DIW Wochenbericht 31 / 2025, S. 479-487
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„Die Frage, welche Währung für die Abwicklung globaler Handelsströme verwendet wird, hat makroökonomische Auswirkungen. Mit den richtigen Maßnahmen könnte der Euro seine Position als Rechnungswährung stärken – insbesondere angesichts der politischen Unsicherheit in den USA und der begrenzten weltweiten Verwendung alternativer Währungen wie der chinesischen.“ Sonali Chowdhry
Geopolitische Spannungen und die Unwägbarkeiten der US-Politik veranlassen Länder wie China, die Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern und die Verwendung ihrer eigenen Währungen im internationalen Handel zu fördern. Dieser Wochenbericht analysiert, wie China seine Währung Renminbi für die Abwicklung des grenzüberschreitenden Handels fördert und wie Unternehmen auf solche Maßnahmen reagieren. Detaillierte französische Zolldaten zeigen, dass Chinas Bemühungen Unternehmen dazu gebracht haben, bei Exporten nach China zunehmend den Renminbi zu verwenden. Dabei spielten große und erfahrene Exporteure aus dem Konsumgütersektor die Hauptrolle. Die Rechnungsstellung in Renminbi blieb aber auf den Handel mit China beschränkt und verdrängte weder den Euro noch den US-Dollar als bevorzugte Rechnungswährungen auf anderen Märkten. Diese Ergebnisse verdeutlichen die Grenzen der Bemühungen um die Internationalisierung von Währungen. Der Übergang zu einem multipolaren Währungssystem wird wahrscheinlich nur allmählich und mit starken Unterschieden zwischen Unternehmen und Branchen erfolgen.
Zunehmende Handelskonflikte – zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union (EU) sowie China – und wachsende geopolitische Risiken haben neue Debatten darüber ausgelöst, ob etablierte Währungen wie der US-Dollar ihre einflussreiche Position in einem globalen Handelssystem halten können. Mehrere Länder – von Brasilien, Russland, Indien und China bis hin zu vielen afrikanischen Staaten – streben bilaterale Abkommen an und entwickeln neue Zahlungsplattformen, die lokale Währungen für grenzüberschreitende Transaktionen bevorzugen. Diese Initiativen sind zwar zum Teil durch wirtschaftliche Faktoren motiviert – beispielsweise durch die Minderung des Wechselkursrisikos für inländische Unternehmen –, werden aber zunehmend auch von geopolitischen Überlegungen getrieben. Die Verhängung von Sanktionen gegen Bankensysteme sowie die mögliche Neuausrichtung von Lieferketten haben die Bemühungen verstärkt, die Abhängigkeit vom US-Dollar und der damit verbundenen Finanzinfrastruktur zu verringern. In jüngster Zeit untergraben zudem die beispiellose Unwägbarkeit der US-Handelspolitik, Fragen zur Unabhängigkeit der US-Notenbank sowie Zweifel an der Schuldentragfähigkeit der USA aufgrund des „One Big Beautiful Bill Act“ das Vertrauen in die Stabilität des US-Dollar.
Maßnahmen zur Förderung lokaler Währungen spiegeln somit die weitreichenden Bedenken vieler Länder wider. Diese betreffen nicht nur die strategische Abhängigkeit von wichtigen Exportmärkten und Lieferanten, sondern auch das wahrgenommene geopolitische Risiko einer Abhängigkeit von US-zentrierten Finanzsystemen. In diesen nimmt der US-Dollar eine einzigartige Position als dominierende Rechnungs- und Reservewährung ein. Den Bemühungen, die Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern, stehen jedoch die Vorteile eines etablierten Finanz- und Zahlungssystems gegenüber: Kapitalmobilität, eine ausreichende Verfügbarkeit sicherer Vermögenswerte und Netzwerkeffekte sprechen für die Verwendung des US-Dollar.Carol Bertaut, Bastian von Beschwitz und Stephanie Curcuru (2023): The International Role of the U.S. Dollar Post-COVID Edition. FEDS Notes. Washington: Board of Governors of the Federal Reserve System (online verfügbar, abgerufen am 14. Juli 2025. Dies gilt für alle Onlinequellen in diesem Bericht, sofern nicht anders angegeben).
