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Die Sozialkaufprämie – ein Vorschlag zur Ergänzung der Immobilienförderung in Deutschland

DIW Wochenbericht 27 / 2021, S. 481-487

Reiner Braun, Markus M. Grabka

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  • Bericht präsentiert die Sozialkaufprämie als ergänzenden Vorschlag zur Immobilienförderung in Deutschland
  • Modell sieht vor, zunächst bereits bestehende Möglichkeiten der Eigen- und Fremdkapitalförderung auszuschöpfen
  • Verbleibende Finanzierungslücke könnte zum Teil durch den Zuschuss Sozialkaufprämie gedeckt werden
  • Durch Beschränkung auf eigenkapitalschwache Haushalte in spezifischen Situationen – zum Beispiel bei „Umwandlung“ oder Sozialwohnungskauf – würden Mitnahmeeffekte minimiert

„Die Sozialkaufprämie würde zielgenau eigenkapitalschwache Haushalte fördern und dabei auch zusätzliche Sparanreize durch die Inanspruchnahme bestehender Förderprogramme schaffen.“ Markus M. Grabka

Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ist eines der drängendsten sozialen Probleme für die künftige Bundesregierung. Entsprechend finden sich in verschiedenen Wahlprogrammen Vorschläge zur Wohnungsfrage. Dieser Bericht macht einen neuen Vorschlag zur Ergänzung der Immobilienförderung in Deutschland. Das vorgeschlagene Modell berücksichtigt die bestehenden staatlichen Förderprogramme zum Aufbau von Eigenkapital und Fremdkapital und erweitert diese um eine Sozialkaufprämie. Mitnahmeeffekte, wie bei der Eigenheimzulage und dem Baukindergeld, sollen weitestgehend vermieden werden. Daher sollte dieses Programm eigenkapitalschwachen Haushalten in besonderen Entscheidungssituationen vorbehalten sein, um dann zielgenau einen Übergang von Miete in Eigentum zu erleichtern. Zu den besonderen Situationen gehört etwa die „Umwandlung“ der bisher bewohnten Mietwohnung in eine Eigentumswohnung.

Im internationalen Vergleich hat Deutschland eine der niedrigsten Eigentümerquoten. Nur knapp die Hälfte der Bevölkerung wohnen in selbstgenutztem Wohneigentum – innerhalb der Europäischen Union ist das der niedrigste Wert.infoDen höchsten Wert weist Rumänien mit knapp 92 Prozent auf. Eurostat (2021): House or flat – owning or renting (online verfügbar, abgerufen am 15. Juni 2021, das gilt für alle Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders angegeben). Die Gründe für diese niedrige Quote sind vielfältig. Neben anderen Einflussfaktoren trug hierzu auch die Wohnungsknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg bei, der durch den umfangreichen Bau von sozialen Mietwohnungen begegnet wurde. Zudem fallen die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland tendenziell zugunsten der MieterInnen aus.

Auch die Immobilienpreise und die Kaufnebenkosten stellen eine relevante Hürde für den Kauf einer selbstgenutzten Wohnung oder eines Hauses dar. Je nach Bundesland belaufen sich die Nebenkosten auf bis zu zwölf Prozent des Kaufpreises.infoZu den Nebenkosten zählen die Maklerprovision (in der Regel rund 3,5 Prozent des Kaufpreises), die Notargebühr (etwa 1,5 Prozent des Kaufpreises), Grundbuchgebühr (0,5 Prozent des Kaufpreises), Grunderwerbsteuer (je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises), Bankgebühren, Gutachterkosten, eventuell auch Kosten für eine Baugenehmigung, Erschließungskosten, Baustrom, Bauwasser, Bauherrenhaftpflicht- und Bauwesenversicherung, Bauberatung und anderes mehr. Bei einer Bestandsimmobilie fallen häufig auch umfangreiche Modernisierungskosten an. Bei einer Finanzierung durch Fremdkapital wird üblicherweise eine Eigenkapitalquote von mindestens 20 Prozent (häufig sogar 30 Prozent) empfohlen.infoBei einer Immobilie mit einem Preis von beispielsweise 400000 Euro entspricht dies einem empfohlenen Eigenkapital von 80000 Euro (120000 Euro). Vor dem Hintergrund des niedrigen Zinsniveaus und den gleichzeitig stark gestiegenen Mieten, ist es in den vergangenen Jahren jedoch bedeutend schwieriger geworden, derart hohe Summen anzusparen.infoVgl. Claus Michelsen (2017): Erwerb von Wohneigentum: Eigenkapitalschwelle für immer mehr Haushalte zu hoch. DIW aktuell Nr. 2 (online verfügbar). Viele potentielle ImmobilieninteressentInnen verfügen daher nicht über das notwendige Eigenkapital für einen Kauf.infoNach Angaben des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) verfügt die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland über ein Nettovermögen von weniger als 23000 Euro, vgl. Carsten Schröder et al. (2020): MillionärInnen unter dem Mikroskop: Datenlücke bei sehr hohen Vermögen geschlossen – Konzentration höher als bisher ausgewiesen. DIW Wochenbericht Nr. 29, 512–520 (online verfügbar). Dabei ist der Wunsch nach einer eigenen Immobilie ungebrochen. So berichten junge Menschen zu 87 Prozent, dass sie für sich später die eigenen vier Wände wünschen.infoVgl. Bernd Hertweck (2021): Junge Leute träumen weiter vom Eigenheim. Die Welt, 10. Mai 2021 (online verfügbar).

