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Ein Erneuerbare-Energien-Pool lässt Verbraucher*innen an den Vorteilen der Energiewende teilhaben

DIW Wochenbericht 15 / 2024, S. 227-234

Karsten Neuhoff, Mats Kröger, Leon Stolle

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  • Obwohl die Bedeutung kostengünstiger erneuerbarer Energien im Strommix steigt, sorgen sich Stromverbraucher*innen wegen hoher und unsicherer Strompreise
  • Ein „Erneuerbare-Energien-Pool“ ermöglicht stabile und bezahlbare Strompreise für Verbraucher*innen und sichert die Finanzierung neuer Wind- und Solarprojekte
  • Über den EE-Pool werden die attraktiven Konditionen langfristiger Absicherungsverträge an die Verbraucher*innen weitergegeben
  • Stromverbraucher*innen sind mit dem Erzeugungsprofil des Pools abgesichert, wodurch die Anreize gestärkt werden, in Flexibilität zu investieren
  • Ein EE-Pool würde die aktuelle Förderung erneuerbarer Energien anhand der gleitenden Marktprämie ablösen

Hohe und unsichere Stromkosten werden von der deutschen Wirtschaft als große Herausforderungen angesehen. Über einen Erneuerbare-Energien-Pool (EE-Pool) könnten derartige Preisrisiken mittelfristig abgesichert werden. Im Poolkonzept werden die günstigen Konditionen wettbewerblicher Ausschreibungen für neue Windkraft- und Solarprojekte an die Stromverbraucher*innen weitergegeben. Die Strompreise der Kund*innen werden so für den Anteil ihres Verbrauchs abgesichert, der dem Erzeugungsprofil des Pools entspricht. Dadurch werden die Anreize gestärkt in Flexibilität zu investieren, beispielweise in Wärmespeicher oder Batterien, um so den Strombedarf an die Wind- und Solarerzeugung anzupassen. Zudem bietet der Pool eine Referenz, um an Terminmärkten neue Produkte zur Absicherung von Flexibilität zu handeln. Neben den Vorteilen für Stromverbraucher*innen adressiert der Pool auch Finanzierungsrisiken für Projektentwickler erneuerbarer Energien und senkt damit deren Finanzierungskosten. So kann der Ausbau der Windkraft- und Solarenergie gefördert werden. Der EE-Pool trägt dazu bei, dass erneuerbare Energie noch besser zur Energieversorgung genutzt werden und das Stromsystem auf eine Welt mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien vorbereitet wird.

Die StromerzeugungskosteninfoDie Erzeugungskosten, oft auch Stromgestehungskosten (Englisch: Levelized Cost of Electricity – LCOE) genannt, sind ein gängiges Maß, um die Kosten unterschiedlicher Technologien der Stromerzeugung zu vergleichen. Dabei werden sowohl die Errichtungskosten als auch sämtliche variablen Kosten in Relation zu der über die gesamte Betriebsdauer produzierten Menge Strom einer Anlage gesetzt. für erneuerbare Energien sind in den letzten Jahren stark gesunken. So fielen die Kosten im Zeitraum von 2010 bis 2022 um 89 Prozent für Solaranlagen, um 69 Prozent für Windkraftanlagen an Land und um 59 Prozent für Windkraftanlagen auf See (Abbildung 1).infoInternational Renewable Energy Agency (IRENA) (2023): Renewable Power Generation Costs in 2022. International Renewable Energy Agency (online verfügbar, abgerufen am 20. März 2024. Dies gilt für alle Onlinequellen in diesem Bericht, sofern nicht anders angegeben). Obwohl inzwischen mehr als die Hälfte des Stroms durch erneuerbare Energien erzeugt wird,infoPressemitteilung der Bundesnetzagentur vom 3. Januar 2024: Bundesnetzagentur veröffentlicht Daten zum Strommarkt 2023 (online verfügbar). konnten die Kostenrückgänge bei den erneuerbaren EnergieninfoBundesnetzagentur, a.a.O. Stromkund*innen in den letzten Jahren nicht vor den Preissprüngen auf dem Gas- und Kohlemarkt bewahren. Grund ist die Preisbildung am Strommarkt, bei der die teuerste Anlage den Preis setzt. Damit bestimmen weiterhin die Erzeugungskosten der Gas- und Kohlekraftwerke in den meisten Stunden den Preis des gesamten Stromangebots.

