Wasserkonflikte im Spreegebiet durch Anpassung der Wasserentnahmeentgelte und Renaturierung lösbar

DIW Wochenbericht 21 / 2025, S. 303-311

Gero Frank Scheck, Astrid Cullmann, Claudia Kemfert, Georg Meran, Christian von Hirschhausen, Marcel Westphal

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  • Wasserkonflikte entlang der Spree sind aufgrund wegfallender Grundwassereinspeisungen aus dem Braunkohletagebau absehbar
  • Erhöhung der Wasserentnahmeentgelte und deren Harmonisierung zwischen den Bundesländern senkt Nachfrage zwischen sechs und 16 Prozent, vor allem bei Industrie und Gewerbe
  • Zudem kann Renaturierung von Flussauen die Angebotsflexibilität steigern
  • Wasserkonflikte im Spreeeinzugsgebiet könnten auch ohne Umleitung von Elbwasser gelöst werden
  • Frühzeitiger Braunkohleausstieg verschärft Wasserproblematik nicht

„Eine nachhaltige Wasserwirtschaft sollte sowohl die lokale Nachfrage als auch das Angebot in den Blick nehmen. Eine Anpassung der Wasserentgelte kann zu Einsparungen der Wassernachfrage insbesondere im Bereich von Industrie und Gewerbe führen, Renaturierungen können das Angebot erhöhen.“ Claudia Kemfert

An der Spree führt die Erhöhung der Wassernachfrage und die drohende Senkung des Wasserangebotes zu einer angespannten Situation des Wasserhaushaltes. Hinzu kommen hydrologische Veränderungen durch den Klimawandel. In der Kontroverse über zukünftige Wasserdefizite der Spree wird seit Längerem eine großtechnische Lösung durch Umleitung großer Wassermengen zum Beispiel aus der Elbe (oftmals werden 60 Millionen Kubikmeter pro Jahr genannt) diskutiert. In diesem Bericht werden einfachere Lösungen vorgeschlagen, um die Wassernachfrage zu reduzieren und das lokale Wasserangebot zu steigern und zu flexibilisieren. Die Erhöhung und Anpassung der Wasserentnahmeentgelte in den drei betroffenen Ländern Sachsen, Brandenburg und Berlin kann zu signifikanten Einsparungen in Industrie und Gewerbe beitragen. Auch eine Verkleinerung der Tagebaurestseen kann einen Beitrag leisten. Auf der Angebotsseite kann durch Renaturierung von Flussauen die Speicherfähigkeit erhöht werden und es gibt ein Potenzial für einen größeren Regenwasserrückhalt. Ein rascher Braunkohleausstieg entlastet die Grundwasserwirtschaft und steht nicht im Widerspruch zur Lösung der drohenden Wasserkonflikte.

Im Einzugsgebiet der Spree zeichnet sich ein strukturelles Wasserproblem ab. Im Braunkohletagebau abgepumptes und in die Spree eingeleitetes Grundwasser hat zu einem hohen Wasserangebot und zur Steigerung des Wasserverbrauchs von Industrie und Haushalten geführt. Dagegen wurden die Kosten der Wasserversorgung, insbesondere der Tagebaupumpen,infoTagebaupumpen werden benötigt, um das im Tagebau anfallende Sümpfungswasser abzupumpen. den Verbrauchern von Braunkohlestrom auferlegt. Nicht von ungefähr zitiert der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD die durch Sachsen, Brandenburg und Berlin fließende Spree (Kasten 1) als eines der größten regionalen Probleme der Wasserknappheit in Deutschland.infoCDU, CSU, SPD (2025) Verantwortung für Deutschland – Koalitionsvertrag 21. Legislaturperiode, 41 (online verfügbar, abgerufen am 15. April 2025. Dies gilt für alle Onlinequellen in diesem Bericht, sofern nicht anders vermerkt).

