Mehr Sicherheit durch Prävention: Wie Bildung, Arbeit und soziale Stabilität Kriminalität verringern

DIW aktuell ; 108 : Sonderausgaben zur Bundestagswahl 2025, 6 S.

Anna Bindler

2025

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18. Februar 2025 – Mit den Gewalttaten von Aschaffenburg, Magdeburg, Solingen und München sind innere Sicherheit, Kriminalitätsbekämpfung und Prävention ins Zentrum des Wahlkampfs gerückt. Die Debatten wie zuletzt im Deutschen Bundestag verlaufen intensiv und emotional. Der Diskurs ist eng verzahnt mit Fragen zur Migrationspolitik. Zentrale Aspekte der Kriminalitätsbekämpfung und -prävention, unabhängig vom Migrationshintergrund von Täter*innen, erhalten dagegen zurzeit wenig Aufmerksamkeit. Welche Herausforderungen bestehen hier, was kann und sollte unternommen werden? Um ein genaues Lagebild der Kriminalität in Deutschland zu erhalten und Ursachen für das zunehmende Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung analysieren zu können, müsste eine bessere Faktenlage durch systematische, jährliche Dunkelfeldstudien – Haushaltsbefragungen zu Kriminalitätserfahrungen – geschaffen werden. Dies würde auch einen wichtigen Beitrag zu einer Versachlichung der Debatte leisten, deren Fokus aktuell auf restriktiven Maßnahmen und Migrationsfragen liegt, die zentrale Rolle der Kriminalitätsprävention aber häufig übersieht. Dabei ist gerade die Prävention der Schlüssel zu nachhaltiger Sicherheit. Eine wirkungsvolle Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ist entscheidend, um Kriminalität und die dadurch entstehenden hohen gesellschaftlichen Kosten langfristig zu reduzieren. Kurzfristig sollten existierende Institutionen zur Kriminalitätsbekämpfung wie etwa die Polizei gestärkt werden.

Laut Umfragen ist das subjektive Sicherheitsgefühl in Deutschland in den letzten Jahren gesunken, Kriminalität bereitet den Menschen zunehmend Sorge: Zwar fühlt sich mehr als die Hälfte der Befragten in Deutschland vor Kriminalität sicher – aber die Tendenz ist rückläufig.infoABUS-Sicherheitsstudie (August 2024), durchgeführt von YouGov (online verfügbar, zuletzt abgerufen am 30. Januar 2025. Dies gilt für alle Online-Quellen dieses DIW aktuell, sofern nicht anders vermerkt): 56 Prozent der 2024 Befragten fühlten sich in Deutschland sicher (58 Prozent 2023, 60 Prozent 2022); ARD DeutschlandTREND (Juli 2024), durchgeführt von infratest dimap (online verfügbar): 56 Prozent der 2024 Befragten fühlten sich im öffentlichen Raum in Deutschland sicher (76 Prozent 2017). Die knappe Mehrheit der Befragten gibt außerdem an, dass Deutschland in den vergangenen zwölf Monaten unsicherer geworden sei.infoABUS-Sicherheitsstudie (August 2024), durchgeführt von YouGov (online verfügbar): 56 Prozent der 2024 Befragten geben an, dass Deutschland in den letzten zwölf Monaten unsicherer geworden sei (51 Prozent 2023, 42 Prozent 2022). Im Bezug auf den persönlichen Alltag fällt dies geringer aus (40 Prozent 2024, 35 Prozent 2023, 29 Prozent 2022). Das (Un-)Sicherheitsgefühl spiegelt sich auch darin wider, dass Kriminalität als wichtiges politisches Thema für Deutschland und die EU wahrgenommen wird. Laut der aktuellen Eurobarometer-Umfrage zählt Kriminalität zu den zehn wichtigsten Themen, denen Deutschland (und die EU) derzeit gegenübersteht. Auf die Frage, was sich kurzfristig am positivsten auf ihr Leben auswirken würde, geben 22 Prozent der Befragten Kriminalitätsbekämpfung an.infoStandard Eurobarometer 102 (Herbst2024), Country Factsheet Deutschland (online verfügbar). Auch beim Sorgenbarometer landen Kriminalität und Gewalt unter den fünf am häufigsten gelisteten Sorgenthemen (25 Prozent der Befragten).infoStimmungslage in Deutschland (Januar 2025) – Sorgenbarometer, ipsos  (online verfügbar).

