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Mädchen und Jungen bekommen in Deutschland gleich viel Taschengeld

DIW Wochenbericht 19 / 2022, S. 276-280

Lukas Hain, Katharina Wrohlich

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  • Studien belegen regelmäßig mit Blick auf finanzielle Aspekte Unterschiede zwischen Frauen und Männern – bekannt sind etwa der Gender Pay Gap und der Gender Pension Gap
  • Dieser Wochenbericht zeigt auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels: Beim Taschengeld sind Jungen und Mädchen in Deutschland im Durchschnitt gleichgestellt
  • Befund gilt für alle Altersgruppen von sieben bis 19 Jahren und auch dann, wenn Taschengeldhöhe nach Einkommen der Eltern analysiert wird
  • Ob im Haushalt der Vater oder die Mutter das letzte Wort in finanziellen Angelegenheiten hat, spielt ebenfalls keine Rolle
  • Ergebnis ist bemerkenswert, denn bei anderen finanziellen Zuwendungen von Eltern an ihre Kinder, etwa Schenkungen und Erbschaften, gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede

„Wir stellen fest, dass Eltern in Deutschland offenbar der Ansicht sind, dass ihren Söhnen genau das gleiche Taschengeld zusteht wie ihren Töchtern. Das ist auf jeden Fall eine gute Nachricht und durchaus bemerkenswert, weil es in vielen anderen Situationen teilweise große Unterschiede zwischen Frauen und Männern gibt.“ Katharina Wrohlich

Regelmäßig belegen Studien mit Blick auf finanzielle Aspekte Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Hinlänglich bekannt sind etwa die Gender Gaps bei Verdiensten und Renten. Dieser Wochenbericht zeigt, dass es eine Ausnahme gibt: Beim Taschengeld sind Mädchen und Jungen in Deutschland im Durchschnitt gleichgestellt. Das gilt für alle Altersgruppen von sieben bis 19 Jahren und auch dann, wenn man die Taschengeldhöhe nach dem Einkommen der Eltern analysiert und danach, ob im Haushalt der Vater oder die Mutter das letzte Wort in finanziellen Angelegenheiten hat. Dieses Ergebnis ist durchaus bemerkenswert, denn bei anderen finanziellen Zuwendungen von Eltern an ihre Kinder, etwa bei Schenkungen und Erbschaften, wurden bereits geschlechtsspezifische Unterschiede nachgewiesen.

Frauen haben vielerorts nicht die gleichen Zugänge zu finanziellen Ressourcen wie Männer. Beispielsweise sind die durchschnittlichen Bruttostundenlöhne von Frauen nach wie vor niedriger als die von Männern – der sogenannte Gender Pay Gap beträgt aktuell 18 Prozent.infoVgl. Statistisches Bundesamt (2022): Gender Pay Gap 2021: Frauen verdienten pro Stunde ­weiterhin 18 Prozent weniger als Männer. Pressemitteilung vom 7. März 2022 (online verfügbar; abgerufen am 28. April 2022. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt); sowie Annekatrin Schrenker und Katharina Wrohlich (2022): Gender Pay Gap ist in den letzten 30 Jahren fast nur bei Jüngeren gesunken. DIW Wochenbericht Nr. 9, 149–154 (online verfügbar). In Kombination mit der Tatsache, dass Frauen auch deutlich häufiger in Teilzeit erwerbstätig sind als Männer, erzielen Frauen insgesamt deutlich geringere Erwerbseinkommen.infoVgl. Stefan Bach (2017): Frauen bekommen nur ein Drittel aller Einkommen. DIW Wochen­bericht Nr. 43, 962–970 (online verfügbar). In weiterer Folge ergibt sich daraus auch eine große Lücke in der Höhe der Rentenbezüge, der sogenannte Gender Pension Gap.infoVgl. Anna Hammerschmid und Carla Rowold (2019): Gender Pension Gaps in Europa hängen eindeutiger mit Arbeitsmärkten als mit Rentensystemen zusammen. DIW Wochenbericht Nr. 25, 439–447 (online verfügbar).