Die Spree ist in etwa 380 km lang, entspringt in der sächsischen Oberlausitz, verläuft eine kurze Strecke durch Tschechien und dann weiter durch Sachsen, Brandenburg und Berlin, wo sie schließlich in die Havel mündet.infoDie Havel fließt flussabwärts in die Elbe, weshalb Spree und Havel als Nebenflüsse zur sogenannten Flussgebietseinheit Elbe gehören. Das Gesamteinzugsgebiet der Spree umfasst rund 10000 Quadratkilometer, überwiegend in Brandenburg; benachbarte Einzugsgebiete sind die der Schwarzen Elster, der (Lausitzer) Neiße, der Havel sowie der Oder, mit der sie durch den Oder-Spree-Kanal verbunden ist (Abbildung 1).

Die Spree ist ein Tieflandfluss mit geringem Gefälle, der bis Anfang des 20. Jahrhunderts in den Sommermonaten regelmäßig streckenweise austrocknete. Durch Hochwasserschutzmaßnahmen im Interesse der Binnenschifffahrt, Siedlungsentwicklung, Landwirtschaft und Naherholung ist die Spree heute deutlich verändert und wird künstlich betrieben. Besonders stark wirken sich dabei die Wassereinleitungen aus, die zur Grundwassersenkung bei der Gewinnung untertägiger Braunkohle vorgenommen wurden (Abbildung 2).infoVgl. Uwe Koenzen und Detlef Günther-Diringer. (2021): Auenzustandsbericht 2021. Flussauen in Deutschland. Bundesamt für Naturschutz (online verfügbar).

Der aktive Braunkohlebergbau fördert im EinzugsgebietinfoLandfläche, aus der ein Gewässer seinen Abfluss bezieht, vgl. Hans Bretschneider, Kurt Lecher, und Martin Schmidt (Hrsg.) (1982): Taschenbuch der Wasserwirtschaft, 6. Auflage, Hamburg: Parey. der Spree zur Trockenlegung der Tagebaue 11,8 m³ Wasser pro Sekunde, das entspricht in etwa dem durchschnittlichen Spreedurchfluss seit 1995. 5,2 m³ pro Sekunde werden in die Spree eingeleitet. In besonders trockenen Sommermonaten stellt dies bis zu 90 Prozent ihres Durchflusses am Eingang in den Spreewald dar, aufs Jahr gerechnet in etwa 60 Prozent. Mit dem Ende des Lausitzer Braunkohletagebaus sollen die Abbaugebiete naturnah wiederhergestellt werden. Dafür soll die Grundwasserhebung beendet, die offenen Tagebaue geflutet und die Grundwasserdefizite (heute zwischen zwei und sechs Kubikkilometer) wiederaufgefüllt werden.

Die Sicherung der Wasserversorgung entlang der Spree steht nicht nur wegen der regionalen Niederschlagsarmut und der Klimawandel-bedingt länger anhaltenden Dürreperioden vor großen Herausforderungen.infoVgl. Umweltbundesamt (2021): GLOWA-Elbe – Auswirkungen des globalen Wandels auf Umwelt und Gesellschaft im Elbegebiet (online verfügbar); sowie Theresa Horsten et al. (2010): Modellgestützte Analyse der Variabilität des Wasserhaushalts im Havel-Spree-Gebiet. In: Knut Kaiser et al. (Hrsg.): Aktuelle Probleme im Wasserhaushalt von Nordostdeutschland: Trends, Ursachen, Lösungen. Potsdam, 77–81. Hinzu kommt der Strukturwandel in der Lausitz. Dort entwässert der Braunkohlebergbau seit rund 100 Jahren die Abbaugebiete und leitet das gehobene Grundwasser in den Fluss. Wenn mit dem Ende des Braukohletagebaus auch die Tagebaupumpen abgestellt werden, führt dies zu einer Reduktion der Wassereinleitung um die Hälfte bis zu drei Vierteln der jährlichen Wassermenge, die durch die Spree fließt, in besonders trockenen Sommermonaten zum Teil bis zu 90 Prozent.infoVgl. Wilfried Uhlmann et al. (2023): Wasserwirtschaftliche Folgen des Braunkohleausstiegs in der Lausitz. Im Auftrag des Umweltbundesamtes. Abschlussbericht 90/2023. Texte. Dessau-Roßlau, 50 (online verfügbar).