Derzeit bleiben die geopolitische Lage sowie die zukünftige Entwicklung der Energie- und Klimapolitik unsicher. Preissprünge bei fossilen Energieträgern sind auch in den kommenden Jahren nicht auszuschließen, auch wenn zuletzt die Preise wieder gesunken sind. Diese Unsicherheit spiegelt sich auch in den Erwartungen von Unternehmen als Stromverbraucher in der Europäischen Union wider. In einer von der Europäischen Investitionsbank im Jahr 2023 durchgeführten Befragung, äußerten sich 59 Prozent der befragten Unternehmen sehr besorgt über die Energiepreise und 47 Prozent über die Unsicherheit der Preisentwicklung.infoEuropean Investment Bank (2024): EIB Investment Survey – European Union Overview (online verfügbar). Die Ergebnisse basieren auf Interviews mit 12030 Firmen der Europäischen Union zwischen April und Juli 2023.

Prinzipiell könnten sich Unternehmen und Energieversorger gegen Preisschwankungen absichern, indem sie mit Stromproduzent*innen langfristige Strombezugsverträge abschließen, in denen die Preise und Liefermengen für die kommenden Jahre festgelegt sind. Solche bilateralen Verträge beinhalten jedoch schwer zu handhabende Herausforderungen für viele Unternehmen. Dazu gehören Ausfallrisiken des Vertragspartners und Sicherheiten, die hinterlegt werden müssen. Insbesondere ist es für stromintensive Unternehmen riskant, den Preis eines großen Teils ihrer Stromnachfrage durch langfristige Lieferverträge abzusichern, wenn die Preise ihrer verkauften Produkte nicht für den vergleichbaren Zeitraum abgesichert sind. Daher werden Instrumente diskutiert, die die Probleme der bisherigen bilateralen Verträge vermeiden und den Strommarkt gegenüber künftigen Preisschwankungen robust machen.

Der EE-Pool ermöglicht Stromkund*innen und Projektentwicklern erneuerbarer Energien eine beidseitige Absicherung von Preisrisiken

Der Erneuerbare-Energien-Pool (kurz „EE-Pool“)infoDas Konzept des EE-Pools sowie die Berechnungen in diesem Wochenbericht basieren auf Karsten Neuhoff et al. (2023): Contracting Matters: Hedging Consumers and Producers with a Renewable Energy Pool. DIW Diskussionspapier Nr. 2035 (online verfügbar). beinhaltet drei Elemente (Abbildung 2). Erstens eine öffentlich beauftragte Agentur, die eine Auktion initiiert, um langfristige Verträge zum günstigsten Preis für neue Windkraft- und Solarprojekte abzuschließen. Zweitens einen Vertragspool, in dem die Verträge zusammengefasst werden. In den Pool gehen dabei Anlagen mit unterschiedlichen Technologien an verschiedenen Standorten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Inbetriebnahme ein. Im EE-Pool werden somit langfristige Absicherungsverträge zusammengefasst, die das Investitionsrisiko der Entwickler*innen von Windkraft- und Solarprojekten reduzieren. Drittens erhalten die Stromkund*innen einen Vertrag für einen Teil der gepoolten Erzeugung. Damit sichern sie sich ebenfalls zu attraktiven Konditionen langfristig gegen Strompreisrisiken ab. In diesem Konzept werden die Konditionen von den erneuerbaren Projekten über den Pool an die Stromverbraucher*innen weitergeleitet. Dieses Gesamtkonzept ist für die öffentlichen Haushalte neutral.

Mit einem EE-Pool wird einerseits die Finanzierung für zukünftige Windkraft- und Solarprojekte sichert und es werden Erlösunsicherheiten adressiert, die ansonsten die deutschen Ausbauziele gefährden und verteuern könnten. Andererseits kommt der Kostenvorteil der erneuerbaren Energien direkt bei Stromkund*innen an. Günstige und verlässliche Strompreise sind eine Voraussetzung für die weitere Elektrifizierung, die in vielen Sektoren eine wichtige Komponente auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft darstellt. Sie tragen dazu bei, dass die Industrietransformation gelingen kann. Indem über den EE-Pool die Vorteile von Wind- und Solarenergie direkt an die Stromkund*innen weitergegeben werden, wird die politische Unterstützung für die Energiewende gestärkt.