Dieser Wochenbericht untersucht, wie einige Zentralbanken und Regierungen die Verwendung ihrer eigenen Währungen für die Abwicklung des internationalen Handels fördern. Dabei konzentriert sich der Bericht insbesondere auf China, das politisch eine einzigartige Grundlage für diese Untersuchung bietet: Im Rahmen seines streng kontrollierten Finanzsystems verbot China seinen Unternehmen bis 2012 grundsätzlich, den internationalen Handel in seiner Währung Renminbi abzuwickeln. Strategische Ambitionen, den geopolitischen Einfluss auszuweiten und die Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern, haben jedoch zu einer grundlegenden Veränderung des chinesischen Währungssystems geführt: Die Verwendung des Renminbi im Handel mit ausländischen Firmen wird nun gefördert.
Mithilfe detaillierter Zolldaten aus Frankreich, dem führenden Renminbi-Clearing-HubEin Renminbi-Clearing-Hub ist ein Finanzzentrum, wo Renminbi-Transaktionen zwischen verschiedenen Banken abgewickelt werden können, die von der chinesischen Zentralbank People’s Bank of China dafür autorisiert wurden. innerhalb des Euroraums, untersucht dieser Wochenbericht, wie sich die chinesischen Währungsförderungsmaßnahmen auf die Unternehmen, die nach China exportieren, und ihre Entscheidungen über die Rechnungswährung ausgewirkt haben. Die empirischen Ergebnisse zeigen, welche Unternehmen bereit sind, eine neue Währung zu übernehmen, und machen somit auch deutlich, unter welchen Bedingungen alternative Währungen im globalen Handelssystem an Bedeutung gewinnen.Dieser Wochenbericht basiert auf folgender Veröffentlichung: Sonali Chowdhry (2024): Renminbi rising? Exporters’ response to China’s currency internationalization. DIW Discussion Paper 2085 (online verfügbar).
In den letzten Jahren haben mehrere Zentralbanken ihre Bemühungen intensiviert, ihre Währungen für die Abwicklung des bilateralen Handels zu fördern. Initiativen wie das Cross-Border Interbank Payment System (CIPS) Chinas, das Rupee Vostro Accounts Framework Indiens und das Pan-African Payment and Settlement System (PAPSS) zielen darauf ab, Zahlungsprobleme bei grenzüberschreitenden Transaktionen zu beseitigen, die Anfälligkeit gegenüber Wechselkursschwankungen des US-Dollar zu verringern und die regionale Finanzintegration zu fördern. Diese Maßnahmen haben auch eine geopolitische Dimension, da sie dazu dienen, die wirtschaftliche Souveränität zu behaupten und die globale Präsenz der jeweiligen Währungen auszubauen.
Um die heterogenen Auswirkungen solcher Maßnahmen zur Währungsförderung zu bewerten, ist es wichtig, die Reaktion der Unternehmen zu untersuchen. Damit können auch die Mechanismen aufgedeckt werden, die die Unternehmen dazu veranlasst haben, ihre Rechnungswährung zu verändern. Die Wahl der Rechnungswährung wird von einer Reihe von Faktoren beeinflusst, darunter die Wahrnehmung der Währungsstabilität, globale Preiskonventionen und der Zugang zu Instrumenten für das Management von Wechselkursrisiken. Unternehmen reagieren auch auf geopolitische Faktoren wie Sanktionsrisiken, die ihre Entscheidungen über Handelspartner und Währungen beeinflussen.Maxim Chupilkin et al. (2023): Exorbitant privilege and economic sanctions. EBRD Working Paper 281. Daher ist es unwahrscheinlich, dass die Abkehr von führenden Währungen wie dem US-Dollar oder dem Euro automatisch oder einheitlich erfolgt. Die Verwendung alternativer Währungen hängt stattdessen von Charakteristika der Unternehmen, der sektorspezifischen Struktur der Märkte, der Glaubwürdigkeit der Institutionen, die alternative Währungen unterstützen, und den Anreizen ab.