Der Wasserverbrauch der Gemeinden entlang des Flusses, des Spreewaldes und der Industrie sowie die Binnenschifffahrt haben sich über viele Jahrzehnte an die künstlich erhöhte Durchflussmenge angepasst und wären durch ein Ende der Wassereinleitungen gefährdet.infoIrina Engelhardt (2024): Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU (Drucksache 207585) „Folgen des Kohleausstiegs beachten – Wassermanagement für die Spree und deren Nebenflüsse sichern“. 20(16)250-A. Berlin (online verfügbar). Letztlich wird auch die Wasserversorgung Berlins betroffen sein, denn sie hängt zum Großteil von dem Wasser ab, das die Spree in die Stadt führt. Hydrologische Modellierungen zeigen, dass bei konstant hohem Wasserverbrauch der Spreewasserdurchfluss ohne die Einleitungen aus der Lausitz für den Verbrauch, insbesondere Berlins, nicht ausreichen könnte.infoIna Pohle et al. (2016): Analyse von Wassermenge und Wasserbeschaffenheit für Klima- und Bewirtschaftungsszenarien: Aufbau und Nutzung einer Modellkaskade für das Spreeeinzugsgebiet. Hydrologie und Wasserbewirtschaftung/BfG – Jahrgang: 60.2016 (online verfügbar); Engelhardt (2024), a.a.O.; sowie Grüne Liga Brandenburg e.V. (2023): Stellungnahme zu Studie „Wasserwirtschaftliche Folgen des Braunkohleausstiegs in der Lausitz“. Cottbus (online verfügbar).

Nachfrage reduzieren: Wasserentnahmeentgelte erhöhen und planerische Elemente anpassen

In der rein ingenieurwissenschaftlichen Perspektive wird die Wassernachfrage konstant gesetzt und damit eine Wasserknappheit impliziert, sobald sich das Angebot verringert. Der Fokus liegt auf technischen Lösungen auf der Angebotsseite. Alternativ können die Anreize zu Wassereinsparungen und Wiederverwertungen erhöht und der künftige Wasserverbrauch, zum Beispiel bei der Auslegung von Tagebaurestseen, verringert werden.

Die Wasserbezugsmengen in den Ländern Sachsen, Brandenburg und Berlin werden von den jeweiligen Statistischen Landesämtern nach Wirtschaftszweigen und Versorgungsart getrennt erfasst und regelmäßig publiziert.infoDie Versorgung von Haushalten wird sowohl aufgrund der besonderen gesellschaftlichen Stellung der privaten Wasserversorgung als auch aufgrund der geringeren Preiselastizität ihrer Wassernachfrage in der Analyse ausgeklammert, vgl. Steven Renzetti (1992): Estimating the Structure of Industrial Water Demands: The Case of Canadian Manufacturing. University of Wisconsin Press, Land Economics, 68,4, 396–404 (online verfügbar). Die Landwirtschaft wurde ebenfalls ausgeklammert. Die Wirtschaftszweige verarbeitendes Gewerbe und Energieversorgung sowie Kunst, Unterhaltung und Erholung verbrauchen zusammen in den drei Spree-Anrainerländern in etwa 410 Millionen Kubikmeter (m3) Wasser im Jahr, das entspricht ungefähr der doppelten Fördermenge der Berliner Wasserbetriebe.infoZahlen des Statistischen Landesamts Berlin und Brandenburg. Für Sachsen wurde der Wert geschätzt. Vgl. auch Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (2022): Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im Land Berlin 2019, […] im Land Brandenburg 2019. Q1, 3j/2019. Potsdam; Statistisches Landesamt Sachsen (2019): Öffentliche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im Freistaat Sachsen. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in den Niederlassungen des nichtöffentlichen Bereiches im Freistaat Sachsen. Q1 und Q1, 3j/19. Korrekturausgabe. Kamenz. Der überwiegende Teil ist Kühlwasser für die Energieversorgung mit rund 81 Prozent des gewerblichen Verbrauchs (Abbildung 1).

