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Wird der Haushalt extern unterstützt, erhöht sich gerade bei Frauen die Erwerbsbeteiligung: Interview

DIW Wochenbericht 9 / 2022, S. 148

Claire Samtleben, Erich Wittenberg

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Frau Samtleben, Sie haben untersucht, inwieweit die Erwerbsbeteiligung und der Umfang unbezahlter Sorgearbeit in Paarhaushalten voneinander abhängen. Was zählt alles zur unbezahlten Sorgearbeit und von wem wird sie mehrheitlich geleistet? Zu unbezahlter Sorgearbeit zählen Betreuungsaufgaben im eigenen Haushalt wie zum Beispiel die Versorgung von Kindern und die Pflege von älteren Angehörigen, aber auch Haushaltstätigkeiten. Unbezahlte Sorgearbeit wird zum überwiegenden Teil von Frauen geleistet.

Welchen Einfluss hat unbezahlte Sorgearbeit auf die Erwerbsbeteiligung von Männern und Frauen? Die Zeit, die Frauen und Männer für unbezahlte Sorgearbeit aufbringen, konkurriert zu Teilen mit der Zeit, die für Erwerbstätigkeit aufgewendet wird. Häufig wird argumentiert, Frauen würden mehr Sorgearbeit übernehmen als Männer, weil sie auch in geringerem Umfang erwerbstätig sind. Richtig ist aber auch, dass sie in geringerem Umfang erwerbstätig sind, weil sie unbezahlte Sorgearbeit leisten. Die Richtung des Zusammenhangs ist also beidseitig. Wir haben in unserer Studie gezeigt, dass sich der Umfang und die innerpartnerschaftliche Aufteilung von Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen unmittelbar auf ihre Erwerbsbeteiligung auswirken.

Steigt die Erwerbsbeteiligung von Frauen, wenn ihr Partner mehr Sorgearbeit übernimmt? Ja. Wird innerhalb eines verschiedengeschlechtlichen Paares Sorgearbeit vom Mann übernommen, die zuvor von der Frau geleistet wurde, wirkt sich das positiv auf die Erwerbsbeteiligung der Frau aus. Das bedeutet, dass zunächst einmal die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Frau erwerbstätig ist. Zum anderen erhöht sich bei Frauen, die bereits berufstätig sind, auch ihr Erwerbsstundenumfang.

Bei wem steigt die Erwerbsbeteiligung mehr, wenn die Sorgearbeit gleich verteilt ist? Wird die Sorgearbeit gleichmäßiger verteilt, können bei berufstätigen Paaren die freiwerdenden zeitlichen Kapazitäten der Frau zum Beispiel für Erwerbsarbeit genutzt werden. Es reduziert sich zwar auch gleichzeitig der Erwerbsumfang des Mannes, aber in erheblich geringerem Ausmaß. Das heißt, die Erhöhung des Stundenumfangs der Frau ist deutlich höher als die Stundenreduzierung des Mannes.

Welchen Effekt hat eine externe Unterstützung in Form von haushaltsnahen Dienstleistungen? Eine externe Unterstützung des Haushaltes, zum Beispiel durch eine Haushaltshilfe, reduziert die Sorgearbeitslast des Haushaltes insgesamt. Hierdurch erhöht sich zum einen die Wahrscheinlichkeit, erwerbstätig zu sein, sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen. Zum anderen erhöht sich auch der Stundenumfang von bereits erwerbstätigen Männern und Frauen, bei Frauen jedoch in höherem Maße.

Was könnte die Politik tun, um die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zu fördern? Ein Politikinstrument, das sich darin bewährt hat, dass Männer mittelfristig mehr Sorgearbeit übernehmen, ist die Elternzeit. Häufig ist es aber so, dass Väter nur die Partnermonate nehmen. Insofern ist die Ausweitung der Partnermonate auf drei Monate ein Schritt in die richtige Richtung. Ein ebenfalls wirksames, aber weniger genutztes Element des Elterngeldes ist der Partnerschaftsbonus. Den Bonus von vier zusätzlichen Elterngeld-Plus-Monaten erhalten Eltern, wenn sie in den zusätzlichen Elterngeldmonaten die Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlich aufteilen. Sie dürfen in dieser Zeit beide zwischen 24 und 32 Stunden pro Woche berufstätig sein. Bis vor kurzen waren diese Bedingungen noch deutlich enger gefasst. Es bleibt abzuwarten, ob die Ausweitung das Interesse an diesem Tool steigern wird.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

O-Ton von Claire Samtleben
Wird der Haushalt extern unterstützt, erhöht sich gerade bei Frauen die Erwerbsbeteiligung - Interview mit Claire Samtleben

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