Statement vom 9. April 2025
CDU, CSU und SPD haben den Koalitionsvertrag präsentiert. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), kommentiert dies wie folgt:
Der Koalitionsvertrag von Union und SPD ist ein Kompromiss, der den Status quo weitgehend beibehält und zentrale Zukunftsfragen unzureichend adressiert. Während richtige und ambitionierte Schritte, wie das Sondervermögen für Infrastruktur und die Reform der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben sowie die richtige Prioritätensetzung in der Klima- und Energiepolitik und privaten Investitionen, enthalten sind, fehlen klare Umsetzungsstrategien. Zweifel gibt es, ob die angekündigten Mittel tatsächlich zweckgebunden investiert werden oder für konsumtive Ausgaben genutzt werden. Einsparungen und grundlegende Steuerreformen wurden ausgelassen, was eine Verlagerung von Investitionen in Sonderfonds nötig machen dürfte.
In wichtigen Bereichen wie Sozialpolitik, Fachkräftemangel und Migration bleiben die angestrebten Maßnahmen unzureichend. Die Rentengarantie verschärft die Umverteilung zu Lasten der jungen Generation, und eine nachhaltige Lösung für den Arbeitskräftemangel fehlt. Positiv hervorzuheben ist die Anhebung des Mindestlohns, während Strukturreformen, etwa beim Ehegattensplitting, ausbleiben. Digitale Innovationen und Modernisierungsziele werden betont, doch bleibt unklar, ob die finanziellen Mittel ausreichen werden. Europas Rolle wird vernachlässigt, trotz drängender globaler Krisen.
Dem vorliegenden Koalitionsvertrag mangelt es an Ambitionen. Er zeigt, dass Union und SPD die Dringlichkeit der aktuellen Krisenlage noch nicht erkannt haben und bleibt in vielen Bereichen ambitionslos. Die Krisen und Bedrohungen für Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand in Deutschland könnten in den kommenden Jahren zunehmen. Es bleibt zu hoffen, dass Union und SPD dann schnell und pragmatisch genug reagieren werden, um Kurskorrekturen vorzunehmen. Weitere vier Jahre mit einer zerstrittenen Bundesregierung und politischer Lähmung kann sich Deutschland nicht mehr leisten.
Themen: Klimapolitik , Konjunktur , Migration , Öffentliche Finanzen , Steuern