Um den Immobilienerwerb für eigenkapitalschwache Mieterhaushalte zu fördern, schlägt dieser Bericht eine von den Autoren entwickelte Sozialkaufprämie vor. Durch diese Maßnahme könnte eine zielgenaue Förderung von Wohneigentum in einkommensschwachen Haushalten erreicht werden. Gleichzeitig würden die Anreize zur Nutzung bestehender Förderprogramme gestärkt werden.

Zuschüsse, Zulagen und Subventionen sind keine optimalen Lösungsansätze

Die steigenden Immobilienpreise haben verschiedene Ursachen. Dazu zählen Baulandknappheit und steigende Baukosten genauso wie Niedrigzinsen und Urbanisierung. Für die ersten beiden Faktoren sind auch staatliche Entscheidungen mitverantwortlich. Ausweisung und Neuschaffung von Bauland liegen in der Hand der Kommunen und die vermehrten Verschärfungen im Baurecht gehören in die Verantwortung der Länder. Das gilt auch für die steigenden Grunderwerbsteuersätze. Hierbei spielt der Bund ebenfalls eine Rolle, da er einen Freibetrag für Ersterwerber etablieren könnte. Insgesamt wird deutlich, dass es auch ohne Zulagen, Zuschüsse oder andere Subventionen bereits direktere Ansatzpunkte gäbe, die Angebotsbedingungen für potentielle SelbstnutzerInnen zu verbessern. Diese werden jedoch häufig aus ganz unterschiedlichen Erwägungen heraus nicht oder nicht umfassend eingesetzt. Ein Beispiel solcher Erwägungen ist der Konflikt zwischen der Ausweisung neuer Baufelder einerseits und der Gefahr zunehmender Zersiedelung sowie ökologischer Bedenken andererseits.infoVgl. Reiner Braun (2014): „Wer Wohnungen sät, wird Einwohner ernten“* Skizze einer rationalen Wohnungspolitik. Empirica Paper Nr. 221 (online verfügbar).

Zulagen, Zuschüsse und Subventionen sind in diesem Bereich gangbarere Maßnahmen und kommen daher eher zum Einsatz. Aus ökonomischer Sicht sind sie jedoch nicht optimal, da sie typischerweise ungewollte Nebeneffekte und Marktverzerrungen mit sich bringen können. Dazu zählen insbesondere Preis- und Mitnahmeeffekte, wie die breit angelegten Diskussionen um die frühere Eigenheimzulage oder um das jüngst ausgelaufene Baukindergeld gezeigt haben.infoVgl. Claus Michelsen, Stefan Bach und Michelle Harnisch (2018): Baukindergeld: Einkommensstarke Haushalte profitieren in besonderem Maße. DIW aktuell Nr. 14 (online verfügbar). Preiseffekte werden beklagt, weil die Zulage nicht in erster Linie den direkt Begünstigten nutzt, sondern der Bauwirtschaft oder den GrundstückseigentümerInnen, die die Förderung durch höhere Preise (zum Teil) abschöpfen. Mitnahmeeffekte werden beklagt, weil auch Haushalte gefördert wurden, die den Schritt in die eigenen vier Wände, zum Beispiel aufgrund von Schenkungen,infoKira Baresel et al. (2021): Hälfte aller Erbschaften und Schenkungen geht an die reichsten zehn Prozent aller Begünstigten. DIW Wochenbericht Nr. 5, 63–71 (online verfügbar). auch ohne Zulage geschafft hätten. Beim Einsatz von Subventionen, Zulagen und Zuschüssen zur Immobilienförderung ist daher zusammenfassend darauf zu achten, die ungewollten Preis- und Mitnahmeeffekte möglichst gering zu halten.

