Effekte insgesamt relativ klein, können aber in Form von rückgängiger Konsumnachfrage und sich verschlechternden Finanzierungsbedingungen durchaus relevant für deutsche Unternehmen sein.“ Max Hanisch, Studienautor

Globale geopolitische Risiken sind in den letzten Jahren gestiegen. Jüngstes Beispiel ist die sich verschärfende Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran. Diese Risiken wirken sich auch auf die deutsche Volkswirtschaft aus: Ihr unerwarteter Anstieg, definiert als geopolitischer Schock, hat einen signifikant negativen Einfluss auf die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Auch die Aktienpreise sinken. Im Vergleich reagiert die deutsche Industrieproduktion stärker auf einen geopolitischen Schock als die amerikanische, während sich bei den Aktienmärkten das umgekehrte Bild ergibt. Insgesamt sind die Auswirkungen aber relativ moderat. Um ihren Einfluss dennoch zu minimieren, wird eine tiefere ökonomische und politische Integration vorgeschlagen.

Deutschland ist eine offene Volkswirtschaft, die über viele Kanäle mit dem Ausland verbunden ist. Positive wie negative internationale Einflussfaktoren finden so relativ schnell ihren Weg nach Deutschland und entfalten hier ihre Wirkung. Neben sich daraus ergebenden Chancen, beispielsweise einer Belebung der Nachfrage nach deutschen Produkten im Ausland, entstehen dadurch aber auch Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten. Einer dieser Faktoren sind geopolitische Schocks. Diese sind definiert als unerwartete kriegerische Konflikte, Anschläge mit terroristischem Hintergrund und Spannungen zwischen Staaten, die den friedlichen internationalen Austausch bedrohen. Geopolitisches Risiko umfasst dabei sowohl tatsächlich existierende Konflikte als auch solche Risiken, die zu weiteren Spannungen führen können. Ein unerwarteter Anstieg solcher Risiken und der daraus resultierende Einfluss auf die deutsche Volkswirtschaft werden im vorliegenden Beitrag mit Hilfe eines vektorautoregressiven Modells untersucht.

Geopolitische Risiken nehmen zu

Die geopolitischen Risiken sind in den letzten Jahren gestiegen (Abbildung 1). Dabei sind solche Risiken generell nichts Neues: Der Golfkrieg im Jahr 1991 ist nur ein Beispiel für erhöhte, international wahrgenommene und politisch ausgelöste Spannungen und kriegerische Konflikte. Auch die Terrorangriffe auf das World Trade Center im Jahr 2001 und der daraufhin folgende Irakkrieg im Jahr 2003 gehören zu den wichtigsten Ereignissen in diesem Zusammenhang.

Nach dem Sturz Saddam Husseins jedoch begann eine Phase relativer Ruhe. Zweifellos hatten in diese Phasen fallende Ereignisse wie die globale Finanzkrise von 2007 bis 2009 und die Eurokrise 2012 einen starken Einfluss auf die deutsche Volkswirtschaft, jedoch war dieser eher ökonomischer Natur. Hier unterscheidet sich das Maß des geopolitischen Risikos deutlich von anderen gängigen Unsicherheitsmaßen, etwa dem der wirtschaftspolitischen Unsicherheit. Letztere nahm um die globale Finanzkrise Höchststände an, während unter geopolitischen Gesichtspunkten auf globaler Ebene relative Ruhe herrschte.

Mit der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 rückten geopolitische Risiken wieder verstärkt in den Vordergrund. Der Aufstieg des sogenannten Islamischen Staates und die Terroranschläge unter anderem in Paris 2015 sowie der andauernde Syrienkonflikt sorgten seitdem für ein angestiegenes Stresslevel.

Im Jahr 2019 erhöhten gleich mehrere Ereignisse das geopolitische Risiko. Eine größere Rolle spielten hier unter anderem die Anschläge auf Öltanker in der Straße von Hormus, die Angriffe auf eine Ölraffinerie in Saudi-Arabien, der Rückzug der USA aus Syrien oder die Zusammenstöße in Hongkong verbunden mit der Angst vor einer Einmischung Chinas. Auch im noch jungen Jahr 2020 sorgte die Tötung des ranghohen iranischen Generals Soleimani durch einen US-amerikanischen Luftschlag für geopolitische Spannungen.