Geschlechtsspezifische Unterschiede gibt es aber nicht nur beim selbst erwirtschafteten Einkommen. Empirische Auswertungen der Erbschafts- und Schenkungssteuerstatistik haben gezeigt, dass es große Gender Gaps bei Schenkungen und Erbschaften von Generation zu Generation gibt.infoVgl. Stefan Bach und Thomas Mertz (2016): Vor der Erbschaftsteuerreform: Nutzung der ­Firmenprivilegien hat Minderjährige zu Multimillionären gemacht. DIW Wochenbericht Nr. 36, 812–820 (online verfügbar). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es auch bei anderen Zuwendungen von Eltern an ihre Söhne und Töchter, zum Beispiel beim Taschengeld, entsprechende geschlechtsspezifische Unterschiede gibt.

Medien berichten regelmäßig über angebliche Gender Gaps beim Taschengeld

In der deutschen Presse wurde in den vergangenen Jahren regelmäßig auf Studien verwiesen, die Kinder unter anderem nach der Höhe ihres Taschengeldes fragen. So berichtete die Wochenzeitung Die Zeit im Jahr 2009, dass Jungen 15 Prozent mehr Taschengeld erhalten würden als Mädchen.infoVgl. ZEIT Online (2009): Mädchen bekommen weniger Taschengeld. Bericht vom 3. Dezember 2009 (online verfügbar). In den folgenden Jahren wurden ähnliche Zahlen gemeldet: So berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Jahr 2017 darüber, dass bei Kindern im Vorschulalter Mädchen im Durchschnitt 15 Prozent weniger Taschengeld bekämen als Jungen.infoVgl. FAZ.NET (2017): Jungs kriegen mehr Taschengeld als Mädchen. Bericht vom 9. August 2017 (online verfügbar). Im Alter von sechs bis 13 Jahren verringert sich der Gender Gap beim Taschengeld demnach auf etwa sieben Prozent. Im vergangenen Jahr berichtete der Spiegel über eine angebliche Lücke bei der Taschengeldhöhe von elf Prozent bei Kindern zwischen vier und 13 Jahren.infoVgl. Spiegel Online (2021): Mädchen bekommen noch immer weniger Taschengeld als Jungen. Bericht vom 12. Juli 2021 (online verfügbar). Auch international ruft das Thema wiederholt ein Medienecho hervor. So berichtete beispielsweise der britische Guardian im Jahr 2017 über einen Gender Gap beim Taschengeld in Großbritannien in Höhe von 20 Prozent.infoVgl. The Guardian (2017): Gender Pay Gap starts early with 20 % disparity in pocket money – study. Bericht vom 24. Januar 2017 (online verfügbar). In der französischen Zeitschrift Elle war im vergangenen Jahr nachzulesen, dass die geschlechtsspezifische Lücke beim Taschengeld in Frankreich 13 Prozent betrage.infoVgl. Elle (2021): Argent de poche: l’injuste différence faite entre les filles et les garcons. Bericht vom 20. Januar 2021 (online verfügbar). Für Neuseeland wurde im Radiosender RNZ vor einigen Jahren über eine Lücke von ebenfalls 13 Prozent berichtet.infoVgl. RNZ (2016): Pocket money ‘pay gap’ for kids. Bericht vom 5. Juni 2016 (online verfügbar).

Allerdings scheint eine Wahrnehmung, die sich ausschließlich auf Medienberichte stützt, zu kurz zu greifen. So konnten zwei Statistik-Professoren, wie sie in einem Beitrag für Spiegel Online darlegten, nur in zwei von neun wissenschaftlichen Auswertungen zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Taschengeldhöhe statistisch gesicherte und signifikante Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen finden.infoVgl. Björn Christensen und Sören Christensen (2016): Hauptsache spektakulär. Spiegel Online, Bericht vom 27. Juli 2016 (online verfügbar). In wissenschaftlichen Studien zu den Einstellungen der Eltern und zum tatsächlich erhaltenen Taschengeld der Kinder fanden sich bisher keine statistisch signifikanten Zusammenhänge.infoVgl. Adrian Furnham (1999): Economic socialization: A study of adult’s perceptions and uses of allowances (pocket money) to educate children. British Journal of Developmental Psychology, ­Volume 17, Issue 4, 585–604; Christine Barnet-Verzat und Francois-Charles Wolff (2002): Motives for pocket money allowance and family incentives. Journal of Economic Psychology, Volume 23, Issue 3, 339–366; sowie Lu Ma et al. (2020): A 3-year Longitudinal Study of Pocket Money, Eating Behavior, Weight Status: The Childhood Obesity Study in China Mega-Cities. International Journal of Environmental Research and Public Health, 17 (23).