Die Befragungen veranschaulichen, dass Kriminalität in der Wahrnehmung vieler Menschen ein wachsendes Problem ist. Dies spiegelt sich im aktuellen politischen Diskurs: In der Sitzungswoche des Bundestags Ende Januar wurde intensiv und emotional zu Themen der inneren Sicherheit und Gewaltkriminalität debattiert, eng verknüpft mit Anträgen zur Migrationspolitik. Auch im Wahlkampf für die kommenden Bundestagswahlen nimmt die innere Sicherheit eine prominente Rolle ein. Dabei werden Rufe nach einschneidenden Maßnahmen und einer strikteren Migrationspolitik immer lauter, während die Debatte gleichzeitig wenig zwischen kausalen Ursachen und korrelierten Faktoren (sowie zwischen Anschlägen und Kriminalität insgesamt) differenziert. Die essenzielle Bedeutung einer wirksamen Prävention rückt dabei in den Hintergrund.

Die aktuelle Situation in Deutschland

Die Kriminalitätslage wird in Deutschland bisher hauptsächlich in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminalamtes (BKA) beschrieben. Als alleiniges Instrument eignet sich die PKS allerdings nur bedingt: Sie registriert lediglich polizeilich gemeldete Fälle – also Fälle, die von Opfern zur Anzeige gebracht oder durch Polizeitätigkeit registriert werden. Das birgt zwei Probleme: Erstens bildet die PKS nur das Hellfeld ab. Dabei ist das Dunkelfeld (also nicht zur Anzeige gebrachte Kriminalität) gerade im Bereich der Gewaltkriminalität groß. Zweitens können Unterschiede im Anzeigeverhalten (das heißt, ob Fälle bei der Polizei gemeldet beziehungsweise erfasst werden) zu Verzerrungen in der Statistik führen – was insbesondere bei Vergleichen von Tatverdächtigenzahlen verschiedener Bevölkerungsgruppen relevant ist.

Bei der PKS sollte man vor allem auf längerfristige Trends schauen. Für den Zeitraum seit der Jahrtausendwende lassen sich dabei klare Tendenzen feststellen: Die Zahl der Tatverdächtigen für alle erfassten Straftaten ist seit Anfang der 2000er Jahre bis 2023 rückläufig – auch wenn es kurzfristig Fluktuationen gibt (Abbildung 1). Aussagekräftiger als die Zahl der Tatverdächtigen ist die Tatverdächtigenbelastungszahl (TVBZ), das heißt die Zahl der Tatverdächtigen pro 100 000 Einwohner. Die TVBZ berücksichtigt Veränderungen in der Bevölkerungszahl, die mechanisch zu Anstiegen oder Rückgängen in der absoluten Anzahl von Straftaten führen könnten. Der Rückgang in Straftaten insgesamt ist bei der TVBZ besonders deutlich: von etwa 2 600 pro 100 000 Einwohner im Jahr 2004 zu unter 2 000 pro 100 000 Einwohner 2023, also eine Abnahme von mehr als 20 Prozent über die letzten zwanzig Jahre. Im öffentlichen Diskurs sind Gewalt- und Straßenkriminalität besonders präsent. Auch hier gibt es langfristig deutliche Verringerungen in der Zahl der Tatverdächtigen und der Tatverdächtigenbelastungszahl: um fast zehn Prozent bei Gewaltkriminalität und mehr als 30 Prozent bei Straßenkriminalität (Abbildung 1). In allen Zeitreihen ist trotz des rückläufigen Trends ein Anstieg nach der Corona-Pandemie zu sehen.infoDieser Anstieg folgt der Zeit der Kontaktbeschränkungen und kann teilweise durch zeitliche Verschiebungen von Kriminalität („Nachholeffekte“) erklärt werden. Siehe z.B.: Nägel und Kroneberg (2023). On the Rise in Child and Juvenile Delinquency in Germany After the End of the COVID-19 Pandemic. Criminology – The Online Journal 3: 182–207 (online verfügbar). Inwiefern dies (abseits von Nachholeffekten, siehe Fußnote 5) eine Trendumkehr und tatsächlicher Anstieg in Kriminalität oder aber ein kurzfristiger Anstieg in Anzeigen, also eine Verschiebung vom Dunkel- ins Hellfeld ist, ist anhand der PKS schwer zu sagen.