Staatlicher Mietkauf kann einkommensschwachen Haushalten Wohneigentum ermöglichen

Ein möglicher Ansatzpunkt, um das Kernproblem eines unzureichenden Eigenkapitals beim Immobilienerwerb zu lösen, wurde vom DIW Berlin im Jahr 2019 vorgestellt: der staatlich geförderte Mietkauf für eigenkapitalschwache Haushalte.infoPeter Gründling und Markus M. Grabka (2019): Staatlich geförderter Mietkauf kann einkommensschwachen Familien Weg in die eigenen vier Wände ebnen. DIW Wochenbericht Nr. 29, 499–506 (online verfügbar). Die Kernidee ist, dass der Staat oder eine landeseigene Entwicklungsgesellschaft als Mietverkäufer in Vorleistung tritt und Mietkaufobjekte vollständig vorfinanziert. Damit wird das notwendige Eigenkapital der künftigen Eigentümerin beziehungsweise des künftigen Eigentümers (MietkäuferIn) faktisch auf null reduziert. MietkäuferInnen würden dann einen monatlichen Betrag an den Mietverkäufer entrichten, der nur aus Tilgungsleistungen und Nebenkosten besteht. Eine Miete im klassischen Sinne entfiele. Der Kauf würde damit stückweise auf einen langen Zeitraum (etwa 25 bis 30 Jahre) verteilt. Das Risiko der Investition läge damit allein auf Seiten des Staats beziehungsweise der landeseigenen Entwicklungsgesellschaften (Mietverkäufer).

Als Modell für die breite Bevölkerung steht dieser Vorschlag jedoch vor mehreren Herausforderungen. Dazu gehören unter anderem rechtliche Probleme im Fall einer Insolvenz von KäuferIn oder Verkäufer. Außerdem besteht ein vergleichsweise hoher staatlicher Subventionsbedarf. Gegenüber einem klassischen Mietkauf, der aus einem Miet- und einem Tilgungsanteil besteht, würde beim staatlichen Mietkaufmodell nämlich auf den Mietanteil und auf eine Verzinsung des Darlehens komplett verzichtet werden.

Sozialkaufprämie: Vorhandene Fördermaßnahmen kombinieren und gezielt ergänzen

Daher schlägt dieser Bericht einen weiteren Mosaikstein zur Förderung eigenkapitalschwacher Haushalte vor, der aus zwei Stufen besteht. Zunächst werden alle bereits vorhandenen staatlichen Förderungen von Eigen- und Fremdkapital für einen Immobilienerwerb kombiniert und das staatlich geförderte Mindestkapital berechnet. Hierfür wird einerseits ermittelt, wie hoch das Mindesteigenkapital wäre, das unter Ausnutzung aller bestehenden Sparförderungen (Wohnungsbauprämie, Wohn-Riester) gebildet werden kann. Zudem wird ermittelt, welches Mindestfremdkapital zins- und tilgungsgünstig für die Finanzierung zur Verfügung steht. Aus der Differenz des staatlich geförderten Eigen- und Fremdkapitals und dem Finanzbedarf der konkreten Immobilie wird anschließend ein verbleibender Förderbedarf abgeleitet. Diese Lücke könnte zum Teil durch die vorgeschlagene Sozialkaufprämie als einmaliger Zuschuss gedeckt werden. Darüber hinaus könnte diese Maßnahme mit einem Erlass der Grunderwerbsteuer kombiniert werden.

