Medienbeitrag vom 2. Oktober 2023
Sie hat sich auf die Ökonomie der Ungleichheit spezialisiert: Charlotte Bartels forscht dazu am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in Berlin und schrieb das deutsche Kapitel des World Inequality Report, des Ungleichheitsprojekts von Thomas Piketty. Ihre jüngste Studie untersucht, ob Marx oder seine Gegner am Ende Recht behalten haben.
der Freitag: Frau Bartels, in letzter Zeit hört man oft, die Einkommensunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland würden kleiner, die Renten glichen sich auch an, ökonomisch sei also bald Gleichstand erreicht. Was man dabei ausblendet: Der Hauptmotor für Ungleichheit ist die Vermögensverteilung, und da liegen Ost und West fast so weit auseinander wie im Jahr 1990. Wie sehen Sie das?
Dieses Interview mit Charlotte Bartels erschien am 29. September 2023 in der Wochenzeitung der freitag. Die Fragen stellte Pepe Egger.
Charlotte Bartels: Ich kann dazu auf zwei Studien zurückgreifen, die ich mit Kollegen am DIW Berlin, IfW Kiel und an der Universität Bonn anhand von Haushaltsbefragungsdaten, Einkommensteuerdaten, der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und Vermögensbilanzen gemacht habe. Damit untersuchten wir die ökonomischen Unterschiede seit der Wiedervereinigung und fanden heraus, dass sich die anfänglich große Lücke über 30 Jahre nur wenig geschlossen hat. Das hat drei Gründe: Die Ostdeutschen besitzen fast keine großen Unternehmen, sie besitzen seltener Immobilien als die Westdeutschen, und die Immobilien, die sie besitzen, sind durchschnittlich weniger wert. Die Vermögensunterschiede sind persistent, wie wir Ökonominnen sagen: Sie halten sich hartnäckig über die Zeit.
Und die zweite Studie?
Da haben wir untersucht, wie das Nationaleinkommen – also Kapitaleinkommen und Arbeitseinkommen – verteilt ist, und auch da gibt es einen Riesenunterschied zwischen Ost und West. Die Immobilien, die die Ostdeutschen besitzen, bringen im Durchschnitt geringere Erträge und ihre Unternehmen kleinere Gewinne.
Das vollständige Interview hier.
Themen: Steuern , Ungleichheit