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Klimageld mildert ungleiche Belastungen durch höhere Preise für fossile Energien: Interview

DIW Wochenbericht 23 / 2023, S. 281

Stefan Bach, Erich Wittenberg

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Herr Bach, einerseits gehen die Preise an den Energiemärkten zurück, andererseits würde eine Anhebung der CO2-Bepreisung bei Verkehr und Wärme die Preise wieder erhöhen. Was bedeutet das insgesamt für die Entwicklung der Energiepreise? Die Energiepreise auf den Weltmärkten sind wieder gesunken, Erdgas jedoch wird teurer bleiben als vor der Krise. Langfristig soll die CO2-Bepreisung die fossilen Energien deutlich teurer machen, um so die Wärme- und Verkehrswende voranzubringen.

Wie groß ist der preisliche Spielraum, um Anreize für Energieeinsparungen zu setzen? Der CO2-Preis soll bis 2026 auf 60 Euro je Tonne CO2 steigen. Längerfristig braucht man aber stärkere Anreize, um nennenswerte Verhaltensreaktionen auszulösen. Wir rechnen ein Szenario mit einem deutlichen Anstieg des CO2-Preises auf bis zu 150 Euro je Tonne 2035. Das würde für die Kraftstoffe eine Verteuerung von 40 Prozent und bei Gas und Heizöl von 80 Prozent bedeuten.

Welche Verteilungswirkung hätte eine solche CO2-Bepreisung? Höhere Energiepreise belasten Haushalte mit geringem Einkommen relativ stärker, weil diese einen größeren Teil ihres Budgets insbesondere für Heizstoffe ausgeben müssen. Bei diesem Anstieg der Energiepreise verlieren Haushalte mit geringeren Einkommen bis zu sechs Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens, während es in den höheren Einkommensgruppen deutlich weniger ist. Die Belastung ist also sehr ungleich.

Durch ein sogenanntes Klimageld könnten stark betroffene Haushalte entlastet werden. Wie hoch müsste dieses Klimageld angesetzt werden? Die CO2-Bepreisung generiert Einnahmen für den Staat, die für ein Klimageld verwendet werden können. Wenn man dieses Geld an alle Bürgerinnen und Bürger verteilt, könnte man einen Betrag von bis zu 420 Euro pro Person finanzieren. Das würde diesen ungleichen und ungerechten Verteilungswirkungen deutlich entgegenwirken.

Wie gerecht wäre ein solches Klimageld? Würden nicht auch Haushalte profitieren, die auf die Hilfe eigentlich nicht angewiesen wären? Durch das Klimageld würde die Einkommensverteilung für sich genommen gleichmäßiger werden, weil die ärmeren Haushalte in Relation zu ihrem geringen Energieverbrauch durchschnittlich stärker entlastet werden. Natürlich gibt es Härtefälle, für die man besondere Hilfen vorsehen muss. Gleichzeitig könnte man überlegen, ob man die wohlhabenderen Haushalte, die diese Hilfe nicht unbedingt brauchen, weniger entlastet.

Wie groß schätzen Sie die Lenkungswirkung der höheren Energiepreise insgesamt ein? Für den langfristigen Energiepreis mit 150 Euro je Tonne CO2 schätzen wir eine Emissionsreduktion bei den privaten Haushalten von bis zu 33 Prozent. Das wäre schon ein erheblicher Beitrag für die Dekarbonisierung, reicht aber natürlich nicht aus, um die CO2-Emissionen vollständig zu vermeiden. Dafür braucht man weitere Instrumente.

Durch die Anpassung an höhere Energiepreise entstehen neue Kosten durch Investitionen in klimafreundliche Technologien, dadurch werden die Haushalte auch belastet? Klimaschutz kostet. Wärmepumpenheizungen sind teurer als konventionelle Heizungen und das Elektroauto kostet auch mehr, dies steht den Einsparungen bei den bisherigen Energieausgaben gegenüber. Wenn die klimaschonenden Technologien künftig günstiger werden, sinken die Anpassungskosten.

O-Ton
Energiepreise und Energiewende - Interview mit Stefan Bach

Stefan Bach

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat

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