Die "Gelehrtenrepublik" im Wirtschaftswunder
Das Wirtschaftswunder der 1950er Jahre lieferte die materielle Grundlage und führte auch zum Aufschwung des DIW. Sein Budget wuchs kontinuierlich, von 500.000 D-Mark 1950 auf 5 Millionen D-Mark 1970. Die Zahl der Mitarbeitenden stieg von 58 (1949) auf 129 (1967). 1956 bezog das Institut einen Neubau in Berlin-Dahlem.
Herzstück des DIW waren die wissenschaftlichen Abteilungen, denen Friedensburg weitgehende Freiheit gab. Die Struktur wurde immer wieder angepasst, so entstanden neue Bereiche wie "Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung" oder "Auslandswirtschaft West" oder das “Berlin-Referat” und die DDR-Abteilung. 1959 zählte das DIW neun Forschungsabteilungen.
Mit seinem innovativen keynesianischen Ansatz erforschte das DIW in den 1950er und 1960er Jahren eine breite Palette wirtschaftswissenschaftlicher Themen. Besondere Bedeutung erlangten die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, die Input-Output-Rechnung sowie die Beschäftigung mit West-Berlin und Osteuropa. Das Institut lieferte grundlegende Daten zur ökonomischen Entwicklung der Bundesrepublik und erarbeitete wirtschaftspolitische Empfehlungen.
Die wachsende Bedeutung der DIW-Politikberatung zeigte sich auch in der Beteiligung an der Gemeinschaftsdiagnose der Arbeitsgemeinschaft wirtschaftswissenschaftlicher Institute im Auftrag der Bundesregierung, die von Friedensburg geleitet wurde. Auf seine Initiative hin wurde 1957 auch ein europäisches Netzwerk gegründet, die Association
d’Instituts Européens de Conjoncture Économique. Zudem gab das DIW auf Basis seiner West-Berlin-Forschung Empfehlungen an den Berliner Senat. 1961 übernahm es die Federführung für ein vom Bundestag beauftragtes Energiegutachten.
So entwickelte sich das DIW in den Nachkriegsjahrzehnten zu einem wichtigen Akteur in der empirischen Wirtschaftsforschung und Politikberatung der jungen Bundesrepublik. Es leistete einen bedeutenden Beitrag zur Analyse und Gestaltung der wirtschaftlichen Entwicklung in einer Zeit tiefgreifenden Wandels.