Über einen EE-Pool können Kund*innen von den günstigen Erneuerbaren profitieren

Die Elemente des EE-Pools bauen auf bisherigen Strukturen auf. Die Absicherungsverträge werden von einer öffentlich beauftragten Institution – bislang die Netzbetreiber – in Auktionen an die Anlagenbetreiber von erneuerbaren Energien vergeben. Die Preise in erfolgreichen Geboten definieren den Vertragspreis für die jeweilige Absicherung des Strompreises eines Projektes, wie dies auch bisher in den Auktionen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) der Fall ist. Liegt der Marktpreis in einer Stunde, in der eine Anlage Strom produziert, unter diesem Vertragspreis, so wird dem Anlagenbetreiber der Unterschied ausgezahlt. Ergänzend zu dem bisherigen System muss der Anlagenbetreiber in Stunden, in denen der Marktpreis über dem Vertragspreis liegt, die überschüssigen Erlöse an den EE-Pool zurückerstatten. Solche symmetrischen Langfristverträge sichern die Stromproduzenten somit gegen Preisrisiken ab und die Projekte können zu geringeren Finanzierungskosten realisiert werden.infoVgl. Mats Kröger, Karsten Neuhoff und Jörn C. Richstein (2022): Differenzverträge fördern den Ausbau erneuerbarer Energien und mindern Strompreisrisiken. DIW Wochenbericht Nr. 35, 439–447 (online verfügbar).

Die bisherige einseitige Absicherung über die gleitende Marktprämie für neue Projekte wird mit Einführung des EE-Pools abgeschafft. Das motiviert die Entwickler neuer Windkraft- und Solarprojekte sich am EE-Pool zu beteiligen. Ein weiterer Vorteil aus dem EE-Pool ist die Absicherung gegen regulatorische Unsicherheiten wie die Einführung von Preiszonen oder lokalen Preisen.

Mit der Umstellung auf eine symmetrische Absicherung können die Vorteile der Verträge an die Konsument*innen weitergegeben werden. Die Gesamtheit der langfristigen Verträge wird aggregiert, wodurch sich ein Gesamtvolumen und ein durchschnittlicher Preis ergeben. Die Erzeugung aus dem EE-Pool wird danach anteilig an Konsument*innen verteilt. Unter dem bisherigen Förderregime entstanden für die Verbraucher*innen ausschließlich Kosten, die über die EEG-Umlage weitergegeben wurden und die seit Juli 2022 aus dem Bundeshaushalt gezahlt werden. Nach der Einführung der symmetrischen Absicherung kann es dagegen für Verbraucher*innen sehr attraktiv sein, an den Rückzahlungen aus den Verträgen in Perioden hoher Strompreise beteiligt zu werden. Wären symmetrische Vertragsstrukturen bereits in der Vergangenheit eingeführt worden, so wäre es während der Energiepreiskrise zu hohen Rückzahlungen und zu einer deutlich reduzierten Belastung der Verbraucher*innen gekommen.infoVgl. Jörn Richstein, Frederik Lettow und Karsten Neuhoff (2022): Marktprämie beschert Betreibern erneuerbarer Energien Zusatzgewinne: Differenzverträge würden VerbraucherInnen entlasten. DIW aktuell Nr. 77 (online verfügbar). Die Weitergabe der Absicherungsverträge hat den Vorteil, dass die Zahlungen in Jahren mit niedrigen Strompreisen nicht wie im bisherigen Förderregime den Bundeshaushalt belasten, da sich Zahlungen und Rückzahlungen von Poolkund*innen und Stromproduzent*innen in jeder Periode ausgleichen.

