Medienbeitrag vom 28. Februar 2024
Tomaso Duso, Wettbewerbsspezialist des DIW, erklärt, warum der Bund sich nicht als Unternehmer gerieren sollte Ein Interview von Nina Luttmer.
Sollte der Staat an Unternehmen beteiligt sein, oder sich vollkommen aus dem Wirtschaftsleben heraushalten? Sollte er bedeutsame Firmen in Krisensituationenretten, oder nicht? Diese Diskussion flammt immer wieder auf, zuletzt besonders stark während der Corona-Pandemie als der Bund bei mehreren großen Unternehmen einstieg. Und als der Staat vor kurzem einen Teil seines Aktienpakets an der Deutschen Post verkaufte, schlug dies hohe Wellen. Tomaso Duso ist Spezialist für Wettbewerbsrecht beim Wirtschaftsforschungsinstitut DIW Berlin und erklärt, wieso er Staatsbeteiligungen im Regelfall für keine gute Idee hält.
Dieses Interview mit Tomaso Duso erschien am 28. Februar 2024 in der Frankfurter Rundschau.
Herr Duso, Anfang Februar hat der Bund sich von Aktien der Deutschen Post getrennt. Er hält aber weiterhin mehr als 16 Prozent an dem Unternehmen. Die Gewerkschaft Verdi kritisierte, es werde „Tafelsilber verscherbelt, um selbstverschuldete Löcher im Bundeshaushalt zu stopfen“. Teilen Sie diese Meinung?
Nein. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass der Staat an Unternehmen, besonders in einem Markt mit Wettbewerb, nicht beteiligt sein sollte. Die Post ist ein gutes Beispiel dafür, wieso das keine gute Idee ist. Im Postmarkt ist der Staat zugleich Spieler und Richter und das kann problematisch sein. Die Monopolkommission, in der ich Mitglied bin, hat seit vielen Jahren auf die Notwendigkeit einer Novellierung des Postgesetzes hingewiesen. Jetzt kommt sie endlich und kann tatsächlich dazu beitragen, den schwachen Wettbewerb auf dem Briefmarkt ein wenig zu beleben. Aber die Post AG hat tatsächlich versucht, eine Umsatzsteuerbefreiung des Teilleistungszugangs für sich durchzusetzen. Das wäre ein riesiges Geschenk für die Post, das den bestehenden Wettbewerb zerstören könnte und hoffentlich nicht verwirklicht wird.
Sie sagen also, dass der Staat Unternehmen, an denen er beteiligt ist, bevorzugt?
Unternehmen in Staatsbesitz sind politische Tiere. Sie können genutzt werden, um bestimmte politische Ziele zu erreichen. Es ist aber meistens keine gute Idee, wenn der Staat gleichzeitig Eigentümer und Richter ist. Das ist ein potenzieller Interessenskonflikt.
Die Gewerkschaft Verdi hat dem Bund in Zusammenhang mit dem Post-Verkauf geraten, doch lieber die jährlichen Dividenden zu nutzen und damit Zukunftsinvestitionen zu tätigen, anstatt Beteiligungen zu verkaufen. Regelmäßige Dividenden sind doch wirklich eine feine Sache, oder?
Der Staat sollte sich nicht in Unternehmen beteiligen, um Dividenden zu generieren. Sonst müsste er sich ja absurderweise eher an guten, zukunftsorientierten Unternehmen beteiligen, etwa an Tech- Unternehmen und Start-ups. Insofern halte ich diese Argumentation für etwas verquer. Der deutsche Staat hält zum Teil noch Aktienpakete aus früheren Zeiten der Liberalisierung und Privatisierung staatlicher Monopole, wie an der Post oder der Telekom. Diese könnten nun abgebaut werden. Er ist aber auch immer wieder in systemrelevante Unternehmen eingestiegen, um sie zu retten wie etwa in die Commerzbank in der Finanzkrise, in die Lufthansa in der Corona-Krise und in Uniper, um die Energieversorgung nach Beginn des Kriegs in der Ukraine zu sichern. Das Ziel war systemrelevante Unternehmen in einer Krisensituation zu retten, nicht dem Staat schöne Dividenden zu sichern.
Das vollständige Interview kann in der Frankfurter Rundschau vom 28.2.2024 nachgelesen werden.
Themen: Industrie , Unternehmen