Ausschlaggebend ist, dass die Wahl der Rechnungswährung eine aktive, endogene Entscheidung auf Unternehmensebene ist, die direkt mit der Gewinnoptimierung zusammenhängt. Somit stellt sie einen wichtigen Gestaltungsspielraum dar, der Unternehmen in Zeiten wirtschaftlicher Schocks zur Verfügung steht. Auf makroökonomischer Ebene haben diese Entscheidungen weitreichende Konsequenzen und beeinflussen über die Wechselkurse die Preisentwicklung, die Übertragung globaler wirtschaftlicher Störungen sowie die Auswirkungen geldpolitischer Entscheidungen der USA und der EU auf Drittländer.Emine Boz et al. (2022): Patterns of invoicing currency in global trade: New evidence. Journal of International Economics 136:103604; Giancarlo Corsetti et al. (2007): The Simple Geometry of Transmission and Stabilization in Closed and Open Economies. NBER international seminar on macroeconomics, 65–129. The University of Chicago Press; Tony Zhang (2022): Monetary policy spillovers through invoicing currencies. The Journal of Finance 77.1, 129–161.
Allerdings sind Informationen über die Verwendung von Rechnungswährungen in den administrativen Zolldaten Deutschlands nicht auf Unternehmensebene verfügbar. Um diese Fragen zu untersuchen, wird daher auf Daten aus einem benachbarten EU-Land zurückgegriffen: Frankreich. Die französischen Zolldaten liefern detaillierte Informationen über die Exporttransaktionen von Unternehmen, aufgeschlüsselt nach Bestimmungsland, Produktkategorie und Rechnungswährung. Der in diesem Bericht analysierte Datensatz umfasst den Zeitraum von 2011 bis 2017, etwa 250000 Unternehmen und mehr als 4600 verschiedene Produktkategorien, die in 150 Nicht-EU-Partnerländern gehandelt werden. Dabei werden über 120 verschiedene Währungen verwendet.Die Zolldaten wurden von der Direction Générale des Douanes et Droits Indirects (DGDDI) in Frankreich zur Verfügung gestellt. Produktkategorien werden auf der sechsstelligen Ebene gemäß dem Harmonisierten System (HS) definiert, einer international standardisierten Klassifizierung für Handelswaren.
Diese Zolldaten über die Exporte französischer Unternehmen zeigen eine erhebliche Heterogenität sowohl zwischen als auch innerhalb der Unternehmen (Tabelle). Erstens war die Exporttätigkeit stark konzentriert: Allein die 100 führenden Unternehmen (gemessen am Gesamtexportvolumen) machten 48 Prozent des gesamten Exportwertes Frankreichs in alle Länder außerhalb der EU aus. Diese Top-Unternehmen waren in der Regel stark diversifiziert, exportierten eine breite Palette von Produkten in mehrere Märkte und stellten für dasselbe Produkt oft sogar Rechnungen in mehreren Währungen aus. Im Gegensatz dazu verwendeten kleinere Exporteure in der Regel nur eine einzige Rechnungswährung.
In Prozent und Mittelwerten
| Top 100 | 100 bis 1000 | Andere | |
|---|---|---|---|
| Anteil an den gesamten Nicht-EU-Ausfuhren (in Prozent) | 48,0 | 29,0 | 23,0 |
| Zahl der Bestimmungsorte je Unternehmen (Mittelwert) | 83,8 | 52,5 | 4,6 |
| Zahl der Produkte je Unternehmen (Mittelwert) | 281,3 | 130,4 | 8,6 |
| Zahl der Währungen je Unternehmen (Mittelwert) | 11,0 | 5,1 | 1,2 |
| Zahl der Währungen je Unternehmen-Produkt (Mittelwert) | 2,7 | 1,8 | 1,2 |
| Zahl der Währungen je Unternehmen-Produkt-Bestimmungsort (Mittelwert) | 1,2 | 1,1 | 1,0 |
Anmerkung: Französische Zolldaten von 2011 bis 2017. Die Top-100-Firmen werden anhand ihrer gesamten Nicht-EU-Exporte definiert.