Aufgrund dieser speziell für Deutschland spärlichen Evidenz wird im vorliegenden Beitrag auf Basis repräsentativer Befragungsdaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) untersucht, ob ein Unterschied in der Höhe des Taschengeldes für Mädchen und Jungen in Deutschland existiert (Kasten).

Die Analysen dieses Berichts basieren auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Das SOEP ist eine repräsentative jährliche Wiederholungsbefragung privater Haushalte in Deutschland zu verschiedenen Lebensbereichen.infoVgl. Jan Goebel et al. (2018): The German Socio-Economic Panel (SOEP). Journal of Economics and Statistics, 239 (29), 345–360. Insbesondere liegen detaillierte Informationen zu Einkommen und Einkommenskomponenten und soziodemografischen Merkmalen aller Haushalte vor.

Für die Analyse eines potenziellen Gender Gaps beim Taschengeld wurden die Jahre 2000 bis 2019 herangezogen. Die Frage nach der Höhe des erhaltenen Taschengeldes wird im SOEP in fünf verschiedenen Fragebögen in unterschiedlichen Jahrgängen gestellt: in den Fragebögen „Eltern und Kind (sieben bis acht Jahre)“ und „Mutter und Kind (neun bis zehn Jahre)“ wurden Erziehungsberechtigte jeweils seit 2010 zur Höhe des gegebenen Taschengeldes befragt, die Erziehungsberechtigten der Sieben- bis Acht-Jährigen allerdings nur bis zum Jahr 2013. Ältere Kinder wurden in den Fragebögen „Pre-Teen (elf bis zwölf Jahre)“ seit 2017, „Frühe Jugend (13 bis 14 Jahre)“ seit 2016 und „Jugend (16 bis 17 Jahre)“ seit 2000 selbst zur Höhe ihres Taschengeldes befragt. Die jährliche Stichprobengröße (pro Fragebogen) schwankt zwischen 232 und 951. Insgesamt wurden in diesem Wochenbericht Informationen zu etwa 15600 Kindern und Jugendlichen verwendet. Wurden Erziehungsberechtigte befragt, so lauteten die Fragen „Erhält das Kind Taschengeld?“ beziehungsweise „Wie viel Taschengeld erhält das Kind?“. Wenn die Kinder und Jugendlichen selbst befragt wurden, lauteten die Fragen „Erhalten Sie/erhältst Du Taschengeld oder einen regelmäßigen Zuschuss von Ihren/Deinen Eltern oder anderen Verwandten?“ beziehungsweise „Wie viel Taschengeld oder Zuschuss erhalten Sie/erhältst Du regelmäßig pro Woche oder pro Monat?“. Die Frage zur Höhe des Taschengeldes wurde nicht von allen Befragten mit wöchentlichen und monatlichen Werten beantwortet, weshalb die monatlichen Werte einiger Befragter auf Basis der Angaben zu wöchentlichen Beträgen hochgerechnet wurden.

In einigen Befragungswellen (2005, 2008, 2010, 2012, 2015 und 2018) wurden Paarhaushalte im SOEP danach gefragt, wer im Haushalt über die Finanzen bestimmt. Die entsprechende Frage lautete „Wer hat in ihrer Partnerschaft/Ehe das letzte Wort, wenn wichtige finanzielle Entscheidungen getroffen werden?“. Die Antwortmöglichkeiten lauteten: „Ich selbst“, „Partner/in“ oder „Beide in gleichem Maße“.

In allen vorliegenden Analysen wurden Mittelwerte von verschiedenen Gruppen miteinander verglichen. Dieser statistische Lageparameter wird aufgrund seiner Berechnung stark von Extremwerten beeinflusst: Es gibt einige Kinder und Jugendliche, deren Taschengeld ein Vielfaches anderer beträgt. So liegt der Median bei knapp 22 Euro im Monat, die höchsten Werte aber bei mehr als 500 Euro. Je nachdem, welche weiteren Charakteristika diese Personen haben, können sich diese Werte auf die Schlussfolgerungen der Analyse auswirken. Deshalb wurde für jede der drei Alterskategorien (sieben bis zehn Jahre, elf bis 15 Jahre und 16 bis 19 Jahre) jeweils das oberste Perzentil der Verteilung aus der Analyse ausgeschlossen.

