Pressemitteilung vom 15. März 2023
DIW-Studie untersucht wirtschaftliche Erholung nach Naturkatastrophen in 25 Industrieländern – Bruttoinlandsprodukt, privater Konsum und Investitionstätigkeit entwickeln sich bei hoher internationaler Finanzmarktintegration besser als bei geringerer Integration – Insbesondere Finanzierung über Eigenkapital beschleunigt Erholung – EU sollte Kapitalmarktunion daher vorantreiben und entsprechende Rahmenbedingungen setzen
Sind die Finanzmärkte von Industrieländern eng mit dem Ausland verflochten, erholt sich die Wirtschaft dieser Länder nach Naturkatastrophen schneller. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), für die Franziska Bremus und Malte Rieth Daten aus 25 Industrieländern seit Anfang der neunziger Jahre ausgewertet haben. „In der öffentlichen Wahrnehmung sind vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Stürmen und Erdrutschen betroffen. Tatsächlich trifft es aber auch entwickelte Volkswirtschaften. Und mit fortschreitendem Klimawandel werden diese Ereignisse noch zunehmen“, berichtet Studienautorin Franziska Bremus.
© DIW Berlin
Internationale Verflechtungen auf den Finanzmärkten entstehen sowohl durch Auslandsforderungen wie grenzüberschreitende Wertpapieranlagen als auch durch Auslandsverbindlichkeiten, beispielsweise Eigenkapital aus dem Ausland oder Kredite bei ausländischen Banken. Wenn eine Naturkatastrophe ein Land trifft, sinkt in der Regel zunächst die Produktion und in Folge der private Konsum. Wird ein solcher Schock durch Finanzmarktverflechtungen aber über viele Länder verteilt, tragen ausländische Gläubiger einen Teil der Verluste mit, und zur Finanzierung des Wiederaufbaus kann Kapital aus dem Ausland genutzt werden. Außerdem können Zinseinkünfte auf Kapitalanlagen im Ausland oder Gewinnbeteiligungen an ausländischen Unternehmen das Einkommen der heimischen Wirtschaftsakteure stützen.
„Offene Finanzmärkte helfen nach einer Naturkatastrophe, die Wachstumskräfte in Industrieländern zu stärken“ Malte Rieth
In Ländern, die stark mit anderen Finanzmärkten verflochten sind, entwickeln sich daher sowohl das Bruttoinlandsprodukt als auch der private Konsum und die Investitionen besser als in Ländern mit niedriger Finanzmarktintegration. Insbesondere, wenn das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital bei Auslandsverbindlichkeiten hoch ist, haben international integrierte Länder nach zwei Jahren ein um fast zehn Prozentpunkte höheres Investitionswachstum als wenig integrierte Volkswirtschaften. Auch das Bruttoinlandsprodukt erholt sich zwischen zwei und vier Prozentpunkte besser.
„Offene Finanzmärkte helfen nach einer Naturkatastrophe, die Wachstumskräfte in Industrieländern zu stärken. Die EU sollte die Rahmenbedingungen setzen, dass vor allem ausländische Investitionen in Eigenkapital attraktiv sind. Denn hier sind die Effekte am deutlichsten“, fasst Malte Rieth zusammen.
Für die europäischen Länder ist dafür ein transparenter Binnenmarkt für Kapital mit verlässlichen und möglichst harmonisierten rechtlichen Regeln unerlässlich. Die von der EU angestrebte, aber noch nicht vollendete Kapitalmarktunion könnte die Wirtschaft der europäischen Länder auch resilienter gegen die Verwerfungen durch Naturkatastrophen machen.
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Themen: Finanzmärkte