Eine Reform der Wasserentnahmeentgelte könnte zu Wassereinsparungen beitragen

Die meisten Länder erheben ein Wasserentnahmeentgelt (oder Wassernutzungsentgelt, WEE), das mengenabhängig zu zahlen ist. Es soll eine übermäßige Entnahme verhindern und generiert Einnahmen, die in den meisten Ländern für die Erhaltung und Förderung des Gewässerzustandes zweckgebunden sind.infoJohanna Römer (2019): Die Wasserentnahmeentgelte der Länder – Kurzgutachten. BUND (online verfügbar). Die Entnahmeentgelte unterscheiden sich zum Teil deutlich (Tabelle). Es gibt Ausnahmen, für die keine Entgelte erhoben werden, sowie besondere Tarife für bestimmte Wasserarten oder Nutzungszwecke. Existierende Ausnahmen für bestimmte gewerbliche Nutzungen, zum Beispiel bei der Kühlwassernutzung in Brandenburg, scheinen eher industriepolitische als umweltpolitische Ziele zu verfolgen. Insgesamt bedeuten unterschiedliche Entgelte, dass ihre Signalwirkung für die Verbrauchsentscheidungen der Unternehmen nicht einheitlich ist.

Tabelle: Wasserentnahmeentgelte 2024 und nach Szenarien

In Cent pro Kubikmeter

Entgelte 2024 Szenario 1, Angleichung Szenario 2, Verdreifachung
Berlin
Grundwasser 31 31 93
Oberflächenwasser 0 31 93
Öffentlich versorgte Gewerbe 181 181 243
Brandenburg
Grundwasser Trinkwasser 10 31 93
Grundwasser Sonstiges 11,5 31 93
Oberflächenwasser Gewerbe 2,3 31 93
Kühlwasser, Oberflächenwasser Sonstiges 0,58 31 93
Öffentlich versorgte Gewerbe 155 176 238
Sachsen
Grundwasser 5,6 31 93
Oberflächenwasser 1,7 31 93
Kühlwasser 20 31 93
Öffentlich versorgte Gewerbe 197 222 284

Quelle: Gesetzesnormen der Länder; eigene Darstellung.

Eine bundesweite Rahmengesetzgebung und länderübergreifende Ausgestaltungen, die auf Flussgebietsebene einheitlich sind, würden die Anreizwirkung der Entgelte stärken. Die Wirkungen einer Vereinheitlichung der WEE auf dem Berliner Niveau für Grundwasser wurden durch eine Modellrechnung simuliert (Szenario 1, Kasten 2). Um darüber hinaus das Potenzial erhöhter WEE abzuschätzen, wurden die Auswirkungen einer Verdreifachung der WEE simuliert (Szenario 2, Kasten 2).

Vorliegend wird die Reaktion der gewerblichen Spreewassernachfrage auf eine Anpassung der Wasserentnahmeentgelte (WEE) simuliert. Dafür werden genutzte Mengen nach Ländern und Wirtschaftszweigen mit existierenden Preisen zusammengeführt und unter der Annahme einer bestimmten Form der Nachfrage eine Preisanpassung in zwei Szenarien simuliert.infoDie durchgeführte Simulation ist eine grobe Veranschaulichung der Möglichkeiten einer Reform der Wasserentnahmeentgelte. Die Tarife sind ebenfalls vereinfacht, da keine vollständige Datenverfügbarkeit über die tatsächlichen Aufwendungen für Wasser als Produktionsfaktor auf Betriebsebene besteht.