Für Deutschland kein Gender Gap beim durchschnittlichen Taschengeld zu beobachten

Betrachtet man anhand der SOEP-Daten für Deutschland die Höhe des Taschengeldes von Mädchen und Jungen für das Jahr 2019, dem bisher aktuellsten mit entsprechend verfügbaren Daten, so ergeben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede. Demnach bekamen sieben bis zehn Jahre alte Kinder und Jugendliche gut 13 Euro Taschengeld pro Monat (Abbildung 1). Bei den Elf- bis 15-Jährigen waren es knapp 24,50 Euro pro Monat und bei den 16- bis 19-Jährigen gut 53 Euro pro Monat. Die Auswertungen zeigen keine statistisch signifikante Differenz zwischen der Höhe des Taschengeldes für Jungen und Mädchen.infoDie Breite der Konfidenzintervalle hängt vor allem vom Standardfehler der Schätzung ab. Je größer die verwendete Stichprobe und je kleiner die Standardabweichung innerhalb dieser Stichprobe, desto kleiner ist dieser Standardfehler und desto schmaler wird auch das Konfidenz­intervall. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Größe des Konfidenzintervalls der 16- bis 19-Jährigen erklären: In dieser Gruppe weicht die Höhe des Taschengeldes am stärksten vom Mittelwert ab und es wurden im Jahr 2019 in dieser Altersgruppe nur knapp 370 Personen befragt. Auch in getrennten Analysen für Ost- und Westdeutschland finden sich keine statistisch signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Höhe des Taschengeldes (ohne Abbildung).

Für die Altersgruppe der 16- bis 19-Jährigen existiert im SOEP die längste Datenreihe (von 2000 bis 2019), weshalb für diese Gruppe ein zeitlicher Trend abgebildet werden kann (Abbildung 2). Um den Einfluss genereller Preissteigerungen auf die Taschengeldhöhe zu berücksichtigen, wurden die jeweiligen Werte inflationsbereinigt und in Relation zum Jahr 2015 angegeben. Es zeigt sich, dass die Taschengeldhöhe der Befragten vom Anfang des Beobachtungszeitraums im Jahr 2000 bis zum Jahr 2012 im Durchschnitt nahezu stagnierte. Nach 2012 erhöhte sich dieser Mittelwert dann allerdings bis zum Jahr 2019 deutlich auf gut 55 Euro pro Monat. Die Entwicklung des inflationsbereinigten durchschnittlichen Taschengeldes verlief insgesamt nahezu parallel zur Entwicklung der Reallöhne in Deutschland.infoVgl. zum Beispiel Guido Zinke (2020): Lohnentwicklung in Deutschland und Europa. Bundeszentrale für politische Bildung, Bericht vom 1. Oktober 2020 (online verfügbar).

Mittelt man die durchschnittlichen Beträge des Taschengeldes über jeweils fünf Jahre, um angemessene Fallzahlen für einen Gruppenvergleich zu erhalten, so ergeben sich in der Altersgruppe von 16 bis 19 Jahren für den gesamten Beobachtungszeitraum keine signifikanten Unterschiede in der Höhe des Taschengeldes zwischen Mädchen und Jungen.

Taschengeld für Mädchen und Jungen gleich hoch, unabhängig vom Einkommen der Eltern

