Blog Marcel Fratzscher vom 8. Januar 2025
Marcel Fratzscher wirft der Politik Feigheit vor. Einen klaren Kompass erkennt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in keinem Bundestagswahlprogramm. Dabei sei der gerade jetzt nötig – 2025 werde ein hartes Jahr
Herr Fratzscher, die deutsche Wirtschaft schrumpfte 2024 wohl das zweite Jahr in Folge. Das Preisniveau ist hoch, viele Konzerne bauen Stellen ab, die Zahl der Insolvenzen erreichte einen Höchststand. Bereitet Ihnen die Lage Sorgen?
MARCEL FRATZSCHER: Sie ist kurzfristig nicht gut, aber auch nicht katastrophal. Wir sind weit davon entfernt, der kranke Mann Europas zu sein, wie das viele behaupten. Anders als 2005 haben wir keine Massenarbeitslosigkeit, sondern einen Arbeitskräftemangel. Anders als in der globalen Finanzkrise oder der Corona- Pandemie schrumpft die Wirtschaft nicht um vier oder fünf Prozent in einem Quartal, sondern tritt auf der Stelle. Meine Sorge gilt eher der Frage, wie wir strukturell, also auf lange Sicht, wettbewerbsfähig bleiben. Und der Mentalität im Land.
Das Interview führten Katharina Kalinke und Felix Kiefer, es erschien am 8. Januar 2025 im Tagesspiegel.
Was meinen Sie genau?
MARCEL FRATZSCHER: Aktuell ist die Stimmung miserabel und viel schlechter als die Realität. Nahezu alle Stimmungsindikatoren, etwa zum Konsumklima, sind auf rekordniedrigem Niveau. Obwohl die Reallöhne wieder steigen, legen Menschen und Unternehmen ihr Geld aktuell eher zurück, als es auszugeben. Wir werden nicht vom Fleck kommen, wenn der private Konsum nicht zunimmt. Wirtschaft ist zu einem erheblichen Teil Psychologie. Es fehlt nicht am Geld, sondern an Vertrauen und Zuversicht.
Wie kommen wir da wieder raus?
MARCEL FRATZSCHER: Mit mehr Eigenverantwortung. Deutsche zeigen schnell mit dem Finger auf die Politik. Ob bei Deindustrialisierung, hohen Energiekosten oder dem langsamen Ausbau der E-Mobilität – an allem ist die Bundesregierung schuld. Wir leben aber nicht in einer Plan-, sondern einer Marktwirtschaft. In allererster Linie müssen Unternehmen Verantwortungfür ihre Entscheidungen übernehmen und das tun sie zu selten. Das beste Beispiel dafür ist die Autoindustrie.
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Themen: Konjunktur , Öffentliche Finanzen