„Polizeiliche Kriminalitätsstatistik muss mit Vorsicht gelesen werden“

Statement vom 2. April 2025

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat heute die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2024 vorgestellt. Es folgt eine Einschätzung von Anna Bindler, Leiterin der Abteilung Kriminalität, Arbeit und Ungleichheit im DIW Berlin:

BlockquoteDie Statistik zeigt insgesamt einen Rückgang in registrierten Straftaten im Vergleich zu 2023 beziehungsweise eine Stagnation, wenn man die Teillegalisierung von Cannabis mit einbezieht. Auffällig ist ein Anstieg in Kinder- und Jugendkriminalität, deren Anteil unter Tatverdächtigen bei Gewaltkriminalität bei 7,0 beziehungsweise 15,9 Prozent liegt. Die Gründe hierfür sollten sorgfältig analysiert werden und gesamtpolitische Konzepte, zum Beispiel durch eine Stärkung von Bildung und Jugendeinrichtungen, diskutiert werden. Auch registrierte Fälle im Bereich der Sexualdelikte sind gestiegen: im Vergleich zu 2023 um 9,3 Prozent. Ob dies ein Anstieg in Sexualdelikten oder eine Veränderung in der Anzeigenbereitschaft der Betroffenen (vorwiegend Frauen) ist, kann nicht aus der Statistik abgeleitet werden. Entsprechend sollte diese Entwicklung genau analysiert werden, um zielgenau Maßnahmen treffen zu können. Sehr präsent im derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Diskurs ist die Frage, inwieweit sich Migration auf Kriminalität auswirkt. Die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) weist den Anteil an Zuwanderinnen und Zuwanderern unter den Tatverdächtigen (ohne ausländerrechtliche Verstöße) insgesamt mit 8,8 Prozent aus – im Vergleich zu 8,9 Prozent im Jahr 2023 ist der Anteil damit leicht gesunken.

Allerdings: Die Ergebnisse der PKS müssen insgesamt mit Vorsicht interpretiert werden. Erstens: Die PKS ist eine Ausgangsstatistik – sie erfasst Verdachtsfälle vor der Bearbeitung durch die Staatsanwaltschaft und Gerichte. Eine Verlaufsstatistik, in der über die Zeit verfolgt werden könnte, wie sich diese Fälle konkret entwickeln, steht derzeit nicht zur Verfügung. Zweitens: Sie erfasst das Hellfeld der Kriminalität – diejenigen Fälle, die durch die Polizei erfasst werden. Das bedeutet, dass nicht nur die Kriminalitätsentwicklung per se einen Einfluss auf die Statistik hat, sondern auch das Meldeverhalten in der Bevölkerung (was wird als Kriminalität wahrgenommen, was wird zur Anzeige gebracht) oder die Prioritätensetzung in der polizeilichen Arbeit (etwa durch einen Fokus auf bestimmte Risikogruppen, Delikte oder Gegenden/Städte).

Insgesamt bietet die PKS damit nur eine Annäherung an die reale Kriminalitätsentwicklung. Die Ergebnisse der Dunkelfeldstudien, die voraussichtlich noch in diesem Jahr vom Bundeskriminalamt veröffentlicht werden, werden bezüglich der realen Kriminalitätsentwicklung aussagekräftiger sein.

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