DIW Wochenbericht 4 / 2024, S. 62
Adeline Guéret, Erich Wittenberg
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Frau Guéret, was sind die wichtigsten energiepolitischen Ziele der französischen Regierung? Eines der bedeutendsten Ziele der französischen Regierung ist die Senkung der Treibhausgasemissionen. Frankreich hat sich 2015 mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die globale Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Auch auf europäischer Ebene hat Frankreich die Verpflichtung, bis 2050 klimaneutral zu werden. Um das zu erreichen, bestehen Ziele unter anderem für den Ausbau erneuerbarer Energien, aber auch zur Senkung des Verbrauchs von fossilen Energieträgern. Es gibt auch Ziele zur Elektrifizierung des Verbrauchs, wie zum Beispiel die Erhöhung der Zahl an Elektrofahrzeugen und Ladestationen.
Welches sind die am häufigsten genutzten fossilen Energieträger in Frankreich? In Frankreich ist, genau wie auch in Deutschland, Mineralöl der am stärksten genutzte fossile Energieträger, danach kommt Erdgas. Kohle steht an dritter Stelle und spielt im Gegensatz zu Deutschland nur eine kleine Rolle.
Inwieweit werden die Ziele, insbesondere was die Minderung der Treibhausgasemissionen und den Ausbau der erneuerbaren Energien angeht, erreicht? Seit 2015 hat Frankreich mehrjährige Emissionsbudgets. Das Budget wurde in der vorherigen Periode überschritten, aber für die aktuelle Periode, also von 2019 bis 2023, liegen die Bruttoemissionen derzeit innerhalb des Budgets. Das heißt, dass Frankreich im Moment auf dem Zielpfad ist. Dies muss jedoch vorsichtig interpretiert werden, da die letzten Jahre von der Pandemie und der Energiekrise stark beeinflusst wurden. Was den Ausbau der erneuerbaren Energien betrifft, ist die Bilanz eher negativ. Obwohl der Ausbau der erneuerbaren Energien sich in den vergangenen Jahren beschleunigt hat, liegt ihr Anteil am Bruttoendenergieverbrauch unter der Zielmarke. Auch die installierte Gesamtkapazität der Photovoltaik, sowie der Windkraft an Land und auf See ist im Vergleich zu den Zielen der Regierung für 2023 zu gering. Zur Erreichung des Ziels für das Jahr 2030 ist also eine erhebliche Beschleunigung erforderlich.
Wo kommt die Energiewende in Frankreich besonders gut voran? In Frankreich scheinen der Einbau von Wärmepumpen und dadurch auch die Bereitstellung erneuerbarer Wärme besonders gut voranzukommen. Der Gebäudesektor hat in Frankreich zwar Sektoren den höchsten Energieverbrauch, aber er verursacht im Verhältnis dazu relativ geringe Emissionen. Das liegt daran, dass in Frankreich viel mit Strom geheizt wird, der meist in Atomkraftwerken erzeugt wird. Dennoch müssen die Emissionen im Gebäudesektor noch stark sinken.
In welchen Punkten unterscheidet sich die französische Energiewende von der deutschen und wo gibt es Gemeinsamkeiten? Der größte Unterschied besteht im Strommix. In Frankreich haben sich Präsident Emmanuel Macron und seine Regierung für die Atomkraft ausgesprochen. Nach den derzeitigen Plänen sollen die Laufzeiten einiger Reaktoren verlängert, aber auch neue gebaut werden. Die französische Energiewende beinhaltet zwar auch den Ausbau erneuerbarer Energien, ist darin aber nicht vergleichbar mit der deutschen Energiewende, die einen Strommix vorsieht, der im Jahr 2030 80 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien decken soll. Hingegen setzen beide Länder auf Elektrifizierung, insbesondere im Verkehrs- und Gebäudesektor. Die Diskussion zu Politikinstrumenten ist auf beiden Seiten des Rheins ähnlich, zum Beispiel bei der Förderung für den Kauf von Elektrofahrzeugen oder bei der Besteuerung von Kraftstoffen. Im Gebäudesektor wird diskutiert, ob bestimmte Heizungstypen verboten werden sollten. Diese Themen werden in beiden Ländern kontrovers diskutiert.
>Themen: Verteilung, Verkehr, Umweltmärkte, Klimapolitik, Energiewirtschaft
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2024-4-2
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/282326