Minimierung der Mitnahmeeffekte durch Einschränkung auf spezifische Situationen

Um Mitnahmeeffekte bei der Sozialkaufprämie zu minimieren, sollte diese Förderung nur Haushalten in speziellen Situationen, in denen der Übergang zum Eigentum besonders förderungswürdig erscheint, gewährt werden. Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn Mieterhaushalte von Verdrängung bedroht sind, etwa bei der Aufteilung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen (sogenannte „Umwandlungen“). Bei einer Umwandlung kann es dazu kommen, dass die Wohnungen – wenn auch mit sehr langen Kündigungsfristen – an vermögende SelbstnutzerInnen verkauft oder von neuen VermieterInnen so hochwertig saniert werden, dass bisherige BewohnerInnen verdrängt werden. BestandsmieterInnen haben im Fall der Umwandlung zwar ein Vorkaufsrecht, doch das hilft wenig, wenn sie nicht über das erforderliche Eigenkapital verfügen.

Ein anderer möglicher Anwendungsfall der Sozialkaufprämie liegt bei einem Erstbezug von neuen sozialen Mietwohnungen vor. Vielfach gibt es vorgegebene Quoten für den Anteil an Sozialwohnungen im Neubau. Bauträger tun sich mit diesen Quoten zuweilen schwer, weil sie oft eine Quersubventionierung erzwingen, die die anderen Wohnungen teurer macht, und dadurch keine ausgewogene soziale Mischung ermöglichen. Diese Problematik könnte entschärft werden, wenn Quoten auch dadurch erfüllt werden könnten, dass einkommensschwache Haushalte durch zielgenaue Transfers im Rahmen der Sozialkaufprämie zu EigentümerInnen werden.

In beiden Fällen, Umwandlung und Erwerb einer neuen Sozialwohnung, sollten zusätzlich Obergrenzen für Einkommen und Wohnflächen die Mitnahmeeffekte minimieren. Diese Grenzen können sich an der sozialen Wohnraumförderung orientieren.

Die Sozialkaufprämie anhand einer Beispielrechnung erklärt

Die vorgeschlagene Sozialkaufprämie wird im Folgenden anhand eines Beispielhaushalts genauer erläutert und dargestellt. Der betrachtete Modellhaushalt besteht aus einem Ehepaar und einem Kind mit einem monatlichen Bruttohaushaltseinkommen vom 4000 Euro (netto rund 2840 Euro). Hierbei wird zunächst ermittelt, welche Eigen- und Fremdkapitalsummen durch Ausschöpfung bestehender Förderprogramme zur Verfügung stehen. Im Anschluss wird der mögliche Einfluss einer Sozialkaufprämie auf die Finanzierungssituation dargestellt.

Eigenkapitalförderung im Status Quo durch Wohnungsbauprämie und Wohn-Riester

Zur geförderten Bildung von Eigenkapital für Wohneigentum können GeringverdienerInnen in Deutschland bereits auf zwei relevante Programme zurückgreifen: Wohnungsbauprämie (WoP) und Wohn-Riester. Der betrachtete Modellhaushalt kann durch die Wohnungsbauprämie bei einer Sparsumme von jährlich maximal 1400 Euro eine zehnprozentige Prämie erhalten. Damit lassen sich über einen Zeitraum von sieben Jahren selbst ohne Verzinsung 10780 Euro ansparen. Dies entspricht einer Sparquote von 4,1 Prozent aus dem Nettoeinkommen.

Beim Wohn-Riester wird eine Sparquote von vier Prozent aus dem Bruttoeinkommen empfohlen, wobei darin eine jährliche Zulage von 175 Euro für Erwachsene sowie 300 Euro für Kinder enthalten sind. Für den Modellhaushalt ergibt dies eine Sparquote von 3,7 Prozent bezogen auf das Nettoeinkommen.

Unter Kombination beider Förderungen kann der Modellhaushalt jährlich mit einem Aufwand von 2670 Euro (oder 7,8 Prozent Sparquote) selbst ohne Verzinsung einen Betrag von 3460 Euro ansparen. Nach sieben Jahren stünden über 24000 Euro an (gefördertem) Eigenkapital zur Verfügung. Aufgerundet auf 25000 Euro wird dieser Betrag im Folgenden als Mindesteigenkapital unterstellt (Abbildung 1).

