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Sind die Unternehmen zu mächtig, Herr Duso?

Interview vom 30. Juni 2022

Die Bundesregierung will das Kartellrecht verschärfen und die Zerschlagung von Konzernen erleichtern. Der Wettbewerbsökonom Tomaso Duso hält das für eine gute Idee – zu wenig Wettbewerb sei eine Gefahr für die Demokratie.

Das Interview mit DIW-Ökonom Tomaso Duso erschien am 30. Juni 2022 in der ZEIT.

DIE ZEIT: Herr Duso, Wirtschaftsminister Robert Habeck will das Kartellrecht verschärfen, um Verbraucher vor überhöhten Preisen zu schützen. Ist das eine gute Idee?

Tomaso Duso: Ja. Das gilt vor allem für den Vorschlag, dem Bundeskartellamt die Möglichkeit zu geben, nach Sektoruntersuchungen direkt Abhilfemaßnahmen einzuleiten.

ZEIT: Was sind Sektoruntersuchungen?

Duso: Das Kartellamt schaut sich einen Wirtschaftszweig genauer an, wenn es Wettbewerbsprobleme vermutet. Im April wurde eine solche Prüfung für den Mineralölsektor auf den Weg gebracht. Das Problem ist: Im Moment können die Kartellbehörden, falls sie einen Marktmissbrauch oder ein anderes Wettbewerbsproblem feststellen, nicht direkt reagieren. Sie müssen erst ein langwieriges Verfahren einleiten. Nach den Vorstellungen des Ministeriums sollen Gegenmaßnahmen nun direkt beschlossen werden können.

ZEIT: Wie würde das in der Praxis aussehen?

Duso: Sollte das Kartellamt etwa feststellen, dass die Mineralölgesellschaften oder die Raffinerien ihre Marktmacht missbrauchen, dann könnte es künftig beispielsweise eine Entflechtung direkt am Ende der Sektoruntersuchung anordnen. So etwas gibt es etwa in Großbritannien seit einigen Jahren.

ZEIT: Entflechtung heißt: Firmen zerschlagen?

Duso: Es gibt mehrere Formen der Entflechtung. Eine Abspaltung einzelner Unternehmensteile ist die schärfste Variante, aber auch eine organisatorische Trennung ist denkbar. Man könnte etwa sagen: Ein Mineralölunternehmen darf nicht gleichzeitig Raffinerien oder Tankstellennetze betreiben, weil das den Wettbewerb einschränkt.

ZEIT: Gibt es denn Ihrer Meinung nach ein Wettbewerbsproblem im Tankstellenmarkt? Den Ölkonzernen wird vorgeworfen, den Tankrabatt nicht oder nur teilweise weitergegeben zu haben.

Duso: Das Problem liegt weniger bei den Tankstellen und mehr bei den Raffinerien. Wir haben es mit einer oligopolistischen Marktstruktur zu tun. Wenige Anbieter beherrschen den Markt. Es gibt zum Beispiel in Deutschland nur zwölf Raffinerien. Es ist aber weniger klar, ob diese Marktmacht auch missbraucht worden ist – ob es zum Beispiel verbotene Preisabsprachen gegeben hat.

ZEIT: Womöglich verstößt niemand gegen Gesetze, und der Rabatt wird trotzdem einbehalten?

Duso: Ja. Die Unternehmen sind nicht unbedingt bösartig. Sie verhalten sich so, wie man sich in einem Oligopol verhält, wenn man seine Gewinne maximieren will.

Das vollständige Interview finden sie in der ZEIT.

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