Quelle: Direction Générale des Douanes et Droits Indirects (DGDDI).
Um zu untersuchen, wie Unternehmen auf Maßnahmen zur Förderung einer Währung reagieren und ihre Praktiken bei der Rechnungsstellung anpassen, wird sich im Folgenden auf den Handel zwischen Frankreich und China konzentriert. China ist der drittgrößte Abnehmer von EU-Exportgütern, das größte Herkunftsland für EU-Importe und verfolgt eine ehrgeizige Strategie zur Förderung der Verwendung seiner eigenen Währung Renminbi für internationale Handelsabrechnungen.
Im Folgenden werden die wichtigsten Reformen zur Förderung der Verwendung des Renminbi sowie die Dynamik seiner Einführung beschrieben. Anhand detaillierter Mikrodaten aus Frankreich wird anschließend untersucht, wie sich die Entscheidungen von Unternehmen über die Rechnungswährung als Reaktion auf die politische Initiative Chinas entwickelt haben, welche Unternehmen den Renminbi bei Exporten nach China verwendet haben und wie nachhaltig diese Entscheidungen auf Unternehmensebene im Laufe der Zeit waren.
Seit dem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 hat sich China zu einer bedeutenden Handelsnation entwickelt. Im Jahr 2009 war China der weltweit größte Warenexporteur. Auf das Land entfielen 9,6 Prozent der globalen Warenexporte. Damit übertraf China andere führende Exporteure wie Deutschland, Japan und die USA. Im Gegensatz zu diesen Ländern blieb Chinas Landeswährung aufgrund zahlreicher Beschränkungen hinsichtlich ihrer Verwendung für die internationalen Kapitalmärkte jedoch von untergeordneter Bedeutung.
Mehrere Faktoren haben in den letzten 15 Jahren zu einer Änderung der chinesischen Politik in Richtung Förderung und Internationalisierung des Renminbi geführt. Ein Faktor war die Notwendigkeit, die Transaktionskosten für chinesische Unternehmen zu senken und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.Barry Eichengreen und Guangtao Xia (2019): China and the SDR: Financial liberalization through the back door. Quarterly Journal of Finance 9(03). Ein weiterer Grund war die Stärkung der finanziellen Stabilität Chinas, indem die Abhängigkeit der inländischen Exporteure und Importeure vom US-Dollar verringert wurde. Ein weiterer Antrieb war das Bestreben, den Renminbi auf ein Niveau zu heben, das dem wirtschaftlichen und geopolitischen Einfluss Chinas entspricht.
Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Veröffentlichung des staatlichen Rundschreibens Yinfa Nr. 23 im Jahr 2012.Yinfa No. 23 (2012): Notice of PBC, MOC, GAC, SAT, and CBRC on Relevant Issues Pertaining to Administration over Enterprises Engaging in RMB Settlement of Export of Goods (online verfügbar). Dieses gestattete allen in China ansässigen Unternehmen, den internationalen Handel in Renminbi abzuwickeln, sofern sie nicht ausdrücklich auf einer schwarzen Liste standen. Mit dieser neuen Regelung hob China die strengen Verbote für die weltweite Verwendung des Renminbi durch seine Unternehmen auf. Durch den Wegfall der vorherigen Genehmigungspflicht für grenzüberschreitende Renminbi-Zahlungen hat sich die Zahl der zum Handel in Renminbi berechtigten Unternehmen erhöht.