Da im Rahmen der deutschen Ausbauziele für erneuerbare Energien jedes Jahr weitere Auktionen erfolgen, würde das Volumen im EE-Pool über die Jahre stetig steigen. In einem Szenario, in dem bereits ab 2025 auktionierte Anlagen im EE-Pool zusammengefasst werden (Abbildung 3), bestünde der EE-Pool in den ersten Jahren aus Solar- und Windkraftanlangen an Land. Wegen der längeren Projektentwicklungszeiten käme erst ab 2029 auch die Erzeugung von Windkraft auf See dazu. In diesem Fall könnten, basierend auf den Ausbauzielen der Regierung, bereits ab 2028 über 100 Terawattstunden Erzeugung über den Pool abgesichert werden. Der genaue Preis des EE-Pools hängt von den Erzeugungskosten für erneuerbare Energien ab, da diese maßgeblich im Gebotsverfahren der Auktionen sind. Bei Gewichtung der prognostizierten technologiespezifischen ErzeugungskosteninfoVgl. International Energy Agency (2023): World Energy Outlook 2023, IEA, Paris (online verfügbar). mit den jeweiligen Poolvolumina würden die durchschnittlichen Erzeugungskosten des EE-Pools in der Größenordnung von 50 bis 60 Euro pro Megawattstunde liegen.

Es stellt sich die Frage, welche Risiken die Stromkund*innen mit einer Beteiligung am EE-Pool eingehen, insbesondere dann, wenn die Strompreise langfristig unter die Preise im EE-Pool fallen. Dieser Fall wäre zu erwarten, wenn die Erzeugungskosten der erneuerbaren Energien weiter fallen oder Strompreise stark subventioniert werden würden. Dies könnte prinzipiell zu einer strukturellen Benachteiligung von abgesicherten Unternehmen gegenüber Mitbewerber*innen führen, die sich bislang nicht abgesichert haben oder auf staatliche Eingriffe im Fall einer Preiskrise warten. Dies kann vermieden werden, wenn die Stromkund*innen im Pool eine Ausstiegsoption erhalten, beispielsweise durch eine fünfjährige Kündigungsfrist. In diesem Fall müsste der Staat als Garant des EE-Pools für die Kosten aus den verbleibenden Verträgen aufkommen. So entsteht de facto eine regulatorische Garantie der Regierung an die Unternehmen im EE-Pool, die sie vor Benachteiligungen aufgrund künftiger staatlicher Regulierungen bewahrt. Solche Benachteiligungen könnten zum Beispiel durch eine Subventionierung von Anlagen außerhalb des Pools, und damit von Stromkund*innen, die nicht im Pool sind, entstehen. Auf der anderen Seite verhindert eine lange Kündigungsfrist von zum Beispiel fünf Jahren, dass die Unternehmen den Pool bei kurzfristigen Schwankungen der Großhandelspreise verlassen.

Verteilung des EE-Pools sollte von der Transformation besonders betroffene Kundengruppen bevorzugen

Für die Verteilung der im EE-Pool vereinten Erzeugung an Konsument*innen gibt es verschiedene Optionen: eine „pro rata“-Beteiligung, eine Auktionierung oder eine prioritäre Zuteilung.

Bei der „pro rata“-Zuteilung werden alle Stromkund*innen entsprechend ihrem Anteil am Gesamtstromverbrauch abgesichert. Dies wäre das einfachste und langfristig plausible Prinzip. Damit könnte aber in den nächsten Jahren keine ausreichende Absicherung von besonders betroffenen Prioritätskunden ermöglicht werden, da das Volumen des EE-Pools erst aufgebaut werden muss, so dass in den ersten Jahren nur geringe Volumen zur Verfügung stünden. Als weitere Option wäre eine Zuteilung mittels Auktionen denkbar. Dies würde dazu führen, dass die Unternehmen mit der höchsten Zahlungsbereitschaft Zugang zu der Absicherung erhalten. Damit werden jedoch nicht zwangsläufig auch solche Unternehmen berücksichtigt, die stabile und kostengünstige Strompreise benötigen, um in Transformationsprozesse zu investieren.

Eine dritte Möglichkeit ist eine prioritäre Zuteilung an besonders von der Energiewende betroffene Kundengruppen. Zu diesen gehören Unternehmen, die in Elektrifizierungsprozesse investieren und dadurch besonderes Interesse an einer Absicherung der Stromkosten haben. Eine weitere Gruppe sind stromintensiv produzierende Unternehmen, die international starkem Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind. Für diese könnten die Unsicherheiten des Transformationsprozesses gemindert und so die notwendige Investitionssicherheit gestärkt werden. Eine dritte Gruppe sind Anwohner*innen von Windkraft- und Solarparks, bei denen die Zuteilung eine Erhöhung der Akzeptanz für die Parks bewirken könnte.infoVgl. Jakob Knauf (2022): Can’t buy me acceptance? Financial benefits for wind energy projects in Germany. Energy Policy 165, 112924 (online verfügbar). Der EE-Pool könnte so Investitionen in diese Projekte fördern. Das öffentliche Interesse an den Projekten und ihre positiven Externalitäten begründen eine solche prioritäre Zuteilung.