Übertragungskanäle geopolitischer Schocks

Insgesamt besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass erhöhte geopolitische Risiken die Konjunktur dämpfen können.infoDario Caldara und Matteo Iacoviello (2018): Measuring geopolitical risk. FRB International Finance Discussion Paper Nr. 1222; sowie Mark Carney (2016): Uncertainty, the economy and policy. Rede bei der Bank of England vom 30. Juni 2016 (online verfügbar, abgerufen am 17. Januar 2019. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt). Wie genau entfalten solche Ereignisse in Deutschland ihre Wirkung? Es gibt im Wesentlichen drei denkbare Kanäle.

Der Erste entsteht über die makroökonomische Verwundbarkeit der heimischen Industrie. Zyklische Industrien sind relativ stärker negativ von einem Anstieg des geopolitischen Risikos betroffen.infoCaldara und Iacoviello (2018), a.a.O. Dazu gehören vor allem die Ölindustrie und das energieintensive produzierende Gewerbe. Ursächlich hierfür sind Nachfragerückgänge nach Produkten der betroffenen Industrien. Sie sind also ganz direkt von den Folgen betroffen.

Als zweiter Kanal werden generelle Nachfragerückgänge für Firmen im Exportgeschäft identifiziert. Steigt infolge geopolitischer Spannungen die allgemeine Unsicherheit, konsumieren und investieren Haushalte und Unternehmen zurückhaltender. Somit sind auch solche Firmen betroffen, die in keinem direkten Zusammenhang mit den internationalen Konflikten stehen.

Schließlich, und drittens, sind negative finanzielle Ansteckungseffekte für hochverschuldete Firmen denkbar. Ein Unternehmen, das besonders stark im Ausland verschuldet ist, leidet besonders darunter, wenn sich internationale Finanzierungskonditionen verschlechtern. Treten beispielsweise Kreditknappheiten infolge gestiegener internationaler Unsicherheit auf, so wird die Abhängigkeit von der Verfügbarkeit solcher Finanzierungsquellen zum Risiko.

Umso stärker eine Volkswirtschaft real- und finanzwirtschaftlich mit dem Ausland verbunden ist, desto verwundbarer ist sie gegenüber geopolitischen Risiken. Dieser Sachverhalt ist für Deutschland, eine international stark verflochtene Volkswirtschaft, von besonderer Bedeutung.

Wie wird geopolitisches Risiko gemessen?

Um Veränderungen geopolitischer Spannungen zu messen, wird auf den geopolitischen Risikoindex von Caldara und IacovielloinfoCaldara und Iacoviello (2018), a.a.O. zurückgegriffen. Der Index analysiert die Häufigkeit, mit der geopolitische Risiken – gemessen an festgelegten Schlagworten – Gegenstand von internationalen Medienberichten sind. Dabei werden sowohl tatsächliche Konflikte als auch die Diskussion um mögliche weitere Gefahren berücksichtigt. Je häufiger einzelne Schlagwörter, zum Beispiel „Krieg“ oder „Terroranschlag“, oder Kombinationen von Schlagwörtern, etwa „nukleare Bedrohung“ oder „Ausbruch eines Krieges“, vorkommen, desto höher fällt der Wert des Indikators aus. Dem Indikator zufolge hat sich das durchschnittliche Niveau des geopolitischen Risikos in den letzten Jahren erhöht (Abbildung 1).