Fremdkapitalförderung im Status quo durch KfW und Landesförderbanken

Gefördertes Fremdkapital gibt es in Deutschland derzeit von der KfW und ist in vielen Bundesländern zusätzlich kombinierbar mit einem Kredit der Landesförderbanken. Beim KfW-Wohneigentumsprogramm erhalten natürliche Personen zum Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum bis zu 100000 Euro als Kredit, beispielsweise mit 25-jähriger Tilgungsfrist bei drei tilgungsfreien Jahren und mit zehnjähriger Zinsbindung von derzeit 1,09 Prozent. Ein Kredit über 100000 Euro führt so zu einer Annuität in Höhe von 427 Euro monatlich (91 Euro in den ersten 3 Jahren).

Die Förderungen der Landesförderbanken sind unterschiedlich ausgestaltet. Die vorliegende Berechnung erfolgt beispielhaft in Anlehnung an das Programm der NRW-Bank. Dort erhalten Familien zum Neubau von selbst genutztem Wohneigentum – je nach Region – bis zu 128000 Euro als Kredit mit einem Tilgungserlass von bis zu 7,5 Prozent, einer anfänglichen Tilgungsrate von einem Prozent und mit 25-jähriger Zinsbindung von derzeit einem Prozent (inklusive Verwaltungskosten von 0,5 Prozent). Ein Kredit über 100000 Euro ergibt dann eine Annuität in Höhe von 167 Euro monatlich.

Damit stünde dem Modellhaushalt insgesamt eine geförderte Kreditsumme von 200000 Euro zur Verfügung, die eine monatliche Belastung aus Zins und Tilgung in Höhe von 593 Euro verursachte (258 Euro in den ersten 3 Jahren). Dieser Betrag wird in den folgenden Berechnungen als Mindestfremdkapital unterstellt.

Beispielhaushalt ohne Sozialkaufprämie finanziell überfordert

In der vorliegenden Beispielfinanzierung wird davon ausgegangen, dass der Modellhaushalt eine 80 qm große Wohnung zum Preis von 280000 Euro kaufen möchte (3500 Euro/qm). Zusammen mit Notargebühren in Höhe von zwei Prozent und Grundbucheintrag (5600 Euro) sowie Grunderwerbsteuer in Höhe von 6,5 Prozent (18200 Euro) müssen demnach insgesamt 303800 Euro finanziert werden. Dem Beispielhaushalt steht annahmegemäß ein gefördertes Mindesteigenkapital von rund 25000 Euro zur Verfügung. Zudem wurde ein gefördertes Mindestfremdkapital in Höhe von 200000 Euro angesetzt. Damit verbleiben 78800 Euro, die über eine Hausbank zu weniger guten Konditionen (unterstellter Zinssatz: 1,5 Prozent) finanziert werden müssten (Abbildung 2a). In Summe müsste der Haushalt dann monatlich 867 Euro für Zins und Tilgung aufbringen (in den ersten drei Jahren 531 Euro). Zusammen mit kalkulatorischen warmen Nebenkosten von 320 Euro (vier Euro/qm) ergeben sich warme Wohnkosten von 1187 Euro und eine Belastung von 42 Prozent des Nettoeinkommens (30 Prozent in den ersten drei Jahren). Ohne die Förderkredite läge die Belastung sogar bei 1357 Euro beziehungsweise 48 Prozent (Abbildung 2b). Der Vorteil aus den geförderten Krediten liegt also bei 171 Euro im Monat oder rund sechs Prozent des Nettoeinkommens.

Sozialkaufprämie kann nachhaltige Finanzierung ermöglichen

Trotz des geförderten Fremdkapitals muss der Beispielhaushalt 42 Prozent seines Nettoeinkommens für die warmen Wohnkosten aufbringen. Bei einer Wohnkostenbelastungsquote von mehr als 40 Prozent spricht man aber von einer finanziellen Überforderung der Haushalte, da diese Belastung dauerhaft nicht tragbar ist. Und dies, obwohl der Beispielhaushalt mit 4000 Euro Bruttoeinkommen schon nahe der Einkommensgrenze für die Eigentumsförderung in NRW liegt. Es ist daher offensichtlich, dass für einen solchen eigenkapitalschwachen Schwellenhaushalt die bisherige Förderung von Eigen- und Fremdkapital nicht ausreicht, um den Weg in die eigenen vier Wände zu ebnen. Das wäre allenfalls dann möglich, wenn es durch zusätzliche Förderung gelänge, die Belastung nachhaltig auf deutlich unter 40 Prozent abzusenken.

