Die Bundesregierung hat sich eine Reihe konkreter Ziele gesetzt, um die Energiewende voranzutreiben. Viele davon beziehen sich auf das Jahr 2030, in manchen Bereichen sind sie auch längerfristig bis zum Jahr 2045 formuliert. Einige quantitative Ziele wurden bereits im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition genannt, andere in späteren Gesetzesvorhaben oder Strategien formuliert. Die Erreichung dieser Ziele ist zentral für das Gelingen der Energiewende und für die erfolgreiche Reduktion der deutschen Treibhausgasemissionen.
07.08.2024
Alle Indikatoren mitsamt den zugrunde liegenden Daten stehen auch auf der Datenplattform Open Energy Tracker, die regelmäßig aktualisiert und erweitert wird, quelloffen und unter einer freien CC-BY-4.0-Lizenz zur Verfügung. Dort sind auch englische und französische Übersetzungen verfügbar.
Der Ampel-Monitor Energiewende stützt sich auf zahlreiche Indikatoren aus den Bereichen erneuerbare Stromerzeugung, erneuerbare Wärme, Elektromobilität, Wasserstoff, Energieverbrauch und Versorgungssicherheit, Erdgasverbrauch von Haushalten und Gewerbe, Treibhausgasemissionen und Energiepreise. Dabei werden die jeweiligen Regierungsziele mithilfe interaktiver Grafiken visualisiert und regelmäßig mit dem derzeit tatsächlich erreichten Stand verglichen.
Der Podcast fossilfrei ist die Tonspur zum Ampel-Monitor Energiewende, in dem Alex und Wolf regelmäßig über aktuelle Themen der Energiewende reden und diese einordnen.
Der Ampel-Monitor zeigt, dass bei den meisten betrachteten Indikatoren eine große Lücke zwischen dem aktuellen Stand und den Regierungszielen für das Jahr 2030 klafft. Hier ist eine Auswahl von sieben wichtigen Indikatoren dargestellt. Die Lücken sind bei grünem Wasserstoff und der Elektromobilität am größten, gefolgt vom Ausbau der Windkraft auf See, der Photovoltaik und der Wärmepumpen.
Das derzeitige Ausbautempo ist zudem bei fast allen Indikatoren deutlich zu niedrig, um die Ziele für 2030 zu erreichen. Vergleicht man den Ausbautrend der vergangenen zwölf Monate mit dem Tempo, das für das Erreichen der 2030-Ziele nötig ist, bleibt die Windkraft an Land und erst recht die Windkraft auf See derzeit deutlich hinter der Photovoltaik zurück. Dies weist auf einen besonders akuten Handlungsbedarf bei der Windkraft hin. Auch bei der Elektromobilität ist das Tempo noch deutlich zu langsam; hier muss in den nächsten Jahren das Wachstum sehr stark anziehen.
Eine vertiefte Analyse der PV mit zahlreichen zusätzlichen Abbildungen ist auf dieser Unterseite zu finden.
Für die Photovoltaik (PV) hat die Koalition im Rahmen des EEG 2023 ein Ausbauziel von 215 Gigawatt (GW) im Jahr 2030 vorgelegt. Zum Start der Ampelkoalition Anfang Dezember 2021 betrug die in Deutschland installierte Leistung mit gut 58 GW nur ein gutes Viertel davon. Um das Ziel zu erreichen, müssen bis Ende 2030 somit im Durchschnitt 1,44 GW pro Monat zugebaut werden, wobei von 2022 bis 2026 ein ansteigender Ausbaupfad vorgesehen ist. Dieser Zubau muss netto erfolgen, also unter Berücksichtigung der Anlagen, die in Zukunft vom Netz gehen werden.
Auf größeren Bildschirmen sind alle Abbildungen interaktiv: im oberen rechten Bereich jeder Abbildung finden sich Buttons zum Zoomen. Einzelne Zeitreihen können durch Klicken in der Legende ein- und ausgeblendet werden. Auf kleineren Displays, z.B. auf Mobiltelefonen, werden dagegen statische Abbildungen angezeigt.
Für die Windkraft an Land ist im EEG 2023 ein Ziel von 115 GW installierter Leistung im Jahr 2030 genannt. Nach dem Jahr 2030 strebt die Regierung eine weitere deutliche Steigerung der Kapazität auf 157 GW im Jahr 2035 an.