Gut zu erkennen sind die bisherigen Maximalpunkte rund um den 11. September 2001 und den Irakkrieg 2003. Seit 2014 steigt der Index unter größer werdenden Schwankungen langsam, aber kontinuierlich an. Bereits im Jahr 2019 erreichte der Index in der Spitze Werte, die nur von denen im Zeitraum von 2001 bis 2003 übertroffen wurden. Nach der Tötung eines iranischen Generals durch einen US-amerikanischen Luftschlag Anfang Januar 2020 hat der Index vorläufig einen neuen Rekordwert erreicht.infoDer Januarwert lag zum Redaktionsschluss nur als vorläufiger Wert vor und basiert auf Medienartikeln bis zum 10. Januar 2020. Da die Spannungen zwischen den USA und dem Iran zu diesem Zeitpunkt bereits wieder abzunehmen scheinen, ist eine Revision des Januarwertes nach unten wahrscheinlich (vgl. hierzu Informationen auf der Webseite von Economic Policy Uncertainty).

Geopolitische Risiken sind also erneut auf einem erhöhten Niveau und die Diskussion der theoretischen Transmissionskanäle legt nahe, dass sie für eine offene Volkswirtschaft wie die deutsche von Bedeutung sind. Ihr Einfluss wird im Folgenden empirisch untersucht. Der hier betrachtete Schock, definiert als ein unerwarteter Anstieg des geopolitischen Risikos, ist von globaler Natur. Zum Vergleich und als Maßstab wird auch der Effekt des Schocks auf die USA quantifiziert. Diesen kommt aufgrund ihrer ökonomischen und politischen Vormachtstellung in der Welt eine besondere Bedeutung zu.

Geopolitische Risiken dämpfen die Konjunktur und drücken auf die Stimmung

Die Auswirkungen eines Anstiegs geopolitischer Risiken auf ausgewählte makroökonomische Größen in Deutschland und den USA werden anhand struktureller Vektorautoregressionsmodelle (SVARs) geschätzt (Kasten). In das Modell wird ein hypothetischer Schock eingespeist und es wird simuliert, wie sich dieser auf die deutsche und amerikanische Volkswirtschaft auswirkt. Die Größe des Schocks ist normiert auf zwei Standardabweichungen. Sie entspricht damit dem durchschnittlichen Anstieg des Risikoindikators infolge der neun größten Ereignisse im Beobachtungszeitraum, unter anderem den Anschlägen vom 11. September 2001, dem Irakkrieg 2003, den Attentaten in London 2005 und der Krim-Annexion 2014.

Die strukturellen Vektorautoregressionsmodelle (SVAR-Modelle) werden separat mit Monatsdaten aus Deutschland und den USA für den Zeitraum von Januar 1999 bis Oktober 2019 geschätzt. Sie beinhalten neben dem Indikator für geopolitisches Risiko den jeweiligen Index für wirtschaftspolitische Unsicherheit von Baker, Bloom und DavisinfoScott R. Baker et al. (2016): Measuring economic policy uncertainty. The Quarterly Journal of Economics 131(4), 1593–1636., beide in logarithmierter Form. Letzterer sorgt dafür, dass die Auswirkungen möglicher Unsicherheit über eine wirtschaftspolitische Reaktion (zum Beispiel mittels fiskalpolitischer Impulse) berücksichtigt werden. Weiter enthalten die Modelle den Ölpreis, der häufig sensibel auf geopolitische Spannungen reagiert. Der Einfluss dieser Preisänderungen auf die Volkswirtschaft ist von dem des eigentlichen Schocks zu separieren. Schließlich folgen die Variablen, welche die hier betrachteten Volkswirtschaften approximieren und denen das Hauptinteresse gilt: Industrieproduktion, Aktienmärkte (PreisindizesinfoFür Deutschland wird der DAX-30, für die USA der S&P 500 verwendet. und Volatilität), KonsumentenvertraueninfoFür Deutschland wird der ifo Geschäftsklimaindex, für die USA der University of Michigan Consumer Sentiment Index verwendet., Wechselkurse (alle logarithmiert) und Renditen zehnjähriger Staatsanleihen. Es werden sechs Verzögerungen der Variablen aufgenommen.