Szenario 1: Homogenisierung der WEE auf das Berliner Niveau für Grundwasser

Szenario 2: Homogenisierung plus Verdreifachung der WEE

Für die gewerbliche Wassernachfrage wird angenommen, dass sie durch eine Cobb-Douglas-Funktion der Form Q(P) = APγ gegeben ist.infoVgl. Fernando Arbués, Maria Ángeles García-Valiñas und Inmaculada Villanúa (2010): Urban Water Demand for Service and Industrial Use: The Case of Zaragoza. Water Resources Management 24, 4033–4048 (online verfügbar). Hier ist γ die Preiselastizität der Nachfrage. A ist eine Konstante, die für jeden Wirtschaftszweig einzeln ermittelt wird. Umstellen der Nachfragefunktion ergibt:

A = Q * Pγ

Durch die für die jeweiligen Wirtschaftszweige bekannten Parameter, Ausgangspreis und -menge Pi , Qi und dem Schätzwert γi aus der Literatur, kann Ai ermittelt und damit die Nachfragefunktion für Wirtschaftszweig i erstellt werden

Qi(Pi) = AiPiγi

Die nachgefragten Spreewassermengen im Ausgangsszenario in Industrie und Gewerbe werden zusammengefasst und zum Teil aufgrund mangelnder Datenverfügbarkeit geschätzt. Landwirtschaft, Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden werden ausgeklammert.

Für eigenversorgende Betriebe werden die jeweils geltenden WEE als Ausgangspreise angenommen. Für öffentlich versorgte Betriebe werden die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten, landesspezifischen Durchschnittspreise der öffentlichen Wasserversorgung herangezogen, die Wasserentnahmeentgelte anteilig dazu. Für die Preiselastizitäten der gewerblichen Wassernachfrage wird aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse aus der Literatur jeweils ein Minimalwert und ein Maximalwert geprüft, sodass sich im Ergebnis ein Wertebereich ergibt. Die absoluten Werte der Preiselastizitäten von verarbeitendem Gewerbe und Kunst, Unterhaltung und Erholung liegen zwischen −0,15 und −0,48, die der öffentlich versorgten Gewerbe zwischen −0,25 und −0,57 und die der Energieversorgung zwischen −0,01 und −0,03 (Tabelle).

Tabelle: Verwendete Preiselastizitäten nach Wirtschaftszweigen

Wirtschaftszweig niedrige Elastizitäten hohe Elastizitäten
Verarbeitendes Gewerbe −0,1534 −0,4801
Energieversorgung −0,01 −0,03
Kunst, Unterhaltung und Erholung −0,1534 −0,4801
Öffentlich versorgte Gewerbe −0,249 −0,567

Quelle: Eigene Annahmen basierend auf Renzetti (1992) und Lubega und Stillwell (2019).

Die Ergebnisse zeigen, dass sich eine Steigerung und Vereinheitlichung der WEE entlang der Spree-Anrainerländer positiv auf eine effiziente Wassernutzung auswirkt. Jährlich könnte die Spreewasserentnahme, je nach angenommener Preiselastizität der Nachfrage, in Szenario 1 um 23,6 bis zu 63,6 Millionen m3 gesenkt werden (Abbildung 2).infoDie Preiselastizität gibt die prozentuale Änderung der (Wasser-)Nachfrage bei einer einprozentigen Erhöhung des Entgeltes an. Das entspricht einem Rückgang der untersuchten gewerblichen Wassernachfrage zwischen sechs und 16 Prozent. Bezogen auf die Wassereinleitungen aus dem Tagebau sind es zwischen 14 und 39 Prozent. Durch die Angleichung der WEE steigen die Kosten der gewerblichen Nutzer um insgesamt 88 bis 99 Millionen Euro (Abbildung 3). 90 Prozent davon entfallen auf die Energieversorger. Die Verdreifachung der Entgelte (Szenario 2) ergibt einen Verbrauchsrückgang in Höhe von jährlich 34 bis 85,8 Millionen m3. Das entspricht einem Rückgang der gewerblichen Spreewassernachfrage zwischen acht und 21 Prozent. Eine Verdreifachung führt zu zusätzlichen Wasserentnahmeentgelten in Höhe von 273 bis 314 Millionen Euro, von denen wiederum knapp 90 Prozent von den Energieversorgern zu entrichten sind.