Ein möglicher Lösungsansatz besteht darin, dass Haushalte in spezifischen Situationen, also bei Umwandlung oder bei Sozialwohnungskauf, eine zusätzliche Sozialkaufprämie erhalten. Würde diese Prämie das ursprüngliche Eigenkapital in Höhe von 25000 Euro zum Beispiel auf 50000 Euro verdoppeln, würde zumindest die Wohnkostenbelastungsquote mit 39 Prozent knapp unter die kritische Schwelle von 40 Prozent sinken. Die monatliche Belastung beliefe sich damit auf 1100 Euro.

Kombiniert man die Sozialkaufprämie mit einem Wegfall der Grunderwerbsteuer für ErsterwerberInnen einer eigenen Immobilie – wie von verschiedener Seite vorgeschlagen (so auch im aktuellen Koalitionsvertrag 2018) – so würde die Wohnkostenbelastungsquote weiter auf 37 Prozent in den Bereich des finanziell Tragbaren (1037 Euro) sinken.

Programmvolumen der Sozialkaufprämie auf 125 Millionen Euro geschätzt

Würde man eine solche Sozialkaufprämie für eine Fallzahl von 5000 Wohnungen jährlich (Kasten) leisten, ergäbe dies ein vergleichsweise geringes Programmvolumen von 125 Millionen Euro. Hinzu kämen Ausfälle bei der Grunderwerbsteuer von maximal 91 Millionen Euro, da in den allermeisten Ländern der Steuersatz unter den hier angenommenen 6,5 Prozent liegt. In Summe könnten also für etwa 200 Millionen Euro jährlich 5000 eigenkapital- und einkommensbedingte Schwellenhaushalte durch Erwerb ihrer Mietwohnung vor Verdrängung geschützt werden beziehungsweise einen Beitrag zur Erfüllung von Sozialwohnungsquoten leisten.infoIm Vergleich dazu wurden (Stand März 2021) mit bislang rund 6,5 Milliarden Euro des Baukindergeldes etwa 310000 Haushalte gefördert; vgl. Jutta Ochs (2021): Baukindergeld ist abgesetzt. Immobilien Zeitung IZ11/2021, S. 3, 18. März 2021 (online verfügbar). Insgesamt stehen 9,9 Milliarden Euro zur Verfügung, sodass in den gut drei Jahren seines Bestehens etwa 470000 Haushalte hätten gefördert werden können – das entspricht etwa 145000 Wohnungen jährlich. Die Mitnahmeeffekte wären gering, weil nur Haushalte in genau definierten Situationen, unter Berücksichtigung von Obergrenzen für Einkommen und Wohnflächen, gefördert würden. Zusätzlich könnte eine Rückzahlungspflicht vereinbart werden, falls die so geförderte Wohnung innerhalb der ersten Jahre verkauft würde ohne dabei den Erlös in eine andere selbst genutzte Wohnung zu investieren.

... der Umwandlungen und Sozialwohnungskäufe

Im Zeitraum zwischen 2010 und 2017 wurden in Berlin jährlich etwa 5000 bis 6000 umgewandelte Wohnungen erst- oder weiterverkauft.infoEmpirica (2020): Aussagekräftige Kriterien zum Erlass sozialer Erhaltungssatzungen. Expertise im Auftrag des Vereins zur Förderung von Wohneigentum in Berlin e.V. (online verfügbar). Das sind 0,3 Prozent des dortigen Geschosswohnungsbestandes. Hochgerechnet auf ganz Deutschland ergäben 0,3 Prozent eine – sicherlich sehr großzügige – Schätzung von rund 70000 umgewandelten Wohnungen, die jährlich erst- oder weiterverkauft würden. Eine Beschränkung auf eine Sozialauswahl durch Einkommens- und Wohnflächengrenzen auf zehn Prozent, ergäbe eine Fallzahl für den Sozialkauf von bis zu rund 7000 Fällen pro Jahr.