Diskussionsrunden mit Stakeholder*innen haben einen großen Zuspruch bei allen potenziellen Kund*innen für Anteile am EE-Pool aufgedeckt. Es ist daher davon auszugehen, dass kurzfristig die Nachfrage nach einer Absicherung das Angebot übersteigen würde. Daher wird wohl eine Festlegung von Zugangskriterien kontrovers diskutiert werden. Das ist jedoch auch ohne EE-Pool zu erwarten, wenn der Staat bei hohen Strompreisen interveniert, um besonders betroffene Stromkund*innen mit Haushaltsmitteln zu unterstützen. In jedem Fall ist darauf zu achten, die Entscheidung über die Priorisierung in einem transparenten und nachvollziehbaren parlamentarischen Prozess zu diskutieren und zu entscheiden.

EE-Pool bietet Vorteile durch Strompreissicherheit und geringe Finanzierungskosten

Für Konsument*innen hätte der EE-Pool vor allem den Vorteil, dass er ihre Stromkosten absichert. Sie würden von hohen Belastungen in Zeiten unerwartet hoher Energiepreise verschont. Damit sinkt der Druck auf den Staat, durch Ad-hoc-Maßnahmen preissenkend in den Markt einzugreifen oder Stromkund*innen mit Haushaltsmitteln zu entlasten. In der Energiepreiskrise 2022 hätte ein EE-Pool für beteiligte Stromkund*innen zu deutlich niedrigeren Kostensteigerungen geführt (Abbildung 4).infoDen Berechnungen in Abbildung 4 liegt die Annahme zugrunde, dass die Durchschnittskosten in den Politikoptionen dieselben sind. Die Abbildung ist daher weniger eine Voraussage des Poolpreises, als vielmehr eine Illustration der reduzierten Strompreisvolatilität. Darüber hinaus geht die Strompreisabsicherung mit besserer Planbarkeit und größerer Investitionssicherheit einher. Private Hauseigentümer*innen können die Einrichtung einer Wärmepumpe besser kalkulieren. Für Unternehmen senkt er das Risiko, in Elektrifizierungsprozesse zur Emissionsminderung zu investieren.

Denselben Effekt könnten Kund*innen zwar theoretisch auch durch bilaterale Verträge mit Stromproduzenten erreichen. Bei diesen wären jedoch, erstens, die Finanzierungskosten für Windkraft- und Solarprojekte und damit die Stromgestehungskosten im Vergleich zum EE-Pool um zehn Prozent höher, wie eine Studie des DIW Berlins zeigt.infoVgl. Nils May und Karsten Neuhoff (2021): Financing Power: Impacts of Energy Policies in Changing Regulatory Environments. The Energy Journal, 42(4), 131–151 (online verfügbar). Dies ist der Fall, da im Unterschied zu einem staatlich abgesicherten Vertrag das Ausfallrisiko der Gegenseite größer ist. Zweitens wirken sich bilaterale Verträge – sofern sie ein großes Volumen erreichen – negativ auf die Kreditwürdigkeit der Unternehmen aus. Dies erhöht die Finanzierungskosten und entspricht einem weiteren Kostenanstieg für den abgesicherten erneuerbaren Strom um 20 Prozent. In der Praxis können, drittens, nicht alle Unternehmen solche bilateralen Stromverträge in der Größenordnung ihres tatsächlichen Strombedarfs abschließen. Der EE-Pool weitet daher den Kreis der langfristig gegen Preisschwankungen abgesicherten Kund*innen aus und reduziert die Kosten der Energiewende.

