Blogbeitrag vom 25. Juli 2023
Von Felix Schmidt, Alexander Roth und Wolf-Peter Schill
Für die Nutzung der Windkraft an Land hat sich die Bundesregierung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ein Ziel von 115 GW installierter Leistung im Jahr 2030 gesetzt. Danach strebt sie einen weiteren Ausbau auf 160 GW im Jahr 2040 an (folgende Abbildung, oberer Teil). Beim Ampel-Start im November 2021 betrug die in Deutschland installierte Leistung nach Angaben der AGEE-Stat knapp 56 GW.
Zur Zielerreichung müssen also bis Ende 2030 im Durchschnitt gut 0,5 GW pro Monat zugebaut werden, bzw. rund 6,5 GW pro Jahr. Dieser Zubau muss netto erfolgen, d.h. unter Berücksichtigung des Abgangs von Altanlagen. Der Ausbau soll jedoch nicht linear voran schreiten, sondern im Zeitverlauf ansteigen (Abbildung, unterer Teil). Für die Jahre 2023 und 2024 lassen sich Netto-Ausbauziele von rund 4 bzw. 6,5 GW ableiten; danach sollen bis 2028 7,5 GW pro Jahr zugebaut werden, ab 2031 sogar 8,4 GW pro Jahr.
In den letzten Jahren war das Ausbautempo der Windkraft allerdings deutlich geringer, und der anvisierte Zielpfad wird derzeit relativ deutlich verfehlt. Zur Erreichung des 115-GW-Ziels im Jahr 2030 muss der Ausbau ungefähr drei mal so schnell erfolgen wie im Trend der letzten zwölf Monate.
Die in Deutschland neu installierten Windkraftanlagen wurden im Lauf der letzten Jahre immer größer und leistungsstärker. Die Nabenhöhe und der Rotordurchmesser neuer Anlagen haben sich seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt. Die elektrische Leistung hat sich sogar fast verfünffacht: Anfang des Jahres 2000 hatten neu installierte Windkraftanlagen eine durchschnittliche Leistung von unter einem Megawatt. Aktuell liegt der Wert im Durchschnitt bei über vier Megawatt pro Anlage.
Dieses Größenwachstum der neu installierten Anlagen spiegelt sich auch im Bestand wider (linke Abbildung). Bis Ende 2016 dominierten Windkraftanlagen mit einer Leistung unter 2 Megawatt. Heute machen Anlagen mit einer Leistung von 3 MW oder mehr bereits ein gutes Drittel des Gesamtbestandes aus. Große Anlagen mit Leistungen über 4 MW haben bisher nur einen relativ kleinen Anteil am Gesamtbestand; sie dominieren aber bereits die monatlichen Neuinstallationen (rechte Abbildung). Zurückgebaut werden bisher fast ausschließlich Anlagen mit einer Leistung unter 2 MW.
Die Anteile der einzelnen Bundesländer an der insgesamt installierten Windkraftleistung in Deutschland haben sich in den letzten 20 Jahren nicht stark verändert. Am meisten Windkraft ist bisher in Niedersachsen installiert, mit einigem Abstand folgen Brandenburg, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. In diesen fünf Bundesländern sind derzeit ungefähr zwei Drittel der gesamten Windkraftleistung Deutschlands installiert. Große Flächenländern wie Bayern oder Baden-Württemberg tragen bisher erst wenig zur Nutzung der Windkraft in Detuschland bei. Dieses Bild ändert sich auch nicht, wenn man auf den Ausbau am aktuellen Rand blickt. Im Gegenteil: am Zubau der letzten zwölf Monate haben die genannten "Top-5-Bundesländer" sogar einen noch größeren Anteil als am Gesamtbestand. Mit Abstand am stärksten war der Zubau zuletzt im vergleichsweise kleinen Land Schleswig-Holstein.
Die unterschiedliche Verteilung der installierten Leistung über die Bundesländer hängt nicht nur damit zusammen, das die Länder unterschiedlich große Potenziale für die Windkraftnutzung haben, sondern auch damit, dass sie diese Potenziale unterschiedlich gut ausnutzen. Die folgenden Abbildung zeigt die derzeit installierte Leistung in den Ländern im Vergleich zum langfristig möglichen und nötigen Ausbau in einem Zielszenarios des Ariadne-Projekts, das die Länder-spezifischen Potenziale berücksichtigt. Abgesehen vom Stadtstaat Bremen, der sein insgesamt sehr kleines Potenzial bereits vollständig ausschöpft, nutzen die oben genannten "Top-5-Länder" ihre Potenziale auch schon besonders gut aus. Allen voran geht Schleswig-Holstein, das bereits zwei Drittel der im Ariadne-Zielszenario vorgesehenen Leistung realisiert hat. Besonders weit hinter den Potenzial-orientierten Ausbauzielen zurück hängen dagegen Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg.
Themen: Energiewirtschaft , Klimapolitik , Ressourcenmärkte