Ende November 2021 lag sie mit knapp 56 GW nur knapp halb so hoch. Zum Erreichen des Ziels müssen bis Ende des Jahres 2030 im Durchschnitt 0,54 GW pro Monat netto zugebaut werden. Im Trend der vergangenen zwölf Monate waren es deutlich weniger.
Eine wesentliche Voraussetzung für den Ausbau der Windenergie an Land ist die Verfügbarkeit entsprechender Flächen. Bundesweit waren Ende des Jahres 2020 nur 0,7 Prozent der Fläche rechtswirksam für Windenergie an Land ausgewiesen, Ende 2021 waren es 0,81 Prozent. Ziel der Ampelkoalition ist es, bis zum Jahr 2032 zwei Prozent der Bundesfläche für die Windkraft auszuweisen; bis Ende 2027 sollen es bereits 1,4 Prozent der Bundesfläche sein. Weitere Informationen und eine Abbildung hierzu gibt es im Open Energy Tracker.
Für die Windkraft auf See strebt die Koalition eine Leistung von mindestens 30 GW im Jahr 2030 an. Zum Ampel-Start Anfang Dezember 2021 lag die in deutschen Gewässern installierte Leistung mit 7,8 GW nur bei einem guten Viertel davon. Um das Ausbauziel zu erreichen, müssen bis 2030 im Durchschnitt 0,20 GW pro Monat netto zugebaut werden. In den vergangenen zwölf Monaten gingen fast keine neuen Windkraftanlagen auf See ans Netz. Im Trend der Jahre 2017 bis 2021 waren es circa 0,07 GW pro Monat – diese Geschwindigkeit muss für das 2030-Ziel fast verdreifacht werden. Auch danach soll die installierte Leistung weiter stark wachsen, auf mindestens 40 GW im Jahr 2035 und mindestens 70 GW im Jahr 2045.
Die Regierungskoalition strebt an, den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2030 auf 80 Prozent zu steigern. Fünf Jahre später soll die Stromversorgung laut „Osterpaket“ dann „nahezu vollständig“ auf erneuerbaren Energien beruhen; dieses Ziel wurde jedoch nicht in das EEG 2023 übernommen.
Zur Erreichung des 2030-Ziels muss der Anteil ab 2021 im Durchschnitt um über vier Prozentpunkte pro Jahr wachsen – im Zeitraum 2017 bis 2021 betrug das Trend-Wachstum nur rund zwei Prozentpunkte pro Jahr.
Ergänzend können in der Abbildung auch die Anteile erneuerbarer Energien an der Nettostromerzeugung (NSE) dargestellt werden. Sie liegen statistisch mit viel geringerer Verzögerung vor als die Anteile am Bruttostromverbrauch (BSV) und sind somit eine Art Trend-Frühindikator. Die Anteile an der NSE sind in der Regel höher als die am BSV, u.a. da der BSV aufgrund des Kraftwerkseigenverbrauchs höher ist als die NSE.
Wärmepumpen spielen in vielen Zukunftsszenarien, insbesondere für den Raumwärmebereich, eine große Rolle, weil sie mithilfe von elektrischem Strom Umweltwärme nutzbar machen und somit sehr energieeffizient sind (vgl. DIW Wochenbericht 22/2022). Die Regierung hat in ihrem Koalitionsvertrag kein konkretes Ziel für den Ausbau von Wärmepumpen gesetzt. In der Eröffnungsbilanz Klimaschutz des BMWK wurde ein Korridor von „4,1 bis 6 Millionen Wärmepumpen“ im Jahr 2030 genannt. Im Kontext des 2. Wärmepumpengipfels im November 2022 wurde dann ein Ziel von rund sechs Millionen Wärmepumpen im Jahr 2030 sowie ein Zubau von je mindestens 500.000 Wärmepumpen pro Jahr ab 2024 genannt. Ende 2021 waren rund 1,4 Millionen Wärmepumpen in Deutschland installiert, Ende 2022 waren es knapp 1,7 Millionen (wobei die Zahl reiner Heizungs-Wärmepumpen etwas kleiner sein dürfte, da hier z.B. auch Wärmepumpen für die Warmwasserbereitstellung erfasst wurden).