Viertens hat der EE-Pool gegenüber der bilateralen Absicherung von Stromkund*innen mit einzelnen Projekten den Vorteil eines „flacheren“ Erzeugungsprofils. Indem Windkraft- und Solaranlagen zusammengefasst werden, die sich in ganz Deutschland – und perspektivisch auch in Nachbarländern – befinden, reduziert sich die Volatilität der erfassten Erzeugung. Dies lässt sich schematisch für einen Pool zeigen, der je zur Hälfte aus Solar- und Windkraftanlagen des aktuellen deutschen Erzeugungsprofils besteht, verglichen mit der Erzeugung nur von Windkraftanlagen an Land (Abbildung 5).

Der EE-Pool setzt Anreize für eine flexible Stromnachfrage

Ein EE-Pool hätte zudem den Vorteil, dass Stromkund*innen einen Anreiz haben, sowohl in Flexibilität zu investieren als auch im Betrieb ihre Nachfrage an kurzfristige Preissignale anzupassen. Diese Anreize entstehen, da Kund*innen durch ihren Anteil am EE-Pool mit dem Erzeugungsprofil des EE-Pools abgesichert sind. Sie erhalten daher nur dann eine vollkommene Absicherung des Strompreises, wenn ihre Nachfrage genau dem Profil der erneuerbaren Energien folgt. Für Kund*innen mit weniger flexibler Nachfrage bedeutet dies, dass sie für den Teil ihrer Nachfrage, der höher ist als die Absicherung durch den EE-Pool, den Strompreisrisiken der Kurzfristmärkte ausgesetzt sind. Hierdurch werden Anreize gesetzt, kostengünstige Flexibilitätspotenziale zu erschließen und dadurch Kosten für die Stromkund*innen und das System gering zu halten. Unternehmen können beispielsweise in Flexibilisierung der Produktion und Speicher von Wärme sowie von industriellen Zwischenprodukten investieren.

Die Größenordnung der Kosten, die für Stromkund*innen mit inflexibler Nachfrage entstehen, und somit auch die Höhe der Anreize für Investitionen in Flexibilität, können mit Hilfe von Marktwertdaten der erneuerbaren Energien dargestellt werden (Abbildung 6). Die grüne Fläche zeigt den zwölfmonatigen gleitenden Mittelwert des Marktwerts eines EE-Pools in Relation zu den Strompreisen auf Kurzfristmärkten. Dieser Wert liegt in der Regel unter 100 Prozent, da bei hohem Stromangebot aus erneuerbaren Energien der Strompreis im Vergleich zum Durchschnitt tendenziell geringer ist. Flexible Konsument*innen, die ihre Nachfrage perfekt an das Erzeugungsprofil des EE-Pools anpassen können, hätten Stromkosten in der Höhe der grünen Linie. Für inflexible Konsument*innen entstehen hingegen Kosten, da sie Strom außerhalb der Absicherung über den EE-Pool beziehen müssen. Dies wäre vor allem in Stunden geringer Produktion aus erneuerbaren Energien der Fall, in denen der Spotmarktpreis durchschnittlich über dem Preis des Pools liegt. Diese Kosten (graue Fläche) lägen für Stromkund*innen mit völlig inflexibler Nachfrage im Beispiel des hier unterstellten hypothetischen EE-Pools aktuell bei knapp 20 Prozent des Strompreises.

Die Absicherung mit dem Erzeugungsprofil des EE-Pools führt nicht nur zu Anreizen bei der Flexibilisierung des Verbrauchs, sondern sollte auch zur Weiterentwicklung von Terminmärkten beitragen. Jedes Unternehmen entscheidet sich, in welchem Umfang es in eigene Flexibilität investiert oder sich am Terminmarkt absichert. Diese Nachfrage nach Terminprodukten für Flexibilität erlaubt es wiederum Betreiber*innen von Batteriespeichern oder Wärmenetzen, die Erlöse aus dem flexiblen Betrieb ihrer Anlagen abzusichern, und verbessert somit die Rahmenbedingungen für Investitionen.

