Medienbeitrag vom 24. Januar 2022
Der Beitrag erschien in der Fuldaer Zeitung.
Martin Gornig sieht die Bauindustrie als Stützpfeiler der coronageplagten deutschen Wirtschaft. Ohne höhere Baukapazitäten rückten die Ampel-Ziele jedoch in weite Ferne.
Die Bauwirtschaft in Deutschland hat der Krise auch im zweiten Corona-Jahr getrotzt, obwohl die Branche nicht ganz ohne Blessuren durch die Pandemie kommt. Liefereng-pässe, Materialmangel und auch Quarantäneregelungen haben die Bauwirtschaft vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2021 in Mitleidenschaft gezogen.
In den kommenden Jahren dürfte das Bauvolumen, also die Summe aller Neubauten und Bestandsmaßnahmen im Hoch- und Tiefbau, noch kräftiger wachsen. Dank niedriger Zinsen für Baukredite und der in der konsumarmen Corona-Zeit gestiegenen Ersparnisse dürften viele Haushalte die Modernisierung bestehender Immobilien in Angriff nehmen. Dabei liefert der im vergangenen Jahr eingeführte CO2-Preis einen weiteren Anreiz, insbesondere für energetische Sanierungen. Im Wirtschaftsbau stehen die Zeichen ebenso auf Wachstum, wo nach zwei schwachen Pandemiejahren nun mit Nachholinvestitionen zu rechnen ist.
Auch im öffentlichen Bau zeichnet sich eine Ausweitung der Budgets ab. Wo sich zuletzt knappe Kassen und Investitionsstau bei merkbar machten, dürfte eine neue Dynamik entstehen.
Die Bauindustrie ist und bleibt damit ein Stützpfeiler der corona-geplagten deutschen Wirtschaft. Die aktuelle Situation Zeigt aber auch ein besonderes Problem auf. Wenn der hohe Nachfragedruck aufbesondere Kapazitätsengpässe trifft, explodieren die Preise. In diesem Jahr könnten die Baupreise sogar zweistellig wachsen. Die Bauwirtschaft wird damit zum Treiber der Intlation. Mehr noch: Die hohen Baupreise könnten die Realisierung der ambitionierten Ziele der neuen Bundesregierung insbesondere zur Wohnungsversorgung und zum Infrastrukturausbau in weite Ferne ziehen lassen.
So dürften die Umsätze im Woh-nungsneubau im laufenden und im kommenden Jahr florieren. Zuwächse von rund zehn Prozent im abgelaufenen Jahr und in diesem Jahr sind nicht unrealistisch. Da allerdings die Preissteigerungen in ähnlicher Größenordnung liegen, dürfte die reale, also preisbereinigte, Neubauleistung kaum steigen.
Was nichts anderes heißt, als dass der Umfang neu erstellten Wohnraums stagniert. Zunächst liegt die Ampel-Koalition also weit hinter ihrem Plan, jährlich 400000 neue Wohnungen zu bauen, zurück.
Auch im öffentlichen Bau bleibt 2022 von den steigenden Investitionsbudgets wenig an realem Impuls für die Modernisierung der Infrastruktur übrig. Der Großteil des nominalen Zuwachses von über zehn Prozent dürfte in den Preisen landen. Der Zuwachs der realen Bauleistung liegt hingegen nur bei wenig mehr als einem Prozent. Eine Investitionsoffensive sieht anders aus.
Was könnte die Politik nun tun, um die Träume von neuem Wohnraum und einer Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur zu realisieren? Dazu bedürfte es auf jeden Fall mehr als nur vager Ausbauziele und der kurzfristigen Anhebung verfügbarer Mittel. Vielmehr müssten viel stärker mittel-und langfristige öffentliche Investitionen in haushaltsübergreifende Fonds eingebunden werden.
Solche von öffentlicher Seite klar kommunizierten und mit finanziellen Mitteln unterlegten Ausbauziele gäben Bauunternehmen eine Klare Perspektive, um Kapazitäten auszubauen, Mitarbeiter zu schulen und in die Digitalisierung von Prozessen zu investieren. Der Preisdruck würde reduziert und die reale Bauleistung könnte im erforderlichen Umfang steigen.
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