Eine mögliche Einflussgröße für die Höhe des Taschengeldes sind die finanziellen Ressourcen der Eltern. Diese lassen sich anhand der SOEP-Daten am besten in Form des Nettoeinkommens des Haushalts darstellen. Betrachtet man die Höhe des Taschengeldes nach dem Nettoeinkommen des Haushalts, in dem die Kinder leben, ergibt sich ein negativer Zusammenhang: In den einkommensschwächeren Haushalten erhielten Sieben- bis Zehn-Jährige und Elf- bis 15-Jährige mehr Taschengeld als ihre Altersgenossen in den einkommensstärkeren Haushalten (Abbildung 3). Nur in der Altersgruppe der 16- bis 19-Jährigen bekamen Jugendliche in der Gruppe der einkommensstärksten Haushalte so viel Taschengeld wie Jugendliche in den einkommensschwächsten Haushalten. Diese Beobachtung stimmt mit Teilen der bisherigen Forschungsliteratur überein, in der davon ausgegangen wird, dass ärmere Haushalte mehr Wert auf die finanzielle Selbstbestimmung ihrer Kinder legen als reichere.infoVgl. Adrian Furnham und Rebecca Milner (2017): Parent’s Beliefs and Behaviours about the Economic Socialisation, throug Allowances/Pocket Money, of Their Children. Psychology, ­Volume 8, Issue 8. In älteren Studien zeigt sich zum Beispiel für Frankreich allerdings auch ein ­positiver Zusammenhang zwischen dem Einkommen der Eltern und der Höhe des ­Taschengeldes, vergleiche beispielsweise Francois-Charles Wolff (2006): Parental transfers and the ­labor supply of children. Journal of Population Economics, 19, 853–877.

In den Altersgruppen von sieben bis zehn Jahren und von elf bis 15 Jahren ergeben sich auch bei dieser Betrachtung keine statistisch signifikanten Unterschiede in der Taschengeldhöhe zwischen Mädchen und Jungen.infoEinzige Ausnahme ist hier das zweite Quartil, für das sich ein Gender Gap beim Taschengeld in der Gruppe der sieben- bis zehnjährigen Kinder von etwa elf Prozent zugunsten der Mädchen ergibt. Anders bei den 16- bis 19-Jährigen: Im obersten Viertel der Einkommensverteilung gaben die Eltern ihren Töchtern etwa neun Prozent mehr Taschengeld als ihren Söhnen. Was die Erklärung für diesen Befund sein könnte, ist allerdings unklar.

Welcher Elternteil in der Familie über die Finanzen bestimmt, macht keinen Unterschied

Familien in Deutschland unterscheiden sich nicht zuletzt mit Blick darauf, welcher Elternteil das letzte Wort in finanziellen Fragen hat. In der überwiegenden Mehrheit der Familien (rund 85 Prozent) geben die Eltern an, gemeinsam über die Finanzen der Familie zu bestimmen. In etwa sieben Prozent der Familien hat die Mutter das letzte Wort und in rund acht Prozent der Familien ist es der Vater. Auf Basis der SOEP-Daten lässt sich der Zusammenhang zwischen der Entscheidungsmacht in finanziellen Dingen und der Höhe des Taschengeldes für Jungen und Mädchen untersuchen. Doch auch diese Auswertung zeigt keine statistisch signifikanten Unterschiede in der Höhe des Taschengeldes von Jungen und Mädchen. Wer die Hand auf der Familienkasse hat, ist in diesem Punkt also nicht entscheidend (Abbildung 4). In allen drei Gruppen war die durchschnittliche Höhe des Taschengeldes ähnlich, und es fand sich in keiner Gruppe ein statistisch signifikanter Gender Gap beim Taschengeld.

Fazit: Ausnahmsweise mal kein Gender Gap

Angesichts der Vielzahl von Gender Gaps in Bezug auf finanzielle Ressourcen ist das Ergebnis dieses Wochenberichts eine erfreuliche Nachricht: Eine Auswertung von für die Bevölkerung in Deutschland repräsentativen Daten zeigt, dass es keinen Gender Gap beim Taschengeld gibt. Die Höhe des Taschengeldes von Jungen und Mädchen hängt also nicht von deren Geschlecht ab – das gilt sowohl für das Jahr 2019, das aktuellste mit verfügbaren Daten, als auch für die Jahre zuvor.

Dieses Ergebnis ist bemerkenswert, denn bei anderen finanziellen Zuwendungen von Eltern an ihre Kinder, beispielsweise bei Schenkungen und Erbschaften, können geschlechtsspezifische Unterschiede nachgewiesen werden. Zudem sind Gender Gaps bei Löhnen, beim Lebenseinkommen und bei Renten ebenfalls hinlänglich bekannt und quantifiziert.

Katharina Wrohlich

Leiterin in der Forschungsgruppe Gender Economics



JEL-Classification: D31;J16;D14
Keywords: Gender Gap, pocket money, children, financial resources
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2022-19-1

Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/259568

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