Neben dieser entscheidenden regulatorischen Änderung hat China eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung des Renminbi umgesetzt. So hat die Zentralbank, die People's Bank of China (PBoC), mehrere Swap-Vereinbarungen mit anderen Zentralbanken unterzeichnet, darunter 2013 mit der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese Vereinbarungen erhöhen die Liquidität des Renminbi und bieten ausländischen Unternehmen Renminbi-Kredite als letzte Instanz, um die Kredite abzusichern. Im Oktober 2015 führte die PBoC außerdem das Cross-Border Interbank Payment System (CIPS) ein, um Überweisungen zwischen in- und ausländischen Unternehmen zu erleichtern.Bilaterale Swap-Vereinbarungen mit der PBoC ermöglichen es ausländischen Zentralbanken, Renminbi im Tausch gegen ihre eigene Währung zu erhalten, wodurch sie inländische Finanzinstitute weiter mit Renmonbi-Liquidität versorgen können. Diese Institute können dann den auf Renminbi lautenden Handel für lokale Unternehmen erleichtern. Das Cross-Border Interbank Payment System (CIPS) bietet eine spezielle Infrastruktur für das Clearing und die Abwicklung von RMB-Transaktionen. Sein Ziel ist es, die Abhängigkeit von zwischengeschalteten Banken zu verringern und dadurch die Geschwindigkeit und Effizienz internationaler Renminbi-Zahlungen zu erhöhen.
Im Jahr 2016 wurde der Renminbi schließlich auch in den Korb der Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgenommen, wodurch sein internationales Ansehen als geeignetes Zahlungsmittel für Handelsgeschäfte weiter gestärkt wurde.Sonderziehungsrechte (SDR) sind eine vom Internationalen Währungsfonds (IWF) geschaffene Währungsreserve, die Länder bei anderen IWF-Mitgliedern gegen harte Währung eintauschen können. Ihr Wert basiert auf den fünf führenden Währungen der Welt: dem US-Dollar, dem Euro, dem japanischen Yen, dem britischen Pfund und dem chinesischen Renminbi. Obwohl diese Entwicklungen einige Hindernisse für die Verwendung des Renminbi beseitigt haben, ist der Reformprozess noch nicht abgeschlossen. Dies spiegelt sich deutlich im 14. Fünfjahresplan Chinas (2021–2025) wider, der langfristige Ziele bis zum Jahr 2035 festlegt: Eines der erklärten Ziele des Plans ist die „Förderung der Internationalisierung des Renminbi“.
Die zunehmenden geopolitischen Spannungen und der Handelskonflikt mit den USA haben diesem langjährigen Ziel neuen Schwung verliehen. Wie die jüngsten Äußerungen des Gouverneurs der PBoC zeigen, hat die strategische Initiative in China erneut an Dringlichkeit gewonnen. Er warnte vor den Risiken einer „übermäßigen Abhängigkeit” von einer einzigen dominierenden Währung. Solche Abhängigkeiten könnten als Waffe eingesetzt werden. Er betonte zudem die zukünftige Rolle, die der Renminbi in einem multipolaren internationalen Währungssystem spielen könnte.Für mehr Details vgl. Thomas Hale und Cheng Leng (2025): China’s central bank chief expects new currency order to challenge dollar. Financial Times vom 18. Juni 2025 (online verfügbar).
In der Anfangsphase dieser Reformen ab 2011 nahm die Verwendung des Renminbi bei französischen Exporten nach China deutlich zu (Abbildung 1). So stieg der monatliche Wert der in Renminbi denominierten Exporte von 2,3 Millionen Euro im Januar 2011 auf rund 145 Millionen Euro im Dezember 2017. Obwohl der US-Dollar und der Euro während des gesamten Zeitraums die dominierenden Rechnungswährungen blieben, stieg der Anteil des Renminbi an den französischen Exporten nach China in diesem Zeitraum von 0,4 Prozent auf zehn Prozent.
Die wachsende Bedeutung des Renminbi spiegelt sich auch in der Bandbreite der in dieser Währung abgerechneten Produkte wider. Bis Ende 2017 wurden mehr als 600 Produkte, die 30 Prozent aller von Frankreich nach China exportierten Produkte ausmachen, in Renminbi abgerechnet. Während die Verwendung des Renminbi in mehreren Branchen zunahm, war sie in den Konsumgütersektoren besonders ausgeprägt. So lag der Anteil des Renminbi an den französischen Exporten nach China bei Schuhen und Kopfbedeckungen bei 61 Prozent, gefolgt von Lederwaren mit 53 Prozent und Textilien mit 27 Prozent.