Im Zeitraum von 2016 bis 2019 wurden bundesweit im Durchschnitt etwa 25000 Sozialwohnungen jährlich neu errichtet.infoBundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI, 2021): Faktenblätterzum deutschen Wohnungsmarkt 2021. Stand: Februar 2021 (online verfügbar). Unterstellt man, dass davon die Hälfte durch eine Quotenvorgabe vorgegeben war und würde man die Fallzahl wiederum durch weitere Sozialauswahl auf zehn Prozent begrenzen, dann läge diese Fallzahl für Sozialkauf bei weiteren rund 1250 Fällen pro Jahr.

Insgesamt wäre demzufolge von einer jährlichen Fallzahl von bis zu 8250, die für den Sozialkauf in Frage kämen, auszugehen. Da nicht alle Betroffenen an einem Eigentumserwerb interessiert sein dürften, wird im vorliegenden Bericht von einem möglichen Förderbedarf von bis zu 5000 Haushalten ausgegangen.

... der Hauptzielgruppe

Die Hauptzielgruppe der Sozialkaufprämie wären einkommensschwache Haushalte mit Kindern. Für eine grobe Abschätzung der maximal förderbaren Haushalte mit Kindern im Mietverhältnis wird die Verteilung der Haushaltsnettoeinkommen herangezogen. Im Jahr 2019 verfügten 16,6 Prozent (eine Million) der Mieterhaushalte mit Kindern über weniger als 3000 Euro netto im Monat (Abbildung). Diese Zahl steckt die maximale Anzahl an förderfähigen Haushalten mit Kindern ab, da die Berechnung keine Einschränkung auf besondere Entscheidungssituationen (Umwandlung, Sozialwohnungskauf) vornimmt.

Fazit: Sozialkaufprämie könnte zusätzliche, zielgenaue Anreize für bestehende Förderprogramme schaffen

Der Erwerb von Wohneigentum wird in Deutschland bereits auf verschiedene Arten gefördert. Wohnungsbauprämie und Wohn-Riester helfen beim Ansparen des notwendigen Eigenkapitals, die Programme der KfW und vieler Landesförderbanken bieten zinsgünstige und teils tilgungsfreie Kredite. Doch nicht immer reichen diese Mittel aus, um die Hürden eines finanziell nachhaltigen Eigentumserwerbs zu überwinden.

Das wird vor allem dann schwierig, wenn die Eigentumsbildung unerwartet kommt. Sei es, weil infolge einer „Umwandlung“ plötzlich ein Vorkaufsrecht für die bisherige Mietwohnung ins Haus flattert. Oder sei es, weil bei der Suche nach einer passenden Mietwohnung sich die Chance bietet, eine Wohnung zu kaufen – zum Beispiel die eben erst bezogene Sozialwohnung in einem Neubaugebiet. Wer eine solche Chance verstreichen lässt, bekommt in den Folgejahren meist keine zweite und oft auch keine bessere Gelegenheit mehr. Deswegen sollte es ein spezielles Programm für diese Fälle geben.

Der besondere Vorteil besteht darin, dass kaum Mitnahmeeffekte zu erwarten sind. Dafür sorgen die Beschränkung auf spezifische Situationen und die Berücksichtigung von Obergrenzen für Einkommen und Wohnflächen. Somit würde sich diese Spezialförderung erheblich unterscheiden von den weniger zielgenauen und weniger effizienten bisherigen Eigentumsförderungen wie der Eigenheimzulage oder dem Baukindergeld.

Die Sozialkaufprämie bietet damit einen zusätzlichen, zielgenauen Anreiz, gerade für junge Familien, die bestehenden Formen der staatlichen Sparförderung intensiver zu nutzen. Da die Grunderwerbsteuer eine Ländersteuer ist, gilt es zu klären, wie die Länder für einen Wegfall der Steuereinnahmen kompensiert werden könnten.

Markus M. Grabka

Direktorium SOEP und kommissarische Bereichsleitung in der Infrastruktureinrichtung Sozio-oekonomisches Panel



JEL-Classification: R21;D31
Keywords: installment purchase bonus, promotion of home ownership
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2021-27-5

Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/242053

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