Keynesianismus und Krise
(1966 bis 1982)

Die Zeit von 1966 bis 1982 war eine Zeit des wirtschaftlichen und politischen Umbruchs in Deutschland. Nach dem Wirtschaftswunder erlebte die Bundesrepublik 1966/67 ihre erste Rezession. Dies führte zu einem Regierungswechsel und einer Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik.

Führungswechsel im DIW

1968 wurde Klaus Dieter Arndt neuer Präsident des DIW. Das Institut wuchs räumlich und personell unter seiner Führung. Der Etat stieg von 4,8 Millionen (1970) auf 7,2 Millionen D-Mark (1972), die Zahl der Mitarbeitenden von 160 auf 172. Arndt setzte sich für ein stärkeres politisches Engagement der Wirtschaftswissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ein, da das DIW eine Bringschuld gegenüber der Gesellschaft habe. Arndtberiet die Regierung in wirtschaftspolitischen Fragen und diente ihr bis 1970 als parlamentarischer Staatssekretär.

DIW-Geschichte zum Nachlesen

Das Kapitel "Keynesianismus und Krise (1966 bis 1982)" finden Sie in der DIW-Chronik "Die Vermessung der Wirtschaft – 100 Jahre DIW Berlin", die Sie unter folgendem Link (Flip-PDF) lesen können.

In dieser Zeit gewann auch die keynesianische Wirtschaftstheorie an Einfluss. Die Regierung verfolgte eine Politik der "Globalsteuerung", die auf antizyklischen Maßnahmen basierte und sich im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz der großen Koalition manifestierte und die Handschrift von Wirtschaftsminister Karl Schiller und DIW-Präsident Arndt trug. Das DIW spielte dabei eine wichtige Rolle als Berater, blieb aber auch kritisch gegenüber der Regierungspolitik. Die konjunkturpolitischen Maßnahmen des Jahres 1967 gingen dem Institut nicht weit genug.

Um 1970 verschoben sich die Schwerpunkte der DIW-Arbeit. Neue Abteilungen wurden gegründet, etwa für die Erforschung volkswirtschaftlicher Produktionsfaktoren. Zudem begann das DIW mit systematischen Forschungen zu Geld, Kredit und öffentlichen Finanzen.
Die DIW-Strukturforschung mit ihren Langzeitprognosen erlebte in den Jahren des ökonomischen Optimismus vor 1973 ihre große Zeit. Die Ölkrise 1973 aber zeigte, dass solche Krisen nicht vorhergesagt werden können.

Wirtschaftliche Zeitenwende

Die 1970er Jahre markierten eine globale wirtschaftliche Zeitenwende. Den Auftakt bildete 1972 die Publikation "Die Grenzen des Wachstums" des Club of Rome, die ein pessimistisches Bild der zukünftigen Entwicklung zeichnete. Das Ende des Bretton-Woods-Systems 1973 und der "Ölpreisschock" desselben Jahres beendeten den weltweiten ökonomischen Boom der Nachkriegsjahrzehnte. Deutschland geriet 1974/75 in eine schwere Rezession, die Arbeitslosigkeit stieg stark an.

Das DIW passte seine Forschungsschwerpunkte an diese neuen Entwicklungen an. Es beschäftigte sich verstärkt mit Themen wie Energieversorgung, Umweltschutz und wirtschaftlichem Strukturwandel. Die hohe Inflation und wirtschaftliche Stagnation in den Krisenjahren 1974/75 - auch Stagflation genannt - erschütterte zudem die herrschende keynesianische Lehre und führte zu einer "monetaristischen Gegenrevolution", in der der Staat wieder eine möglichst passive Rolle einnehmen sollte.

Führungswechsel

Nach dem frühen Tod von Klaus Dieter Arndt 1974 übernahm zunächst Karl König die Leitung des Instituts.
1979 wurde dann Hans-Jürgen Krupp neuer Präsident. Unter seiner Führung erlebte das Institut einen erneuten Aufschwung und erweiterte seine Forschungsaktivitäten weiter.

Wissenschaftliche Neuausrichtung

In den 1970er Jahren setzte sich das DIW auch mit dem aufkommenden Monetarismus auseinander, der vor allem in der Regulierung der Geldmenge die wichtige Stellschraube zur Regulierung der Wirtschaft sah. Das Institut blieb aber seinem nachfrageorientierten keynesianischen Ansatz weitgehend treu. Das Institut entwarf 1978 ein umfassendes Beschäftigungsprogramm, das auch zukunftsorientierte Investitionen in Umweltschutz und innovative Energietechnologien vorsah. 1982 wurde das Institut erstmals vom Wissenschaftsrat evaluiert und erhielt insgesamt ein gutes bis sehr gutes Zeugnis.

100 JAHRE DIW BERLIN IN FÜNF EPOCHEN

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