Im Modell werden geopolitische Risikoschocks plausibel als exogen, das heißt nicht durch andere Variablen getrieben, angenommen. Dadurch ist eine kausale Interpretation der Auswirkungen möglich. Die Identifikation erfolgt mithilfe der sogenannten Choleski-Zerlegung der Varianz-Kovarianz-Matrix der Residuen. Die Annahme ist hierbei, dass manche Variablen nicht kontemporär, das heißt innerhalb derselben Periode, auf bestimmte Schocks reagieren. Im Einklang mit Caldara und IacovielloinfoCaldara und Iacoviello (2018), a.a.O. wird unterstellt, dass geopolitisches Risiko sich kontemporär auf alle Variablen auswirkt, selbst aber nicht unmittelbar auf Veränderungen dieser reagiert. Geopolitisches Risiko wird in der Variablenreihenfolge also an die erste Stelle gesetzt. Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass alle Ländervariablen und auch der Ölpreis in der ersten Periode auf den Schock reagieren können, der Schock selbst aber von den Ländervariablen unabhängig ist. Dieses Verfahren stellt in der LiteraturinfoNicolas Bloom (2009): The impact of uncertainty shocks. Econometrica 77 (3), 623–685; Kyle Jurado, Sydney C. Ludvigson und Serena Ng (2015): Measuring uncertainty. American Economic Review 105 (3), 1177–1216; Baker et al. (2016), a.a.O. sowie Benjamin Born, Sebastian Breuer und Steffen Elstner (2018): Uncertainty and the great recession. Oxford Bulletin of Economics and Statistics 80 (5), 951–971. zu den Auswirkungen von Unsicherheit den Standard dar.infoDie Ergebnisse erweisen sich gegenüber alternativen Modellspezifikationen, zum Beispiel einer anderen Variablenreihung oder mehr aufgenommenen Verzögerungen, als robust.

Die Industrieproduktion, die hier als Proxy für die realwirtschaftliche Aktivität dient, sinkt sowohl in Deutschland als auch in den USA (Abbildung 2). In Deutschland ist der Tiefpunkt ein halbes Jahr nach dem Schock, in den USA bereits nach vier Monaten erreicht und fällt in Deutschland mit −0,25 Prozent leicht stärker aus als in den USA, in denen er −0,2 Prozent beträgt. Die Offenheit der deutschen Volkswirtschaft dürfte ein Grund dafür sein, dass die hiesige Konjunktur recht sensibel auf global bedeutsame Ereignisse reagiert. Die Effekte laufen aber schnell aus und werden insignifikant. Somit zeigt das Modell, dass sich ein Anstieg geopolitischer Risiken dämpfend auf die Entwicklung der deutschen und US-amerikanischen Volkswirtschaften auswirkt, der gemessene Effekt allerdings in beiden Fällen relativ klein ist.

Der Einfluss beschränkt sich aber nicht nur auf die Industrieproduktion, wie die Analyse der Stimmungsindikatoren zeigt (Abbildung 2). Diese sinken in Deutschland und den USA unmittelbar nach dem Schock, wiederum sind die Auswirkungen in Deutschland etwas langanhaltender als in den USA. Ähnlich zur Industrieproduktion werden die Auswirkungen jedoch schnell insignifikant. Die ersten beiden zuvor dargestellten Wirkungsmechanismen – weniger direkte Nachfrage und allgemeine Konsumzurückhaltung – scheinen daher, insbesondere in Deutschland, relevante Transmissionskanäle zu sein: Eine geringere Nachfrage nach deutschen Konsumgütern und Zwischenprodukten könnte die Industrieproduktion belasten, und somit auch die konjunkturelle Entwicklung hemmen.

Auch die Finanzmärkte spielen eine Rolle

Findet sich der Effekt auch beim Anlegerverhalten? Die Reaktionen der Aktienmärkte geben eine eindeutige Antwort: Auf beiden Seiten des Atlantiks fallen die Kurse unmittelbar mit dem Schock (Abbildung 2). Anders als bei den vorherigen Ergebnissen ist hier der Rückgang in den USA mit in der Spitze –0,7 Prozent deutlich stärker als in Deutschland. Aufgrund ihrer politischen Vormachtstellung in der Welt kommt den USA im Zusammenhang mit geopolitischen Spannungen eine besondere Bedeutung zu. Die Befürchtung, in einen Konflikt hineingezogen zu werden, wird seitens der Anlegerinnen und Anleger für die USA möglicherweise größer eingeschätzt als für Deutschland; entsprechend stärker fällt die Reaktion aus. Auch die Finanzmärkte können daher als Übertragungskanal für die hier betrachteten Schocks fungieren.