Mit der Erhöhung und Harmonisierung der Entgelte und der damit einhergehenden Reduktion der Nachfrage werden nicht nur Anreize geschaffen, in Recycling und Einsparungen zu investieren, insgesamt erhöht sich auch die Effizienz der Wassernutzung.infoSiehe hierzu auch Expertenkommission Forschung und Innovation (2025): Gutachten 2025, B3. Innovationen in der Wasserwirtschaft, 100ff. (online verfügbar).

Geringerer Wasserverbrauch durch kleinere Tagebaurestseen

Darüber hinaus kann der Wasserverbrauch durch eine konservativere Planung von Tagebaurestseen reduziert werden. Derzeit findet eine großflächige Umwandlung von Land- zu Seeflächen statt, sowohl für die Landschaftskonversion als auch für die Tourismusentwicklung. Dabei werden nicht nur für die Flutung der neuen Seen, sondern auch für den Ausgleich von Verdunstungsverlusten erhebliche Wassermengen benötigt.infoVgl. Uhlmann et al. (2023), a.a.O., Abschnitt 7.3.2.

Der Wasserverlust durch Verdunstung und Grundwasserneubildung wird auf rund zwei m3 pro Sekunde geschätzt. Dies entspricht in etwa der Wassermenge, die für die Elbeüberleitung vorgesehen ist.infoVgl. Uhlmann et al. (2023), a.a.O., 109. Durch die Reduzierung von geplanten Seeflächen können zukünftige Verdunstungsverluste reduziert werden.

Lokale Optionen für Wasserangebot verfügbar

Derzeit werden von Wasser- und Energiewirtschaft auf der Angebotsseite vor allem großtechnische Lösungsansätze diskutiert, insbesondere eine Überleitung aus anderen Flüssen. Einer der prominentesten Lösungsvorschläge ist die Überleitung von Elbwasser, die an unterschiedlichen Standorten möglich sein könnte.infoSogar eine Wasserleitung von der Ostsee nach Berlin, inklusive Meerwasserentsalzung, wird öffentlich diskutiert. Vgl. Lisa Lamm (2023): Berlin: Trinkwasser bald aus der Ostsee? National Geographic (online verfügbar). Dabei werden nicht nur die Kosten des Projekts und die langen Planungs- und Umsetzungszeiträume vernachlässigt, sondern auch die Tatsache, dass die Elbe selbst unter Wasserknappheit leidet.infoÜber die Kosten einer hypothetischen Elbüberleitung gibt es nur grobe Schätzungen. In einem Bericht des Grundwasserforschungsinstitutes (GFI) (2010) zu „Kosten- und Nutzenbetrachtung zur Elbewasserüberleitung in die Lausitz“ werden Investitionskosten in Höhe von bis zu 300 Millionen Euro für eine Überleitung genannt, die „Studie zur Elbwasserüberleitung“ (2009) des GFI (online verfügbar) schätzt Erstellungs- und Reinvestitionskosten auf insgesamt 500 Millionen Euro. Beide Werte sind angesichts der bestehenden Unsicherheiten als fraglich zu betrachten. Darüber hinaus trifft der Bau der Überleitung von Elbwasser in die Spree alle Anrainer, nicht nur die unmittelbaren in Sachsen, Brandenburg und Berlin. Insbesondere führt der Bau der Wasserüberleitung von der Elbe zur Spree zu einer Umverteilung zulasten von Hamburg und zugunsten von Berlin/Brandenburg.infoSandro Kappe (2021): Elbwasser für die Lausitz? – Überleitung gefordert – Was würde das für den Hamburger Hafen bedeuten? (online verfügbar). Vgl. auch Georg Meran (2025): Wasserbankrottverfahren für Spree und Elbe. Mimeo.