Ausgestaltung des EE-Pools sollte kompatibel mit künftigen Reformen des Strommarkts sein

Bei der Ausgestaltung der Vergabeverfahren und der Langfristverträge zwischen EE-Pool einerseits und Windkraft- und Solarprojekten andererseits muss sichergestellt werden, dass Anlagen systemorientiert gebaut und betrieben werden. Im Betrieb sollte sichergestellt werden, dass Anlagen nicht bei negativen Strompreisen produzieren. Hierzu gibt es verschiedene Optionen: Eine Möglichkeit ist die Absicherung des stündlichen Strompreises für die Produzent*innen, bei der durch klare Regelungen festgeschrieben ist, dass Anlagen in Stunden negativer Strompreise keine Vergütung erhalten. Allerdings würde hieraus ein schwer zu prognostizierender Erlösausfall resultieren. Eine weitere Möglichkeit, das Erlösrisiko für die Produzent*innen zu reduzieren, besteht darin, in Stunden negativer Strompreise die potenziell mögliche Produktion, statt der realisierten Produktion abzusichern. Dies würde die Anreize wiederherstellen und Erlössicherheit sowie niedrige Finanzierungskosten erhalten. Verschiedene Forschungsgruppen haben in den letzten Monaten vergleichbare Lösungsvorschläge gemacht, die alle darauf basieren, die Zahlungen der symmetrischen Absicherung von den tatsächlichen Produktionsentscheidungen der Anlagenbetreiber zu entkoppeln.infoVgl. Ingmar Schlecht, Christoph Maurer und Lion Hirth (2024): Financial contracts for differences: The problems with conventional CfDs in electricity markets and how forward contracts can help solve them. Energy Policy, 186, 113981 (online verfügbar). David Newbery (2023): Efficient renewable electricity support: Designing an incentive-compatible support scheme. The Energy Journal, 44(3), 1–22 (online verfügbar); Regulatory Assistance Project (2023): The search for two-sided CfD design efficiency – a Shakespearean history (online verfügbar). Ein EE-Pool ist auch mit diesen Vorschlägen kompatibel.

Das Design des EE-Pools sollte so gewählt werden, dass Stromkund*innen gegenüber regulatorischen Unsicherheiten über mögliche zukünftigen Strommarktreformen abgesichert sind. Ein Beispiel dafür ist die Einführung von lokalen Preisen beziehungsweise Strompreiszonen. Diese könnten an die Stelle der deutschen Einheitspreiszone treten, um die regionale Stromnachfrage und das -angebot besser in Einklang zu bringen. Die dem EE-Pool zugrunde liegenden Verträge sollten so spezifiziert sein, dass sowohl Stromproduzent*innen als auch -kund*innen im EE-Pool jeweils direkt gegen den Strompreis an ihrem Einspeise- beziehungsweise Abnahmepunkt abgesichert sind. Allerdings könnte dies den Effekt haben, dass sich die Zahlungen an und aus dem EE-Pool nicht mehr ausgleichen. Um diese preislichen Unterschiede zu bereinigen, sollten die Engpasserlöse, die bei Einführung lokaler Preise entstehen, teilweise genutzt werden. Dadurch wäre die Haushaltsneutralität des EE-Pools weiterhin sichergestellt.

Fazit: Ein EE-Pool sichert Stromerzeuger*innen und -verbraucher*innen gleichermaßen gegen Preisrisiken ab

Der EE-Pool stellt eine attraktive Möglichkeit dar, die Vorteile einer Absicherung der Strompreise von Stromproduzent*innen an die Verbraucher*innen weiterzugegeben. Im EE-Pool werden langfristige Absicherungsverträge, die das Investitionsrisiko der Entwickler*innen von Windkraft- und Solarprojekten reduzieren, zu einem Vertragspool zusammengefasst. Dieser Vorteil wird im zweiten Schritt anteilig an die Stromkund*innen weitergegeben. Durch das Senken des Investitionsrisikos reduziert der Pool die Finanzierungskosten für erneuerbare Energienprojekte, was sich positiv auf die Erzeugungskosten auswirkt. Für Stromverbraucher*innen ermöglicht er eine Absicherung gegen künftige Preisschocks. Zudem unterstützt er Investitionen in Flexibilität und die Entwicklung von mit erneuerbaren Energien kompatiblen Terminprodukten. Der EE-Pool ist ein wichtiger Baustein für einen Strommarkt mit steigenden Anteilen erneuerbarer Energien.

Leon Stolle

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Klimapolitik

Mats Kröger

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Klimapolitik

Karsten Neuhoff

Abteilungsleiter in der Abteilung Klimapolitik



JEL-Classification: L94;Q48;Q41
Keywords: Renewable Energy Policy, Electricity Markets, Flexibility
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2024-15-1

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