Es gibt Belege dafür, dass das DIW aktiv für die Kriegswirtschaft geforscht hat. Die Wissenschaftler*innen führten beispielsweise Forschungen für das Wirtschafts- und Rüstungsamt der Wehrmacht durch, wobei der genaue Umfang und die Themen noch unklar sind. Das Institut war auch am sognannten "Schlagkraft-Vergleich" beteiligt, einer Analyse zur wirtschaftlichen Basis des Krieges in der zweiten Hälfte des Zweiten Weltkriegs. Es gab eine enge Vernetzung zwischen Militär, Industrie und Wissenschaft, möglicherweise einen "militärisch-industriell-akademischen Komplex", wie Historiker Take es nennt.
Take erklärt unter anderem die Umbenennung des Instituts von Institut für Konjunkturforschung zu DIW Berlin im Jahr 1941: "Im Nationalsozialismus ist dann der Name [Institut für Konjunkturforschung] gewissermaßen obsolet geworden, weil der Anspruch des nationalsozialistischen Regimes und der Wirtschaftslenkung gewesen ist, dass es keine Konjunkturen gibt."
Im Gespräch geht es auch um die Herausforderungen bei der Aufarbeitung der Geschichte aufgrund der begrenzten Quellenlage. Dr. Take betont die Notwendigkeit, in verschiedenen Archiven im In- und Ausland zu recherchieren, um ein vollständiges Bild zu erhalten.
HINWEIS:
Die Geschichte des IfK/DIW in der Zeit des Nationalsozialismus ist bislang nicht eingehend erforscht. Das DIW Berlin möchte diese Lücke schließen und fördert daher ein Forschungsvorhaben des Historischen Instituts der Universität Stuttgart, das im Frühjahr 2025 beginnt. Dabei werden zunächst das Personal, die Organisation und die Vernetzungen des IfK/DIW von der späten Weimarer Republik bis in die frühe Bundesrepublik untersucht. Insbesondere sind die personellen Verflechtungen mit Organisationen (Verbände, Behörden, Militär) des „Dritten Reichs“ in den Blick zu nehmen und NS-Belastungen zu rekonstruieren. Darauf aufbauend werden die Themen, Inhalte und Methoden der DIW-Forschung von der Weltwirtschaftskrise über den NS-Wirtschaftsaufschwung und den „Totalen Krieg“ bis hin zur Beratung des Marshallplans in der Nachkriegszeit analysiert. Mit dieser Forschungskooperation verbindet das DIW Berlin eine Aufarbeitung der eigenen NS-Vergangenheit mit einer übergreifenden Erforschung der Geschichte der Wirtschaftswissenschaften in Deutschland. Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren. Die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit nach Abschluss vorgestellt.