Der Koalitionsvertrag sieht „einen sehr hohen Anteil“ erneuerbarer Energien bei der Wärme vor. Er enthält jedoch kein explizites Ziel für den Anteil, sondern lediglich die Formulierung, dass bis zum Jahr 2030 die Hälfte der Wärme „klimaneutral“ erzeugt werden muss. Da andere Optionen wie importierter klimaneutraler Wasserstoff oder CO₂-Abscheidung im Wärmebereich bis 2030 jedoch unrealistisch erscheinen, kann dieses Ziel de facto als Ziel für erneuerbare Energien aufgefasst werden. Im Jahr 2021 betrug ihr Anteil am Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte in Deutschland 15,8 Prozent, im Jahr 2022 waren es 17,4 Prozent. Bis 2030 muss dieser Anteil demnach jährlich um fast vier Prozentpunkte zulegen. Seit dem Jahr 2012 ist er insgesamt um nicht einmal drei Prozentpunkte gestiegen, genauer gesagt im Trend der Jahre 2017 bis 2021 um rund 0,5 Prozentpunkte pro Jahr. Insofern erscheint das Ambitionsniveau der Ampelkoalition im Wärmebereich ganz besonders hoch. Eine konkrete Maßnahme zum Erreichen des 2030-Ziels ist die geplante Einführung einer Vorgabe, nach der neue Heizungen bereits ab dem Jahr 2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden müssen.
Die Regierung hat sich im Koalitionsvertrag ein Ziel von „mindestens 15 Millionen vollelektrische(n) Pkw bis 2030“ gesetzt. Da nennenswerte Anteile von Pkw mit Wasserstoff-Brennstoffzellen mittlerweile unplausibel erscheinen, kann dieses Ziel weitgehend als Ziel für rein batterieelektrische Fahrzeuge angesehen werden (ohne Plug-in-Hybride). Zum Start der Ampelkoalition Anfang Dezember 2021 gab es rund 587 000 rein batterieelektrische Pkw in Deutschland. Um das Ziel zu erreichen, müssen bis zum Jahr 2030 im Durchschnitt rund 132 000 Fahrzeuge pro Monat hinzukommen (netto, nach Berücksichtigung von Abgängen). Unterstellt man einen logistischen Hochlauf mit stärkerem Wachstum in späteren Jahren, hier auf Basis einer Studie des Fraunhofer ISI, liegt die aktuelle Entwicklung unter dem Zielpfad. Einen weiteren Beitrag zur Steigerung der batterieelektrischen Pkw-Flotte dürfte neben den derzeit gewährten Kaufprämien ein Verbot der Neuzulassungen von Pkw mit Verbrennungsmotoren auf EU-Ebene für 2035 leisten.
Die Ampel hat sich im Koalitionsvertrag ein Ziel von „einer Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugänglichen Ladepunkten bis 2030 mit Schwerpunkt auf Schnellladeinfrastruktur“ gesetzt. Ende November 2021 waren knapp 54 000 öffentliche Ladepunkte in Betrieb, davon circa 46 000 Normalladepunkte und 8 000 Schnellladepunkte. Bis 2030 müssen im Durchschnitt somit monatlich rund 8 700 neue öffentliche Ladepunkte in Betrieb gehen.
Im Koalitionsvertrag wird „eine Elektrolysekapazität von rund 10 Gigawatt im Jahr 2030“ als Ziel genannt. Anfang Oktober 2021 waren in Deutschland Elektrolyseure mit einer elektrischen Leistung von nur gut 60 Megawatt (MW) in Betrieb. Demnach müssen bis Ende 2030 im Durchschnitt etwa 90 MW pro Monat zugebaut werden. Bis heute stieg die installierte Leistung kaum an, sie liegt immer noch bei nur rund einem Prozent des Ziels für 2030. Allerdings sind derzeit weitere Elektrolyseure mit einer elektrischen Leistung von knapp 500 Megawatt im Bau oder im Bereich der finalen Investitionsentscheidung (FID). Hinzu kommen weitere 8,3 Gigawatt, für die Machbarkeitsstudien laufen. Weiterhin gibt es (weniger konkrete) Konzepte für weitere Projekte mit einer Leistung von insgesamt 13,2 Gigawatt. Dabei wird nicht bei allen Projekten ein konkretes Jahr der geplanten Inbetriebnahme angegeben (vgl. Säule rechts). Um das Ziel von 10 Gigawatt im Jahr 2030 zu erreichen, müssten nicht nur alle Projekte mit konkretem Startdatum, die derzeit mindestens auf Ebene der Machbarkeitsstudien sind, auch tatsächlich verwirklicht werden, sondern auch noch ein guter Teil der weniger ausgereiften konzeptionellen Projekte.