Um den öffentlichen und politischen Diskurs evidenzbasiert zu führen und die aktuelle Kriminalitätslage in Deutschland gut einschätzen zu können, ist eine verbesserte Datenlage notwendig. Eine Möglichkeit, zuverlässigere Daten zu erhalten, sind eine langfristige Unterstützung und Umsetzung von Dunkelfeldstudien (Haushaltsbefragungen zu eigenen Kriminalitätserfahrungen unabhängig von Meldungen bei der Polizei) in Ergänzung zur PKS. In Deutschland gibt es seit 2020 bereits die bundesweite Viktimisierungsbefragung „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland (SKiD)“. Sie soll langfristig alle zwei Jahre durchgeführt werden.infoSiehe Projektbeschreibung SKiD des BKA (online verfügbar).Für eine zuverlässige Erfassung der Kriminalitätslage, die auch kurzfristig evidenzbasierte Entscheidungen ermöglicht, wäre eine jährliche Befragung – so wie in anderen europäischen Ländern – sinnvoll.

© DIW Berlin

Eine jährliche Dunkelfeldbefragung würde es auch ermöglichen, die (aktuell existierende) Lücke zwischen wahrgenommenen und tatsächlichen Entwicklungen in Kriminalität und Sicherheit systematisch über die Zeit hinweg zu analysieren. Das ist wichtig, denn subjektive Wahrnehmungen und Kriminalitätsfurcht sollten ernst genommen werden. Warum? Weil Menschen ihr Verhalten daran anpassen, und daraus resultierendes Vermeidungsverhalten auch ökonomische Folgen haben kann (zum Beispiel Um- und Wegzüge, die Vermeidung bestimmter Arbeitszeiten oder -wege, oder öffentlicher Verkehrsmittel).infoSiehe z.B.: Bindler et al. (2020). Costs of Victimization. In: Dave Marcotte and Klaus Zimmermann (eds) Handbook of Labor, Human Resources and Population Economics. Springer, Cham.

Kriminalitätsprävention durch Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik

Auch wenn Kriminalität langfristig gesehen rückläufig ist, gibt es Unterschiede in der lokalen Entwicklung und eine ungleiche Verteilung des Risikos, Opfer von Kriminalität zu werden. Kriminalitätsbekämpfung und -prävention sind damit weiterhin unerlässlich. Dabei spielt insbesondere die Prävention eine entscheidende Rolle: Auf der einen Seite ist es notwendig, kurzfristigen Anstiegen von Kriminalität entgegenzuwirken, auf der anderen Seite muss Prävention langfristig gedacht werden.

Gegeben hoher Rückfallquoten ist Kriminalitätsprävention besonders effektiv, wenn sie den (ersten) Einstieg in die Kriminalität verhindern kann. Die Crime-Age Curve beschreibt das Risiko für kriminelles Verhalten über den Lebenszyklus: Das Risiko steigt während des Jugendalters und sinkt mit

steigendem Alter.infoDie Crime-Age Curve ist eine robuste Beobachtung in der Forschungsliteratur – über Länder, Jahre und sogar Jahrhunderte hinweg. Siehe z.B. Bindler und Hjalmarsson (2017). Prisons, recidivism and the age-crime profile. Economics Letters, 152: 46-49. Das bedeutet, dass besonders solche Politikmaßnahmen sinnvoll sind, die sich auf das Verhalten junger Menschen (der Gruppe mit dem höchsten Kriminalitätsrisiko) auswirken. Dabei darf das große Potenzial von Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik nicht übersehen werden.

Bildung beeinflusst Kriminalität über verschiedene Kanäle. Einerseits sind Jugendliche während der Schulzeit beschäftigt. Andererseits erhöhen Bildungserfolge die späteren Perspektiven und Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das heißt, die Opportunitätskosten von Kriminalität steigen, die Wahrscheinlichkeit eines Einstiegs in die Kriminalität sinkt.