Kostengünstige Maßnahmen zur Angebotsflexibilisierung möglich

Statt ein Knappheitsproblem in der Spree aufwendig durch ein verschärftes Knappheitsproblem in der Elbe zu ersetzen, können lokale Potenziale zur Steigerung und Flexibilisierung des Angebots genutzt werden. Dies beinhaltet unter anderem die Renaturierung der Flussauen und eine Verbesserung der regionalen Böden zur natürlichen Wasserrückhaltung. Durch die Renaturierung von Flusssauen können im Jahr bis zu 21 Millionen m³ Wasser zusätzlich gespeichert werden, wodurch die Spree im Schnitt mit zusätzlich 0,66 m³ Wasser pro Sekunde gespeist werden könnte. Darüber hinaus gibt es ein Potenzial an Regenwasserrückhalt in den größten Siedlungen des Spree-Einzugsgebets von 0,72 m³ pro Sekunde.infoVgl. Uhlmann et al. (2023), a.a.O., 234, 235. Weitere angebotsseitige Maßnahmen sind die dezentrale Aufwertung der Nebenflüsse der Spree und die Erschließung weiterer Wasserrückhalteräume, zum Beispiel die Wiedervernässung der Moore.

Früherer Braunkohleausstieg entlastet Wasserhaushalt

Ein früherer Braunkohleausstieg fördert den Weg zu einer nachhaltigen Wasserwirtschaft, unter anderem durch die Verringerung des strukturellen Grundwasserdefizits, geringere Eisen- und Sulfateinträge sowie ein geringeres Massendefizit, das heißt den Abbau von Erdmasse, das durch Tagebaurestseen gefüllt werden muss. Ein temporärer Weiterbetrieb der Tagebaupumpen ist auch jenseits des Braunkohleausstiegs möglich und kann zur Entspannung möglicher Angebotsengpässe genutzt werden. Grundwasserpumpen nach dem Kohleausstieg werden bereits gegenwärtig an den alten Tagebauen Jänschwalde und Cottbus-Nord betrieben, was den Wasserhaushalt temporär entlastet. Die Wasserproblematik in der Lausitz kann somit getrennt vom Braunkohleausstieg diskutiert werden.infoDies bezieht sich auch auf die Diskussionen um den Tagebau Nochten, wo zeitnah der Kohleausstieg möglich ist. Dies würde ebenfalls zu einer Entlastung der Wasserversorgung beitragen. Vgl. Philipp Herpich et al. (2024): Tagebauverläufe in der Lausitz zur Einhaltung der 1,5 Grad-Grenze. FossilExit-Forschungsgruppe, Europa Universität Flensburg, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (online verfügbar).

Wasserproblematik durch Antizipation von Verteilungsfragen entspannen

Mit dem Rückgang der Wasserverfügbarkeit in der Spree und einem Zuwachs des Wasserbedarfs durch die Ansiedlung von neuen industriellen Wassernutzern werden die Verteilungskonflikte zwischen den regionalen Interessengruppen, darunter Landwirtschaft, Tourismus, Industrie, kommunale Wasserversorgung und Naturschutz, zunehmen. Dabei ist eine länderübergreifende Bewirtschaftung unerlässlich. Diese wird auch in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie gefordert, die unter anderem das Kriterium der kosteneffizienten Nutzung der Wasserressourcen und das Kriterium einer fairen und ausgewogenen Wassernutzung vorschreibt.infoEuropäisches Parlament und Rat (2000): Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (online verfügbar). Darüber hinaus müssen Verteilungskonflikte antizipiert und nach Möglichkeit entschärft werden. Dies beinhaltet sowohl die Verteilung von Wasser zwischen den drei direkt beteiligten Ländern als auch die Verteilung der Lasten zwischen Nutzergruppen.infoVgl. Georg Meran, Markus Siehlow und Christian von Hirschhausen (Hrsg.) (2020): Economics of Water. Rules and Institutions. Berlin, Heidelberg: Springer International Publishing (online verfügbar).