Relevante Quellen für die Ziele der Ampel-Koalition sind unter anderem der Koalitionsvertrag vom 24. November 2021, die „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ des BMWK, sowie die sogenannten Oster- und Sommerpakete.
Die Datenquellen für den bisherigen Verlauf und den Stand der Dinge unterscheiden sich je nach Indikator. Alle Quellen sind im Open Energy Tracker verlinkt. Die folgende Tabelle gibt zusätzlich einen Überblick:
Bereich | Indikator | Datenquelle |
Erneuerbare Stromerzeugung | Installierte Leistung Photovoltaik | Monats- und Quartalsdaten der AGEE-Stat |
Installierte Leistung Windkraft an Land | Monats- und Quartalsdaten der AGEE-Stat | |
Anteil der für Windkraftanlagen ausgewiesenen Landesfläche | Bericht des Bund-Länder-Kooperationsausschusses | |
Installierte Leistung Windkraft auf See | Monats- und Quartalsdaten der AGEE-Stat | |
Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor | Energiedaten des BMWK, energy-charts | |
Erneuerbare Wärme | Bestand an Wärmepumpen | EurObserv'ER und BWP |
Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für Wärme | Zeitreihen der AGEE-Stat | |
Elektromobilität | Bestand batterieelektrischer Pkw | Kraftfahrt-Bundesamt |
Anteil batterieelektrischer Pkw an den monatlichen Neuzulassungen | Kraftfahrt-Bundesamt | |
Öffentliche Ladepunkte | Bundesnetzagentur | |
Batterieelektrische Fahrzeuge pro öffentlichem Ladepunkt | Kraftfahrt-Bundesamt und Bundesnetzagentur | |
Elektrifizierter Anteil des Schienenverkehrs | Deutsche Bahn AG | |
Wasserstoff | Installierte Leistung Elektrolyse | Internationale Energieagentur, Hydrogen Projects Database |
Installierte Leistung Elektrolyse, nach Projektstatus | Internationale Energieagentur, Hydrogen Projects Database | |
Energieverbrauch und Versorgungssicherheit | Fossiler Primärenergieverbrauch, Jahresdaten | Energiedaten des BMWK |
Fossiler Primärenergieverbrauch, Quartalsdaten | AGEB | |
Netto-Erdgasimporte nach Deutschland, Monatsdaten | Internationale Energieagentur, Gas Trade Flows | |
Netto-Erdgasimporte nach Deutschland, letzte drei Monate ggü. Vorjahreszeitraum | Internationale Energieagentur, Gas Trade Flows | |
Aktueller Erdgasverbrauch von Haushalten und Gewerbe |
Wöchentlicher Erdgasverbrauch und verhaltensbedingte Einsparungen |
Bundesnetzagentur, Trading Hub Europe, Deutscher Wetterdienst |
Wöchentliche Einsparungen ab KW 35 ggü. erwartetem Verbrauch |
||
Kumulative Einsparungen ab KW 35 bis Jahresende |
||
Treibhausgasemissionen | Sektorale Treibhausgasemissionen | Umweltbundesamt |
CO₂-Emissionen der Stromerzeugung | Umweltbundesamt | |
Energiepreise | Haushaltsstrompreise |
Beim Abspielen des Videos gelangen Sie auf die Webseite von YouTube, die Daten von Ihnen sammelt.
Mehr erfahren Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Wo steht die Energiewende?: Fossilfrei – Live-Episode des Podcast von der Langen Nacht der Wissenschaften
Beim Abspielen des Videos gelangen Sie auf die Webseite von YouTube, die Daten von Ihnen sammelt.
Mehr erfahren Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Wo stehen wir in Sachen Energiewende? : Nachgeforscht bei Wolf-Peter Schill