Für die präventive Wirkung von Bildung auf Kriminalität gibt es umfangreiche und verlässliche Evidenz. Sowohl eine Erhöhung der Quantität (Anzahl der Jahre in Schule und Ausbildung, höhere Bildungsabschlüsse) als auch der Qualität der Bildung (zum Beispiel durch Zusammensetzung und Größe von Schulklassen, mehr Lehrpersonal, Investitionen in Schulinfrastruktur, verbesserte Lehrinhalte und Vermittlung von Basisfähigkeiten) vermindern das Risiko, straffällig zu werden.infoFür einen zusammenfassenden Überblick siehe z.B.: Hjalmarsson, Machin, Pinotti (2024). Crime and the labor market. In: Dustmann and Lemieux (eds) Handbook of Labor Economics, Elsevier.Chancenungleichheiten, die bei Bildungserfolgen in Deutschland insbesondere bei sozialer Herkunft bestehen, spielen dabei eine wichtige Rolle. Wenn durch geringe Bildung das Kriminalitätsrisiko steigt, können sich Ungleichheiten (auf Täter- wie auch auf Opferseite) verfestigen. Auch deswegen sollte eine Bildungspolitik, die Chancengerechtigkeit berücksichtig und fördert, priorisiert werden: Investitionen in Bildung und Chancengerechtigkeit stellen langfristig mit die beste Kriminalitätsprävention dar. Bund und Länder sollten während der kommenden Legislaturperiode konstruktiv zusammenarbeiten, um dies zu erreichen.

Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt sind ebenfalls von Bedeutung. Auch hier sind Opportunitätskosten, aber auch finanzielle Absicherung wesentliche Kanäle, durch die Arbeitsmärkte Kriminalität beeinflussen können. Zentral sind dabei Arbeitsmarktbedingungen und Perspektiven für junge Menschen zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn. Die Forschungsliteratur dokumentiert einen kausalen Zusammenhang zwischen Jugendarbeitslosigkeit und Kriminalität: Je besser die Arbeitsmarktbedingungen, desto geringer das Kriminalitätsrisiko.infoSiehe ebd. Das hat auch langfristige Konsequenzen: Jugendliche, die ihre berufliche Laufbahn in einem schwachen Arbeitsmarkt starten, haben ein erhöhtes Arbeitslosigkeitsrisiko und dadurch ein erhöhtes Kriminalitätsrisiko – mit Kaskadeneffekten, die sich für diese Kohorten in höheren Kriminalitätsraten auch zu späteren Zeitpunkten widerspiegeln.infoBell, Bindler and Machin (2018). Crime scars: Recessions and the making of career criminals. Review of Economics and Statistics, 100(3): 392-404.

In den nächsten Jahren wird es wichtig sein, jungen Menschen Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Dichotomie zwischen Fachkräftebedarf einerseits und Skill Mismatch andererseits sollte dabei Beachtung finden. Zu den Maßnahmen, die im internationalen Kontext sehr positive Effekte aufweisen, gehören beispielsweise Summer Jobs Programs – gezielte Programme, die sozial benachteiligten Jugendlichen verbesserte Startchancen und Arbeitsmarktperspektiven bieten.infoHjalmarsson (2022). Social policy as crime control. SNS Research Report (online verfügbar).

Gelungene Arbeitsmarkintegration spielt auch beim Thema Migration und Kriminalität eine Rolle: Aus internationalen Studien lässt sich (wenn überhaupt) nur ein relativ kleiner kausaler Effekt von Migration auf Kriminalität herstellen, wenn kein Zugang zum Arbeitsmarkt besteht. Dieser Effekt verschwindet bei gelungener Integration in den Arbeitsmarkt.infoMarie und Pinotti (2024). Immigration and Crime: An International Perspective. Journal of Economic Perspectives, 38(1):181-200. Basierend auf den Ergebnissen dieser wissenschaftlichen Studien sollte sich eine neue Bundesregierung bei der Migrationspolitik in Bezug auf die innere Sicherheit statt auf restriktivere Maßnahmen auf solche konzentrieren, die Integration und insbesondere Arbeitsmarktteilhabe ermöglichen und fördern.