Darüber hinaus fällt das Wachstum der Rechnungsstellung in Renminbi im Vergleich zur Verwendung lokaler Währungen durch Unternehmen in anderen Exportmärkten auf. Um diesen China-spezifischen Effekt im Zeitverlauf zu quantifizieren, wird die Wahrscheinlichkeit geschätzt, mit der Rechnungen für Exporte nach China in Renminbi gestellt werden im Vergleich zu anderen lokalen Währungen. Diese werden dann nach verschiedenen Produkttypen, nämlich Konsumgüter, Investitionsgüter, Vorleistungen und Rohstoffe, differenziert (Kasten).
Um die Wahrscheinlichkeit zu analysieren, dass Unternehmen ihre Exporte außerhalb der EU in lokalen Währungen in Rechnung stellen, wird ein lineares Wahrscheinlichkeitsmodell mit hochdimensionalen fixen Effekten geschätzt. Die Spezifikation vergleicht die Wahrscheinlichkeit, dass ein französisches Unternehmen ein bestimmtes Produkt bei Exporten nach China in der lokalen Währung in Rechnung stellt, mit seiner Wahl der Rechnungswährung für dasselbe Produkt in anderen Nicht-EU- und Nicht-US-Märkten im Zeitverlauf. Um Unterschiede zwischen den Produkttypen zu erfassen, wird das Modell separat für Konsumgüter, Investitionsgüter, Vorleistungen und Rohstoffe geschätzt.
Die Spezifikation hat folgende Formel:
"FORMEL 1"
Im Laufe der Zeit stieg die Wahrscheinlichkeit einer Rechnungsstellung in lokaler Währung bei Exporten nach China für Konsumgüter, Investitionsgüter und Vorleistungen im Vergleich zu anderen Zielmärkten (Abbildung 2). Dies deutet darauf hin, dass die zunehmende Verwendung des Renminbi den chinesischen Bemühungen geschuldet war und nicht allein einem allgemeinen, langfristigen Trend zu einer stärkeren Preisgestaltung in lokaler Währung durch Unternehmen in allen Märkten folgte.
Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass die Dynamik je nach Produkttyp deutlich unterschiedlich ausfiel. Bei Rohstoffen war keine statistisch signifikante Verlagerung hin zum Renminbi im Vergleich zu anderen Märkten zu beobachten. Dies ist den homogenen Rohstoffmärkten geschuldet, auf denen global festgelegte Preise in US-Dollar wenig Spielraum für eine Substitution durch lokale Währungen lassen. Die früheste und deutlichste Reaktion auf die Renminbi-Förderpolitik war im Konsumgütersektor zu beobachten. Dies spiegelt wahrscheinlich die stärkeren Anreize für Unternehmen in konsumnahen Branchen wider, Rechnungen in lokaler Währung auszustellen, da ihre Endabnehmer risikoscheuer sind und empfindlicher auf Wechselkursschwankungen reagieren. Im Gegensatz zu Rohstoffen können Unternehmen in diesen Sektoren marktgerechte Preise festlegen, indem sie spezifische Preise je nach Exportland festsetzen und die Preisstabilität in der Währung der Käufer gewährleisten, um sich damit Marktanteile zu sichern.
Über Konsumgüter hinaus stieg auch bei Investitionsgütern und Vorleistungen die Wahrscheinlichkeit der Rechnungsstellung in Renminbi deutlich, wenn auch weniger dynamisch. Zusammengefasst zeigen diese Ergebnisse, dass Maßnahmen zur Förderung der Währung zwar das Rechnungsstellungsverhalten von Unternehmen ändern können, die Reaktion der Unternehmen jedoch von den Produkten und der Branche abhängt.