Insgesamt entfaltet der geopolitische Schock also sowohl in den USA als auch in Deutschland einen statistisch signifikanten negativen Einfluss bei allen relevanten Variablen. Es zeigt sich aber eine Zweiteilung beider Länder: Die deutsche Realwirtschaft reagiert stärker negativ als die amerikanische – hier gemessen an der Industrieproduktion und Stimmungsindikatoren aus der Wirtschaft. Gleichzeitig reagieren die amerikanischen Finanzmärkte sensibler als jene in Deutschland.

Fazit: Geopolitische Risiken lassen sich nicht beseitigen, wohl aber ihre Folgen einschränken

Die Folgen geopolitisch bedeutsamer Ereignisse finden nicht nur Eingang in die mediale Berichterstattung, sondern hinterlassen auch in der Realwirtschaft und an den Finanzmärkten Spuren. Auch wenn die Auswirkungen quantitativ als recht klein einzuordnen sind, so sind sie doch statistisch signifikant und daher nicht zu vernachlässigen.

Generell steht zu vermuten, dass der Ausbruch eines Krieges oder Terroranschläge immer einen negativen Einfluss haben werden, der sich in erhöhter Unsicherheit und Konsumzurückhaltung niederschlägt. Die hier besprochenen Disruptionen selbst werden sich also kaum eliminieren lassen. Was kann daher getan werden, um die Resilienz gegen solche externen Schocks zu stärken, ohne auf die Vorteile, die aus dem lebhaften Austausch mit anderen Ländern entstehen, zu verzichten? Wenn zum Beispiel Risiken über eine größere Anzahl an Akteuren geteilt werden, ist der Anpassungsbedarf auf der Einzelebene geringer. Das heißt konkret, dass der Ausbau und die Vergrößerung von Freihandelszonen und allgemein der Abbau von Handelshemmnissen schockabsorbierend wirken können. Erhöht sich die Anzahl potentieller Handelspartner, die im Falle von unterbrochenen Lieferketten und Nachfrageengpässen zur Verfügung stehen, so werden die Auswirkungen des externen Schocks auf mehrere Schultern verteilt. Ähnliches gilt für die Finanzmärkte: Wenn alternative Finanzierungsquellen leichter verfügbar sind, lassen sich die Folgen einer Verschlechterung der globalen Finanzierungskonditionen eher abmildern. Aus deutscher Sicht bietet sich hier beispielsweise die Vervollständigung der Bankenunion innerhalb des Euroraums an.infoZur Diskussion über eine verbesserte Risikoteilung im Falle von länderspezifischen Schocks vgl. Franziska Bremus und Claudia M. Buch (2019): Capital Markets Union and Cross-Border Risk Sharing, In: Frankin Allen et al. (Hrsg.): Capital Markets Union and Beyond. MIT Press; sowie Franziska Bremus und Tatsiana Kliatskova (2019): Effizientere Insolvenzregelungen können Finanzmärkte widerstandsfähiger machen. DIW Wochenbericht Nr. 18, 310–323 (online verfügbar). Eine geringere Anfälligkeit für externe Schocks dürfte auch das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger stärken und so die hier beobachtete negative Reaktion an den Aktienmärkten verringern.

Eine tiefere real- und finanzwirtschaftliche Integration auf europäischer sowie globaler Ebene vergrößert die Anzahl an Ausweichmöglichkeiten. Der auf diese Weise entstehende Puffer erhöht die Widerstandsfähigkeit gegenüber geopolitischen Schocks.



JEL-Classification: C32;E52;E58
Keywords: Geopolitical risk; industrial production; Germany; USA
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2020-6-1

Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/214224

keyboard_arrow_up