Sozialpolitische Maßnahmen, die finanziellen Druck lindern, können ein effektives Mittel zur Kriminalitätsprävention sein. Sie sollten klug gestaltet sein, um gleichzeitig Anreize für eine aktive Arbeitsmarktteilnahme zu setzen. Nicht nur die Existenz und Höhe von Sozialleistungen, sondern auch ihre Ausgestaltung hat nachgewiesene Effekte auf Kriminalität. Ergebnisse aus internationalen Studien zeigen beispielsweise, dass häufigere statt monatlich einmaliger Zahlungen (ohne die Gesamtsumme zu verändern) Kriminalität reduzieren - vor allem, weil so mehr Geld im Monatsverlauf übrigbleibt. Die Kombination von Sozialleistungen mit stringenterer aktiver Arbeitsmarktpolitik wirkt sich bei Jugendlichen in einigen Ländern präventiv auf Kriminalität aus – aber nicht überall.infoHjalmarsson (2022). Social policy as crime control. https://snsse.cdn.triggerfish.cloud/uploads/2022/11/social-policies-as-crime-control-1.pdf. Eine neue Bundesregierung sollte solche Erkenntnisse beispielsweise bei Entscheidungen über Reformen des Bürgergelds einfließen lassen.

Kurzfristige Kriminalitätsbekämpfung

Prävention durch Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik funktioniert über wirtschaftliche und gesellschaftliche Teilhabe. Solche Maßnahmen sind vor allem auf die mittlere und lange Sicht erfolgsversprechend. Kurzfristig ist es allerdings schwierig, Kriminalität über Bildungs- oder Arbeitsmarktreformen zu bekämpfen. An dieser Stelle müssen Institutionen zur Kriminalitätsbekämpfung weiter unterstützt werden. Die Evidenz dazu ist recht eindeutig: Polizei ist eine wichtige Institution zur Kriminalitätsbekämpfung, sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene.infoSiehe z.B.: Bindler und Hjalmarsson (2021). Do police reduce crime? Evidence from the 1829 introduction of the London Metropolitan Police. ECONtribute Policy Brief No. 016. Die Forschungsliteratur im internationalen Kontext zeigt, dass Kriminalitätsbekämpfung besonders effektiv ist, wenn Aufklärungsquoten erhöht werden: Eine größere Wahrscheinlichkeit, entdeckt und gefasst zu werden, ist dabei ein wirksamer Hebel, um Kriminalität zu bekämpfen. Abschreckungseffekte erscheinen hier höher als zum Beispiel durch härtere Strafen, wie oft gefordert. Bund und Länder sollten in der kommenden Legislaturperiode daher vor allem bestehender Institutionen zur Kriminalitätsbekämpfung stärken.

Fazit – Prävention ist bester Schutz vor Kriminalität

Während das subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung sinkt, deuten langfristige Trends in der Polizeilichen Kriminalstatistik auf einen Rückgang der Kriminalität hin. Die Verzerrung durch das Dunkelfeld zeigt jedoch, dass ergänzende Erhebungen wie regelmäßige Dunkelfeldstudien erforderlich sind, um ein vollständigeres Bild der Kriminalitätslage zu erhalten. Eine evidenzbasierte Politik sollte sowohl kurzfristige Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung, etwa durch die Stärkung der Polizei, als auch langfristige Präventionsstrategien verfolgen. Bildung, Arbeitsmarktintegration und Sozialpolitik spielen hierbei eine Schlüsselrolle, insbesondere für junge Menschen mit erhöhtem Kriminalitätsrisiko. Internationale Studien belegen zudem, dass auch eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von Migrant*innen einen wichtigen Beitrag zur inneren Sicherheit leisten kann. Eine ganzheitliche Strategie, die Prävention und effektive Strafverfolgung kombiniert, ist entscheidend, um Kriminalität nachhaltig zu reduzieren und das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung zu stärken. Das ist wichtig, denn Kriminalität kostet Staat und Gesellschaft – nicht nur finanziell, sondern auch an Zukunftschancen. Dabei geht es auch um indirekte Kosten: Materielle und immaterielle Folgekosten für Opfer von Kriminalität, die bisher häufig außer Acht gelassen werden.infoSiehe z.B.: Bindler et al. (2020). Costs of Victimization. In: Dave Marcotte and Klaus Zimmermann (eds) Handbook of Labor, Human Resources and Population Economics. Springer, Cham.

Anna Bindler

Abteilungsleiterin in der Abteilung Kriminalität, Arbeit und Ungleichheit

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