Welche Unternehmen trugen zu dieser Zunahme bei? Die Daten zeigen, dass Unternehmen, die Rechnungen in Renminbi ausstellten, deutlich mehr in Nicht-EU-Länder exportierten als Unternehmen, die den Renminbi nie verwendet haben. Sie bedienten ein breiteres Spektrum an Zielmärkten, hatten ein breiteres Produktangebot und stellten weltweit Rechnungen in mehreren Währungen aus (Abbildung 3). Obwohl sie weniger als 1,5 Prozent aller französischen Unternehmen ausmachen, die nach China exportieren, erwirtschaften sie fast 50 Prozent des gesamten französischen Exportwertes in dieses Land.
Die Rechnungsstellung in Renminbi hing auch eng mit dem bisherigen Engagement der Unternehmen auf dem chinesischen Markt zusammen. So stammten fast 75 Prozent der in Renminbi abgerechneten Exporte eines jeden Jahres aus Produkten, mit deren Verkauf nach China das Unternehmen bereits Erfahrung hatte, bevor die Rechnungsstellung in Renminbi eingeführt wurde. Im Laufe der Zeit führten diese erfahrenen Unternehmen auch neue Produkte in China ein und stellten diese in Renminbi in Rechnung. Im Gegensatz dazu entschieden sich Erstanbieter selten für den Renminbi und machten nur 0,5 Prozent der in Renminbi abgerechneten Exporte aus.
Die Rechnungsstellung in Renminbi war dabei sehr beständig. Dies deutet darauf hin, dass die Einführung für diese großen Unternehmen weder vorübergehend noch auf einmalige Transaktionen beschränkt war. Sobald sich ein Unternehmen dafür entschied, ein Produkt in Renminbi in Rechnung zu stellen, lag die Wahrscheinlichkeit, dass es den Renminbi für den nächsten Export dieses Produkts nach China erneut verwendet, bei fast 90 Prozent.
Insgesamt deuten diese Muster darauf hin, dass Unternehmen, die den Renminbi einführten, tendenziell größer waren und über mehr internationale Exporterfahrung verfügten. Dies deutet auf das Vorhandensein von Fixkosten im Zusammenhang mit der Einführung einer neuen Rechnungswährung hin, die nur von etablierteren Unternehmen getragen werden können. Über die Fixkosten hinaus war es wahrscheinlicher, dass Unternehmen den Renminbi für ihre Exporte verwendeten, wenn sie auch Vorleistungen aus China in Renminbi importierten. Dadurch verringern sich die Währungsdiskrepanzen in ihren Cashflows, sodass sie Änderungen bei Vorleistungskosten besser an die Exportpreise anpassen können. Schließlich verwendeten Unternehmen den Renminbi auch deutlich häufiger, wenn sie dasselbe Produkt in andere Länder exportiert und bereits in lokalen Währungen in Rechnung gestellt haben. Dies deutet darauf hin, dass Unternehmen ihre Rechnungspraktiken für bestimmte Produktlinien über verschiedene Märkte hinweg synchronisieren können.Für mehr Details zu den verschiedenen Mechanismen, die Unternehmen zur Rechnungsstellung in Renminbi bewegen, vgl. Chowdhry (2024), a.a.O.
Trotz der zunehmenden Verwendung des Renminbi gingen 99 Prozent aller Renminbi-Exporte aus Frankreich ausschließlich nach Festlandchina, während die übrigen ein Prozent nach Hongkong und Japan gingen. Der Renminbi wurde in diesem Zeitraum von französischen Exporteuren also nur selten als Vehikelwährung für Märkte außerhalb Chinas verwendet. Er verdrängte weder den US-Dollar noch den Euro, die weiterhin die französischen Exporte außerhalb der EU als bevorzugte Rechnungswährungen dominieren.Im Durchschnitt machten die auf Euro und US-Dollar lautenden Ausfuhren 51,2 beziehungsweise 40,2 Prozent der gesamten Nicht-EU-Ausfuhren Frankreichs aus.
