DIW Wochenbericht 43 / 2022, S. 562
Franziska Schütze, Erich Wittenberg
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Frau Schütze, der Wärmemonitor des DIW Berlin erfasst den Energieverbrauch in Zwei- und Mehrfamilienhäusern über die Heizenergieabrechnungen. Wie hat sich der Heizenergiebedarf in den letzten Jahren entwickelt? Der Heizenergiebedarf ist seit 2019 wieder gesunken, auch in den zwei durch die Pandemie geprägten Jahren 2020 und 2021. Zum Beispiel ist er 2020 temperaturbereinigt um 0,7 Prozent zurückgegangen. Auch 2021 ist er leicht gesunken, allerdings ist der nicht-temperaturbereinigte Heizenergieverbrauch gestiegen, da es ein relativ kalter Winter war.
Worauf ist der Rückgang zurückzuführen? Es gibt hier mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen können. Zum einen die Verbesserung der Energieeffizienz. Die Bauvolumenrechnung des DIW zeigt auch einen Anstieg der Ausgaben für energetische Sanierungen im Jahr 2020 und 2021. Zum anderen führt auch ein Heizungswechsel dazu, dass weniger CO2-Emissionen ausgestoßen werden. Dabei sorgt ein Umstieg auf erneuerbare Energien im Wärmebereich ebenfalls für eine bessere CO2-Effizienz. Wir beobachten aber nur einen Heizungswechsel bei rund einem Prozent der Gebäude in den vergangenen beiden Jahren. Das ist noch nicht sehr viel.
Während des Corona-Lockdowns haben viele Arbeitnehmer*innen im Homeoffice gearbeitet. Welche Auswirkungen hatte das auf den Heizenergieverbrauch? Die Erwartung ist, dass Homeoffice und Kurzarbeit zu einem höheren Heizenergieverbrauch führen, weil viele Menschen mehr Zeit zu Hause verbringen. Wir beobachten allerdings einen leichten Rückgang des Bedarfs. Möglicherweise wäre die Reduktion ohne Corona sogar noch stärker gewesen. Wie groß aber dieser Effekt genau ist, lässt sich mit den uns vorliegenden Daten schwer abschätzen.
Wie haben sich die Heizenergiepreise in der Zeit vor dem Ukraine-Krieg entwickelt? 2020 und 2021 sind die abgerechneten Heizenergiepreise leicht gesunken. Der Gaspreis lag seit vielen Jahren konstant bei circa fünf bis sechs Cent pro Kilowattstunde. Beim Heizölpreis gab es stärkere Schwankungen. Die aktuellen Preissteigerungen sind dabei aber noch nicht berücksichtigt, weil diese sich erst in diesem Winter auf die Verbraucherpreise auswirken.
Ist der Rückgang der CO2-Emissionen groß genug, um die Klimaziele zu erreichen? Eindeutig nein. Um die Klimaziele zu erreichen, müssten wir in Deutschland im Gebäudebereich rund fünf Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Das entspricht ungefähr vier Prozent der Emissionen im Jahr 2020. Wir beobachten jedoch im Jahr 2020 eine Reduktion von nur einem Prozent bei den Mehrfamiliengebäuden – das ist deutlich zu wenig.
Die Energiepreiskrise stellt den Wärmesektor vor neue Herausforderungen. Was erwartet uns in diesem und im nächsten Jahr? Wir erwarten bei den Energiepreisen, vor allem bei den Gaspreisen, ungefähr eine Verdopplung von fünf bis sechs Cent auf zwölf Cent pro Kilowattstunde, teilweise sogar noch mehr. Das bedeutet, dass sich die Kosten für die Haushalte bei gleichem Verbrauch potenziell verdoppeln können. Daher ist es auch so wichtig, dass viel Energie eingespart wird, um die Einkommensbelastungen zu verringern und natürlich mittel- bis langfristig auch die Klimaziele zu erreichen.
Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, um den Heizenergieverbrauch weiter zu senken? Aktuell wird sehr viel über die Energiepreise, den Effekt auf den Verbrauch und die Kompensationsmöglichkeiten für Haushalte diskutiert. Dies ist natürlich sehr wichtig. Allerdings sollte man auch die mittel- und langfristige Perspektive nicht aus dem Blick verlieren. Vor allem ist es wichtig, energetische Sanierungen und den Heizungswechsel voranzubringen und stärker zu fördern. Dabei sollte man insbesondere die energie-intensivsten Gebäude stärker in den Fokus nehmen und in nächster Zeit sanieren.
Das Gespräch führte Erich Wittenberg.
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2022-43-2
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/266742