Eine bekannte Regel ist die Proportionalregel, bei der die Wasserzuteilung proportional zu den historisch gewachsenen Wasseransprüchen erfolgt. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in seiner relativ geringen Informationsbasis, der Nachteil liegt darin, dass es relativ unflexibel ist. Bei anderen VerfahreninfoSiehe den Überblick in: Ariel Dinar und Margaret Hogarth (2015): Game theory and water resources: Critical review of its contributions, progress and remaining challenges. Foundations and trends in microeconomics 11(1–2), 1–139. werden nicht die Wassermengen per se, sondern die im Zuge der Wasserverteilung entstehende Wertschöpfung der Wassernutzer betrachtet. Damit können Kompensationsgeschäfte einbezogen werden, wie sie in vielen internationalen Wasserverträgen zu finden sind.

Fazit: Lokale Anpassung von Nachfrage und Angebot möglich

Die Wasserproblematik entlang der Spree erfordert strukturelle Maßnahmen auf der Angebots- und Nachfrageseite. Dabei sollte der bisher praktizierte ingenieurwissenschaftliche Ansatz durch eine umweltökonomische Betrachtung sowie eine Analyse von Instrumenten in Bezug auf das Angebot und die Nachfrage ergänzt werden. Zur Lösung absehbarer Wasserknappheit entlang der Spree werden derzeit vor allem großinfrastrukturelle Überleitungslösungen, insbesondere von der Elbe, diskutiert. Die vorliegende Analyse zeigt, dass eine lokale Anpassung von Nachfrage und Angebot eher zu einer nachhaltigen Wasserwirtschaft beiträgt. Auf der Nachfrageseite kann die Erhöhung und Anpassung der Wasserentnahmeentgelte in den drei betroffenen Ländern Sachsen, Brandenburg und Berlin zu Einsparungen zwischen sechs und 21 Prozent in Industrie und Gewerbe beitragen. Auch eine Verringerung der Tagebaurestseen kann einen Beitrag leisten. Auf der Angebotsseite kann durch Renaturierung von Flussauen die Speicherfähigkeit erhöht werden und es gibt ein Potenzial an Regenwasserrückhalt.

Ein vorzeitiger Braunkohleausstieg bedeutet mitnichten eine Verschlechterung der Wassersituation in der Spree. Ein temporärer Weiterbetrieb der Tagebaupumpen ist auch jenseits des Braunkohleausstiegs möglich und kann zur Entspannung möglicher Angebotsengpässe genutzt werden, auch wenn dies keine Lösung für längere Zeiträume sein kann. Grundwasserpumpen nach dem Kohleausstieg werden bereits heute betrieben, sodass die Wasserproblematik in der Lausitz getrennt vom Braunkohleausstieg diskutiert werden kann.

Mit dem Rückgang der Wasserverfügbarkeit in der Spree nehmen Nutzungskonflikte zwischen Landwirtschaft, Industrie, Tourismus, Trinkwasserversorgung und Naturschutz zu. Eine nachhaltige Nutzung erfordert einen umweltökonomischen Ansatz, der Angebot und Nachfrage stärker einbezieht als rein technische Lösungen. Politisch gesetzte Fehlanreize, wie etwa zu niedrige und unterschiedliche Entgelte, führen zu ineffizientem Verbrauch. Einheitliche Entgelte und die Förderung wassersparender Technologien können Abhilfe schaffen, genauso eine ressourcenorientierte Planung der Tagebaurestseen.

Claudia Kemfert

Abteilungsleiterin in der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt

Astrid Cullmann

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt



JEL-Classification: Q25;Q58;H23
Keywords: Water, Spree, demand, supply, environment
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2025-21-1

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