Die neuesten aggregierten Zahlungsdaten des globalen Netzwerks für den Finanzinformationsaustausch SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) bestätigen, dass die globale Rolle des Renminbi trotz der jüngsten Zuwächse nach wie vor relativ begrenzt ist.SWIFT ist ein globales Nachrichtenübermittlungsnetzwerk, das eine sichere und standardisierte Kommunikation zwischen Finanzinstituten ermöglicht und damit grenzüberschreitende Zahlungen erleichtert. Im Juni 2025 hatte der Renminbi einen Anteil von 2,1 Prozent an den internationalen Zahlungsströmen außerhalb des Euroraums und lag damit weltweit auf Platz sechs. Im Vergleich dazu nahm der US-Dollar mit einem Anteil von 58,4 Prozent die dominierende Position ein, gefolgt vom Euro (13,8 Prozent) und dem britischen Pfund (5,5 Prozent).Vgl. SWIFT RMB Tracker vom Juni 2025 (online verfügbar). Aktuelle Daten des IWF und der EZB zur Zusammensetzung des gesamten bilateralen Handels nach Rechnungswährung zeigen außerdem, dass die Verwendung des Renminbi seit 2018 zwar rapide zugenommen hat, 2023 aber immer noch weniger als zwei Prozent der weltweiten Exporte ausmachte.Anja Brüggen, Georgios Georgiadis und Arnaud Mehl (2025): Global Trade Invoicing Patterns: New Insights and the Influence of Geopolitics. Europäische Zentralbank (online verfügbar).
Dieser Bericht zeigt, dass Maßnahmen zur Förderung einer Währung – wie beispielsweise Chinas Bemühungen um die Internationalisierung des Renminbi – zu bedeutenden Veränderungen bei der Wahl der Rechnungswährung von Unternehmen führen können. Die Umstellung auf andere Währungen wird jedoch vor allem von einigen wenigen großen und erfahrenen Exportunternehmen vorangetrieben. Am stärksten ausgeprägt ist die Einführung des Renminbi im Bereich der Konsumgüter, da Exporteure dort möglicherweise stärkere Anreize haben und lokale Unternehmen weniger bereit sind, Wechselkursrisiken zu tragen. Entscheidend ist, dass die Verwendung des Renminbi nach wie vor überwiegend auf Transaktionen mit China selbst beschränkt bleibt und große Währungen wie US-Dollar und Euro als Rechnungswährungen für Exporte in andere Märkte nicht verdrängt.
Zusammengefasst deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass Bemühungen zur Förderung verschiedener Währungen im Handel auf strukturelle Hindernisse treffen. Sektorspezifische Preiskonventionen, starke Netzwerkeffekte und die Fixkosten für Unternehmen, die mehrere Währungen verwalten müssen, verstärken die etablierten Rechnungspraktiken im globalen Handel. Zwar haben geopolitische Spannungen und Handelskonflikte das Interesse an der Verwendung lokaler Währungen verstärkt, doch dürfte der Übergang zu einem wirklich multipolaren Währungssystem nur allmählich erfolgen und je nach Branche und Unternehmen sehr unterschiedlich ausfallen. Diese heterogenen Reaktionen der Unternehmen unterstreichen einmal mehr die Notwendigkeit detaillierter Daten, um die Entwicklung der Währungswahl zu beobachten und politische Maßnahmen darauf abzustimmen.
In der jetzigen Situation von handels- und damit auch währungspolitischen Verschiebungen könnte die EZB die Möglichkeit nutzen, die Glaubwürdigkeit und Stabilität des Euro stärker in das Blickfeld seiner Handelspartner zu schieben. Wenn sie, wie aus den jüngsten Äußerungen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde hervorgeht, einen „globalen Euro” anstrebt, sind weitere Maßnahmen zur Förderung des Euro erforderlich. Dazu zählen die Bereitstellung von Liquidität durch die Ausweitung von Swap-Linien auf ein immer größeres Netzwerk von Handelspartnern sowie die Verringerung von Transaktionskosten durch die Einführung eines digitalen Euro.Christine Lagarde (2025): This is Europe’s ‘global Euro’ moment. Financial Times vom 17. Juni 2025 (online verfügbar).
Themen: Geldpolitik, Europa
JEL-Classification: F14;F23;F33
Keywords: International trade, Invoicing currency, Geoeconomics
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2025-31-1